Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Sumpfgift

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Silberburg-Verlagerschienen am07.04.20161. Auflage
Auf einem Wanderparkplatz beim Stuttgarter Rotwildpark wird der Europa-Abgeordnete Ewald Angelhoff tot aufgefunden. Mit einer Schusswunde im Kopf, die Pistole noch in der Hand. Auf den ersten Blick wirkt alles wie Selbstmord. Doch Gerd Stoevesandt, Leiter der Abteilung für Wirtschaftskriminalität am LKA, hat seine Zweifel. Denn der EU-Abgeordnete hatte ihn nur wenige Tage zuvor angerufen und von hochbrisantem Material und unterschlagenen Informationen gesprochen. Auch Hauptkommissar Andreas Bialas, der den Tod von Angelhoff untersucht, findet immer mehr Ungereimtheiten. Und es zeigt sich, dass der Tote im EU-Parlament eine äußerst zwiespältige Rolle in der Umwelt- und Chemikalienpolitik gespielt hat. Ein Geflecht von Beziehungen wird deutlich, durch das die Industrie massiven Einfluss auf Politik und Gesetzgebungen in Europa nimmt. Und der Abgeordnete scheint immer tiefer in den Sumpf geraten zu sein ...

Birgit Hummler, Jahrgang 1953, ist in Stuttgart aufgewachsen und lebt heute in Breisach am Rhein. Sie hat Sprach- und Literaturwissenschaften (Deutsch und Russisch) sowie Journalistik und Kommunikationswissenschaften studiert. Ihre Laufbahn als Journalistin führte sie bald zu Themen aus der Arbeits- und Wirtschaftswelt, in der es manchmal mörderisch zugeht. Ihr Krimidebüt 'Stahlbeton' wurde 2011 mit dem Stuttgarter Krimipreis ausgezeichnet.
mehr

Produkt

KlappentextAuf einem Wanderparkplatz beim Stuttgarter Rotwildpark wird der Europa-Abgeordnete Ewald Angelhoff tot aufgefunden. Mit einer Schusswunde im Kopf, die Pistole noch in der Hand. Auf den ersten Blick wirkt alles wie Selbstmord. Doch Gerd Stoevesandt, Leiter der Abteilung für Wirtschaftskriminalität am LKA, hat seine Zweifel. Denn der EU-Abgeordnete hatte ihn nur wenige Tage zuvor angerufen und von hochbrisantem Material und unterschlagenen Informationen gesprochen. Auch Hauptkommissar Andreas Bialas, der den Tod von Angelhoff untersucht, findet immer mehr Ungereimtheiten. Und es zeigt sich, dass der Tote im EU-Parlament eine äußerst zwiespältige Rolle in der Umwelt- und Chemikalienpolitik gespielt hat. Ein Geflecht von Beziehungen wird deutlich, durch das die Industrie massiven Einfluss auf Politik und Gesetzgebungen in Europa nimmt. Und der Abgeordnete scheint immer tiefer in den Sumpf geraten zu sein ...

Birgit Hummler, Jahrgang 1953, ist in Stuttgart aufgewachsen und lebt heute in Breisach am Rhein. Sie hat Sprach- und Literaturwissenschaften (Deutsch und Russisch) sowie Journalistik und Kommunikationswissenschaften studiert. Ihre Laufbahn als Journalistin führte sie bald zu Themen aus der Arbeits- und Wirtschaftswelt, in der es manchmal mörderisch zugeht. Ihr Krimidebüt 'Stahlbeton' wurde 2011 mit dem Stuttgarter Krimipreis ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783842517141
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum07.04.2016
Auflage1. Auflage
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1451 Kbytes
Artikel-Nr.3248681
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Dienstag, 23. Juli 2013

1
DIE SCHÖNE JULE

Er lag wieder auf ihr. Er keuchte in ihr Ohr. Das Messer lag kalt an ihrem Hals. Er keuchte und keuchte, und es hörte nicht auf. Es hörte nicht auf, und sie war erstarrt, gelähmt, wie abgestorben. Sie konnte keine Faser ihres Körpers regen. Noch nicht einmal die Augen schließen. Sie sah nur das Gitter an der Decke und hörte sein nicht enden wollendes Stöhnen. Es nahm einfach kein Ende.

Schweißgebadet schreckte sie hoch. Dieser verfluchte Traum. Wieder einmal. So lange hatte sie Ruhe gehabt, und nun kam er zurück, der Horror.

