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Ein Junggeselle

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
160 Seiten
Deutsch
Edition diáerschienen am01.04.20161. Auflage
Ins sonnenbeschienene Nizza hat sich Albert Guittard zurückgezogen, um die Freuden des Ruhestands, die Liebe und die Künste, zu genießen. Eines nur steht ihm im Wege: er selbst. Als eine Art Woody Allen der späten zwanziger Jahre, als stets unzufriedener Neurotiker nämlich, ist er an den Stätten des gepflegten Müßiggangs durchaus nicht in seinem Element. Schnell wird ihm denn auch das gesellschaftliche Parkett galanter Causerie und amouröser Unverbindlichkeiten zur gefährlichen Rutschbahn. Im verzweifelten Bemühen um leichtfüßige Souveränität schlittert Guittard von peinlicher zu noch peinlicherer Situation und verwickelt dabei einen Reigen angebeteter - und austauschbarer - Damen in einen wilden Eiertanz. Mit erzählerischer Raffinesse und 'unvergleichlichem Sinn für die Metamorphosen des Gemüts' (Süddeutsche Zeitung) zeichnet Emmanuel Bove das Bild eines an grotesker Fehleinschätzung seiner selbst leidenden Mannes. 'Bove ist ein grausamer Erzähler. Seine unbarmherzigen Charakterstudien beziehen ihre Dynamik aus dem Gefälle zwischen dem Bild, das sich die Helden von sich selbst machen, und dem, das der Erzähler von ihnen gibt. Verbunden mit dem genauen, nüchternen Blick auf die Umgebung der Helden, entsteht dabei in allen Büchern ein so präzises Geflecht alltäglichen Erlebens, dass sich darin auch noch unsere heutigen Erfahrungen verfangen.' [Quelle: Michael Althen, Süddeutsche Zeitung] Zum Weiterlesen: 'Emmanuel Bove. Eine Biographie' von Raymond Cousse und Jean-Luc Bitton ISBN 9783860347096

1898 als Sohn eines russischen Lebemanns und eines Luxemburger Dienstmädchens in Paris geboren, schlug sich Emmanuel Bove mit verschiedenen Arbeiten durch, bevor er als Journalist und Schriftsteller sein Auskommen fand. Mit seinem Erstling 'Meine Freunde' hatte er einen überwältigenden Erfolg, dem innerhalb von zwei Jahrzehnten 23 Romane und über 30 Erzählungen folgten. Nach seinem Tod 1945 gerieten der Autor und sein gewaltiges ?uvre in Vergessenheit, bis er in den siebziger Jahren in Frankreich und in den achtziger Jahren durch Peter Handke für den deutschsprachigen Raum wiederentdeckt wurde. Heute gilt Emmanuel Bove als Klassiker der Moderne.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR5,99

Produkt

KlappentextIns sonnenbeschienene Nizza hat sich Albert Guittard zurückgezogen, um die Freuden des Ruhestands, die Liebe und die Künste, zu genießen. Eines nur steht ihm im Wege: er selbst. Als eine Art Woody Allen der späten zwanziger Jahre, als stets unzufriedener Neurotiker nämlich, ist er an den Stätten des gepflegten Müßiggangs durchaus nicht in seinem Element. Schnell wird ihm denn auch das gesellschaftliche Parkett galanter Causerie und amouröser Unverbindlichkeiten zur gefährlichen Rutschbahn. Im verzweifelten Bemühen um leichtfüßige Souveränität schlittert Guittard von peinlicher zu noch peinlicherer Situation und verwickelt dabei einen Reigen angebeteter - und austauschbarer - Damen in einen wilden Eiertanz. Mit erzählerischer Raffinesse und 'unvergleichlichem Sinn für die Metamorphosen des Gemüts' (Süddeutsche Zeitung) zeichnet Emmanuel Bove das Bild eines an grotesker Fehleinschätzung seiner selbst leidenden Mannes. 'Bove ist ein grausamer Erzähler. Seine unbarmherzigen Charakterstudien beziehen ihre Dynamik aus dem Gefälle zwischen dem Bild, das sich die Helden von sich selbst machen, und dem, das der Erzähler von ihnen gibt. Verbunden mit dem genauen, nüchternen Blick auf die Umgebung der Helden, entsteht dabei in allen Büchern ein so präzises Geflecht alltäglichen Erlebens, dass sich darin auch noch unsere heutigen Erfahrungen verfangen.' [Quelle: Michael Althen, Süddeutsche Zeitung] Zum Weiterlesen: 'Emmanuel Bove. Eine Biographie' von Raymond Cousse und Jean-Luc Bitton ISBN 9783860347096

