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Die Jahre der Leichtigkeit

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
576 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am20.07.20181. Auflage
Eine Familie - zwei Jahrzehnte - drei Generationen - vier Geschwister Willkommen bei den Cazalets! Eine großbürgerliche Familie im England der späten Dreißigerjahre - unruhige Zeiten. Aus dem Familiensitz Home Place in der malerischen Grafschaft Sussex wird unerwartet ein Zufluchtsort für mehrere Generationen. Feinfühlig erkundet Elizabeth Jane Howard die Sehnsüchte und Geheimnisse der Familie Cazalet und erweckt eine vergangene Welt zu neuem Leben.

Elizabeth Jane Howard wurde am 26. März 1923 in London geboren. Sie arbeitete als Schauspielerin und Modell, bevor sie 1950 ihren ersten Roman, >The Beautiful Visit<, schrieb, für den sie 1951 mit dem John Llewellyn Rhys Prize ausgezeichnet wurde. Es folgten weitere Romane, eine Sammlung von Kurzgeschichten und Slipstream (2002), ihre Autobiographie. Bis 1983 war sie verheiratet mit Kingsley Amis und damit die Stiefmutter von Martin Amis, der es ihr, wie er sagt, verdankt, dass er zum Schriftsteller wurde. Im Jahr 2000 verlieh Queen Elizabeth II. ihr den Verdienstorden Commander of the British Empire. Am 2. Januar 2014 verstarb Howard mit 90 Jahren in ihrem Haus in Suffolk.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine Familie - zwei Jahrzehnte - drei Generationen - vier Geschwister Willkommen bei den Cazalets! Eine großbürgerliche Familie im England der späten Dreißigerjahre - unruhige Zeiten. Aus dem Familiensitz Home Place in der malerischen Grafschaft Sussex wird unerwartet ein Zufluchtsort für mehrere Generationen. Feinfühlig erkundet Elizabeth Jane Howard die Sehnsüchte und Geheimnisse der Familie Cazalet und erweckt eine vergangene Welt zu neuem Leben.

Elizabeth Jane Howard wurde am 26. März 1923 in London geboren. Sie arbeitete als Schauspielerin und Modell, bevor sie 1950 ihren ersten Roman, >The Beautiful Visit<, schrieb, für den sie 1951 mit dem John Llewellyn Rhys Prize ausgezeichnet wurde. Es folgten weitere Romane, eine Sammlung von Kurzgeschichten und Slipstream (2002), ihre Autobiographie. Bis 1983 war sie verheiratet mit Kingsley Amis und damit die Stiefmutter von Martin Amis, der es ihr, wie er sagt, verdankt, dass er zum Schriftsteller wurde. Im Jahr 2000 verlieh Queen Elizabeth II. ihr den Verdienstorden Commander of the British Empire. Am 2. Januar 2014 verstarb Howard mit 90 Jahren in ihrem Haus in Suffolk.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423434997
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum20.07.2018
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten576 Seiten
SpracheDeutsch
IllustrationenFormat: EPUB
Artikel-Nr.3415990
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erster Teil



Lansdowne Road

1937


Für Phyllis begann der Tag um fünf vor sieben, als der Wecker (den ihre Mutter ihr geschenkt hatte, bevor sie ihre erste Stellung antrat) läutete und schepperte und rasselte, bis sie ihn zum Verstummen brachte. Im zweiten quietschenden Metallbett wälzte sich Edna mit einem Stöhnen zur Wand. Selbst im Sommer kam sie nicht aus den Federn, und im Winter musste Phyllis ihr manchmal sogar die Decke wegreißen. Sie setzte sich auf, zog die Klemmen aus dem Haarnetz und entfernte vorsichtig die Lockenwickler: Heute war ihr freier Nachmittag, und sie hatte sich die Haare gewaschen. Sie stand auf, hob das Überbett vom Boden, das nachts hinuntergefallen war, und öffnete die Vorhänge. Sonnenlicht verlieh dem Zimmer einen frischen Anstrich, das Linoleum verwandelte sich in Karamell, die angeschlagenen Stellen am weißen Email-Waschkrug färbten sich schieferblau. Sie knöpfte ihr Flanellnachthemd auf und wusch sich, so wie ihre Mutter es ihr beigebracht hatte: Gesicht, Hände und, mit einem ins kalte Wasser getauchten Waschlappen, vorsichtig unter den Achseln. »Jetzt mach schon«, sagte sie zu Edna. Sie schüttete das Schmutzwasser in den Eimer und zog sich an. Zuerst die Unterwäsche, dann streifte sie das Nachthemd über den Kopf und schlüpfte in das dunkelgrüne baumwollene Tageskleid. Sie stülpte die Haube über ihre unausgebürsteten Korkenzieherlocken und band die Schürze um. Edna, die morgens nur eine Katzenwäsche machte, zog sich noch halb im Bett an - eine Angewohnheit, die sie vom Winter beibehalten hatte (das Zimmer konnte nicht geheizt werden, und das Fenster blieb sowieso immer geschlossen). Um zehn nach sieben waren sie beide bereit, durch das schlafende Haus leise nach unten zu gehen. Im ersten Stock öffnete Phyllis die Tür zu einem der Schlafzimmer und trat hinein. Sobald sie die Vorhänge aufzog, hörte sie den Wellensittich ungeduldig im Käfig herumhüpfen.

