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Das Leben ist manchmal woanders

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am09.02.20181. Auflage
Willkommen in Gregors Welt Gregor ist 14 und irgendwie anders. Er trägt seltsame Klamotten, hat einen ausgeprägten Ordnungssinn, liebt schrille Muster und kennt alle Wetterberichte des Tages. Im Alltag oft unbeholfen, begegnet er seinen Mitmenschen mit entwaffnender Direktheit. Als Gregors Mutter bei einem Unfall schwer verletzt wird, muss er zu seiner Tante und deren Mann ziehen. Judith und Achim wissen erst mal nicht so recht, was sie mit dem »Bekloppten« anfangen sollen. Doch mit seiner unkonventionellen Art entlockt Gregor selbst dem unfreundlichsten Nachbarn ein Lächeln. Und auf einmal reden alle wieder miteinander - auch Judith und Achim.  

Ulrike Herwig wurde 1968 geboren und wuchs in Jena auf. Sie studierte Englisch und Deutsch und lebte fast zehn Jahre lang in London. 2001 zog sie mit ihrer Familie nach Seattle, USA, wo sie auch heute noch wohnt. Seit vielen Jahren schreibt sie unter verschiedenen Pseudonymen für Kinder und Erwachsene.
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Produkt

KlappentextWillkommen in Gregors Welt Gregor ist 14 und irgendwie anders. Er trägt seltsame Klamotten, hat einen ausgeprägten Ordnungssinn, liebt schrille Muster und kennt alle Wetterberichte des Tages. Im Alltag oft unbeholfen, begegnet er seinen Mitmenschen mit entwaffnender Direktheit. Als Gregors Mutter bei einem Unfall schwer verletzt wird, muss er zu seiner Tante und deren Mann ziehen. Judith und Achim wissen erst mal nicht so recht, was sie mit dem »Bekloppten« anfangen sollen. Doch mit seiner unkonventionellen Art entlockt Gregor selbst dem unfreundlichsten Nachbarn ein Lächeln. Und auf einmal reden alle wieder miteinander - auch Judith und Achim.  

Ulrike Herwig wurde 1968 geboren und wuchs in Jena auf. Sie studierte Englisch und Deutsch und lebte fast zehn Jahre lang in London. 2001 zog sie mit ihrer Familie nach Seattle, USA, wo sie auch heute noch wohnt. Seit vielen Jahren schreibt sie unter verschiedenen Pseudonymen für Kinder und Erwachsene.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423432559
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum09.02.2018
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1289 Kbytes
IllustrationenFormat: EPUB
Artikel-Nr.2532152
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

»Siehst du die beiden irgendwo?« Judith verrenkte sich den Hals, um im Gewühl auf dem Bahnsteig ihre Schwester Marlene und deren Sohn Gregor zu entdecken.

»Nein.« Achim vollführte eine halbherzige Drehung und sah sich um. »Das kann dauern. Wahrscheinlich hat Marlene jetzt erst gemerkt, dass der Zug seit fünf Minuten nicht mehr fährt. Oder vielleicht waren sie gar nicht drin, sondern sind aus Versehen von München nach Amsterdam gefahren.«

»Achim, jetzt sei nicht so.« Judith musste allerdings insgeheim zugeben, dass er unter Umständen recht hatte. Es wäre zumindest nicht das erste Mal gewesen, dass ihre etwas weltfremde und verquere Schwester den Zug nicht geschafft hatte, weil sie zuerst noch ihr Teebaumöl oder ihren Häkelschal finden musste oder weil sie bis zur letzten Minute an einem Typentest in ihrer Zeitschrift gesessen hatte, um herauszufinden, wer sie in einem früheren Leben war, oder einfach nur weil Gregor sich in letzter Minute noch einmal hatte umziehen müssen, weil ihn die Farbe Ocker aufregte ...

»Da sind sie«, sagte Achim plötzlich.

»Wo?«

»Dahinten. Bei den Fahrplänen.« Er hüstelte demonstrativ. »Nicht zu übersehen.«

Tatsache. Da kam ihre Schwester Marlene in einem wehenden lila Batikgewand, mit Ketten behängt, ein fröhliches Lachen im Gesicht und dunkelrote Doc Martens an den etwas stämmigen Beinen. Daneben ein Junge, fülliger und größer, als Judith ihren Neffen in Erinnerung hatte und mit einer unförmigen Pelzmütze auf dem Kopf, die eine Hälfte seines Gesichtes verdeckte. Gregor, ganz ohne Zweifel. Aber was sollte die Mütze im Sommer? Und was hatte er da an?

»Lächeln«, befahl sie Achim und fing an zu winken. »Gregor! Marlene! Huhu! Hier sind wir!«

Gregor winkte sofort wild zurück und verfehlte haarscharf mit seinem Ellenbogen das Gesicht seiner Mutter, die mit ihm redete.