1898 als Sohn eines russischen Lebemanns und eines Luxemburger Dienstmädchens in Paris geboren, schlug sich Emmanuel Bove mit verschiedenen Arbeiten durch, bevor er als Journalist und Schriftsteller sein Auskommen fand. Mit seinem Erstling 'Meine Freunde' hatte er einen überwältigenden Erfolg, dem innerhalb von zwei Jahrzehnten 23 Romane und über 30 Erzählungen folgten. Nach seinem Tod 1945 gerieten der Autor und sein gewaltiges ?uvre in Vergessenheit, bis er in den siebziger Jahren in Frankreich und in den achtziger Jahren durch Peter Handke für den deutschsprachigen Raum wiederentdeckt wurde. Heute gilt Emmanuel Bove als Klassiker der Moderne.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783860345719
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum01.04.2016
Auflage1. Auflage
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse997 Kbytes
Artikel-Nr.3245862
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
2. Kapitel

Als Guittard wieder zu Hause war, setzte er sich auf ein Sofa und begann zu überlegen: »Man hat meine Gedanken so gelesen, wie man wollte. Diese Leute haben sich über mich lustig gemacht.« Einen Moment lang saß er ratlos da. Dann ging er in sein Zimmer, betrachtete sich bei elektrischem Licht vom Scheitel bis zur Sohle in einem großen Spiegel. Er war überrascht von seiner Blässe, von etwas Altem, das von ihm ausging und das im Gegensatz zu seiner geistigen Frische stand. Aber dann kümmerte er sich nicht weiter um diesen Anblick. Er ging wieder nach unten, ließ sich ein Glas Porto servieren und zündete sich eine gute Zigarre an. »Die Leute sind dumm«, sagte er sich. »Sobald sie sich einbilden, man lege Wert auf sie, glauben sie, sich alles erlauben zu können. Hätte ich das gewusst, ich hätte meine Zeit nicht so vergeudet. Heute Nachmittag fanden interessante Regatten statt, und bestimmt wäre das viel unterhaltsamer gewesen, als sich diese Geschichten anzuhören.«

Wie alle alleinstehenden Männer wurde Guittard zum Zyniker, sobald er sich in seinen eigenen vier Wänden aufhielt, zu einem zynischen, peinlich genauen Gewohnheitsmenschen. Er zog seinen Morgenrock an, nahm eine Zeitung und blätterte sie durch. Er verspürte das Bedürfnis, die Würde, die ihm durch die Ereignisse abhandengekommen war, wiederzuerlangen, und nur wenn er seine Wünsche vergessen könnte, gelänge ihm das. Er hatte das Gefühl, die Affäre Penner habe seinem Ansehen geschadet, und deshalb wandte er sich mit Strenge an seinen Kammerdiener. Er empfand große Erleichterung, als er merkte, dass er wieder derselbe war wie zuvor, erneut Herr im Haus, von dem alles abhing. Was ihm von seinem Besuch bei den Penners vor allem in Erinnerung geblieben war, war eine tiefe Demütigung. Ähnliche Momente gibt es oft im Leben. In der Absicht, über seine Liebe zu reden, hatte er sich auf den Weg gemacht, und zurückgekommen war er, ohne zu diesem Thema überhaupt den Mund aufgemacht zu haben. Und anstatt sich nun allein der Verzweiflung zu überlassen, ärgerte er sich, weil er sich so kindisch verhalten hatte, was er sich zum Vorwurf machte, da er es für einen Mann seines Formats für unwürdig hielt, sich derart lächerlich aus einer Affäre zu ziehen. Hatte er nicht, als wegen der Baisse des französischen Franc überall Panik herrschte, außergewöhnlichen Instinkt bewiesen, da er weiterhin zuversichtlich geblieben war? Er erinnerte sich daran, wie er damals Ansichten geäußert, Ratschläge erteilt, Gründe für Vertrauen genannt hatte, obwohl alle andern seinen Worten mit Skepsis begegnet waren. Und wer hatte heute wieder gegen alle recht behalten? Er beschloss, Madame Penner und ihrem Gatten zu zeigen, wer er war und wie sehr sie sich in ihm getäuscht hatten. Er war in seinem Selbstgefühl zutiefst verletzt und nahm sich deshalb vor, sich zu rächen, indem er sie vergaß.

