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Vera

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am24.04.20181. Auflage
Je hoffnungsloser die Liebe, desto tiefer. Dublin im Vorfrühling: Sonny ist ein Teenager aus einfachsten Verhältnissen, es fehlt in seiner Familie an Geld, Glück und einem Minimum an Liebe. Neben der Schule jobbt er bei einem Metzger, was bleibt einem wie ihm sonst auch übrig? Außerdem hilft er dem Vater, der sein Geld mit Handwerksarbeiten in Häusern reicher Leute verdient (und gleich wieder verspielt). Bei einem dieser Jobs lernt Sonny Vera Hatton kennen, eine spröde, irgendwie verletzt wirkende Engländerin mittleren Alters, die ganz allein in der prächtigen Villa an der Montpelier Parade wohnt. Auf den ersten Blick schon ist er fasziniert von ihr. Vera besitzt Unmengen an Büchern, und so freundlich sie zu ihm ist, die Kluft zwischen ihren Welten scheint unüberwindbar. So steht Sonny abends manchmal heimlich in ihrem Garten. Schaut ihr durchs Fenster zu. Und wird - als Zeuge eines Selbstmordversuchs - ihr Lebensretter. Zu Hause und in der Schule türmen sich derweil die Probleme, und eines Tages klingelt Sonny betrunken und schmutzig an Veras Haustür. Sie lässt ihm ein Bad ein, bereitet ein Bett auf der Couch, aber am Ende liegt er in ihrem. Eine ganz und gar verbotene Beziehung nimmt ihren Lauf. Vera sagt, es kann nicht gut enden. Und irgendwann erzählt sie Sonny eine erschütternde Geschichte ...

KARL GEARY, geboren 1972 in Dublin, war fünfzehn, als er nach Amerika auswanderte. In New York wurde er als Schauspieler entdeckt, er trat in «Sex» von Madonna auf und begann dann eine Karriere als Drehbuchautor. Geary heiratete 2003 die Schauspielerin Laura Fraser, sie zogen 2004 nach Irland und 2005 nach Glasgow, wo ihre Tochter geboren wurde. «Vera» ist sein erster Roman.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR20,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextJe hoffnungsloser die Liebe, desto tiefer. Dublin im Vorfrühling: Sonny ist ein Teenager aus einfachsten Verhältnissen, es fehlt in seiner Familie an Geld, Glück und einem Minimum an Liebe. Neben der Schule jobbt er bei einem Metzger, was bleibt einem wie ihm sonst auch übrig? Außerdem hilft er dem Vater, der sein Geld mit Handwerksarbeiten in Häusern reicher Leute verdient (und gleich wieder verspielt). Bei einem dieser Jobs lernt Sonny Vera Hatton kennen, eine spröde, irgendwie verletzt wirkende Engländerin mittleren Alters, die ganz allein in der prächtigen Villa an der Montpelier Parade wohnt. Auf den ersten Blick schon ist er fasziniert von ihr. Vera besitzt Unmengen an Büchern, und so freundlich sie zu ihm ist, die Kluft zwischen ihren Welten scheint unüberwindbar. So steht Sonny abends manchmal heimlich in ihrem Garten. Schaut ihr durchs Fenster zu. Und wird - als Zeuge eines Selbstmordversuchs - ihr Lebensretter. Zu Hause und in der Schule türmen sich derweil die Probleme, und eines Tages klingelt Sonny betrunken und schmutzig an Veras Haustür. Sie lässt ihm ein Bad ein, bereitet ein Bett auf der Couch, aber am Ende liegt er in ihrem. Eine ganz und gar verbotene Beziehung nimmt ihren Lauf. Vera sagt, es kann nicht gut enden. Und irgendwann erzählt sie Sonny eine erschütternde Geschichte ...

