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Wegbereiter der Emanzipation?

Studien zur Judenpolitik des »Aufgeklärten Absolutismus« in Preußen (1763 - 1812).
Duncker & Humblot GmbHerschienen am01.07.2010
Während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mehrten sich die Anzeichen für einen grundlegenden Wandel im Verhältnis zwischen christlicher Mehrheitsgesellschaft und jüdischer Minderheit. Diese vielbeachtete Entwicklung verdichtete sich in der preußischen Hauptstadt Berlin im Kreis um den jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn und den Beamten Christian Wilhelm von Dohm. Zu gleicher Zeit jedoch strebte der von antijüdischen Ressentiments beherrschte preußische König Friedrich II. eine Reduzierung der Judenschaft auf wenige, möglichst finanzkräftige Familien an. Welche sozialen und demographischen Wirkungen diese über Jahrzehnte hinweg betriebene Politik auf die davon betroffenen Juden zwischen Kleve und Königsberg entfaltete, untersucht Tobias Schenk in der vorliegenden Studie erstmals auf breiter empirischer Grundlage.

Tobias Schenk studierte Neuere und Neueste Geschichte, Mittlere Geschichte und Politikwissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und promovierte mit einer Studie über friderizianische Judenpolitik. 2006/07 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Historischen Kommission für Westfalen tätig und absolvierte anschließend ein zweijähriges Referendariat im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Seit 2009 arbeitet er für die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen an der Erschließung der Akten des kaiserlichen Reichshofrats im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR99,90

Produkt

KlappentextWährend der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mehrten sich die Anzeichen für einen grundlegenden Wandel im Verhältnis zwischen christlicher Mehrheitsgesellschaft und jüdischer Minderheit. Diese vielbeachtete Entwicklung verdichtete sich in der preußischen Hauptstadt Berlin im Kreis um den jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn und den Beamten Christian Wilhelm von Dohm. Zu gleicher Zeit jedoch strebte der von antijüdischen Ressentiments beherrschte preußische König Friedrich II. eine Reduzierung der Judenschaft auf wenige, möglichst finanzkräftige Familien an. Welche sozialen und demographischen Wirkungen diese über Jahrzehnte hinweg betriebene Politik auf die davon betroffenen Juden zwischen Kleve und Königsberg entfaltete, untersucht Tobias Schenk in der vorliegenden Studie erstmals auf breiter empirischer Grundlage.