Es vergingen einige Tage, ohne dass er sich bei den Penners meldete, er ließ diese Zeit mit derselben Freude verstreichen, die man empfindet, wenn man Leuten, denen man missfallen möchte, mit jeder weiteren Stunde unhöflicher erscheint. Bislang hatte er die Penners am Tag nach seinem Besuch jeweils angerufen, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen, aber diesmal tat er gar nichts. Er wollte ihnen zeigen, dass sie ihm wenig bedeuteten, dass sie ihm gleichgültig waren. Wenn er ausging, achtete er vor allem darauf, ihnen nicht zu begegnen, und wenn er sie dennoch in der Ferne erblickte, machte er kehrt, mit dieser Schicklichkeit, die man dann hat und die einen erfreut. Indes wurde ihm die Zeit lang, und schließlich fand er es lächerlich, sich selbst die Freude zu nehmen, seine Freunde zu sehen, nur weil er Angst hatte, den Penners zu begegnen.

Als er eines Nachmittags nicht wusste, was er anfangen sollte, beschloss er, Madame Beaufort, einer jungen, für ihre Schönheit bekannten Witwe, einen Besuch abzustatten. Aus diesem Grund ließ er sich nach Beausoleil fahren. Gerade Madame Beaufort mochte die Penners nicht. Sie warf ihnen vor, aus ihren Beziehungen Vorteile zu ziehen und nur denjenigen Achtung und Freundschaft entgegenzubringen, die ihnen nützlich sein könnten, was in ihren Augen so schlimm war wie eine Sünde. Bevor Madame Beaufort sich in Nizza niedergelassen hatte, war sie viel in der Welt herumgereist. Als Gattin eines Diplomaten hatte sie sich in sämtlichen Städten Europas aufgehalten, und von diesen zahlreichen Reisen hatte sie sich einen Sinn für Provisorisches und schnelles Handeln bewahrt sowie eine gewisse Verachtung für jede Art von Intrigen, denn ihr Mann, der sehr reich war, kümmerte sich kaum darum, ob er Gefallen oder Missfallen erregte.

Madame Beaufort lebte allein in einer geräumigen Villa, die, als sie sie kaufte, »Les Palmiers« hieß. Bei diesem Namen war es geblieben, obwohl Madame Beaufort einen schöneren in Reserve hatte. Oft empfing sie in ihrem Haus Freunde aus dem Ausland sowie einige Einheimische, zu denen Guittard gehörte. Er hielt Madame Beaufort für eine begehrenswerte Frau, der er auf solch diskrete Art den Hof machte, dass man es kaum bemerken konnte. Sie übte eine derartige Wirkung auf ihn aus, beherrschte ihn so sehr mit all ihrer Anmut, dass er es für ein unverhofftes Glück gehalten hätte, ihr auf irgendeine Weise gefallen zu können. Er beschränkte sich auf jene vornehme Liebenswürdigkeit, mit der man weder seine Selbstachtung noch freundschaftliche Beziehungen gefährdet, aber gleichzeitig seinen Wunsch nach einer engeren Bindung deutlich genug offenbart. Zu der Zeit, als Guittard Madame Beaufort kennenlernte, verwahrte er sich dagegen, irgendetwas an seinen gewohnten Umgangsformen zu ändern. Er war einzig und allein darum bemüht, seine Hoffnungen zu verbergen. In letzter Zeit gab er sich bei seinen Besuchen bei Madame Beaufort herzlicher und bereitwilliger, aber er hütete sich davor, den Namen von Madame Penner auch nur zu erwähnen.

Als er nach etwa zehntägiger Abwesenheit an diesem Tag nach Beausoleil fuhr, war er mehr darum besorgt, die Haltung wiederzugewinnen, die er zu der Zeit angenommen hatte, als er sich Clotildes Liebe erhoffte, als sich zur Verbitterung hinreißen zu lassen. Als rechtschaffenem Mann graute ihm davor, man könnte die Beweggründe seines Handelns durchschauen, und ohne recht zu wissen warum, befürchtete er, Madame Beaufort hätte erfahren, was vorgefallen war, und könnte denken, da sie ihn heimlich beobachtete, er wende sich nun ihr zu, bloß weil er bei einer anderen gescheitert war.

»Wie geht es Ihnen, liebe Freundin?«, sagte er, als er ihr gegenüberstand.

