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Mord im 31. Stock

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
192 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am17.11.20171. Auflage
In einem gewaltigen Hochhaus herrscht ein allmächtiger Zeitungskonzern, der Tag für Tag die Gehirne der Menschen mit Klatsch und Tratsch zumüllt. Eine anonyme Bombendrohung erschüttert den perfekt durchorganisierten Betrieb. Kommissar Jensen soll sich der Sache annehmen. Im 31. Stock, der offiziell gar nicht existiert, macht er eine erschütternde Entdeckung ...

Per Wahlöö, 1926 im schwedischen Lund geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere. In den fünfziger Jahren ging er nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Nach verschiedenen Reisen um die halbe Welt ließ er sich wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt.
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Produkt

KlappentextIn einem gewaltigen Hochhaus herrscht ein allmächtiger Zeitungskonzern, der Tag für Tag die Gehirne der Menschen mit Klatsch und Tratsch zumüllt. Eine anonyme Bombendrohung erschüttert den perfekt durchorganisierten Betrieb. Kommissar Jensen soll sich der Sache annehmen. Im 31. Stock, der offiziell gar nicht existiert, macht er eine erschütternde Entdeckung ...

Per Wahlöö, 1926 im schwedischen Lund geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere. In den fünfziger Jahren ging er nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Nach verschiedenen Reisen um die halbe Welt ließ er sich wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783688107353
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum17.11.2017
Auflage1. Auflage
Seiten192 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2512848
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

6

Kommissar Jensen erwachte morgens um halb sieben. Er stieg aus dem Bett und ging ins Badezimmer, wusch Hände, Gesicht und Nacken mit kaltem Wasser, rasierte sich und putzte die Zähne. Als er gegurgelt hatte, hustete er lange.

Dann kochte er etwas Honigwasser und versuchte es so heiß wie möglich zu trinken, während er die Zeitungen las. Keine erwähnte die Ereignisse, mit denen er sich am Vortag befasst hatte.

Der Verkehr auf der Autobahn war dicht, und obwohl er mit eingeschalteter Sirene fuhr, war es fünf nach halb neun, als er in seinem Büro eintraf.

Zehn Minuten später rief der Polizeichef an.

«Haben Sie die Ermittlungen eingeleitet?»

«Ja.»

«Nach welchem Plan?»

«Das technische Beweismaterial wird analysiert, Psychologen untersuchen den Text. Ein Mann arbeitet mit der Post zusammen.»

«Irgendwelche Ergebnisse?»

«Noch nicht.»

«Haben Sie persönlich eine Theorie?»

«Nein.»

Schweigen.

«Meine Vorkenntnisse über das Unternehmen sind unzureichend», sagte Kommissar Jensen.

«Es wäre klug, sie auf den neuesten Stand zu bringen.»

«Ja.»

«Noch klüger wäre es, wenn Sie sich Ihre Informationen von jemandem außerhalb des Konzerns beschafften.»

«Ich verstehe.»

«Ich schlage das Kommunikationsministerium vor, vielleicht den Staatssekretär für das Öffentlichkeitswesen.»

«Ich verstehe.»

«Lesen Sie gewöhnlich deren Zeitschriften?»

«Nein, aber das werde ich tun.»

«Gut. Und vermeiden Sie es um Gottes willen, den Verleger und seinen Cousin zu verärgern.»

«Spricht etwas dagegen, wenn ich Leute von der Zivilstreife als Leibwächter fungieren lasse?»

«Für die Unternehmensleiter?»

«Ja.»

«Ohne deren Wissen?»

«Ja.»

«Halten Sie eine solche Maßnahme für gerechtfertigt?»

«Ja.»

«Glauben Sie, dass Ihre Leute einen so heiklen Auftrag bewältigen können?»

«Ja.»

Das folgende Schweigen dauerte so lange, dass Jensen auf seine Uhr schaute. Er hörte den Polizeichef atmen und mit einem Gegenstand auf den Schreibtisch klopfen, vermutlich mit einem Bleistift.

«Jensen?»

«Ja.»

«Von jetzt an liegen die Ermittlungen ganz in Ihrer Hand. Ich will weder über Ihre Methoden informiert werden noch über die Maßnahmen, die Sie ergreifen.»

«Ich verstehe.»