KARL GEARY, geboren 1972 in Dublin, war fünfzehn, als er nach Amerika auswanderte. In New York wurde er als Schauspieler entdeckt, er trat in «Sex» von Madonna auf und begann dann eine Karriere als Drehbuchautor. Geary heiratete 2003 die Schauspielerin Laura Fraser, sie zogen 2004 nach Irland und 2005 nach Glasgow, wo ihre Tochter geboren wurde. «Vera» ist sein erster Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644000643
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum24.04.2018
Auflage1. Auflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse764 Kbytes
Artikel-Nr.2516118
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

«Die Welt ist ´n gruseliger Ort.» Mit den Fingerspitzen klaubte Joe McCann einen Klumpen Hackfleisch zusammen und stopfte ihn in eine kleine weiße Plastiktüte. «Bei Gott», sagte Joe. «Bei Gott.»

Du standest neben Mrs. Anderson und wischtest die gläserne Fleischtheke mit zusammengeknülltem Zeitungspapier und Essigwasser sauber. An der Seite von Mrs. Andersons Kopf, wo der Verband aufhörte, konntest du die schwarzblaue Prellung sehen.

«Das ist etwas mehr als ein halbes Pfund, Mrs. Anderson. Ist das recht so?»

Er wartete nicht auf eine Antwort. Er verschloss die kleine Tüte mit einem Stück rotem Klebeband und legte sie wie einen weißen Ballon auf die Theke.

Mrs. Andersons Hand zitterte, als sie ihm ein paar Münzen über die Theke entgegenstreckte. Mühevoll nahm sie die Tüte mit dem Hackfleisch an sich und verstaute sie in ihrer Einkaufstasche.

«Ich hoffe, sie kriegen die Kerle», sagte Joe. «Bestimmt kriegen sie die, ganz bestimmt», sagte er. «Mach Mrs. Anderson die Tür auf, ja, Sonny?»

Du hast dir die durchnässte Zeitung unter den Arm geklemmt, bist zur Tür gelaufen und hast sie ihr aufgehalten. Die kleine Glocke über dem Eingang gab ein kraftloses Klingeln von sich, als Mrs. Anderson die Metzgerei verließ, und durch dein Hemd spürtest du die nasse Zeitung.

«Viel Glück für Sie, wirklich, viel Glück», rief Joe.

Mick kam aus dem Hinterzimmer und stellte sich neben ihn. «Furchtbar», sagte Mick, während er sich langsam mit den Händen über die Schürze strich. Bei Mick wusstest du nie, ob er etwas ernst meinte oder ob er dich auf die Schippe nahm. Für solche Dinge hattest du einfach kein Gespür. Er zwinkerte dir zu, als Joe nicht hinsah.

Joe und Mick standen schweigend da, Seite an Seite, mit einem Mal reglos, als wäre ihr letzter Gedanke bedeutsam gewesen, etwas, das sie nicht vergessen wollten.

Joe war groß und irgendwas um die fünfzig. Sein Gesicht war so sanft, dass du nicht lang hinsehen konntest.

Einen guten Kilometer entfernt hatte ein neuer Supermarkt aufgemacht. Mick hatte in Joes Gegenwart nie ein Wort darüber verloren; auch darüber nicht, dass nur noch die alten Leute, die nicht mehr Auto fuhren, zu ihnen in die Metzgerei kamen; oder darüber, dass sie zwischen dem Postamt und einem chinesischen Take-away hockte wie eine sitzengelassene Liebende, die ihr Unglück nicht versteht.

Als die Glastheke sauber war, hast du den Besen aus dem Hinterzimmer geholt, um das alte Sägemehl zusammenzukehren. Mick langweilte sich; du hörtest, wie er hinter dir den Raum betrat. Er blieb vor dem angeschlagenen Spiegel stehen, der über dem Waschbecken hing, an einem rostigen, um einen Nagel geschlungenen Stück Draht. Wie ein Cowboy seinen Colt zog Mick seinen Kamm hervor.

«Haste schon mal eine angefasst, Sonny?», fragte er.

«Was?»

Sein Haar war braun und dünn und fettig, mühelos glitt der feine Kamm hindurch. «Ob du schon mal eine angefasst hast?»

«Eine was angefasst?»

«´ne Muschi.»

«Was?»

«´ne Möse ... ´ne Bärenhöhle?»

«Was?»

«Bist du taub?»

«Nein.»

«Also?»

«Ja», sagtest du. «Klar hab ich.»

«Dann sag mir, wo sie ist.»

«Wo was ist?»

