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Solothurn streut Asche

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
352 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am23.02.2017
Eine Ordensschwester wird mit einem Aschenkreuz auf der Stirn tot in der Solothurner Einsiedelei aufgefunden. Die Spur führt die Ermittler zu einer obskuren katholischen Gemeinschaft, die Beziehungen zu rechtsextremen Kreisen pflegt. Kantonspolizist Dominik Dornach und Staatsanwältin Angela Casagrande versuchen die Fäden zu entwirren - und kommen dabei einem mörderischen Komplott auf die Spur . . .

Christof Gasser, geboren 1960, arbeitete in leitender Funktion in der Uhrenindustrie und als Betriebsleiter in Asien. Heute ist er als Autor tätig, unterrichtet als Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz und lebt mit seiner Frau in der Nähe von Solothurn.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextEine Ordensschwester wird mit einem Aschenkreuz auf der Stirn tot in der Solothurner Einsiedelei aufgefunden. Die Spur führt die Ermittler zu einer obskuren katholischen Gemeinschaft, die Beziehungen zu rechtsextremen Kreisen pflegt. Kantonspolizist Dominik Dornach und Staatsanwältin Angela Casagrande versuchen die Fäden zu entwirren - und kommen dabei einem mörderischen Komplott auf die Spur . . .

Christof Gasser, geboren 1960, arbeitete in leitender Funktion in der Uhrenindustrie und als Betriebsleiter in Asien. Heute ist er als Autor tätig, unterrichtet als Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz und lebt mit seiner Frau in der Nähe von Solothurn.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960411857
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum23.02.2017
Reihen-Nr.2
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3584 Kbytes
Artikel-Nr.3010021
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

DREI

Der Klammergriff um ihren Hals drückte Pia beinahe die Luft ab. Sie hatte gewusst, dass der Angriff kommen würde, und sich trotzdem überrumpeln lassen. Ihre Reaktion war zu langsam. Als sie versuchte, ihre Schulter hochzureissen, wurde sie brutal nach hinten gezogen. Ihre Füsse verloren den Halt, sodass der Angreifer sie zu Boden drücken konnte.

«Gibst du auf?», hörte sie eine gepresste Stimme an ihrem Ohr. Die Klammer um ihren Hals war so stark, dass Pia nicht antworten konnte. Sie versuchte, den Kopf nach links und rechts zu drehen, der Druck verstärkte sich sogleich. Schliesslich klopfte sie dreimal mit der flachen Hand auf die Matte.

Maja Hartmann lockerte ihren Griff. «Schon besser», sagte sie anerkennend und löste sich von Pia. Sie reichte ihr die Hand, damit sie sie hochhieven konnte. «Immerhin fiel es mir dieses Mal nicht mehr so leicht, dich auf den Rücken zu legen.» Sie klopfte ihrer Sparringpartnerin auf die Schultern.

«Mega, wirklich», brummte Pia. Sie rieb sich den Hals. «Dafür hast du mich fast erwürgt.»

«Habe ich dir wehgetan?»

«Der Hals ist okay, es ist mein Ego, das schmerzt.»

Maja lachte. «Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Hast du wenigstens begriffen, wo dein Problem liegt?»

Pia wischte sich mit dem Handtuch den Schweiss von der Stirn. Dieses Training, zu dem ihr Vater sie verknurrt hatte, war manchmal nur anstrengend. Allerdings fühlte sie sich dank dem Kampfsport- und Selbstverteidigungsunterricht so kräftig wie nie zuvor und hatte an Selbstsicherheit gewonnen. Maja war Ermittlerin im Team ihres Vaters und unterrichtete in ihrer Freizeit Kampfsport für Frauen.

«Du warst zu schnell für mich», sagte Pia.

«Nein, du hattest Angst vor dem Angriff.»

«Ich kann ja nicht ständig in Abwehrstellung darauf warten, dass mir einer von hinten an die Gurgel geht.»

«Nicht ständig, aber nachts auf einer einsamen Strasse oder in einer Unterführung musst du deine Antennen ausfahren und trotzdem locker und entspannt bleiben.»

«Und wenn der Kerl stärker ist als ich, stürzt er sich ganz einfach auf mich, sodass ich zu Boden gehe.»

«Nicht, wenn du schnell genug reagierst. Ich zeige es dir noch einmal.» Maja schlenderte langsam auf der grossen Matte von Pia weg und blickte geradeaus. «Greif mich von hinten an, wann du willst.»

