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Maulbeerbaum

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
200 Seiten
Deutsch
Schruf & Stipeticerschienen am15.12.20141. Auflage
Pawel Werens liebt sportliche Autos und schöne Frauen und macht als Journalist in Warschau Karriere. Seiner verhassten Heimat im polnischen Norden hat er schon vor langer Zeit den Rücken gekehrt. Es passt ihm gar nicht, dass ausgerechnet er dorthin geschickt wird, um über eine Mordserie zu berichten, die die touristische Idylle Masurens bedroht: Ältere Männer werden grausam gefoltert und umgebracht, die Tatorte rätselhaft arrangiert, im Mund jedes Opfers findet die Polizei einen weißen Schmetterling. Widerwillig quartiert Werens sich bei seinem Onkel, einem ehemaligen Priester, ein. Mit dessen Hilfe gelingt es ihm Hinweise zu entschlüsseln, die ihn zum Mörder führen. Doch damit kommt er einer mächtigen Seilschaft in die Quere.

geboren 1969 bei Olsztyn, wo er auch heute lebt, als Verlagslektor arbeitet und Romane schreibt. Die Protagonisten seiner Büchern sind oft Opfer des gesellschaftlichen Wandels in der polnischen Provinz. Trotzig und idealistisch weigern sie sich, die neue Realität zu akzeptieren. Mit bissigem Humor erzählt Bialkowski ihre tragikomischen Biografien und Familiengeschichten. Bialkowskis Krimis spielen in Masuren. Der Ermittler, ein Journalist aus Warschau, muss für Recherchen in seine ungeliebte Heimat zurückkehren. Es geht um politische Altlasten, dunkle Geheimnisse aus der kommunistischen Zeit oder dem Zweiten Weltkrieg, die bis heute von mächtigen Seilschaften vertuscht werden.
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Verfügbare Formate
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR4,99
Book on DemandKartoniert, Paperback
EUR11,90

Produkt

KlappentextPawel Werens liebt sportliche Autos und schöne Frauen und macht als Journalist in Warschau Karriere. Seiner verhassten Heimat im polnischen Norden hat er schon vor langer Zeit den Rücken gekehrt. Es passt ihm gar nicht, dass ausgerechnet er dorthin geschickt wird, um über eine Mordserie zu berichten, die die touristische Idylle Masurens bedroht: Ältere Männer werden grausam gefoltert und umgebracht, die Tatorte rätselhaft arrangiert, im Mund jedes Opfers findet die Polizei einen weißen Schmetterling. Widerwillig quartiert Werens sich bei seinem Onkel, einem ehemaligen Priester, ein. Mit dessen Hilfe gelingt es ihm Hinweise zu entschlüsseln, die ihn zum Mörder führen. Doch damit kommt er einer mächtigen Seilschaft in die Quere.

geboren 1969 bei Olsztyn, wo er auch heute lebt, als Verlagslektor arbeitet und Romane schreibt. Die Protagonisten seiner Büchern sind oft Opfer des gesellschaftlichen Wandels in der polnischen Provinz. Trotzig und idealistisch weigern sie sich, die neue Realität zu akzeptieren. Mit bissigem Humor erzählt Bialkowski ihre tragikomischen Biografien und Familiengeschichten. Bialkowskis Krimis spielen in Masuren. Der Ermittler, ein Journalist aus Warschau, muss für Recherchen in seine ungeliebte Heimat zurückkehren. Es geht um politische Altlasten, dunkle Geheimnisse aus der kommunistischen Zeit oder dem Zweiten Weltkrieg, die bis heute von mächtigen Seilschaften vertuscht werden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783944359052
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum15.12.2014
Auflage1. Auflage
ReiheEuropa
Seiten200 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1193 Kbytes
Artikel-Nr.3173876
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