«Du hast keinen blassen Schimmer, oder? Zeig´s mir, zeig mir, wo sie deiner Meinung nach ist.»

Du hast gespürt, wie dein Gesicht rot anlief.

«Sie ist nicht da, wo man denkt», hast du gesagt.

«Aha, und wo denkst du, ist sie?»

Micks Gesicht war von Aknenarben überzogen; als Jugendlichem hatte man ihm gesagt, er solle nicht kratzen, aber er hatte gekratzt.

«Du hast keine Ahnung, gar keine», sagte er.

Er schob den Kamm zurück in seine Gesäßtasche, lehnte sich einen Moment mit der Hüfte ans Waschbecken, dann stieß er sich ab und schob seine Schürze beiseite.

«Da ist sie», sagte er. «Weiter unten, als man denkt ... Sie ist ... Weißt du, wo deine Eier sind?»

«Ja.»

«Sicher?»

«Ja.»

«Okay, also sie ist zwischen da, wo deine Eier aufhören und wo dein Arsch anfängt.»

Mick beugte sich vor, um es dir zu zeigen, da kam Joe herein und sagte: «Lass den Blödsinn.»

Mick zwinkerte dir zu. Sagte: «Wir bringen´s dir schon noch bei, Junge.» Dann ging er zurück in den Verkaufsraum, und du hörtest ihn sagen: «Mrs. O´Brien, Sie sind jedes Mal jünger, wenn ich Sie sehe.»

Joe blickte auf seine Armbanduhr, dann sah er dich an. «So, und jetzt sieh zu, dass du in die Gänge kommst.»

 

«Ganz recht, Miss O´Sullivan.» - «Darf´s noch ´n bisschen mehr sein, Miss O´Shea?» - «So weit, so gut, Miss McCormick.» - «Das langt erst mal, wie man so sagt, das langt erst mal.» Und so ging es immer weiter - Mick und Joe waren den ganzen Tag über zu hören, wie ein Radio im Hintergrund.

Du bekamst zehn Pfund pro Woche, halfst nach der Schule eine Stunde dort aus, nur mittwochs brauchtest du eine Stunde länger, weil die Schafslungen fürs Hundefutter durch den Fleischwolf gedreht werden mussten. Du hattest jetzt ein gutes Jahr dort gearbeitet und zweihundertsechzehn Pfund gespart.

Das Licht war fast vollständig aus dem Himmel verschwunden, und im Schaufenster sahst du dein Spiegelbild, angeleuchtet vom Neonlicht, den Besen in der Hand. Draußen strichen die Autoscheinwerfer vorbei.

Kurz vor Ladenschluss klingelte die Glocke wieder, und Mr. Cosgrove stolperte zur Tür herein, umweht vom Dunst des Higgins Pub. Er war betrunken, und Joe hatte Angst vor Betrunkenen. Er überließ es Mick, ihn zu bedienen.

Mr. Cosgrove stützte sich mit einer Hand auf der Glastheke ab und spreizte die Finger, um sich ins Gleichgewicht zu bringen. Erst später, als du an seine Fingerabdrücke zurückdachtest, fiel dir auf, dass du dich nicht erinnern konntest, sie weggewischt zu haben. Doch das musstest du getan haben. Sie waren eindeutig weg.

Mr. Cosgrove ließ das Kinn auf die Brust sacken und schien darauf zu warten, dass er zu schwanken aufhörte, hielt eine verschmierte Zeitung unter den Arm seines Altmännermantels geklemmt.

«Darf´s etwas für Ihr Abendessen sein, Mr. Cosgrove?», fragte Mick. Er stand mit verschränkten Armen da, den Kopf zur Seite geneigt. «Mr. Cosgrove! Etwas für Ihr Abendessen?» Mr. Cosgrove hob den Kopf und begegnete Micks erwartungsvollem Blick.

«Etwas für mein Abendessen. Ja.»

«Also», sagte Mick, «hier habe ich ein schönes Stück Leber. Das können Sie mit Zwiebeln anbraten - köstlich. Oder, ähm ... wie wäre es mit Buletten, gerade frisch zubereitet? Sie könnten zwei für sich kaufen und eine Ihrer Frau mitbringen.»

