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Die letzte wahre Geschichte

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am12.02.2018Deutsche Erstausgabe
Zubaida, junge Paläontologin aus Bangladesch, trifft in Harvard in dem Amerikaner Elijah ihre große Liebe, heiratet jedoch aus Verpflichtung ihrer Familie und den Traditionen gegenüber ihren Jugendfreund Rashid. Doch bald schon entflieht sie den familiären Zwängen und Rashids Erwartungen. Als sie einige Zeit für eine humanitäre Organisation in den berüchtigten Abwrackwerften von Chittagong arbeitet, trifft sie Elijah wieder - dort, wo Arbeiter unter katastrophalen Bedingungen ihr Leben riskieren, erleben die beiden die leidenschaftliche Erfüllung ihrer Liebe. Und Zubaida, die als Baby adoptiert wurde, stößt ausgerechnet hier auf Spuren ihrer verloren geglaubten Eltern und einer mysteriösen Schwester. Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln muss sie die schwierigste Entscheidung ihres Lebens treffen.

Eine Geschichte von Liebe und Verlust vor dem bewegten Hintergrund der Geschichte Bangladeschs.



Tahmima Anam, 1975 in Dhaka in Bangladesch geboren, wuchs in Paris, New York und Bangkok auf, studierte an der Harvard University und lebt in London. Ihr von der Presse vielbeachteter Erstling Zeit der Verheißungen (A Golden Age) war ein großer internationaler Erfolg: »(...) nicht nur ein spannender historischer Roman, sondern auch ein üppig angerichtetes Bollywood-Drama.«
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextZubaida, junge Paläontologin aus Bangladesch, trifft in Harvard in dem Amerikaner Elijah ihre große Liebe, heiratet jedoch aus Verpflichtung ihrer Familie und den Traditionen gegenüber ihren Jugendfreund Rashid. Doch bald schon entflieht sie den familiären Zwängen und Rashids Erwartungen. Als sie einige Zeit für eine humanitäre Organisation in den berüchtigten Abwrackwerften von Chittagong arbeitet, trifft sie Elijah wieder - dort, wo Arbeiter unter katastrophalen Bedingungen ihr Leben riskieren, erleben die beiden die leidenschaftliche Erfüllung ihrer Liebe. Und Zubaida, die als Baby adoptiert wurde, stößt ausgerechnet hier auf Spuren ihrer verloren geglaubten Eltern und einer mysteriösen Schwester. Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln muss sie die schwierigste Entscheidung ihres Lebens treffen.

Eine Geschichte von Liebe und Verlust vor dem bewegten Hintergrund der Geschichte Bangladeschs.



Tahmima Anam, 1975 in Dhaka in Bangladesch geboren, wuchs in Paris, New York und Bangkok auf, studierte an der Harvard University und lebt in London. Ihr von der Presse vielbeachteter Erstling Zeit der Verheißungen (A Golden Age) war ein großer internationaler Erfolg: »(...) nicht nur ein spannender historischer Roman, sondern auch ein üppig angerichtetes Bollywood-Drama.«
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458749233
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum12.02.2018
AuflageDeutsche Erstausgabe
Reihen-Nr.4625
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2591493
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Präludien