26. Januar 2004, Montag

Um einen rechteckigen Holztisch standen sechs Stühle. Auf einem davon saß gebückt ein grauhaariger Mann. Er strich sich mit den Händen über die mageren, nahezu knochigen Oberschenkel, dann griff er ungelenk an seine Knöchel. Langsam streckte er die steifen Glieder und richtete sich wieder auf. Mit feuchten Augen starrte er stumpf auf ein graues Blatt Papier, das vor ihm lag. Er ließ den Zeigefinger darauf kreisen und trommelte mit dem Daumen. Schließlich zerknüllte er das Blatt Papier mit der rechten Hand und warf es auf den verschlissenen Teppich. Schwerfällig erhob er sich und stakste auf seinen schmerzenden dürren Beinen in den Flur. Mit sichtlicher Mühe schob er die Füße in schwarze Lederschuhe und nahm einen braunen Wollmantel vom Kleiderhaken. Auf den Kopf setzte er sich eine Nerzfellmütze. Er schaltete das Licht aus.
Vor der Wohnungstür blieb Rajmund Gesler eine Weile stehen. Seine Hand umklammerte den Türgriff, als ob er sich darauf stützte. Dann machte er das Licht wieder an und ging zurück in die Wohnung. Sein Blick wanderte über den gemusterten Teppich. Endlich fand er das zerknüllte Papier. Er hob es auf und ging zum Tisch. Mit der Handkantestrich er das Papier glatt und kramte ein Feuerzeug aus der Hosentasche. Eine Flamme loderte auf. Im nächsten Moment legte er den brennenden Brief in einen Aschenbecher. Er zog den beißenden Rauch tief in die Lunge und verfolgte aufmerksam, wie das Blatt verbrannte. Als es sich in eine zarte Aschehaut verwandelt hatte, spuckte Gesler in das schwere, gläserne Gefäß. Langsam und bedächtig zerrieb er die Asche zwischen seinen knochigen Fingern, bis diese ganz grau waren. In seinem Gesicht war deutlich Angst zu lesen.
Der alte Mann drehte sich um und schlurfte in seinen abgetragenen Schuhen zu einem alten Radioapparat, der noch an die Vorkriegsjahre erinnerte. Es war ein Telefunken-Gerät, Modell Fenomen Mb 713, hervorragend erhalten. Gesler hatte aber nicht vor, Musik zu hören. Mit seinen schmutzigen Händen griff er ans blank polierte Gehäuse und drehte das Gerät um 180 Grad. Dann löste er die provisorisch befestigte Rückwand und holte einen in Stoff eingewickelten Gegenstand heraus. Er schlug das Tuch auf und wog die von Schmieröl glänzende Pistole in seiner Hand. Nachdem er sie mit dem Stofflappen abgerieben hatte, ließ er sie geschickt in die Innentasche seines Mantels gleiten.
Diesmal vergaß er das Licht auszumachen. Die Wohnungstür schloss er dagegen sorgfältig hinter sich ab. Er verließ das Treppenhaus des Mietshauses in der Grunwaldzka-Straße 11. In unmittelbarer Nachbarschaft befand sich eine kleine Turnhalle des Sportklubs »Budowlani«, wo die Ringer trainierten. Ein schwacher Lichtschein fiel aus den Fenstern auf die Straße. In Geslers Kindheit hatte dort eine Synagoge gestanden. Genau in dieser Straße hatte man 1941 alle Juden der Stadt und Umgebung in einem Altenheim zusammengetrieben und dann an einen unbekannten Ort gebracht. Und jetzt war er an der Reihe. Daran bestand kein Zweifel. Er würde nie mehr in seine Straße zurückkehren.
Plötzlich fühlte er eine unangenehme Kälte. Er rückte seine Pelzmütze zurecht, schlug den Mantelkragen hoch und sah auf die Armbanduhr. Obwohl es erst drei Uhr nachmittags war, lag die Straße im Dunkeln. Schmutzige Schneehaufen türmten sich auf den Grünflächen und am Rand der Bürgersteige und ließen nur eine schmale Gasse frei, durch die sich die Menschen langsam und vorsichtig bewegten, um nicht auszurutschen. Gesler ging hinunter zum Taxistand an der Jana-Brücke. Unterwegs kam er an dem großen bröckelnden Obelisken vorbei, an dem eine Messingtafel angebracht war: »Am 3. Februar 1807 hielt sich Napoleon hier mit der Absicht auf, der russischen Armee eine Schlacht zu liefern.« Normalerweise musste er immer schmunzeln, wenn er diese alberne Inschrift las. Napoleon hielt sich mit der Absicht auf! Und das war Grund genug, diesen Gedenkstein hier zu setzen? Was für ein stumpfsinniges Volk! Hatten sie das Dezemberdekret schon vergessen? Lumpenpack! Woher kam diese unerwiderte Liebe zum Tyrannen?
Heute war ihm aber nicht zum Lachen zumute. Vor dem Zebrastreifen blieb er eine Weile stehen, obwohl er die Straße bequem noch vor dem herankommenden weißen Opel hätte überqueren können. Aber Gesler hatte es nicht eilig. Er ging über die Brücke, unter der die Lyna floss. Trotz des heftigen Frostes war der Fluss noch eisfrei. In jungen Jahren war er häufig auf der Lyna gepaddelt. Es war sein einziges Hobby gewesen. Im Kajak musste man an nichts anderes denken. In diesen paar Stunden auf dem Fluss war die Welt rein und voll intensiver Düfte. Beim Paddeln hatte er nicht daran denken müssen, was er tagtäglich tat. Jetzt aber war die Lyna rau, dunkel und düster. Ganz wie er selbst.
Er stieg in einen dunkelblauen Mercedes mit einem dicken Mittfünfziger am Steuer. Gesler wies ihn an, in die Parkowa-Straße am Rand des Stadtwalds zu fahren. Der Taxifahrer gehörte offensichtlich zu denen, die mit ihren Fahrgästen immer sofort eine Unterhaltung anfingen. Er kommentierte das Chaos auf den Straßen, die glatte Fahrbahn und miese Beleuchtung. An der Sybirakow-Allee schwelgte er in Erinnerungen an das Waldstadion. Ausgerechnet. Gesler schloss daraus, dass der Mann früher selbst Sportler gewesen war, wahrscheinlich Kugelstoßer. Das erklärte auch seinen korpulenten Körperbau. Schweigend hörte Gesler sich die Geschichte eines gewissen Szmidt an, eines zweifachen Olympiasiegers, der in diesem Stadion sämtliche Rekorde gebrochen und - ebenso wie der Fahrer selbst - eine Knieverletzung davongetragen hatte. Dann die Erzählung über den großen Leichtathletik-Wettkampf der Polen gegen die Schweizer. Der Fahrer zählte in einem Redeschwall Athleten aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg auf: Hirschfeld, Stock, Rosenthal. Auch beim Kassieren schwatzte er weiter über das Stadion, das die Kommunisten ruiniert hätten. Er wünschte sie zum Teufel.