»Was hat er denn da um Gottes willen an?«, fragte Achim leise.

Einen rot-blau gestreiften peruanischen Poncho, garantiert von Marlene handgefertigt. Zusammen mit der Pelzmütze bot Gregor den Anblick eines lateinamerikanischen Sherpas, der neue Bergpfade erkunden wollte, ein Eindruck, der nur durch sein seltsames hellblaues Köfferchen mit den bunten Aufklebern geschmälert wurde.

»Ist doch egal.« Judith stieß ihren Mann an, damit er sich ein bisschen enthusiastischer zeigte.

»Und diese Mütze«, murmelte Achim, während er ein lahmes Winken andeutete. »Siehst du die?«

Ja, natürlich sah Judith das Ding. Eine russische Schafsfellmütze mit Ohrenklappen. Im Juni.

»Judith!« Marlene breitete die Arme aus. »Das ist aber echt schön, dass wir uns mal wieder sehen, was?«

»Total.« Judith nickte und lächelte ihre Schwester an, wie immer unfähig, Marlenes warmherziger Aufdringlichkeit irgendetwas entgegenzusetzen. Die ging einfach davon aus, dass jeder sich über ihren Besuch freute - über den Besuch von ihnen beiden, wohlgemerkt. Marlene allein hätte man ja noch wohlwollend ertragen können. Gregor hingegen ...

»Das war ein ICE, der hat eine Höchstgeschwindigkeit von dreihundert Kilometern pro Stunde«, rief Gregor ihnen jetzt zur Begrüßung zu. »Als er ganz schnell gefahren ist, hab ich in einem Tunnel Gott gesehen. Der hat mich angelächelt!«

Die Köpfe der anderen Reisenden fuhren herum. Zwei junge Frauen kicherten, und Judith war sich sicher, dass sie jemanden »garantiert irgendeine bekloppte Sekte« hatte sagen hören.

»Hallo, Gregor«, begrüßte Achim ihn laut. »Das war bestimmt nur eine Spiegelung im Fenster, die du da gesehen hast.« Er lächelte milde und sah sich Beifall heischend um. Seht - nur ein kleines Missverständnis und nicht der galoppierende Wahnsinn. Alles bestens.

Gregor blieb augenblicklich stehen. »Nein, da war ja alles dunkel im Tunnel, da hat sich nichts gespiegelt. Das war Gott.«

»Also Gregor, bitte ...«

»Nun lass ihn doch erst mal ankommen«, ging Judith rasch dazwischen. War Marlene etwa extrem religiös geworden oder woher kam das jetzt? »Hallöchen. Du bist aber gewachsen.« Sie ging einen Schritt auf Gregor zu und machte Anstalten, ihn zu umarmen, erinnerte sich aber in letzter Sekunde daran, dass er das hasste, dass er sich dabei wand wie ein Aal und sich gelegentlich sogar mit aller Kraft dagegen wehrte. Knapp vor dem Ziel schwenkte sie um und umarmte ihre Schwester.

»Du siehst bedrückt aus.« Marlene musterte sie prüfend. »Geht es dir gut?«

»Natürlich geht es mir gut.« Judith lachte verlegen.

»Wirklich?«

»Ja!« Gott, Marlene und ihre Esoterikmacke, mit der sie angeblich immer irgendwelche Schwingungen spürte.

»Treibt er dich in den Wahnsinn?«, flüsterte Marlene ihr jetzt ins Ohr und kicherte. »Männer über fünfzig neigen dazu.«

»Nur manchmal«, flüsterte Judith zurück. Ach, es war eigentlich doch schön, Marlene hierzuhaben. Auch wenn Achim schon im Vorfeld ihres spontanen Besuches von Minute zu Minute gereizter durch die Wohnung geprescht war und auch wenn sie Gregor mitbrachte, der jedes Mal Achims ohnehin schon dünnen Geduldsfaden bis aufs Äußerste strapazierte. Und im Grunde ging der Junge auch Judith permanent auf die Nerven, hauptsächlich weil er so unberechenbar war und Marlene so eine Wischiwaschi-Erziehung betrieb. Egal, es waren nur zwei Tage, im Übrigen die einzigen zwei Tage dieses Jahr, in denen sie ihre Schwester sah. Gregor würden sie schon ertragen, vielleicht war er mittlerweile ja ein bisschen normaler geworden, obwohl es ehrlich gesagt nicht den Eindruck machte. Aber die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.