»Miss Louise! Es ist Viertel nach sieben.«

»Aber Phyllis!«

»Sie haben mir gesagt, dass ich Sie wecken soll.«

»Ist es schön draußen?«

»Strahlender Sonnenschein.«

»Nehmen Sie Ferdie das Tuch ab.«

»Wenn ich´s nicht mache, stehen Sie schneller auf.«

In der Küche (im Souterrain) hatte Edna schon den Kessel aufgesetzt und richtete auf dem sauber geschrubbten Tisch die Tassen her. Zwei Kannen Tee mussten gebrüht werden: die dunkelbraune mit den Streifen für die Dienstboten, von der Edna jeden Morgen Emily, der Köchin, eine Tasse brachte, sowie die weiße Minton für oben, die Edna mitsamt den passenden Tassen und Untertassen, dem Milchkännchen und der Zuckerdose bereits aufs Tablett gestellt hatte. Der Morgentee für Mr. und Mrs. Cazalet war Phyllis´ Aufgabe. Danach würde sie im Salon, den Edna dann gerade lüftete und putzte, die ganzen Kaffeetassen und Gläser einsammeln. Doch vorher gab es für sie beide eine erste brühheiße Tasse starken indischen Tee. Für oben war es chinesischer, von dem Emily behauptete, sie könne den Geruch nicht ausstehen, vom Geschmack ganz zu schweigen. Sie tranken ihn im Stehen, noch bevor sich der Zucker richtig aufgelöst hatte.

»Was macht dein Pickel?«

Vorsichtig fasste sich Phyllis an die Nase.

»Ich glaube, er ist ein bisschen kleiner geworden. Gut, dass ich ihn nicht ausgedrückt habe.«

»Hab ich dir doch gesagt.« Edna, die nie Pickel hatte, war die Expertin dafür. Die widersprüchlichen Ratschläge, die sie freigebig und ungefragt verteilte, fand Phyllis dennoch tröstlich, in ihren Augen bewiesen sie Anteilnahme.

»Na, da können wir uns jetzt auch nichts von kaufen.«

Das konnten sie sowieso von nichts, dachte Edna trübsinnig, und auch wenn Phyllis Hautprobleme hatte, war sie ein Glückspilz. Edna fand Mr. Cazalet wirklich liebenswert, aber im Gegensatz zu Phyllis durfte sie ihn nie im Pyjama sehen.


***


Kaum hatte Phyllis die Tür geschlossen, sprang Louise aus dem Bett und nahm das Tuch vom Vogelkäfig. Der Wellensittich tat entsetzt und hopste umher, aber sie wusste, dass er sich freute. Ihr Zimmer ging zum Garten hinaus und hatte etwas Morgensonne, die ihm ihrer Ansicht nach gut bekam. Sein Käfig stand vor dem Fenster auf dem Tisch, daneben gleich das Goldfischglas. Das kleine Zimmer quoll über vor ihren Besitztümern: die Theaterprogramme, die Kokarden und die zwei sehr kleinen Pokale, die sie bei Gymkhanas gewonnen hatte, die Fotoalben, das Buchsbaumkästchen mit den flachen Schubladen, in denen sie ihre Muschelsammlung aufbewahrte, die Porzellan-Tierfigürchen auf dem Kaminsims, das Strickzeug auf der Kommode neben ihrem heiß geliebten Tangee-Lippenstift - der knallig orange aussah, aber die Lippen rosa färbte -, der Pond´s Cold Cream und einer Dose Talkumpuder Californian Poppy, ihr bester Tennisschläger und, das Wichtigste, ihre Bücher: alles von Pu der Bär bis hin zu ihren neuesten und kostbarsten Errungenschaften, den zwei Bänden der Phaidon Press mit Reproduktionen von Holbein und van Gogh, momentan ihre Lieblingsmaler. Außerdem standen in dem Zimmer noch eine Kommode voll Kleider, die sie so gut wie nie trug, und - das Geschenk ihres Vaters zu ihrem letzten Geburtstag - ein Schreibtisch aus englischer Eiche, gezimmert aus einem Baum, dessen Maserung sich als außergewöhnlich herausgestellt hatte. Darin bewahrte sie ihre wertvollsten Schätze auf: eine Fotografie von John Gielgud, und zwar signiert, ihren Schmuck, ein sehr dünnes Bündel mit Briefen, die ihr Bruder Teddy ihr aus dem Internat geschickt hatte (darin erzählte er ihr zwar nur vom Sport und riss dumme Witze, aber es waren ihre einzigen Briefe von einem Jungen), und ihre Siegelwachs-Sammlung - vermutlich die größte in ganz England, dachte sie oft. Außerdem gab es noch eine große alte Truhe mit lauter Kleidern zum Kostümieren - die abgelegte Abendgarderobe ihrer Mutter, zylindrische Perlen, Chiffon und Satin, Jacken aus Prägesamt, hauchdünne, entfernt orientalisch anmutende Schals und Stolen aus einer früheren Zeit, angeschmuddelte Federboas, eine handbestickte chinesische Robe, die irgendjemand aus der Verwandtschaft von seinen Reisen mitgebracht hatte, und Hosen und Tuniken aus Baumwollsatin, eigens genäht für Familienaufführungen. Beim Öffnen der Truhe stieg einem ein ganz besonderer Duft in die Nase, eine Mischung aus altem Parfüm, Mottenkugeln und Aufregung. Aufregung war ein leicht metallischer Geruch, vermutlich von den vielen angelaufenen Gold- und Silberfäden, die einige Kleidungsstücke durchzogen. Sich zu kostümieren und Theater zu spielen, das tat man im Winter. Jetzt aber war es Juli, und die endlosen, wunderbaren Sommerferien hatten fast schon begonnen. Sie zog eine Leinentunika und eine Aertex-Bluse an - tiefrot, ihre Lieblingsbluse - und verließ das Haus, um Derry auszuführen.