Neugierig blickte der Taxifahrer seinem Fahrgast nach, den er dem Aussehen nach für einen pensionierten Lehrer hielt. Als der Alte an dem ehemaligen Kulturzentrum vorbei auf die alte Villa zuging, deren Blechdach im Mondlicht schimmerte, meldete sich der Taxifahrer bei der Zentrale und gab seinen Standort durch.
Gesler betrat einen Weg aus Betonplatten, auf dem verharschter Schnee lag. Den Zaun, hinter dem das schmucke Gebäude stand, ließ er links liegen. Dann verschwand er zwischen den Bäumen in der Dunkelheit. Er folgte einem schmalen Pfad, der nur an den Vertiefungen in der Schneedecke zu erkennen war. Aus der Tasche holte er eine kleine Lampe, um den Weg zu beleuchten. Mit der freien Hand schob er dick verschneite Zweige beiseite. Der Schnee fiel auf sein Gesicht und seine Schulter. Es war noch kälter geworden. Gesler spürte seine Hände nicht mehr und sein Gesicht war von einer Eisschicht überzogen. Nach einer Viertelstunde trat er endlich auf eine Lichtung und konnte wieder aufrecht gehen. Er war an dem Ort angelangt, von dem der Taxifahrer gesprochen hatte. Vom früheren Stadion war nur eine schneebedeckte schilfüberwucherte Wiese übrig, die sich im Frühjahr in einen Sumpf verwandeln würde.
Der Alte sah sich aufmerksam um. Seine Augen waren trotz des Alters immer noch gut. Mitten auf der Lichtung glaubte er einen gebückten Körper zu erkennen, weitere Gestalten kauerten im Gebüsch am nahe gelegenen Hang. Instinktiv griff er nach der Pistole in seiner Tasche. Er schluckte und rief mit möglichst fester Stimme:
»Wozu hast du mich in diese verlassene Gegend kommen lassen, Montalto? Was sollte dieser Brief?«
Er bekam keine Antwort. Irgendwo in der Ferne krächzte ein Vogel.
»Ein seltsamer Ort für ein Treffen«, fuhr er fort. »Nach so vielen Jahren ... ein Vierteljahrhundert. Was willst du?«
In das Krächzen des Vogels mischte sich Hundegebell. Gesler schaltete die Taschenlampe aus und ließ sie in den Schnee fallen, holte die alte Pistole aus dem Mantel und entsicherte sie. Am Rand der Lichtung tauchten immer mehr Gestalten auf. Geslers Hand zitterte. Er hatte nur sechs Patronen, nicht genug für alle seine Gegner. Vor ihm lagen die letzten Minuten seines Lebens. Er feuerte alle sechs Makarov-Patronen in Richtung der dunklen Schatten. Das Dröhnen der Schüsse verfing sich in den schneebedeckten Zweigen, den Tribünen dieses gespenstischen Stadions.