Der erste Satz, den ich zu dir sagte, war: »An meinem neunten Geburtstag habe ich erfahren, dass ich adoptiert bin.« Und du hast geantwortet: »Aristoteles war Waise.« Und ich habe erwidert: »Und der Prophet Mohammed auch.« An jenem Konzertabend riefen die Musik und die Hitze des Spätsommers den Tag in meinem Gedächtnis wach, an dem meine Eltern mir gestanden hatten, dass ich ein Adoptivkind war. Etwas in der Art hatte ich allerdings von früh auf schon geahnt. Ich erinnere mich, wie meine Eltern mir nach dem Kindergeburtstag, als alle Gäste heimgegangen und nur noch der Geruch nach Brathähnchen, die abgerissenen Ecken von Geschenkpapier und zertretene Kartoffelchips zurückblieben, erzählten, dass sie mich zwei Jahre nach ihrer Hochzeit, fünfzehn Jahre nach dem Krieg, adoptiert hatten. Ich habe später fast nie an meinen neunten Geburtstag gedacht, aber als ich dich kennenlernte, Elijah, stand er mir auf einmal wieder ganz deutlich vor Augen. Mein Vater hatte eine Piñata für mich gebastelt, die die Bonbons auf den Rasen spuckte, und einer meiner Klassenkameraden hatte sich den Stock geschnappt, mit dem man auf die Piñata einschlug, und hatte die anderen Jungs damit bis in eine schattige Ecke des Gartens verfolgt, wo dick und verfilzt Spinnweben hingen. Ich weiß noch, dass ich zwischen meinen Eltern saß, als sie mir die Geschichte erzählten, einer hielt meine rechte Hand, der andere meine linke: Sie hätten sich so sehr ein Baby gewünscht, und dann sei das Wunder geschehen, und sie hätten mich gefunden. Ich weiß noch, dass mir urplötzlich speiübel wurde und mein Erbrochenes von den vielen Bonbons orange gefärbt war. An diese Farbe erinnere ich mich besonders deutlich, weil wir damals abends kein Wasser in der WC-Spülung hatten und ich sechs Becher voll aus dem Eimer in die Schüssel gießen musste, bis alles abgeflossen war. An diesem schwülheißen Abend in Cambridge waren diese Erinnerungen mit einem Mal wieder da. Es war Spätsommer, kurz vor Semesterbeginn, und der Campus wie ausgestorben. Ich war mit den letzten Vorbereitungen für meine Forschungsreise beschäftigt, auf der ich nach einem vollständigen Skelett des Urwals Ambulocetus natans graben würde, und meine Erinnerung vermischte sich mit den Gedanken an den Auszug aus der Wohnung, die mir bevorstehende Reise, die Ausgrabung, an die Vorfreude auf den Augenblick, in dem wir das Fossil finden und ans Licht der Welt bringen würden - eine Revolution für unser Verständnis vom Verhältnis zwischen Festland und Meer. Zwischen der Erinnerung und der Erwartung tat sich ein Spalt auf, eine Pause, in der sich alles verlangsamte, ein Zwischenmoment, weder hier noch dort - und in diesen Spalt fielst du: ein Mann mit Klavierhänden und Wintergeruch am Kragen.

An diesem Abend war ich bei einem Konzert im Sanders Theater. Ich hatte bereits einige Abende in dem holzgetäfelten Konzertsaal verbracht und genoss jetzt, kurz vor meiner Abreise, diesen Luxus als eine Art Coda auf meine sieben Jahre in Amerika. Ich verlor mich in der klassischen Musik, die mich trotz der für die Ohren einer Bengalin ungewohnten Klänge immer berührte. Hinterher vergaß ich die Musik meist wieder, außer einmal, als Yo-Yo Ma Bachs Cellosuiten spielte. Es war eher ein Interview als ein Konzert, und er spielte nur am Ende ein paar Minuten, aber die waren reinste Magie und das einzige Mal, dass ich mir wünschte, ich könnte dieses Gefühl mit jemandem teilen.

Als ich an die Kasse kam, erfuhr ich, dass Präludien und Fugen von Schostakowitsch auf dem Programm standen. Schostakowitsch kannte ich nur dem Namen nach, über die Musik wusste ich nichts. Ich sah einen Flügel auf der Bühne, dann ging das Licht aus, und zu meiner Überraschung trat eine zierliche Frau hinter dem Vorhang hervor. Sie war nicht mehr jung, vermutlich über sechzig, trug einen langen Rock und die Haare in einem grauen Knoten im Nacken. Sie begann mit kurzen Stücken, jedes nicht länger als fünf Minuten. Ich fand die Musik nicht schlecht, aber auch nicht besonders aufregend. Die Stücke begannen mit einem romantischen Auftakt und wurden dann allmählich distanziert, fast intellektuell. Ich konnte wenig damit anfangen. Irgendwann bemerkte ich den Mann, der zu meiner Linken saß: Dich, Elijah, wie du mit den Fingern auf dein Knie trommeltest, das abgewetzte Material deiner Jeans, deine Füße in den Sandalen und den Leinenbeutel unter deinem Sitz.