Sie setzte sich auf. Horchte in die Nacht. Das gewöhnliche Rascheln und Knacken des nächtlichen Waldes. Da ist nichts, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Er hat dich nicht gesehen, versicherte sie sich. Er kommt nicht wieder. Sie hatte zusammengekauert unter der Brücke gesessen. Ein Steinchen hatte sich gelöst, durch ihren Fuß. Es war ins Wasser gekullert. Und hatte die Aufmerksamkeit von diesem Mann erregt. Er war ein paar Schritte an der Böschung zum Fluss entlanggegangen. Auf die Brücke zu. Sie hatte seine weißen Turnschuhe gesehen, mit diesen dunklen Tropfen. Den Gürtel mit der großen Schnalle um die schmalen Hüften. Und die Mappe in seiner Hand. Beides, Mappe und Hand, mit blutigen Spritzern. Und das Tattoo zwischen Daumen und Zeigefinger, den fünfzackigen Stern und darüber, über dem Handgelenk die Schlange, die sich um einen Dolch wand.

Noch einen Schritt, und er hätte sie gesehen, wie sie da kauerte, angespannt bis zum Zerreißen, um das Zittern zu unterdrücken. Doch er war stehen geblieben, hatte sich dann umgewandt und war mit schnellen Schritten davongegangen. Sie hatte das Knirschen des Kieses unter seinen weißen, befleckten Turnschuhen gehört. Er hatte sich eilig entfernt. Dann war Stille gewesen.

2

Stoevesandt hatte am Morgen die wichtigsten Informationen im Polizeiinformationssystem gecheckt und wollte seine E-Mails bearbeiten, da stand Winfried Bechtel schon vor ihm und presste die Hände ins Nussbaumholz von Stoevesandts Schreibtisch. Der Inspektionsleiter funkelte den untergebenen Kriminaldirektor wütend an. Sogar eine Strähne des wohldrapierten Haares war verrutscht.

»Wo waren Sie gestern? Hatte ich nicht um Bericht gebeten?«

Stoevesandt antwortete erst mal nicht. Ruhig durchsuchte er die Mails von den Vortagen. Dann las er vor: » ... möchte ich über den aktuellen Stand folgender Ermittlungen informiert werden. Meines Wissens ist dies gestern doch geschehen. Oder etwa nicht? Ich bin gestern noch mal mit allen betroffenen Mitarbeitern die Fälle durchgegangen. Und die haben Ihnen doch sicher nichts vorenthalten.«

»Wenn ich einen Bericht über die Arbeit der Abteilung will, dann will ich, dass der Leiter der Abteilung anwesend ist. War das jemals anders?« Bechtel hatte ohnehin eine blecherne Stimme, und wenn er sich aufregte, klang er wie Micky Maus. Leider reizte diese Tonlage Stoevesandt erst recht dazu, den Vorgesetzten auflaufen zu lassen. Er faltete die schmalen Hände vor sich auf dem Schreibtisch und sah auf sie hinunter. Die Geste war seine Art des Pausenfüllers, wenn seine grauen Zellen ungestört arbeiten wollten.

»Sie haben Fälle genannt, Herr Dr. Bechtel, über die Sie informiert werden möchten. Von einem Bericht über die Arbeit der Abteilung steht hier nichts.«

Bechtels Stimme wurde noch ein bisschen schriller: »Na gut, weil´s Sie sind ... jedem anderen in dieser Inspektion wäre es vollkommen klar ... Wenn Fälle von einem solchen Gewicht besprochen werden, dann erwarte ich, dass der Abteilungsleiter dabei ist. Das gilt auch für den vornehmen Herrn Stoevesandt!«

Damit rauschte er wieder aus dem Raum.

Für einen Moment war Stoevesandt platt. Der vornehme Herr Stoevesandt - so sah ihn Bechtel also. Für ihn war sein Vorgesetzter ein Ausbund an Arroganz und Selbstverliebtheit. Beides Eigenschaften, die er auf den Tod nicht ausstehen konnte. Bechtel trat immer auf wie aus dem Ei gepellt, trug - auch jetzt im Sommer - teure Anzüge und im Winter diese modischen Schals und vorzugsweise Kaschmir-Mäntel. Sein volles, leicht gewelltes Haar, auf das er so stolz war, wurde so regelmäßig gefärbt, dass man nur selten einen grauen Haaransatz erkennen konnte. Er war immer braun gebrannt, und selbst jetzt, bei Sonne satt, wirkte die Bräune künstlich wie aus dem Sonnenstudio. Stoevesandt seinerseits legte durchaus Wert auf ein gepflegtes Äußeres und eine gewisse Kleiderordnung. Doch Bechtels gockelhafte Auftritte gingen ihm gründlich über die Hutschnur.

Noch mehr ärgerte ihn jedoch, wie der Inspektionsleiter mit seinen Leuten umging. Er ließ jeden Mitarbeiter spüren, dass der in der Hierarchie unter ihm stand. Herablassend ließ er sich berichten, um dann inquisitorische Fragen zu stellen. Dabei konnte er endlos auf Details herumreiten. Ja, Details waren seine Leidenschaft. Kriminalrat Dr. Winfried Bechtel hatte ein hervorragendes Gedächtnis für Details. Er erinnerte sich noch an Einzelheiten aus abgeschlossenen Fällen, die Stoevesandt gedanklich längst ad acta gelegt hatte. Vor allem aber erinnerte er sich an die Fehler und Fauxpas seiner Untergebenen und schmierte sie diesen aufs Butterbrot, sobald er die Notwendigkeit verspürte, jemanden klein zu machen.