Pia zögerte einen Moment. Dann schnellte sie vor und legte ihre Arme um Majas Hals, so wie diese es vorher bei ihr getan hatte. Bevor Pia richtig zudrücken konnte, hatte Maja das Kinn angezogen und die Schultern hochschnellen lassen. Sie wuchtete sich nach vorne und brachte damit ihre Angreiferin aus dem Gleichgewicht. Mit dem Schwung ihres eigenen Gewichts schleuderte sie Pia mit einem Schulterüberwurf zu Boden und nagelte sie mit einem angedeuteten Tritt in den Unterleib fest.

«Autsch!»

«Sorry.» Maja half Pia auf die Beine. «Siehst du? Du wusstest, dass ich mich wehren würde, und hast trotzdem nicht mit dieser Reaktion gerechnet.»

«Super!», seufzte Pia resigniert. «Da kann ich jahrelang trainieren, bis ich so weit bin.»

«Damit liegst du eben falsch. Du bist geschickt und flink, Pia. Das Einzige, was dir im Weg steht, ist dein Kopf. Du musst umprogrammieren. Wenn dein Umfeld gefährlich wird, soll nicht dein Angstprogramm anlaufen, sondern dein Abwehrmechanismus. Du musst bereit sein, einem Kerl kräftig in den Unterleib zu treten, wenn er auf dich losgeht.»

«Was, wenn ich ihn dabei verletze?»

Maja starrte sie fassungslos an. «Das glaube ich jetzt nicht. Solche Typen haben dich zweimal brutal angegriffen und beinahe umgebracht. Und du hast wirklich Angst, ihnen Schmerzen zuzufügen?» Sie tippte auf Pias Stirn. «Zum Mitschreiben, Fräulein: Dein Ziel ist es, aus einer Attacke heil herauszukommen. Der Typ wird nur von dir ablassen, wenn es ihm wehtut - sehr weh. Wenn nötig, trittst du nach, und zwar dorthin, wo es am meisten schmerzt, du weisst, wo. Du kannst ihm auch mit den Fingern die Augen in die Höhlen drücken oder ihm ein Ohr abreissen. Erst wenn er blutend und winselnd am Boden liegt, bist du vor ihm sicher. Ist das angekommen?» Maja unterstrich jede Silbe des letzten Satzes mit einem Stups ihres Zeigefingers zwischen Pias Augenbrauen.

«Alles klar», sagte Pia. «Du willst, dass ich ihm richtig wehtue, was?»

Maja griff in ihre Sporttasche, zog zwei Wasserflaschen hervor und reichte eine Pia. «Männer sind für das Eine gut, wenn ich es auch will. Im Übrigen weiss ich, wo ich hinzielen muss. Wenn du sie richtig triffst, wälzen sie sich im Nullkommanichts im Dreck und wollen nichts anderes als heim zu Mama.» Sie packte Pia an den Schultern und sah sie eindringlich an. «Das Einzige, was zählt, ist: du oder er. Ich mache das mit dir, weil ich will, dass du gewinnst.» Sie blickte auf die Wanduhr über der Eingangstür. «Feierabend für heute.»

Als Pia von der Dusche in die Garderobe zurückkam, unterhielt sich Maja mit einer anderen Frau. Sie war etwa Mitte vierzig, gross gewachsen und kräftig gebaut. Ihr blondes, mit grauen Strähnen durchzogenes Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, was ihr attraktives, energisches Gesicht etwas hart machte. Sie hatte es offenbar eilig, denn sie packte hastig ihre Trainingskleider in eine Tasche. «Bis demnächst, Maja. - Hallo, ich bin Lori Palmer», sagte sie zu Pia und reichte ihr die Hand.

«Pia Zenklusen», erwiderte Pia.

«Ach ja, du bist Majas begabte Schülerin, nicht wahr?»

Pia wedelte mit den Händen. «Na ja, geht so.»

«Wenn Maja sagt, dass du gut bist, ist es in der Regel so.» Sie blickte auf die Uhr. «Sorry, ich muss leider. Wir sehen uns sicher ein andermal.»

«Wer war das?», fragte Pia, nachdem Palmer gegangen war.

«Lori Palmer ist Anwältin. Sie setzt sich für die Rechte von Flüchtlingen und Asylbewerbern ein. Eine gute Frau, auch wenn sie manchmal nervt.»

