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Call Me by Your Name Ruf mich bei deinem Namen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am09.02.20181. Auflage
Das Buch zum OSCAR-prämierten Film Völlig überraschend trifft Elio seine erste große Liebe: Der Harvard-Absolvent Oliver ist für sechs Wochen bei Elios Familie an der italienischen Riviera zu Gast. Oliver ist weltgewandt, intelligent und schön. Er ist alles, was Elio will, vom ersten Moment an. Die Zuneigung ist gegenseitig, doch Schüchternheit und Unsicherheit veranlassen beide zur Zurückhaltung. Ein fast unerträgliches Spiel von Verführung und Zurückweisung beginnt. »Ein wunderschönes und kluges Buch ... ein Wunder.« Colm Tóibín

André Aciman, geboren 1951 in Alexandria, studierte Komparatistik in Harvard. Er ist Romancier, Essayist und Dozent für Vergleichende Literaturwissenschaft, zudem schreibt er für verschiedene New Yorker Zeitungen. Sein Roman >Call Me By Your Name< war ein internationaler Bestseller und wurde in einer Oscar-prämierten Verfilmung adaptiert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDas Buch zum OSCAR-prämierten Film Völlig überraschend trifft Elio seine erste große Liebe: Der Harvard-Absolvent Oliver ist für sechs Wochen bei Elios Familie an der italienischen Riviera zu Gast. Oliver ist weltgewandt, intelligent und schön. Er ist alles, was Elio will, vom ersten Moment an. Die Zuneigung ist gegenseitig, doch Schüchternheit und Unsicherheit veranlassen beide zur Zurückhaltung. Ein fast unerträgliches Spiel von Verführung und Zurückweisung beginnt. »Ein wunderschönes und kluges Buch ... ein Wunder.« Colm Tóibín

André Aciman, geboren 1951 in Alexandria, studierte Komparatistik in Harvard. Er ist Romancier, Essayist und Dozent für Vergleichende Literaturwissenschaft, zudem schreibt er für verschiedene New Yorker Zeitungen. Sein Roman >Call Me By Your Name< war ein internationaler Bestseller und wurde in einer Oscar-prämierten Verfilmung adaptiert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423434263
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum09.02.2018
Auflage1. Auflage
Reihedtv
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1791 Kbytes
IllustrationenFormat: EPUB
Artikel-Nr.2538077
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
ERSTER TEIL

Wenn nicht später, wann dann?

Später!« Das Wort, die Stimme, die Attitüde.

Ich hatte noch nie erlebt, dass sich jemand mit einem »Später!« verabschiedete - kurz, schroff, wegwerfend, als könnte er nur mit Mühe verbergen, wie wenig ihm daran lag, den anderen je wieder zu sehen oder zu sprechen.

Es ist das erste, was mir einfällt, wenn ich an ihn denke, und ich habe es bis heute im Ohr: »Später!«

Ich schließe die Augen, spreche das Wort und bin nach so vielen Jahren wieder in Italien, gehe die baumbestandene Auffahrt hinunter, sehe ihn aus dem Taxi steigen, bauschiges, flatterndes Hemd, weit geöffneter Kragen, Sonnenbrille, Strohhut, viel, viel Haut. Mit einem Mal schüttelt er mir die Hand, übergibt mir seinen Rucksack, holt das übrige Gepäck aus dem Kofferraum, fragt, ob mein Vater zu Hause ist.

Vielleicht begann es schon in diesem Augenblick: Das Hemd, die aufgekrempelten Ärmel, die gerundeten Fersen, die sich immer wieder aus den abgetragenen Espadrilles heben, neugierig auf den warmen Kiesweg zu unserem Haus, und mit jedem Schritt schon fragen: Wo geht´s hier zum Strand?

Der diesjährige Sommergast. Wieder einer dieser Langweiler.

Dann winkt er, fast ohne nachzudenken und mit dem Rücken schon zum Taxi, mit der freien Hand und wirft einem Fahrgast, mit dem er sich vermutlich den Fahrpreis vom Bahnhof geteilt hat, ein nachlässiges »Später!« zu. Ohne einen Namen anzufügen, ohne die rüde Verabschiedung mit einem Scherzwort zu mildern. Entlassen mit einem einzigen Wort, frech, forsch, ungeschminkt - fass es auf, wie du willst, ist mir egal.

Genau so, dachte ich, wird er sich von uns verabschieden, wenn die Zeit gekommen ist. Mit einem harsch hingeworfenen »Später!«

Bis dahin würden wir es sechs lange Wochen mit ihm aushalten müssen.

Ich war gründlich eingeschüchtert. Einer von der unnahbaren Sorte.