Tobias Schenk studierte Neuere und Neueste Geschichte, Mittlere Geschichte und Politikwissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und promovierte mit einer Studie über friderizianische Judenpolitik. 2006/07 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Historischen Kommission für Westfalen tätig und absolvierte anschließend ein zweijähriges Referendariat im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Seit 2009 arbeitet er für die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen an der Erschließung der Akten des kaiserlichen Reichshofrats im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783428530908
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatPDF
Erscheinungsjahr2010
Erscheinungsdatum01.07.2010
Seiten757 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3159
Artikel-Nr.2747522
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Vorwort;6
2;Inhaltsverzeichnis;8
3;Tabellen- und Abbildungsverzeichnis;12
3.1;I. Verzeichnis der Tabellen im Text;12
3.2;II. Abbildungsnachweis;13
4;Abkürzungsverzeichnis;14
5;A. Einleitung;16
5.1;I. Juden im friderizianischen Preußen - eine Erfolgsgeschichte?;16
5.2;II. Zum Untersuchungsgegenstand;28
5.3;III. Quellenlage und Forschungsstand;52
5.4;IV. Von Münzen und Maßen;63
6;B. Zur brandenburgisch-preußischen Judenpolitik von 1671 bis 1740;67
6.1;I. Der Beginn absolutistischer Judenpolitik in Brandenburg-Preußen: Die erneute Aufnahme von Juden in Brandenburg im Jahre 1671;67
6.2;II. Grundzüge der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der jüdischen Minderheit bis zur Thronbesteigung Friedrichs II. im Jahre 1740;72
7;C. Zur Judenpolitik Friedrichs des Großen von 1740 bis 1763;79
7.1;I. Zur Rolle der Juden im Denken Friedrichs des Großen. Einführende Bemerkungen;79
7.2;II. Entwicklungen in der Judenpolitik unter besonderer Berücksichtigung des Generalreglements von 1750;83
7.3;III. Zum Einfluß des Siebenjährigen Krieges auf die Judenpolitik;97
8;D. Die zweiten Kinder und ihr jährlicher Manufakturwarenexport von 1763 bis um 1800;104
8.1;I. Die Verhandlungen um eine Rückgewinnung des Rechts zur Ansetzung des zweiten Kindes 1763-1765;104
8.2;II. Das Generalfiskalat als judenrechtliche Kontrollinstanz;127
8.3;III. Zu den Modalitäten des Manufakturwarenexports;131
8.4;IV. Probleme aus dem Alltag;142
8.5;V. Sanktionsmaßnahmen bei Nichterfüllung der Exportauflagen;164
8.6;VI. Zum Fortdauern der Exportauflagen bis zur Jahrhundertwende;169
8.7;VII. Der Niedergang des Manasse Jacob aus Bernau;176
9;E. Die Templiner Strumpf- und Mützenmanufaktur. Teil 1 (1765-1786);183
9.1;I. Von der Gründung durch die Kurmärkische Kammer bis zur Übernahme durch die Judenschaft (1765-1769);183
9.2;II. Der Übernahmevertrag vom 12. Januar 1769 und die Finanzierung der Templiner Manufaktur durch die Judenschaft;203
9.3;III. Auf der Suche nach einem Entrepreneur: Johann Heinrich Düntz oder Abraham Jacob Eschwege?;211
9.4;IV. Grundzüge der Templiner Arbeits- und Betriebsorganisation;215
9.5;V. Die Manufaktur unter der Direktion von Abraham Jacob Eschwege zur Zeit Friedrichs des Großen;220
9.6;VI. ... da soll ihnen freystehen, sich allda anzusetzen ? Angestrebte Niederlassungsbeschränkungen und die Haltung einzelner Magistrate;241
10;F. Zur Porzellanherstellung in Preußen und ihren Problemen;251
10.1;I. Die Geschichte der Porzellanherstellung in Preußen bis zur Gründung der Königlichen Porzellanmanufaktur (KPM) im Jahre 1763;251
10.2;II. Zur fiskalischen Funktion der KPM;254
10.3;III. Probleme des auswärtigen Debits bis zur Einführung des Exportzwangs für die Lotteriepächter und die Judenschaft im Jahre 1769;256
11;G. Der Porcellaineexportationszwang. Teil 1 (1769-1779);261
11.1;I. Einführung und erste Ausführungsbestimmungen ;261
11.1.1;1. Das Kabinettsdekret vom 21. März 1769;261
11.1.2;2. Die Bestimmung von Exportsortimenten;263
11.1.3;3. Die Einrichtung der Manufakturquittungen und Zollatteste;267
11.2;II. Die Umsetzung des Exportzwangs - Einzelbeispiele aus den ersten Jahren;275
11.2.1;1. Vorbemerkung;275
11.2.2;2. Textilfabrikant Berend Hirsch aus Potsdam;276
11.2.3;3. Seidenhändler Seligmann Joseph aus Königsberg/Pr.;285
11.3;III. Erneuter Rechtsbruch: Der Exportzwang bei der Ansetzung erster und zweiter Kinder;293
11.4;IV. ... allermaßen dieses gar nicht als eine Abgabe oder Beschwerde anzusehen ist . Der Porzellanexport bei der Vergabe von Konzessionen zum Hausbesitz;306
