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Es geht immer nur um Sex

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Periplanetaerschienen am01.08.2013
Marius vögelt gerne. Jonathan arbeitet zu viel. Bene glaubt noch an die große Liebe. Sophie ist Schauspielerin. Maria hat einen richtigen Job. Und Marius vögelt gerne. Das Leben ist in seinen Augen schlichtweg zu kurz, um es mit geheuchelter Moral zu verschwenden. Denn mal ehrlich, die Welt ist schlecht, daran wird auch keiner was ändern - es ist doch eigentlich egal, was man macht und was andere von einem denken. Man sollte am Besten das tun, was einem Spaß macht und was einem liegt. Vögeln zum Beispiel. Wozu das ganze Theater um Gefühle, Karriere und den guten Ruf?!mehr

Produkt

KlappentextMarius vögelt gerne. Jonathan arbeitet zu viel. Bene glaubt noch an die große Liebe. Sophie ist Schauspielerin. Maria hat einen richtigen Job. Und Marius vögelt gerne. Das Leben ist in seinen Augen schlichtweg zu kurz, um es mit geheuchelter Moral zu verschwenden. Denn mal ehrlich, die Welt ist schlecht, daran wird auch keiner was ändern - es ist doch eigentlich egal, was man macht und was andere von einem denken. Man sollte am Besten das tun, was einem Spaß macht und was einem liegt. Vögeln zum Beispiel. Wozu das ganze Theater um Gefühle, Karriere und den guten Ruf?!
Details
Weitere ISBN/GTIN9783943876352
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum01.08.2013
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.3301091
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Kapitel

Ich kratze das bisschen Kraft zusammen, das mir zur Verfügung stand, nahm den Dostojewski und warf ihn Richtung Wecker. Ich verfehlte. Der Wecker stand zwei Meter von meinem Bett entfernt, um mich zum Aufstehen zu bringen. Ich versuchte es mit Puschkin. Erfolglos. Mit dem Tolstoi genauso. Ich hasse Russen. Zu nichts zu gebrauchen - selbst guten Wodka bekommt man inzwischen nur noch aus Polen. Mein Wecker jedenfalls schien ein Ost-Produkt sein, der Sound machte jeder Stalinorgel Konkurrenz. Ich wollte den nächsten Schinken werfen, griff jedoch ins Leere. Russland: die meisten Zeitzonen der Welt, aber nicht mal vier Schriftsteller.

Ich quälte mich aus dem Bett, nahm den Wecker, warf ihn gegen die Wand und genoss das Geräusch zerscheppernden Metalls. Der Wecker klingelte weiter. Wichser.

Schlimmer als die Stalinorgel in meinem Zimmer war aber der Grund, aus dem sie heulte; es musste Montag sein. Und das bedeutete nicht weniger als Teamsitzung in der Agentur Hartmuth.

Ich sah auf die Uhr; es war erst halb elf. Also könnte ich sogar noch duschen und würde trotzdem beinahe pünktlich sein.

Zwar verfolgte ich schon länger die Politik, möglichst spät aufzutauchen, aber inzwischen gingen bereits alle davon aus - und es macht mich depressiv, Erwartungen zu erfüllen.

Ich duschte, rasierte mich, schnitt mir die Fingernägel, putzte die Zähne, trank zwei Espressos, masturbierte kurz, packte Laptop und Speicherkarten ein und schon war ich unterwegs. Mein Rad war willig wie Tante Helga, der Sommer lag über der Stadt wie eine duftende Bleidecke, und zwanzig Minuten später erreichte ich durchgeschwitzt mein Ziel.

Hartmuth Werbung stand auf dem Schild, das an dem bemerkenswert hässlichen Gebäude angebracht war. Ich warte seit Jahren vergeblich darauf, dass mal ein Besucher zum Pförtner kommt und nach Herrn Werbung fragt. Aber Leute, die Werbung wollen, haben noch weniger Humor als Leute, die Werbung machen. Der Einäugige als König unter den Blinden, yeah!

Ich begrüßte unseren Pförtner, der hinter seinem Rücken von allen nur liebevoll das Sitzfleischmonster genannt wurde. Zumindest die Coolen nannten ihn so; die anderen nannten ihn Klaus.

Ob das Meeting schon begonnen habe, fragte ich.