Wodurch sich Stoevesandt jedoch am meisten gekränkt fühlte, war der unaufhaltsame Aufstieg dieses Mannes, der mehr als zehn Jahre jünger war als er und an dessen Führungsstil er kein gutes Haar lassen konnte. Bechtel hatte seine Stärken - das wusste er. Sonst wäre er auch niemals auf diesem Posten beim Landeskriminalamt gelandet. Da war zum einen das wirklich phänomenale Gedächtnis. Er war organisiert, hatte ständig den Überblick und sorgte zuverlässig dafür, dass in der Inspektion 4 bei Ermittlungen in den Bereichen Organisiertes Verbrechen, Drogen, Wirtschaftskriminalität und Verdeckte Ermittlungen alles dokumentiert wurde und Vorschriften und Dienstanweisungen genau befolgt wurden. Bechtel war dabei recht konservativ. Neue Impulse oder eine kritische Betrachtung der Regularien kamen für ihn nur dann in Frage, wenn von ganz oben, vom Präsidenten, aus dem Innenministerium oder aus anderen Bundesländern ein Anstoß dafür kam. Für Stoevesandt, der an Führungskräften durchaus schätzte, wenn die eigene Organisation und althergebrachte Verfahren auch mal auf den Prüfstand gestellt wurden, hieß das, dass auch seine Initiativen und Verbesserungsvorschläge nicht erwünscht waren. Was ihn jedoch noch mehr fuchste, das war die Tatsache, dass Dr. Winfried Bechtel nicht die lange, manchmal recht mühsame Laufbahn eines Polizisten über Streifendienst, Polizeihochschule und verschiedene Kommissariate hatte nehmen müssen. Er war von Haus aus Jurist, hatte als Quereinsteiger direkt bei der Polizeidirektion Biberach eine gute Stelle bekommen, war dann ins Innenministerium gewechselt und von dort aus vor rund zehn Jahren ins LKA geschickt worden. Stoevesandt vermutete, dass diese Karriere weniger den Führungsqualitäten als vielmehr einem gewissen Parteibuch geschuldet war.

Er mochte den Mann nicht. Und er konnte es sich nicht verkneifen, es seinen Vorgesetzten spüren zu lassen. Er kannte die Schwäche von Winfried Bechtel, diese Angst vor Kontrollverlust. Das war ja der Motor für seine Detailversessenheit und das Bestehen auf den Regeln. So versuchte er sich abzusichern, damit gewiss nichts Unvorhergesehenes auf ihn zukam und jeder seiner Mitarbeiter berechenbar blieb. Doch gerade diese Kontrolle zu unterlaufen, machte Stoevesandt ein diabolisches Vergnügen. Vor allem dann, wenn Bechtel sich nicht wehren konnte, weil er selbst die Maschen nicht eng genug geknüpft hatte - wie eben in jener E-Mail, die sie beide so unterschiedlich interpretiert hatten. Und er wusste genau, dass er Bechtel damit auf die Palme bringen konnte, und zwar ganz weit hinauf.

»Mein lieber Schwan - ein diabolisches Vergnügen«, wiederholte Stoevesandt den Gedanken laut und konnte ein leichtes Grinsen nicht unterdrücken. Der Gutmensch Stoevesandt hatte teuflische Gefühle. Vielleicht war das ja auch eine jener Schattenseiten, die die Psychologin gemeint hatte. Denn wenn Bechtel konnte, würde er sich rächen, und Stoevesandts Arbeit wurde dadurch nicht leichter.

3

Bevor Stoevesandt sich am Nachmittag zum Pragsattel aufmachte, um der Obduktion beizuwohnen, hatte er für den Bruchteil einer Sekunde die Idee, sich bei Bechtel abzumelden. Als Geste der Unterwürfigkeit sozusagen. Doch er verwarf den Gedanken umgehend. Er traute Bechtel zu, dass er dies dann auch in Zukunft einfordern würde. Man durfte nichts einreißen lassen.

Er rief Rudolf Kuhnert an und gab ihm Bescheid, dass er für eine Weile außer Haus war. Dabei konnte er auch gleich nach dem Verlauf des Rapports fragen, zu dem Bechtel seine Leute...
mehr

Autor

Birgit Hummler, Jahrgang 1953, ist in Stuttgart aufgewachsen und lebt heute in Breisach am Rhein. Sie hat Sprach- und Literaturwissenschaften (Deutsch und Russisch) sowie Journalistik und Kommunikationswissenschaften studiert. Ihre Laufbahn als Journalistin führte sie bald zu Themen aus der Arbeits- und Wirtschaftswelt, in der es manchmal mörderisch zugeht. Ihr Krimidebüt "Stahlbeton" wurde 2011 mit dem Stuttgarter Krimipreis ausgezeichnet.