«Wie nervt und wen?»

«Vor allem die Kollegen von der Sicherheitsabteilung», sagte Maja. «Lori hat die Aktion Maitag gegründet, ein Verein, der sich um Asylsuchende kümmert, vor allem um diejenigen, die abgewiesen wurden und sich illegal im Land aufhalten, weil sie nicht in ihr Heimatland zurückkehren können oder wollen. Für diese Leute organisiert der Verein Mittagstische, kostenlose Rechtsberatung und wenn nötig juristischen Beistand.»

«Und was nervt euch daran, respektive deine Kollegen?»

«Es vergeht praktisch keine Woche, in der nicht eine Beschwerde von Lori Palmer reinkommt, weil einige der Kollegen angeblich übergriffig waren.»

«Warum geben wir diesen Leuten nicht Arbeit und eine Wohnung?», fragte Pia, als sie sich die Jacke anzog. «Die sind sicher nicht hergekommen, nur um rumzuhängen, und wollen sich gern nützlich machen.»

«Wäre schön, wenn es so funktionierte. Es ist halt etwas komplizierter.»

«Man kann s auch kompliziert machen», erwiderte Pia, als sie aus dem lang gezogenen Gebäudekomplex «Perron 1» gleich neben dem Bahnhof traten, wo sich Majas Trainingsraum befand.

* * *

Sobald Schwester Felicitas die Verenaschlucht von der Stadt kommend betreten hatte, überkam sie das Gefühl, in einer anderen, besseren Welt zu sein. Wie jedes Mal, wenn sie an diesen Ort kam, durchflutete sie ein Gefühl von tiefer Ruhe, das sich verstärkte, je tiefer sie in die Schlucht hineinging.

Schwester Felicitas liebte diesen Ort, den der Verenabach in Jahrmillionen in den ehemaligen Moränenhügel des Aaregletschers gegraben hatte. Im Grunde war die kürzeste Verbindung zu Fuss zwischen der Stadt und der Nachbargemeinde Rüttenen ein düsterer Pfad. Die Legende der heiligen Verena, der ersten Einsiedlerin, verlieh dem Ort eine friedliche und liebevolle Aura. In der Überlieferung begleitete die Jungfrau aus Theben im 3. Jahrhundert nach Christus ihren Verlobten, den Legionär Viktor, und die elfte römische Legion von Ägypten in die damalige Provinz Helvetien zum Vicus Salodurum, der die heutige Stadt Solothurn begründete. Über Jahrhunderte hatte der Kapuzinerorden die ausschliesslich männlichen Einsiedler gestellt. Heute lebte bereits die zweite Frau nach der heiligen Verena als Einsiedlerin an diesem Ort.

In der Schlucht war die Nacht dunkler als ausserhalb. Der gelbe Kalksteinkies des Fusspfades hatte das Licht des Tages in sich aufgesogen. Wie ein helles Band wies er Schwester Felicitas den Weg.

Bei der Einsiedelei, am nördlichen Ausgang der Schlucht, wo Kreuzenweg und Verenaweg zusammentrafen, war der vereinbarte Treffpunkt. Schwester Felicitas blickte auf ihre Uhr, die kurz nach zweiundzwanzig Uhr anzeigte. Es blieb ihr etwas Zeit, und sie beschloss, diese im Gebet in der Verenakapelle bei der heiligen Grotte zu verbringen. Von der Treppe, die zur Kapelle hochführte, sah sie eine Gestalt aus der Dunkelheit auf sich zukommen, und sie schürzte verärgert die Lippen. Das war zu früh. Trotzdem bemühte sie sich, sich nichts anmerken zu lassen, und ging auf die Person zu, deren Gesicht sie im trüben Licht der Weglaterne nicht sehen konnte.

«Es freut mich, dass wir uns endlich treffen», sagte Schwester Felicitas, als knapp eine Armlänge zwischen ihr und der Person lag.

* * *

Die Glocke der nahen St.-Ursen-Kathedrale schlug zehnmal. Die Tische der Aussenbar des «Solheure» an der Aare waren dank der von Heizpilzen verströmten Wärme voll besetzt. Pia und Manuela hatten sich kurzerhand zwei dicke Sitzkissen geschnappt und sich auf die breite Quaimauer gesetzt.

Die geerdeten und gleichzeitig sphärischen Klänge des Stückes...
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