Wie immer, Marius, grunzte er, um elf. Er deutete auf die obszön große Uhr, die gegenüber dem Eingang an zwei Drahtseilen baumelte. Die Uhr zeigte drei vor zwölf.

Fuck, bedankte ich mich und rannte die Treppe hoch. Der Fahrstuhl war nach wie vor kaputt. Rennen ist ein entwürdigender Zustand, wenn man nicht gerade einen Iron Man läuft. Doch ich hatte keine Wahl; ich kannte meinen Bruder - wenn ich in den nächsten zwei Minuten den Konferenzsaal nicht betreten haben sollte, dürfte ein guter Start in die Woche so wahrscheinlich werden wie eine Kernfusion in Nordkorea.

Ich hastete durch den Empfangsraum, an unserer Sekretärin Maxi vorbei. Sie bekam eine Kusshand, zu mehr hatte ich keine Zeit.

Jonathan ist am einfachsten zu beschreiben als Eduard Mörike ohne poetisches Gefühl und Pastorentitel; immer am Zaudern, aber dennoch zu feige, um den einen Schritt zu gehen, der alles verändern könnte. Und wie jeder Feigling ist er Pedant; ein Ordnungssüchtling, der feste Regeln braucht, um das Chaos einzudämmen, dem er sich ausgeliefert sieht. Es geht gar nicht so sehr darum, was diese Regeln besagen, als vielmehr darum, dass es sie gibt.

Außerdem ist Jonathan der unoriginellste Mensch, den ich kenne. Anfangs hatte ich keinen blassen Schimmer, was jemand wie er mit Werbung wollte, und seinen Erfolg habe ich natürlich erst recht nicht verstanden. Inzwischen verwundert es mich kaum noch; Werbung funktioniert umso besser, je authentischer sie wirkt. Und womit könnten sich die Massen besser identifizieren als mit den Ansichten eines Menschen, der keine eigene Meinung hat?

Ich platzte in den Konferenzraum.

Alle sahen von ihren Unterlagen auf.

Hi Ladys, sagte ich aufmunternd und setzte mich auf den letzten freien Stuhl. Ich sah mich um; der Raum schien mir noch voller als sonst, mindestens dreißig Leute. Bei dem Wetter. Hatte denn keiner hier genügend Verstand, sich krankschreiben zu lassen und an den See zu fahren?

Marius, sagte Jonathan knapp. Sollte wohl eine Art Begrüßung sein.

Am anderen Ende des Raums hing eine weitere obszön große Uhr, der längere Zeiger zuckte und es war Punkt zwölf. Unter dem Konferenztisch ballte ich die Faust des Erfolgs. Dann nahm ich mir eine Cola und machte mich auf tausend Stunden Lameness gefasst.

Ob sie mein verspätetes Erscheinen ins Protokoll aufnehmen solle, fragte jemand.

Ich verschluckte mich so heftig an meiner Cola, dass mir das Zeug aus der Nase spritzte.

Ja, warum eigentlich nicht, stimmte Jonathan zu. Ich wischte mir die Soße aus dem Gesicht. Direkt mir gegenüber saß Semra, konzentriert vor ihren Laptop gebeugt. Ich hätte im Bett bleiben sollen.

Es gibt nicht viele Regeln im Umgang mit Frauen. Eigentlich nur zwei - erstens: Gib ihnen keinen Grund, dir die Pest an den Hals zu wünschen. Zweitens: Vermeide Frauen, die dir überlegen sind. Als Frauenversteher würde ich mich vielleicht nicht bezeichnen, aber dass Semra mir nicht wohlgesonnen war, ahnte ich dann doch. Die zweite Regel bereitete mir größere Sorge: Wenn Semra sich trotz ihrer Performance in Jonathans Büro entschieden hatte, ihr Praktikum bei uns zu machen, dann hatte sie so dicke Eier, dass sie sie auf einem Bollerwagen hinter sich herziehen musste. Ich hasse Frauen mit dicken Eiern.

Jonathan fragte nach dem nächsten TOP.

Semra sah auf ihren Bildschirm und nannte die Anfrage von Brei für die Welt. Ich war immer noch fassungslos. Dass Jonathan dieser Göre das Protokoll überließ! Ich brauchte dringend eine Kippe - aber nach dem Einstand konnte ich schlecht sofort wieder abhauen. Auf eine Pause zu hoffen, ergab keinen Sinn; bereits zu Schulzeiten hatte Jonathan die Unterrichtspausen nur benutzt, um seine Hausaufgaben für die nächste Stunde durchzusehen.