Derry war nicht ihr Hund. Sie durfte keinen haben, und um ihren Unmut darüber nicht einschlafen zu lassen, ging sie jeden Morgen mit dem sehr betagten Bullterrier der Nachbarn um den Block. Ein weiterer Grund, ihn auszuführen, war das Haus, in dem er lebte und das sie faszinierend fand. Es war groß - man konnte es von ihrem Garten aus sehen -, aber völlig anders als ihres und die ihrer Freundinnen. Zum einen gab es dort keine Kinder. Der Diener, der ihr die Tür öffnete, musste Derry immer erst holen gehen, was ihr Zeit gab, das Foyer mit dem schwarz-weißen Marmor zu den offenen Doppeltüren einer Galerie zu durchqueren, von der aus man in den Salon hinuntersah. Jeden Morgen herrschte dort die verschwenderische Unordnung eines rauschenden nächtlichen Fests: Es roch nach ägyptischen Zigaretten - wie diejenigen, die Tante Rachel rauchte -, und überall standen Blumen, die fast schon stanken, im Frühling Hyazinthen, jetzt Lilien, im Winter Nelken und Rosen. Unzählige farbige Seidenkissen lagen umher, und Dutzende von Gläsern und offenen Konfektschachteln waren über den ganzen Raum verstreut, manchmal auch Kartentische mit Spielkarten, Schreibblöcken und Bleistiften mit Quasten. Immer herrschte dort Dämmerlicht, die cremefarbenen Seidenvorhänge waren halb geschlossen. In Louises Vorstellung waren die Besitzer - die sie nie sah - phänomenal reich, vermutlich fremdländisch und möglicherweise ziemlich dekadent.

Gassigehen mit Derry, der mit seinen angeblich dreizehn Jahren einundneunzig zählte, laut der von ihr erstellten Alterstabelle für Hunde, gestaltete sich etwas langweilig, denn mehr als einen kurzen Spaziergang mit häufigen, endlos langen Zwischenhalten an praktisch jedem Laternenpfahl schaffte er nicht. Aber es gefiel ihr, einen Hund an der Leine zu führen. Dann konnte sie die anderen Passanten mit Besitzerstolz anlächeln, damit sie dachten, er gehöre ihr. Außerdem gab sie die Hoffnung nicht auf, dass jemand von den Hausbewohnern oder einer ihrer dekadenten Freunde im Salon besinnungslos zusammengebrochen wäre und sie ihn näher in Augenschein nehmen könnte. Der Spaziergang musste kurz sein. Vor dem Frühstück um Viertel vor neun sollte sie nämlich noch eine Stunde üben und davor kalt baden, denn nach Dads Ansicht tat einem ein kaltes Bad richtig gut. Sie war vierzehn, und manchmal kam sie sich jung und tatendurstig vor, dann wieder fühlte sie sich altersmatt - zu erschöpft, um irgendetwas zu tun, das von ihr erwartet wurde.

Nachdem sie Derry zurückgebracht hatte, begegnete sie dem Milchmann. Sein Pony Peggy kannte sie gut, sie hatte nämlich einmal auf einem Streifen Stoff Gras für sie gezogen, weil Peggy nie aufs Land kam, dabei wusste doch jeder, der Black Beauty gelesen hatte, wie schlimm es für Pferde...

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Autor

Elizabeth Jane Howard wurde am 26. März 1923 in London geboren. Sie arbeitete als Schauspielerin und Modell, bevor sie 1950 ihren ersten Roman, >The Beautiful Visit