»Auf geht´s!«, sagte Judith munter und trat einen Schritt zur Seite, um ihren Mann kurz anzustupsen. Durch diese Bewegung fiel allerdings Gregors Köfferchen um, öffnete sich prompt und gab eine Lawine von wild gemusterten Kleidungsstücken frei. Ein Hemd mit Zebramuster, eins mit bunten Vögeln, grellbunte Shorts, einen dunkelroten Bademantel aus Samt mit weißen Sternen darauf. Achim und sie gingen zeitgleich in die Knie, um alles wieder einzusammeln, während Marlene das Ganze gar nicht mitgekriegt hatte, weil sie gerade mit ihrem Handy ein Foto von dem schräg in die Bahnhofskuppel einfallenden Sonnenlicht schoss.

»Was hast du denn da Schickes mitgebracht, Gregor?«, erkundigte sich Judith, um einen lockeren Ton bemüht. »Ist das jetzt die neueste Mode?« Keine Antwort. Judith sah hoch. Gregor war weg.

»Wo ist denn Gregor?«, fragte sie ihre Schwester.

Augenblicklich ließ Marlene ihr Handy sinken, als ob sie eine unsichtbare Antenne für Gregor-Notfälle hätte. »Gregor?«, brüllte sie so laut, dass die Leute um sie herum erschrocken stehen blieben. »Gregor?«

Keine Antwort. Judith drehte sich hilflos nach Achim um, der ihr einen geradezu triumphierenden Ich-hab´s-doch-gleich-gesagt-Blick zuwarf und dann aufstand, wobei er sich in dem Bademantel verhedderte und leise fluchte.

»Gregor?«, rief er halblaut in das Menschengewusel. Nichts. Er wurde lauter. »Gregor?!«

»Vielleicht musste er mal auf die Toilette?« Judith spürte die neugierigen Blicke der Umherstehenden, die dieses kleine Spektakel beobachteten. Verdammt, wo war der Junge?

Da entdeckte sie ihn. Er stand keine fünf Meter von ihnen entfernt an einem Kiosk von Frischis Backwaren und unterhielt sich mit der Angestellten hinter dem Tresen, die ihn mit einer Mischung aus Verwirrung, Misstrauen und Belustigung betrachtete. »Da ist er.«

Marlene begab sich eilig zu ihm, Judith folgte ihr.

»Wer ist denn Frischi?«, hörte sie ihn fragen.

»Na, das ist nur der Name vom Geschäft«, antwortete die Verkäuferin. »Wie frisch eben.«

»Aber so, wie es da steht, denkt man, es ist ein Name.«

»Also ...« Die Frau rückte einige Brötchen hin und her und entdeckte dann Marlene. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie erleichtert.

»Das geht aber nicht«, schlussfolgerte Gregor unbeirrt weiter. »Also das geht nur, wenn Sie zum Beispiel Ihren eigenen Namen nehmen. Wie heißen Sie denn?«

»Ähm ...« Die Verkäuferin lachte unsicher.

»Ich bin die Marlene«, erklärte Marlene herzlich. »Und das ist der Gregor, mein Sohn. Wir sind gerade aus Bayern angekommen.«

Judith schloss kurz die Augen. Gleich würde Marlene der Frau ihre ganze Lebensgeschichte erzählen. So lief das immer.

»Katrin.« Die Verkäuferin hüstelte. »Ich heiße Katrin.«

»Aus?«, forschte Marlene weiter.

»Aus Hameln«, murmelte die Verkäuferin folgsam.

»Da war ich mal auf Klassenfahrt. 1985.« Marlene strahlte die Frau an. »Das war so eine schöne Stadt!«

Judith sah Achim in einiger Entfernung entnervt die Augen verdrehen und »Was ist denn nun?« mit den Lippen formen. Ja, das wusste Judith auch nicht. Marlene und Gregor hatten offenbar keinerlei Eile, den Bahnhof und speziell diesen Kiosk in nächster Zeit zu verlassen.

»Nicht wahr?« Die Verkäuferin namens Katrin freute sich. »Manchmal hab ich noch Heimweh. So oft komme ich da ja nicht mehr hin. Jetzt mit dem Job hier und so.« Sie seufzte.

»Aber dafür haben Sie einen sehr interessanten Job«, meinte Gregor. »Mit so vielen leckeren Sachen.«

Jetzt beschloss Judith, einzugreifen und der armen Frau zu helfen. »Der Achim wartet«, mischte sie sich ein. »Das Ticket für den Parkplatz läuft ab. Sie wissen ja.« Sie lächelte der Verkäuferin zu, doch die hatte nur Augen für Gregor und Marlene.

»Noch gute Weiterreise«, wünschte sie ihnen. »Es ist so schön, wenn mal jemand ein bisschen mit einem plaudert....
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Ulrike Herwig wurde 1968 geboren und wuchs in Jena auf. Sie studierte Englisch und Deutsch und lebte fast zehn Jahre lang in London. 2001 zog sie mit ihrer Familie nach Seattle, USA, wo sie auch heute noch wohnt. Seit vielen Jahren schreibt sie unter verschiedenen Pseudonymen für Kinder und Erwachsene.