Jeffrey begann Zahlen vorzulesen, das entspannte mich ein bisschen; denn Jeffrey stammte nicht nur aus L.A. und hatte dementsprechend ein wunderbar amerikanisches Deutsch, sondern sprach zusätzlich noch in einem so brummeligen Bass, dass einem das Herz aufging. Den anderen ging es offenbar nicht anders, alle hörten ihm andächtig zu.

Als er geendet hatte, sagte Jonathan mit übertriebener Deutlichkeit, wenn wir diesen Pitch gewönnen, bedeute das verglichen mit der aktuellen Prognose für das Jahr 2013 eine Umsatzsteigerung von dreißig Prozent. Mehrere Leute atmeten hörbar aus, irgendjemand pfiff durch die Zähne. Ich glaubte, in verschiedenen Augenpaaren Euro-Zeichen blinken zu sehen.

Aber die Konkurrenz sei bereits auf der Longlist hart gewesen, fuhr Jonathan fort, unter den Mitbewerbern auf der Pitchlist befänden sich alle üblichen Verdächtigen.

Die Konzeptvorlage sei auf Mitte September angesetzt, wir hätten also fast zwei Monate Zeit. Die gelte es sorgfältig zu nutzen. Alle Bereichsleiter hätten sich ab sofort mit dem neuen Projekt zu befassen und sonstige Aufgaben zu delegieren. Alle übrigen Mitarbeiter seien gebeten, ihre eigenen Arbeiten zügig abzuschließen, um den Bereichsleitern schnellstmöglich zur Verfügung zu stehen. Im Übrigen bitte er um Verständnis, dass aufgrund der Umstände diesen Sommer kein Urlaub gewährt werden könne, dafür sollten alle mit einem üppigen Weihnachtsgeld rechnen.

Mein Bruder ist ein Meister der unauffälligen Rhetorik - seid ihr entschlossen, zehn, zwölf und wenn nötig vierzehn und sechzehn Stunden täglich zu arbeiten und das Letzte herzugeben für den Sieg? Wollt ihr den totalen Sieg? Sowas hätte er rufen sollen, das hätte doch motivierend gewirkt.

Merkwürdigerweise schienen alle ganz zufrieden, als fänden sie es gar nicht so schlimm, den August im Büro anstatt in der Karibik zu verbringen. Das Weihnachtsgeld alleine konnte es kaum sein. Wie sie alle dasaßen mit ihren Apfel-Notebooks, die Kundenbetreuerinnen in ihren maßgeschneiderten Hosenanzügen und die Kreativen mit ihrem sorgfältig gepflegten Dreitagebart. Und wie sie alle Bock hatten auf diesen Scheiß!

Eines muss man Jonathan lassen - so langweilig er ist, er kann den Menschen das Gefühl vermitteln, sie müssten nur ein bisschen Vertrauen in ihn haben, und alles werde gut. Die fleischgewordene Corporate Identity.

Die Konferenz ging weiter, ich musste ein Gähnen unterdrücken. Mit Schrecken wurde mir klar, dass sich von diesen Typen keiner trauen würde, nach einer Kippenpause zu fragen.

Semra las den nächsten Tagesordnungspunkt vor. Irgendein Klamottenlabel wollte irgendwas mit viel lila. Ich stöhnte. Hoffentlich keine Fotos! Mode-Fotografie ist der große Bruder von Water Boarding. Nicht wegen der Models, die sind für alles zu haben, aber die Kunden sind die Hölle.

Es wurde nur ein Slogan gebraucht. Ich atmete auf. Damit hatte ich nichts zu schaffen.

An meinem ersten Tag im Kindergarten habe ich mich vorstellen müssen mit den Worten Ich bin Marius, habe also schon früh Drei-Wort-Sätze nach dem Schema Subjekt-Kopula-Subjektsprädikativ beherrscht. Leider habe ich dann später das Objekt für mich entdeckt und war für das Slogantexten verloren.

Ich machte mir noch eine Cola auf. Ein West-Produkt. Da weiß man, was man hat.

Um mich her schwirrten die Stimmen wie Moskitos auf der falschen Seite des Fliegennetzes. Biedere Familienväter stritten angelegentlich darüber, wie...

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