Gesler lag zusammengekrümmt im Schnee. Irgendwo hinter ihm flog ein Vogelschwarm auf und kreiste flatternd über der Lichtung. Er hörte, wie schwere Schritte die Schneedecke durchbrachen und jemand keuchend vor ihm stehen blieb. Gesler bedeckte den Kopf mit den Händen. Sie waren auf einmal heiß. Dann spürte er einen heftigen, bohrenden Schmerz im Rücken und Nacken. Gleich würde er das Bewusstsein verlieren. Im letzten Moment kam ihm ein merkwürdiger Gedanke: Was, wenn er nicht gekommen wäre? Dann hätte Montalto ihn am Tisch in seiner Wohnung erledigt. Er verlor er das Bewusstsein.
Als er wieder zu sich kam, lag er auf dem Rücken. Trotz der eisigen Temperaturen war ihm heiß. Vor allem an den Fußsohlen. Rasch erkannte er, warum. Er lag mit den Füßen an einem großen Feuer, von dem ein angenehmer Duft ausging. Seine Füße waren nackt. Die...
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Autor

geboren 1969 bei Olsztyn, wo er auch heute lebt, als Verlagslektor arbeitet und Romane schreibt. Die Protagonisten seiner Büchern sind oft Opfer des gesellschaftlichen Wandels in der polnischen Provinz. Trotzig und idealistisch weigern sie sich, die neue Realität zu akzeptieren. Mit bissigem Humor erzählt Bialkowski ihre tragikomischen Biografien und Familiengeschichten.
Bialkowskis Krimis spielen in Masuren. Der Ermittler, ein Journalist aus Warschau, muss für Recherchen in seine ungeliebte Heimat zurückkehren. Es geht um politische Altlasten, dunkle Geheimnisse aus der kommunistischen Zeit oder dem Zweiten Weltkrieg, die bis heute von mächtigen Seilschaften vertuscht werden.