11.5;V. Die Ausnahmeregelung für die ostfriesische Judenschaft;326
11.6;VI. Zur Lage der Generalprivilegierten;330
11.7;VII. Der Porzellanexport bei der Approbation von Gemeindebedienten;338
11.8;VIII. Porzellanexporte durch jüdische Gemeinden;346
11.8.1;1. Vorbemerkung;346
11.8.2;2. Der Erwerb Westpreußens und die Judenschaft in den Danziger Vorstädten;347
11.8.3;3. Potsdam;355
11.8.4;4. Frankfurt an der Oder;358
11.8.5;5. Brandenburg an der Havel;363
11.9;IX. Zur Organisation von Zwangsexporten einer Luxusware: Kommissionäre und Käufer von Judenporzellan ;363
11.10;X. Die Haltung der KPM-Direktion sowie der Kabinettsräte Galster und Stelter zu den sinkenden Einnahmen durch den Exportzwang;375
11.11;XI. Zwischenergebnis;383
12;H. Der Porcellaineexportationszwang. Teil 2 (1779-1786);385
12.1;I. Bürgerliche Verbesserung der Juden? Skizze einer Debatte;385
12.2;II. Ein Münchner Todesfall und seine Folgen. Die fiskalische Revision des Exportzwangs im Jahre 1779;389
12.3;III. Vertreibung zweier Sündenböcke? Jacob Salomon Friedländer und Simon Samuel Aaron;398
12.4;IV. Zur Konzessionsvergabe nach 1779;405
12.5;V. Die Wiedereinführung des Exportzwangs in Ostfriesland;414
12.6;VI. Christliche Kolonisten - der Provinz viel zuträglicher als eine Porcellaine-Exportation? Der Porzellanexportzwang im Netzedistrikt;427
12.7;VII. Porcellainefreyheit in Preußen. Dispensationen auf königlichen Befehl nach 1779;435
12.8;VIII. Generalfiskal d Anières, KPM-Direktor Grieninger und ihr Feldzug gegen die Porcellainerestanten (1779 -1786);445
12.8.1;1. Die Einrichtung der Kommission d Anières-Grieninger und ihre erste Tätigkeit;445
12.8.2;2. Der Beginn der Exekutionen;452
12.8.3;3. Die Armenliste und die Hypothekenscheine;462
12.8.4;4. Der Entzug der Schutzbriefe;467
12.9;IX. Judenporzellan und Retablissement. Zu den Auswirkungen des Exportzwangs auf das ländliche Wirtschaftsgefüge. Beispiele aus Westpreußen und Pommern;481
12.10;X. Zwischenergebnis;491
13;I. Ein neuer König in Preußen. Friedrich Wilhelm II. und die gescheiterte Reform des Judenwesens;498
14;J. Aufhebung und Nachleben des Porcellaineexportationszwangs;515
14.1;I. Eine verhältnismäßigere Einrichtung des Exportzwangs? Friedrich Wilhelm II. und das Judenporzellan bis zum Frühjahr 1787;515
14.2;II. Die Einrichtung der KPM-Kommission unter Friedrich Anton von Heinitz im April 1787;521
14.3;III. Die Verhandlungen zwischen Heinitz und den jüdischen Oberlandesältesten und Generaldeputierten bis zur Aufhebung des Exportzwangs im Februar 1788;528
14.4;IV. Zur Abwicklung des Abnahmezwangs: Die Rückgabe eingezogener Konzessionen und der Hypothekenscheine;541
14.5;V. Die Aufbringung der Ablösesumme von 40.000 Rt. und die dadurch hervorgerufenen Spannungen innerhalb der Judenschaft;548
14.6;VI. Die Verwendung der Ablösesumme durch die Porzellanmanufaktur und das Kabinett;560
15;K. Die Templiner Strumpf- und Mützenmanufaktur. Teil 2 (1786-1812);563
15.1;I. Die gescheiterte Initiative David Friedländers (1792-1794);563
15.2;II. Die Auseinandersetzungen zwischen den Berliner Ältesten und der Klevischen Landjudenschaft (1798-1803);568
15.3;III. Von Abraham Jacob Eschwege zu Christian Friedrich Dünz (1801-1806);580
15.4;IV. Am Ende war Napoleon (1806-1812);611
16;L. Fazit;626
17;M. Anhang: Dokumente;647
17.1;1. Vertrag zwischen der Kurmärkischen Kriegs- und Domainenkammer und den Ältesten der Judenschaft über die Übernahme der Strumpf- und Mützenmanufaktur zu Templin vom 27. Dezember 1768;647
17.2;2. Zweiter Vertrag zwischen den Oberlandesältesten der Judenschaft und Abraham Jacob Eschwege über den Betrieb der Templiner Manufaktur vom 25.August 1782;653
17.3;3. Supplik David Friedländers um Entbindung der Judenschaft vom weiteren Betrieb der Templiner Manufaktur vom 7. März 1794;655
17.4;4. Entwurf eines Vertrages zwischen dem Manufaktur- und Kommerzienkollegium und Christian Friedrich Düntz wegen Übernahme der Templiner Manufaktur vom 26. September 1802;656
17.5;5. Formular für das erste Schreiben der Porzellankommission, mit dem sich diese 1779 über Magistrate und Fiskalate an die Porcellainerestanten wandte;659
18;Quellen- und Literaturverzeichnis;661
18.1;I. Verzeichnis ungedruckter Quellen;661
18.2;II. Literaturverzeichnis;664
18.2.1;Quellen;664
18.2.2;Literatur;672
19;Personenregister;730
20;Ortsregister;744
21;Sachregister;753
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Leseprobe
J. Aufhebung und Nachleben des Porcellaineexportationszwangs (S. 514-515)