Mick warf dir einen Blick zu, um sich zu vergewissern, dass du es gehört hattest.

«Haben Sie auch ein Herz?», fragte Mr. Cosgrove.

«Himmel, das Herz kann ich Ihnen nicht verkaufen, Mr. Cosgrove. Meine Frau würde nie wieder ein Wort mit mir sprechen.»

«Davon wird man sowieso nicht satt», sagte Mr. Cosgrove zu Micks Missfallen.

«Jetzt entscheiden Sie sich mal», sagte Mick. «Ich bin dabei, den Laden zuzumachen.»

«Und mich lässt man vor Hunger verrecken, verflucht.»

«Wollen Sie nun die Leber?», fragte Mick, ohne Mr. Cosgrove anzusehen.

«Meinetwegen.»

«Wollen Sie die Leber?»

«Ich hab doch grad gesagt, dass ich sie will, oder nicht?»

«Hören Sie, wenn Sie hier bloß Ärger machen wollen, gehen Sie woanders hin.»

«Geben Sie mir für fünfzig Pence», sagte Mr. Cosgrove.

«Wohl die verfluchte Bank ausgeraubt», brummte Mick und griff nach dem Tablett mit den Lebern. Draußen war es vollkommen dunkel, und die Autos hatten die Scheibenwischer angeschaltet. Regen hing wie Efeu am Schaufenster. Mick ließ eine weiße Tüte mit Leber auf die Theke plumpsen, verschlossen mit makellosem rotem Klebeband.

«Geben Sie mir fünfzig Pence dafür, Mr. Cosgrove. Und ich hab Ihnen noch ein Stück extra reingetan - damit Sie nicht schlecht über mich reden.»

Du glaubtest, Mr. Cosgrove murmeln zu hören «gut so» oder «guter Mann».

Mr. Cosgrove kramte einen Stapel Münzen aus seiner Tasche hervor, verstreute Tabakkrümel auf dem Boden und starrte ratlos auf seine geöffnete Hand. Mick fischte eine silberne Fünfzig-Pence-Münze heraus.

«Klar doch», sagte Mr. Cosgrove gänzlich unbeirrt. Er tippte sich an die Schläfe, dann bemerkte er dich. «Hey, Kehrjunge!» Seine trüben Augen musterten dich, und er sagte: «Einmal Kehrjunge, immer Kehrjunge ... Pech gehabt.» Er kicherte.

Dann stieß er sich von der Theke ab und ging auf die Tür zu, als liefe er über die Längsseite eines kleinen Ruderboots. Die Messingglocke klingelte, und Joe tauchte wieder aus dem Hinterzimmer auf.

 

Du standest der Tür am nächsten, als der Aufprall zu hören war. Die Zeit dehnte sich aus; du hattest gehört, dass das passieren konnte, und es war wirklich so - die Zeit dehnte sich aus, und der Unfall spielte sich Bruchstück für Bruchstück vor dir ab. Erst ein Hupen, dann, darunter, das Geräusch von Gummi, das mit hoher Geschwindigkeit über Asphalt geschleift wird. Als Nächstes das Geräusch, das ein nasser, schwerer Mantel machen würde, der auf einen harten Untergrund aufprallt.

Ihr erstarrtet alle drei, und wie Figuren aus einem Comic blicktet ihr erst in die Richtung des Geräuschs, dann einander an und wieder zu dem Geräusch. Du hörtest, wie der hölzerne Besenstiel...
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Autor

KARL GEARY, geboren 1972 in Dublin, war fünfzehn, als er nach Amerika auswanderte. In New York wurde er als Schauspieler entdeckt, er trat in «Sex» von Madonna auf und begann dann eine Karriere als Drehbuchautor. Geary heiratete 2003 die Schauspielerin Laura Fraser, sie zogen 2004 nach Irland und 2005 nach Glasgow, wo ihre Tochter geboren wurde. «Vera» ist sein erster Roman.Mayela Gerhardt, in Mexiko geboren, lebt als Übersetzerin von Laurent Binet, Joe Dunthorne, Margo Lanagan u.a. in Barcelona.