Aber einer, an dem ich durchaus Gefallen finden konnte - von dem gerundeten Kinn bis zur gerundeten Ferse. Nach nur wenigen Tage sollte ich ihn hassen lernen.

Und das war der Mann, der mir aus dem Foto seines Bewerbungsschreibens förmlich entgegengesprungen war und augenblickliche Übereinstimmungen verheißen hatte!

Meine Eltern nahmen junge Akademiker als Sommergäste auf und gaben ihnen damit die Möglichkeit, in Muße ihre Manuskripte für eine Veröffentlichung vorzubereiten. Ich musste deshalb im Sommer regelmäßig für sechs Wochen mein Schlafzimmer räumen und in einen wesentlich kleineren Raum umziehen, in dem früher mein Großvater gewohnt hatte. Wenn wir im Winter in der Stadt waren, wurde es vorübergehend zum Werkzeugschuppen und Lagerraum umfunktioniert, zu einer Rumpelkammer, in der, wie man munkelte, mein Großvater und Namenspatron noch im ewigen Schlaf mit den Zähnen knirschte. Aufenthaltskosten entstanden den Sommergästen nicht, sie konnten sich frei im ganzen Haus bewegen und im Grunde tun und lassen, was sie wollten - unter der Bedingung, dass sie täglich eine Stunde meinem Vater bei seiner Korrespondenz und anderem Papierkram halfen. Früher oder später gehörten sie zur Familie, und nach fünfzehn Jahren Erfahrung auf diesem Gebiet hatten wir uns an die Flut von Postkarten und Geschenksendungen gewöhnt, die uns nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern das ganze Jahr über von Menschen zugeschickt wurden, die unserer Familie innig zugetan waren und keinen Umweg scheuten, um für ein, zwei Tage, wenn sie in Europa waren, mit Frau und Kindern in B. Station zu machen und eine nostalgische Besichtigung ihrer alten Bude vorzunehmen.

Beim Essen saßen häufig zwei oder drei weitere Gäste mit am Tisch, Nachbarn oder Verwandte oder auch Kollegen, Anwälte, Ärzte, die Reichen und Berühmten, die auf dem Weg zu ihren Sommerhäusern meinem Vater einen kurzen Besuch abstatteten. Hin und wieder öffneten wir unser Esszimmer sogar einem Touristenpärchen, das von der alten Villa gehört hatte, nur mal einen Blick hineinwerfen wollte und überwältigt war, wenn es eingeladen wurde, mit uns zu speisen und ausgiebig von sich zu erzählen, während Mafalda trotz denkbar kurzer Vorwarnung das Essen in gewohnter Güte auftischte. Mein Vater, der selbst zurückhaltend, ja schüchtern war, kannte nichts Schöneres, als einen jungen, aufstrebenden Experten auf dem einen oder anderen Gebiet in mehreren Sprachen das große Wort führen zu lassen, während sich in der heißen Sommersonne nach ein paar Glas rosatello die unvermeidliche Nachmittagsträgheit über die Zuhörer senkte. Wir nannten dieses lästige Ritual die Mittagsplage - und es dauerte nicht lange, bis die meisten unserer Sommergäste den Ausdruck übernommen hatten.

Vielleicht begann es bald nach seiner Ankunft, bei einer jener strapaziösen Mahlzeiten, als er neben mir saß und ich sah, dass seine Handflächen - trotz der leichten Bräune von einem kurzen Aufenthalt in Sizilien im Frühsommer - die gleiche Farbe hatten wie die helle weiche Haut seiner Sohlen, der Hals, die Unterarme an den Stellen, an die nicht viel Sonne kam. Fast ein helles Pink, glatt und glänzend wie ein Eidechsenbauch. Intim, züchtig, unberührt, wie verlegene Röte auf dem Gesicht eines Athleten oder ein Sonnenuntergang nach einem Gewitter. Es verriet mir Dinge über ihn, nach denen ich nie zu fragen gewagt hätte.

Vielleicht begann es in jenen endlosen Stunden nach dem Lunch, wenn alle nur in Badesachen im Haus und draußen faul herumlagen und die Zeit totschlugen, bis jemand den Vorschlag machte, zum Schwimmen an die Klippen herunterzugehen. Verwandte, Vettern, Nachbarn, Freunde, Freunde von Freunden, Kollegen, praktisch alle, denen es einfiel, bei uns anzuklopfen und zu fragen, ob sie unseren Tennisplatz benutzen könnten - alle waren herzlich bei uns willkommen, um zu faulenzen, zu schwimmen, zu essen, und wenn sie lange genug blieben, das Gästehaus zu nutzen.