«Die Verantwortung liegt bei Ihnen. Ich verlasse mich auf Sie.»

«Ich verstehe.»

«Die allgemeinen Weisungen für die Ermittlungen sind ganz klar?»

«Ja.»

«Viel Glück.»

Kommissar Jensen ging hinaus zum Waschraum, füllte einen Pappbecher mit Wasser und kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Er zog eine Schublade auf, nahm ein Tütchen mit Natron heraus, schüttete etwa drei Teelöffel von dem weißen Pulver ins Wasser und rührte mit seinem Kugelschreiber um.

Während seiner fünfundzwanzig Dienstjahre hatte er den Polizeichef erst einmal gesehen und bis zum Vortag noch nie mit ihm gesprochen. Seitdem hatten sie fünf Gespräche miteinander geführt.

Er leerte den Becher in einem Zug, zerknüllte ihn und warf ihn in den Papierkorb. Dann rief er das Kriminaltechnische Institut an. Die Stimme des Laboranten war trocken und formell.

«Nein, keine Fingerabdrücke.»

«Sind Sie sicher?»

«Selbstverständlich. Aber für uns ist noch nichts endgültig. Wir versuchen es mit anderen Analysemethoden.»

«Der Umschlag?»

«Einer von den gebräuchlichsten Typen. Er sagt uns bis jetzt sehr wenig.»

«Und das Papier?»

«Das scheint von spezieller Struktur zu sein. Außerdem sieht es aus, als wäre es an einer Kante abgerissen worden.»

«Kann die Herkunft festgestellt werden?»

«Möglicherweise.»

«Gibt es noch etwas?»

«Nichts. Wir arbeiten weiter daran.»

Er legte den Hörer auf, ging ans Fenster und schaute nach unten auf den Betonhof des Polizeireviers. Am Eingang zu den Untersuchungsräumen sah er zwei Polizisten in Gummistiefeln und imprägnierten Overalls. Sie zogen Schläuche hinter sich her, um die Arrestzellen auszuspülen. Er löste den Leibriemen und schluckte Luft, bis er aufstieß und die Gase in seinem Magen durch die Kehle entwichen.

Das Telefon klingelte. Es war der Mann beim Postamt.

«Dies hier wird einige Zeit dauern.»

«Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen, aber nicht mehr.»

«Wie oft soll ich berichten?»

«Jeden Morgen um acht, schriftlich.»

Kommissar Jensen legte den Hörer auf, nahm seinen Hut und verließ das Zimmer.

Das Kommunikationsministerium lag mitten in der Stadt zwischen dem Königsschloss und der Zentralkanzlei des Parteienkartells. Der Staatssekretär für das Öffentlichkeitswesen hatte sein Büro in der 2. Etage mit Ausblick auf das Schloss.

«Das Unternehmen wird musterhaft verwaltet», sagte er. «Eine Zierde für das freie Unternehmertum.»

«Ich verstehe.»

«Ich kann Ihnen wohl zunächst mit einigen rein statistischen Angaben helfen.»

Er nahm eine Akte zur Hand und blätterte zerstreut darin herum.

«Sie geben 144 verschiedene Publikationen heraus. Im vorigen Jahr betrug die Nettoauflage 21326453 Exemplare. Pro Woche.»

Jensen notierte die Summe auf einer kleinen weißen Karte.

«Das ist eine sehr große Zahl. Sie zeigt an, dass unser Land die höchste Lesefrequenz der Welt hat.»

«Gibt es keine anderen Wochenschriften?»

«Einige wenige. Insgesamt werden davon einige tausend Exemplare gedruckt und verteilt, jedoch nur in begrenzten Gebieten.»

Jensen nickte.

«Aber der Verlag ist selbstverständlich nur ein Zweig des Konzerns.»

«Welche anderen gibt es?»

«Soweit es meine Abteilung betrifft, handelt es sich um eine Kette von Druckereiunternehmen, die hauptsächlich Tageszeitungen herausbringen.»

«Wie viele?»

«Unternehmen? Sechsunddreißig.»

«Und wie viele Zeitungen?»

«Um die hundert. Einen Augenblick ...»Er sah in seine Papiere.

«Hundertzwei gegenwärtig. Die Publikation von Tageszeitungen fluktuiert ständig. Einige gehen ein, andere treten an ihre Stelle.»

«Warum?»