Ich habe dir zwar mehrmals einen Blick von der Seite zugeworfen, aber du hast nicht zurückgeschaut. Abgesehen von der Klavierhand war alles an dir sehr reglos. Diese Reglosigkeit verwunderte mich. Ich folgte deinem Blick, der konzentriert auf den Scheinwerferkegel mit dem Instrument in der Mitte gerichtet war, auf die über die Tasten fliegenden Finger der Pianistin, und die Ernsthaftigkeit deines Blicks veranlasste mich, es dir gleichzutun und richtig hinzuhören. Am Ende von Fuge Nr. 4 spürte ich ein kleines Beben in meiner Brust, und nach Nr. 5, die erst zart, dann triumphal war, wurde der Tremor in mir immer stärker, stieg nach oben und schnürte mir am Ende des Stücks die Kehle zu. In diesem Augenblick waren die Erinnerungen alle wieder da: der Kindergeburtstag, das Geständnis meiner Eltern, dass ich in jener Nacht zwischen ihnen schlafen durfte, der besorgte Atem der beiden über meinem Gesicht. Bevor ich wusste, wie mir geschah, liefen mir im Konzert die Tränen über das Gesicht, und ich konnte mit knapper Not einen lauten Seufzer unterdrücken, als das nächste Stück begann. Ich schlang die Arme um mich, versuchte, das, was ausbrechen wollte, einzudämmen, und da hast du schließlich doch den Kopf gedreht und gesehen, dass ich weinte. Trotz Dunkelheit sah ich dem Umriss deines Gesichts an, dass du ernst, aber in keiner Weise beunruhigt warst. Du hast deine Hand auf den Ärmel meiner Bluse gelegt, und die Wärme deiner Berührung strahlte von meinem Oberarm bis über die Schultern aus. Erst beruhigte mich deine Berührung, doch dann, als das Stück zu Ende war und du deine Hand wegzogst, empfand ich eine schreckliche Verlassenheit - niemand wohnte mehr in meinem Körper als die Einsamkeit.

Wir wechselten die ersten Sätze miteinander. Im Nachhinein betrachtet seltsam, sich einander so vorzustellen, aber damals erschien es mir völlig natürlich. Deine Stimme klang tief und entspannt in der Stille. Du nahmst meine Hand, und das Blut floss in die Finger, sammelte sich unter der Haut, als wollte es herausspringen und sich mit deinem vermischen, und so saßen wir bis zur Pause da. Das Herz hämmerte in meiner Brust, als die erste Hälfte zu Ende war und das Licht im Saal anging.

In der plötzlichen Helligkeit fiel mir als Erstes auf, wie weiß du warst, dass du blaue Augen und einen Bart hattest, der weder ungepflegt noch besonders gestutzt aussah. Ich rieb mir die Spuren der Tränen aus dem Gesicht. Ich zog meine Hand schnell zurück, als ich die anderen Zuschauer sah, die hinaus in die Pause gingen, und fragte mich, ob mich jemand erkannt hatte. Du hast gefragt, ob ich ein Glas Wasser wollte, und ich hätte gern ja gesagt, wollte aber nicht, dass du auf Nimmerwiedersehen verschwindest. Schließlich wurde es wieder dunkel und das Konzert ging weiter. Das Publikum wirkte jetzt unruhig; auf den schmalen Holzbänken direkt vor der Bühne rutschten die Zuschauer herum. Ich dachte wieder über das Thema Herkunft nach. Nicht so sehr darüber, wo ich herkam, sondern dass ich in meinen fünfundzwanzig Lebensjahren so selten darüber nachgedacht hatte. Wie wenig Fragen ich gestellt hatte - im Grunde gar keine, wahrscheinlich, weil ich so glühend von meinen Eltern geliebt wurde, eine Liebe, die ich bis zu diesem Augenblick fraglos erwidert hatte. Während mir noch all diese Gedanken durch den Kopf gingen, endete das Konzert mit den energisch über die Tasten fliegenden Pianistinnenfingern und einem triumphalen Höhepunkt in schwierig zu greifenden Akkorden. Die Zuschauer sprangen begeistert auf, ein Hain stehender Gestalten, und der Applaus dauerte lange, doch als keine Zugabe kam, ging irgendwann das Licht an und das Konzert war zu Ende. Als der Zuschauerraum sich leerte, standen auch wir auf. Du hast einen Schritt auf mich zugemacht und dich ein wenig zurückgebeugt, damit die anderen Leute dem Ausgang zustreben konnten. Ich atmete deinen Geruch ein: Holzspäne und schneebedeckte Bäume. Ein Kaltwettergeruch an diesem heißen, schwülen Abend.

Wir musterten einander. Du hast den Blick auf mich gerichtet, als seien wir die beiden letzten...

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Autor

Tahmima Anam, 1975 in Dhaka in Bangladesch geboren, wuchs in Paris, New York und Bangkok auf, studierte an der Harvard University und lebt in London. Ihr von der Presse vielbeachteter Erstling Zeit der Verheißungen (A Golden Age) war ein großer internationaler Erfolg: »(...) nicht nur ein spannender historischer Roman, sondern auch ein üppig angerichtetes Bollywood-Drama.«