I. Eine "verhältnismäßigere" Einrichtung des Exportzwangs? Friedrich Wilhelm II. und das Judenporzellan bis zum Frühjahr 1787

Angesichts der jahrzehntelangen Bemühungen Friedrichs des Großen um das Gedeihen seiner Porzellanmanufaktur spricht aus dem Nachruf Grieningers sicher mehr als eine hagiographische P?ichtübung: Welch höchst betrübter Tag! Schon seit vielen Monaten waren alle Einwohner der Königlich-Preuß.en Staaten zwischen beständiger Furcht und Hofnung über das nicht hoch genug zu schätzende theuerste Leben ihres allgeliebtesten höchst gefährlich krank darnieder liegenden Monarchen, und heute Vormittag zwischen 7. und 8. Uhr kam von Potsdam die höchst trauerige Nachricht nach Berlin von seinem auf die schmertzhafteste Krankheit an diesem Morgen gegen 3. Uhr erfolgtem Tode.

Mein Gott! Welche düstere Stille! Ueberall nichts als Seufzer und Thränen. Und welcher Anblik! So viele unter den Waffen grau gewordene tapfere Krieger ihren geliebtesten Friederich, unter dessen Befehlen sie so oft gesieget haben, beweinen sehen. Niemals ist wohl ein König von seinem Heere und von seinem Volke so wehmütig beklaget und betrauert worden. Er war ia auch der Einzige.

Wie es nun mit der Manufaktur weitergehen sollte, war dabei nicht nur eine Frage, die Grieninger beschäftigt haben dürfte. Für zahlreiche preußische Juden war der Name "KPM" insbesondere in den Jahren nach 1779 nahezu gleichbedeutend mit der wohl verheerendsten Sonderabgabe, unter der sie zu leiden hatten. Ende 1787, gut ein Jahr nach Friedrichs Tod, als die Kommission zur Reform des Judenwesens ihre mit großen Hoffnungen erwartete Arbeit aufnahm, näherten sich die Verhandlungen zur Aufhebung des Exportzwangs bereits ihrem Abschluß. Daraus jedoch zu schließen, diese Aufhebung sei problemlos verlaufen, wie es in der Literatur meist geschieht, ist unzulässig.

Denn tatsächlich deutete nach dem Thronwechsel zunächst kaum etwas darauf hin, daß sich am bisherigen Verfahren grundsätzlich etwas ändern würde. Vielmehr verteidigte die aus Grieninger und Klipfel bestehende KPM-Direktion das offenbar liebgewonnene Privileg mit Zähnen und Klauen und war eifrig darum bemüht, auch den neuen Monarchen von der Notwendigkeit einer kompromißlosen Fortführung des Exportzwangs zu überzeugen. Nachdem Klipfel von FriedrichWilhelm II. mündlich den Befehl erhalten hatte, eine schriftliche Ausarbeitung seiner Vorschläge zur künftigen Absatzsteigerung einzureichen, schlug er in seinem Gutachten vom 5. September 1786 unter anderem die Gründung neuer Verkaufsniederlassungen in St. Petersburg, Riga, Mitau, Libau, Lübeck, Bremen, den Haag, Amsterdam, Genua und Frankfurt am Main vor.


Die größten Hoffnungen setzte Klipfel jedoch weiterhin auf Zwangsmaßnahmen gegenüber der Lotteriegesellschaft und insbesondere der Judenschaft, indem diese "ernstlich angehalten" werden müßte, die immer noch auf 78.865 Rt. bezifferten Rückstände aus der Zeit vor 1779 "ohne längern Aufschub" zu berichtigen.2 Doch offenbar hegte der neue König vor dem Hintergrund der seit Jahren andauernden Bemühungen zur Eintreibung dieser Rückstände Zweifel daran, ob diese in der von Klipfel vorgeschlagenen Größenordnung überhaupt noch realistisch sei.
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