Oder vielleicht begann es am Strand. Oder auf dem Tennisplatz. Oder auf jenem ersten Spaziergang an seinem ersten Tag, als man mich gebeten hatte, ihm das Haus und die Umgebung zu zeigen und ich ihn durch das alte schmiedeeiserne Tor über das große unbebaute Gelände im Hinterland bis zur stillgelegten Bahnstrecke führte, die einmal B. und N. verbunden hatte. »Gibt es irgendwo auch einen stillgelegten Bahnhof?«, fragte er, in der sengenden Sonne durch die Bäume spähend und offenbar bemüht, dem Sohn des Hausherrn die passende Frage zu stellen. »Nein, einen Bahnhof hat es nie gegeben. Die Bahn hielt auf Zuruf.« Der Zug interessierte ihn. Die Spur sei erstaunlich schmal, fand er. Es sei ein Zug mit zwei Waggons gewesen, erklärte ich, die das königliche Wappen trugen. Jetzt wohnten seit langem Zigeuner darin. Als meine Mutter hier als junges Mädchen den Sommer verbracht hatte, waren sie schon da. Die Zigeuner hatten die beiden Waggons von den Gleisen weg weiter ins Land hinein gezogen. Wenn er sie sehen wollte ...? »Später. Vielleicht.« Höfliches Desinteresse, als hätte er meinen unangebrachten Eifer, sich bei ihm einzuschmeicheln, durchschaut und mich kurzerhand abblitzen lassen.

Aber es traf mich.

Stattdessen sagte er, dass er in einer Bank in B. ein Konto eröffnen und dann die Übersetzerin aufsuchen wolle, die sein italienischer Verlag engagiert hatte.

Ich beschloss, ihn mit dem Fahrrad hinzubringen.

Das Gespräch gedieh im Fahren nicht besser als im Gehen. Zwischendurch machten wir Halt, um etwas zu trinken. Die bar-tabaccheria war stockfinster und leer. Der Besitzer war dabei, mit einer starken Ammoniaklösung den Boden zu wischen. Wir flüchteten schleunigst wieder an die frische Luft.

Eine einsame Amsel auf einer Pinie sang ein paar Töne, die sofort vom Lärmen der Zikaden übertönt wurden. Ich nahm einen tiefen Schluck aus einer großen Flasche Mineralwasser, reichte sie ihm und trank dann abermals. Ein wenig Wasser schüttete ich mir in die Hand, benetzte mir das Gesicht und fuhr mir mit den nassen Fingern durchs Haar. Das Wasser war nicht kalt genug, nicht prickelnd genug und hinterließ eine Ahnung von Durst.

Was man hier so mache, wollte er wissen.

Nichts. Man wartet darauf, dass der Sommer zu Ende geht.

Und im Winter?

Ich musste über die Antwort lächeln, die mir auf der Zunge lag. Er erriet, worauf ich hinauswollte. »Sag nichts. Man wartet darauf, dass es wieder Sommer wird.«

Wie schön, dass jemand meine Gedanken lesen konnte. Er würde das mit der Mittagsplage schneller durchschauen als seine Vorgänger.

»Im Winter wird es hier sehr grau und dunkel. Wir kommen nur über Weihnachten her, die übrige Zeit ist es eine Geisterstadt.«

»Und was macht ihr zu Weihnachten außer Kastanienrösten und Eierpunschtrinken?«, frotzelte er.

Wieder lächelte ich. Er begriff, sagte aber nichts. Wir lachten.

Womit ich mich beschäftige, wollte er wissen. Mit Tennisspielen. Schwimmen. Ausgehen. Joggen. Musik transkribieren. Lesen.

Ich jogge auch, sagte er. Morgens in aller Frühe. Wo man hier laufen könne. Hauptsächlich über die Promenade. Ich sei gern bereit, es ihm zu zeigen.

Es war ein Schlag ins Gesicht, gerade jetzt, wo ich anfing, ihn wieder zu mögen. »Später vielleicht.«

Ich hatte das Lesen zuletzt genannt, weil ich mir sagte, dass es, so launenhaft und eigenwillig, wie er sich gab, für ihn bestimmt am Schluss der Liste stehen würde. Nach ein paar Stunden fiel mir ein, dass er gerade ein Buch über Heraklit geschrieben hatte und Lesen...
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André Aciman, geboren 1951 in Alexandria, studierte Komparatistik in Harvard. Er ist Romancier, Essayist und Dozent für Vergleichende Literaturwissenschaft, zudem schreibt er für verschiedene New Yorker Zeitungen. Sein Roman >Call Me By Your Name