»Sehr gut, ausgezeichnet sogar. Und wie geht es Ihnen? Wie kommt es, dass Sie mich schon so lange nicht mehr besucht haben? Das war ein Fehler. Denn vor kurzem war eine junge Dame von außergewöhnlicher Schönheit bei mir zu Besuch. Ich bin sicher, dass sie Ihnen besonders gut gefallen hätte.«

Guittard verzog keine Miene. Er hatte schon immer Angst davor gehabt, seine Enttäuschung offen zu zeigen. Genauso wie es menschlich ist, zu lächeln, wenn man sich weh getan hat, so verbirgt man seine Enttäuschung, wie alles, was einen schmälert. Guittard war verlegen. Er war überzeugt, dass Madame Beaufort die Penners getroffen hatte, und er befürchtete, sie könnten in abfälligen Worten über ihn gesprochen haben. Wie nach der Rückkehr von einer Reise sorgte er sich um eine Unmenge von Dingen, es war sein größter Wunsch, wieder an Vorheriges anzuknüpfen, sich zu vergewissern, dass alles unverändert war, zu erfahren, was über ihn erzählt wurde, damit er die Missverständnisse unverzüglich aufklären und seine Gesprächspartnerin sich wenigstens scheinbar auf seine Seite stellen könnte, anstatt seine Feinde zu unterstützen. Nun aber erfuhr er stattdessen, dass eine junge Frau gekommen war, und auf seine instinktive Angst vor etwas Neuem folgte das bittere Gefühl, das Glück einmal mehr verpasst zu haben.

»Diese junge Dame«, fuhr Madame Beaufort fort, »ist so hübsch, dass Monsieur Hugues Morin, den Sie ja kennen, sich auf der Stelle in sie verliebt hat.«

Den Namen von Monsieur Morin aus Madame Beauforts Mund zu hören rief ein sonderbares Gefühl hervor. Sie hatte diesen sehr französischen Namen mit einem ironischen Unterton ausgesprochen, der Guittard entging und den er, im Gegenteil, für Affektiertheit hielt.

»Übrigens werden Sie sie anschließend kennenlernen«, fuhr Madame Beaufort fort. »Sie wird zum Tee kommen, wie selbstverständlich auch Monsieur Morin, der sich diese Gelegenheit bestimmt nicht entgehen lassen wird.«

Mit einem Mal empfand Guittard heftige Abneigung gegen diesen Monsieur Morin, den er insofern kannte, als er ihm ein- oder zweimal bei Freunden begegnet und er ihm bislang wie irgendein normaler Durchschnittsmensch vorgekommen war. Eines der unangenehmsten Gefühle überhaupt blendete Guittard: einem Überangebot gegenüberzustehen. Er wusste nicht mehr, worauf er seine Aufmerksamkeit richten sollte. Er fühlte sich hin und her gerissen. Einerseits wollte er Madame Beaufort gegenüber derselbe bleiben, andererseits erzitterte er davor, diese junge Dame kennenzulernen, und überdies litt er darunter, dass Morin ihm zuvorgekommen war. Als ein Mann ohne Glück in der Liebe war er überzeugt, dass es am allerwichtigsten war, der Erste zu sein. War seine große Einsamkeit nicht darauf zurückzuführen, dass er als junger Mann nie imstande gewesen war, den richtigen Augenblick zu erahnen, wo eine Frau beschließt, sich einen Liebhaber zu nehmen?

Mit einem Schlag waren seine Sorgen verflogen. Es gab nur eine einzige Möglichkeit, zu seiner Gelassenheit zurückzufinden: das Gesprächsthema wechseln. Er wünschte sich mit aller Kraft, dass diese junge Frau, die er vor einer Woche kennenzulernen wünschte, nicht käme. Fast jedes Mal,...
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Autor

1898 als Sohn eines russischen Lebemanns und eines Luxemburger Dienstmädchens in Paris geboren, schlug sich Emmanuel Bove mit verschiedenen Arbeiten durch, bevor er als Journalist und Schriftsteller sein Auskommen fand. Mit seinem Erstling "Meine Freunde" hatte er einen überwältigenden Erfolg, dem innerhalb von zwei Jahrzehnten 23 Romane und über 30 Erzählungen folgten.
Nach seinem Tod 1945 gerieten der Autor und sein gewaltiges OEuvre in Vergessenheit, bis er in den siebziger Jahren in Frankreich und in den achtziger Jahren durch Peter Handke für den deutschsprachigen Raum wiederentdeckt wurde. Heute gilt Emmanuel Bove als Klassiker der Moderne.

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