«Um neuen Bedürfnissen entsprechen zu können und den Zeitströmungen zu folgen.»

Jensen nickte.

«Die Nettoauflage der Tageszeitungen im vorigen Jahr ...»

«Ja?»

«Ich habe nur die Zahl für die gesamte Zeitungsproduktion des Landes. 9265312 Exemplare täglich. In diesem Fall ist es das Gleiche. Es werden noch einige Zeitungen gedruckt, die vom Konzern ganz unabhängig sind. Sie leiden unter Absatzschwierigkeiten und haben eine ganz unbedeutende Auflage. Wenn Sie von der Zahl, die ich Ihnen gab, etwa 5000 abziehen, erhalten Sie ungefähr den richtigen Wert.»

Jensen schrieb wieder etwas auf die kleine weiße Karte. 9260000. Er sagte: «Wer kontrolliert den Verteilerapparat?»

«Ein demokratischer Zusammenschluss von Zeitungsverlegern.»

«Aller Zeitungsverleger?»

«Ja, mit der Einschränkung, dass ihre Blätter mit einer Auflage von über 50000 erscheinen müssen.»

«Warum?»

«Kleinere Auflagen werden als nicht lohnend angesehen. Tatsächlich stellt der Konzern sofort die Publikation von Zeitungen ein, deren Auflage unter die Zahl sinkt, die ich Ihnen genannt habe.»

Kommissar Jensen steckte die Karte in seine Tasche.

«Praktisch bedeutet dies, dass der Konzern alle Zeitungsausgaben in diesem Land kontrolliert, nicht wahr?»

«Wenn man das so ausdrücken will. Aber ich muss betonen, dass deren Publikationen sehr vielseitig sind, in jeder Hinsicht rühmenswert. Besonders deren Wochenschriften haben sich als fähig erwiesen, auf maßvolle Weise alle legitimen Geschmacksrichtungen zufrieden zu stellen. Früher wirkte die Presse oft aufreizend und beunruhigend auf die Leser. Dies ist nicht mehr der Fall. Jetzt sind Inhalt und Form ganz darauf ausgerichtet, sowohl dem Nutzen des Lesers ...»

Er schaute in seine Akte und blätterte eine Seite um.

«... als auch seiner Freude zu dienen. Sie wenden sich an die Familie, um auf allen Ebenen lesbar zu sein und nicht Aggressionen, Missvergnügen und Unruhe zu schaffen. Sie befriedigen auch das natürliche Bedürfnis des Alltagsmenschen nach Weltflucht. Kurz gesagt, sie fördern die soziale Gleichheit.»

«Ich verstehe.»

«Vor der endgültigen Lösung des Problems der sozialen Gleichheit war die Publikation von Zeitschriften und Zeitungen zersplitterter als jetzt. Die politischen Parteien und die Gewerkschaften hatten ihre eigenen Verlage. Als sie jedoch in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten, stellten sie ihren Betrieb entweder ein, oder sie wurden vom Konzern übernommen. Viele von ihnen wurden gerettet, dank ...»

«Ja?»

«Dank ebenjener Prinzipien, die ich vorher genannt habe. Dank der Fähigkeit, den Lesern Seelenruhe und Geborgenheit zu schenken. Dem Vermögen, verständlich und unkompliziert zu sein, sich dem Geschmack und der Auffassungsfähigkeit des modernen Menschen anzupassen.»

Jensen nickte.

«Ich halte es nicht für übertrieben zu behaupten, dass die Einheitspresse mehr als alles andere zur Festigung der sozialen Gleichheit beigetragen hat. Zur Überbrückung der Kluft zwischen den politischen Parteien, zwischen Monarchie und Republik, zwischen der so genannten Oberschicht und ...» Er schwieg und schaute zum Fenster hinaus. Er fuhr fort:

«Man übertreibt auch nicht, wenn man sagt, dass den Leitern des Konzerns große Verdienste zukommen. Ausgezeichnete Männer von hohem ... moralischem Halt. Ganz ohne Eitelkeit, weder nach Positionen strebend noch nach Macht oder nach ...»

«Reichtum?»

Der...
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Autor

Per Wahlöö, 1926 im schwedischen Lund geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere. In den fünfziger Jahren ging er nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Nach verschiedenen Reisen um die halbe Welt ließ er sich wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt.