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Marlene und die Suche nach Liebe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
608 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am15.02.20192. Auflage
Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt.

Wie im Rausch erkundet die junge Marlene die wilden Nächte Berlins. Sie liebt, wen immer sie begehrt, und wird mit 'Der blaue Engel' zum Star. Bald feiert man sie in Hollywood als glamouröse Diva. Ihr Streben nach Selbstbestimmung lässt Marlene jedoch immer wieder anecken, und auch in der Liebe bleibt sie auf der Suche - bis sie dem Schauspieler Jean Gabin begegnet. Doch dann zieht Marlene mit den amerikanischen Truppen an die Front - und die Rückkehr in das zerstörte Deutschland wird zu ihrem persönlichen Drama ...

Eine große Geschichte über Leidenschaft und Kunst, eine Welt im Wandel - und die Liebe.


C. W. Gortner wuchs als Sohn eines Amerikaners und einer Spanierin in Südspanien auf. In Kalifornien lehrte er an der Universität Geschichte mit einem besonderen Fokus auf starke Frauen in der Historie. In Marlene Dietrich erkannte er eine so 'leidenschaftliche wie unkonventionelle und mutige Frau', dass er einfach über sie schreiben musste. Er lebt in San Francisco. Mehr Informationen zum Autor unter www.cwgortner.com Christine Strüh übertrug u. a. Kristin Hannah, Gillian Flynn und Cecelia Ahern ins Deutsche. Sie lebt in Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextVon Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt.

Wie im Rausch erkundet die junge Marlene die wilden Nächte Berlins. Sie liebt, wen immer sie begehrt, und wird mit 'Der blaue Engel' zum Star. Bald feiert man sie in Hollywood als glamouröse Diva. Ihr Streben nach Selbstbestimmung lässt Marlene jedoch immer wieder anecken, und auch in der Liebe bleibt sie auf der Suche - bis sie dem Schauspieler Jean Gabin begegnet. Doch dann zieht Marlene mit den amerikanischen Truppen an die Front - und die Rückkehr in das zerstörte Deutschland wird zu ihrem persönlichen Drama ...

Eine große Geschichte über Leidenschaft und Kunst, eine Welt im Wandel - und die Liebe.


C. W. Gortner wuchs als Sohn eines Amerikaners und einer Spanierin in Südspanien auf. In Kalifornien lehrte er an der Universität Geschichte mit einem besonderen Fokus auf starke Frauen in der Historie. In Marlene Dietrich erkannte er eine so 'leidenschaftliche wie unkonventionelle und mutige Frau', dass er einfach über sie schreiben musste. Er lebt in San Francisco. Mehr Informationen zum Autor unter www.cwgortner.com Christine Strüh übertrug u. a. Kristin Hannah, Gillian Flynn und Cecelia Ahern ins Deutsche. Sie lebt in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841216311
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum15.02.2019
Auflage2. Auflage
Reihen-Nr.8
Seiten608 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4017 Kbytes
Artikel-Nr.3411017
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Kapitel 1

Als ich mich das erste Mal verliebte, war ich zwölf Jahre alt.

Es passierte in der Auguste-Viktoria-Schule in Schöneberg, damals noch eine eigene Stadt im Südwesten Berlins. In einem klotzigen, von schmiedeeisernen Toren bewachten Gebäude, hinter dessen extravaganter Fassade sich ein Labyrinth eisig kalter Klassenzimmer verbarg, lernte ich Tag für Tag Grammatik, Rechnen und Geschichte, darauf folgten Haushaltsführung und kräftigende Leibesübungen im Freien und zu guter Letzt noch ein ausgesprochen oberflächlicher Französischunterricht. Ich hegte eine tiefe Abneigung gegen die Schule, was jedoch nicht daran lag, dass es mir schwerfiel, die fachlichen Anforderungen zu erfüllen. Verschiedene Gouvernanten hatten sich in meiner Kindheit um meine Erziehung gekümmert, wobei meine ein Jahr ältere Schwester Elisabeth - in der Familie stets Liesel genannt - immer die meiste Aufmerksamkeit bekam, weil sie so kränklich war. Bei uns zu Hause hatten täglich Englisch und Französisch, Benehmen, Tanz und Musik auf dem Programm gestanden, und unsere Mutter verlangte in jeder dieser Disziplinen unanfechtbare Perfektion. So mochte ich zwar besser auf die Härten institutionellen Lernens vorbereitet sein als die meisten meiner Klassenkameradinnen, dennoch war mir die Schule verhasst. Ich passte einfach nicht zu den anderen Mädchen mit ihren marmeladenklebrigen Fingern und wollte mich nicht in ihre Gemeinschaft einfügen. Sie hingegen kannten sich fast alle seit frühester Kindheit und verliehen mir wegen meiner vermeintlichen Schüchternheit den Spitznamen Maus, nichtahnend, dass »schüchtern« wohl das letzte Wort gewesen wäre, mit dem meine Mutter mich beschrieben hätte.

Als unser Vater an einem Herzstillstand starb, war ich sechs Jahre alt, doch unsere Trauer um ihn wurde rasch überlagert von der dringenden Notwendigkeit, unser Leben neu zu organisieren. Nach außen musste der Schein gewahrt werden, immerhin stammte die Witwe Josephine Dietrich aus der berühmten Uhrmacherdynastie Felsing, die seit über einem Jahrhundert den Titel »Hoflieferant« führen durfte, doch meine Mutter weigerte sich strikt, Unterstützung von ihrer Familie anzunehmen, und die Rente meines Vaters - er war Polizeileutnant auf der Schöneberger Insel gewesen - reichte bei weitem nicht. So verschwanden schon bald nach seiner Beerdigung die Gouvernanten, weil sie als entbehrlicher Luxus erachtet wurden, und Mutter nahm eine Stelle als Hauswirtschafterin an. Wegen Liesels diffuser gesundheitlicher Beschwerden entwarf Mutter einen Lehrplan für sie, dem sie zu Hause nachgehen sollte. Mich dagegen zwang sie in die steif gestärkte graue Schuluniform, flocht meine rotblonden Haare zu Zöpfen, krönte das Ganze mit einer riesigen Taftschleife auf dem Kopf und führte mich in meinen zehenzwackenden Lacklederschuhen ab in die Schule, wo unbescholtene ältere Fräulein meinen Charakter bilden sollten.

»Benimm dich ordentlich«, ermahnte Mutter mich. »Denk an deine Manieren, und tu, was man dir sagt. Hab ich mich klar ausgedrückt? Durch deine Erziehung bist du vielleicht vielen anderen voraus, aber damit prahlt man nicht.«

Sie hätte sich keine Sorgen machen müssen. Zu Hause wurde ich oft getadelt, weil ich versuchte, Liesel auszustechen, aber als ich den Schulhof betrat und mich von den Mädchencliquen umringt sah, die mich mit argwöhnischen Blicken musterten, begriff ich sofort, dass es besser für mich wäre, mit meinem Wissen hinter dem Berg zu halten. So ahnte niemand, dass ich über mehr als grundlegende schulische Kenntnisse verfügte. Dies galt natürlich auch für die französische Sprache, die zwar zur Bildung jedes wohlerzogenen Mädchens gehörte, mit der jedoch kein wohlerzogenes deutsches Mädchen allzu vertraut werden sollte, da sie mit ihrem verführerischen Klang immer auch einen Hauch des Verbotenen in sich trug. Um die Aufmerksamkeit von mir abzulenken, setzte ich mich an ein Pult ganz hinten im Klassenzimmer und hielt mich von den anderen weitgehend fern - eine Maus eben, die sich in aller Öffentlichkeit versteckte.

Bis zu jenem Tag, an dem unsere neue Französischlehrerin eintraf.

Sie wirkte gehetzt, als hätte sie sich sehr beeilen müssen, nicht zu spät zu kommen. Aus ihrem Knoten hatten sich kastanienbraune Strähnen gelöst, ihre Wangen waren gerötet. Tatsächlich hatte es bereits geläutet, die Mädchen flüsterten aufgeregt über die Gänge hinweg miteinander.

Plötzlich tauchte nun also die lang erwartete Nachfolgerin von Madame Servine auf, die nach einem unglücklichen Sturz früher als geplant in den Ruhestand gegangen war. Die Julihitze war extrem, und unserer neuen Lehrerin stand der Schweiß auf der Stirn, als sie ihre Bücher mit einem lauten Knall auf das Pult fallen ließ. Die ganze Klasse setzte sich erschrocken auf.

Madame Servine hatte keine Trödelei geduldet, und ihr Lineal war als Strafe für vermeintlichen Ungehorsam schmerzhaft auf Knie oder Finger so mancher Schülerin niedergesaust. Und womöglich würde sich diese junge Frau als ebenso furchterregend herausstellen. Von meinem üblichen Platz weit hinten spähte ich über die Schultern der vor mir sitzenden Mädchen und beobachtete, wie sie sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn wischte.

»Mon Dieu«, stöhnte sie dabei. »Il fait si chaud. Ich hätte nicht gedacht, dass es in Deutschland so heiß werden kann.«

Niemand sagte ein Wort. Mit einer achtlosen Handbewegung ließ die neue Französischlehrerin ihr feuchtes Taschentuch in der Bluse verschwinden. »Bonjour mesdemoiselles. Ich bin Mademoiselle Bréguand, eure neue Französischlehrerin.«

Eigentlich war es unnötig, dass sie sich vorstellte. Wir wussten genau, wer sie war, warteten wir doch schon seit Wochen auf sie, während wir von der Vertretungslehrerin Frau Becker mit endlosen Aufgaben gequält wurden. Im Akzent unserer neuen Lehrerin war deutlich die Melodie von Paris zu erkennen, und während es in meinem Bauch vor Freude kribbelte, spürte ich, wie die Mädchen um mich herum schauderten. Madame Servine war wegen ihrer Lorgnette, ihrer bedrohlich klackenden dritten Zähne und ihrer hochgeschlossenen, aus der Zeit der Jahrhundertwende stammenden Kleider stets mit dem Spitznamen Ancien Régime bedacht worden. Doch die junge Frau - in ihrer an Hals und Handgelenken spitzenverzierten Bluse, ihrem modischen knöchellangen Rock, der ihre schlanke Figur betonte und unter dem elegante Stiefelchen hervorlugten - verhieß etwas ganz anderes.

Ich reckte mich erwartungsvoll.

»Allez«, verkündete sie. »Ouvrez vos livres, s´il vous plaît.«

Regungslos saßen die anderen Mädchen da, nur ich griff zu meinem Französischbuch. »Eure Bücher, bitte. Schlagt eure Bücher auf«, erklärte Mademoiselle auf Deutsch und seufzte.

Ich verkniff mir ein Grinsen.

»Wir wollen heute ein paar Verben konjugieren, ja?«, fuhr sie fort und ließ den Blick über die Klasse schweifen. Niemand antwortete ihr. Seit Madame gestürzt war, hatte keines der Mädchen sich die Mühe gemacht, einen Blick in unser Französischbuch zu werfen. Französisch war ihnen gleichgültig, und aus den Gesprächen, die ich gelegentlich mitbekam, wusste ich, dass meine Mitschülerinnen ohnehin nur ein einziges Lebensziel kannten: so schnell wie möglich zu heiraten und den Klauen ihrer Eltern zu entrinnen. Kinder, Küche, Kirche - das schien der alleinige Ehrgeiz, der deutschen Mädchen eingeimpft wurde wie zuvor ihren Müttern und Großmüttern. Welchen Sinn könnte es für diese jungen Frauen haben, Französisch zu lernen?

Mademoiselle Bréguand beobachtete das hektische Blättern, schien jedoch nicht willens, es zu kommentieren. Pflichtvergessenheit bei den Hausaufgaben war ein beliebtes Vergehen, doch jede von uns fürchtete, dabei erwischt zu werden. Von Madame Servine erzählte man sich, dass sie einmal eine Schülerin gezwungen hatte, bis zum Einbruch der Dunkelheit nachzusitzen - bis sie entweder ihre Aufgaben erledigt hatte oder vor Erschöpfung zusammengebrochen war.

Dann sah ich plötzlich, wie sich auf Mademoiselles Gesicht ein schelmisches Lächeln abzeichnete. Ich konnte es nicht fassen - an diesem Ort, wo die Lehrerinnen nie etwas anderes zeigten als Strenge, war diese Gemütsregung so überraschend, dass der Gefühlswirbel in meinem Inneren sich unversehens in etwas verwandelte, was mich an Schlagsahne auf meiner Zunge denken ließ.

»Beginnen wir mit sein  - être. Je suis, je serai, j´étais. Tu es, tu seras, tu étais. Il est, il sera, il était. Nous sommes, nous serons, nous étions ...« Während sie rezitierte, schritt sie langsam durch die schmalen Gänge zwischen unseren Pulten und lauschte, den Kopf zur Seite geneigt, den erbärmlichen Bemühungen ihrer Schülerinnen. Es war eine miserable Darbietung, ein Beweis von Bummelantentum und absoluter Geringschätzung der französischen Sprache. Aber Mademoiselle korrigierte niemanden, sondern wiederholte nur immer wieder die Konjugationen, die die Mädchen ihr mehr oder minder erfolgreich nachsprachen.

Schließlich stand sie vor mir. Blieb stehen. Hob die Hand, und alle verstummten. Mit ihrem bernsteinbraun-grünen Blick fixierte sie mich und forderte mich zu wiederholen auf: »Répète, s´il te plaît.«

Weil ich um jeden Preis vermeiden wollte, herausgestellt zu werden, nahm ich mir vor, genauso schrecklich zu klingen wie die anderen. Aber meine Zunge gehorchte mir nicht, und ich hörte mich zögernd konjugieren: »Vous êtes. Vous serez. Vous étiez.«
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Autor

C. W. Gortner wuchs als Sohn eines Amerikaners und einer Spanierin in Südspanien auf. In Kalifornien lehrte er an der Universität Geschichte mit einem besonderen Fokus auf starke Frauen in der Historie. In Marlene Dietrich erkannte er eine so "leidenschaftliche wie unkonventionelle und mutige Frau", dass er einfach über sie schreiben musste. Er lebt in San Francisco.
Mehr Informationen zum Autor unter www.cwgortner.com

Christine Strüh übertrug u. a. Kristin Hannah, Gillian Flynn und Cecelia Ahern ins Deutsche. Sie lebt in Berlin.