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Ada oder Das Verlangen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
1056 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am24.01.20181. Auflage
«Ada» ist, selbst in Nabokovs herausragendem Werk, ein leuchtender Solitär. Es handelt von der unmöglichen Liebe zwischen den hochbegabten Geschwistern Ada und Van. Angesiedelt ist die Handlung auf dem imaginären Planeten Antiterra, auf dem sich erstaunlicherweise das alte Russland und das moderne Amerika friedlich überlagern. Die beiden Hauptfiguren, die in ihrer geistigen Überlegenheit faszinierend, aber auch unnahbar und amoralisch wirken, lieben außer einander nur ihre hochspezialisierten Hobbys (z.B. Entomologie, Botanik, Psychologie, Insektenkunde, russische Literatur oder das Auf-den-Händen-Laufen). Auf ihren Lebenswegen hinterlassen sie, unverschuldet schuldig geworden, eine Spur der emotionalen Verwüstung. Dieses Buch funkelt und provoziert auf jeder Seite und erzeugt eine eigentümliche Stimmung von ekstatischer Hellsichtigkeit. Es steckt voller überraschender Beobachtungen und Gedanken, wilder und abgründiger Erotik. Trotz aller erzählerischen Präzision bleibt es anarchisch in seiner konsequenten Weigerung, die Figuren zu erklären oder gar zu verurteilen. Es ist in Nabokovs Alterswerk der komplexe, an klugen Anspielungen und versteckten Scherzen überreiche Höhepunkt.

Vladimir Nabokov wird am 22. April 1899 in St. Petersburg geboren. Nach der Oktoberrevolution flieht die Familie 1919 nach Westeuropa. 1919-1922 in Cambridge Studium der russischen und französischen Literatur. 1922-1937 in Berlin, erste Veröffentlichungen, meist unter dem Pseudonym W. Sirin. 1937-1940 nach der Flucht aus Nazideutschland in Südfrankreich und in Paris, seit 1940 in den USA. 1961-1977 wohnt Nabokov im Palace Hotel in Montreux. Er stirbt am 2. Juli 1977.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR38,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR32,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

Klappentext«Ada» ist, selbst in Nabokovs herausragendem Werk, ein leuchtender Solitär. Es handelt von der unmöglichen Liebe zwischen den hochbegabten Geschwistern Ada und Van. Angesiedelt ist die Handlung auf dem imaginären Planeten Antiterra, auf dem sich erstaunlicherweise das alte Russland und das moderne Amerika friedlich überlagern. Die beiden Hauptfiguren, die in ihrer geistigen Überlegenheit faszinierend, aber auch unnahbar und amoralisch wirken, lieben außer einander nur ihre hochspezialisierten Hobbys (z.B. Entomologie, Botanik, Psychologie, Insektenkunde, russische Literatur oder das Auf-den-Händen-Laufen). Auf ihren Lebenswegen hinterlassen sie, unverschuldet schuldig geworden, eine Spur der emotionalen Verwüstung. Dieses Buch funkelt und provoziert auf jeder Seite und erzeugt eine eigentümliche Stimmung von ekstatischer Hellsichtigkeit. Es steckt voller überraschender Beobachtungen und Gedanken, wilder und abgründiger Erotik. Trotz aller erzählerischen Präzision bleibt es anarchisch in seiner konsequenten Weigerung, die Figuren zu erklären oder gar zu verurteilen. Es ist in Nabokovs Alterswerk der komplexe, an klugen Anspielungen und versteckten Scherzen überreiche Höhepunkt.

Vladimir Nabokov wird am 22. April 1899 in St. Petersburg geboren. Nach der Oktoberrevolution flieht die Familie 1919 nach Westeuropa. 1919-1922 in Cambridge Studium der russischen und französischen Literatur. 1922-1937 in Berlin, erste Veröffentlichungen, meist unter dem Pseudonym W. Sirin. 1937-1940 nach der Flucht aus Nazideutschland in Südfrankreich und in Paris, seit 1940 in den USA. 1961-1977 wohnt Nabokov im Palace Hotel in Montreux. Er stirbt am 2. Juli 1977.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644056213
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum24.01.2018
Auflage1. Auflage
Seiten1056 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse6818 Kbytes
Artikel-Nr.3420608
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2


Marinas Verhältnis mit Demon Veen begann an seinem, ihrem und Daniel Veens Geburtstag, am 5. Januar 1868, als sie vierundzwanzig war und beide Veens dreißig.

Als Schauspielerin hatte sie nichts von dem atemraubenden Talent, das die Kunst der Mimikry zumindest für die Dauer der Vorstellung wertvoller erscheinen lässt als den Preis für solche Rampenlichter wie Schlaflosigkeit, Phantasie und arrogante Artistik; jedoch an dem speziellen Abend, während jenseits von Plüsch und Puder weicher Schnee fiel, war la Durmanska (die dem großen Scott, ihrem Impresario, allein für Publicity wöchentlich siebentausend Golddollar zahlte und dazu eine prächtige Prämie für jedes Engagement) von Anfang an in diesem kitschigen, ephemeren Stück (einem amerikanischen Drama, von einem prätentiösen Schreiberling an einer berühmten russischen Liebesgeschichte entlanggeschrieben) so traumhaft, so süß, so aufregend, dass Demon (in amourösen Angelegenheiten nicht ganz ein Gentleman) mit seinem Parkettnachbarn, Fürst N., eine Wette abschloss, ein Wachbataillon von Garderobieren bestach, um die Sylphide dann in einem cabinet reculé (wie ein französischer Autor eines früheren Jahrhunderts geheimnisvoll jenen kleinen Raum genannt hätte, in dem noch die zerbrochene Trompete und die Springreifen für die Pudel eines vergessenen Clowns neben vielen staubigen Töpfchen bunter Schminke herumstanden) zwischen zwei Szenen (Kapitel 3 und 4 des gemarterten Romans) schnurstracks zu besitzen. In der ersten Szene hatte sie sich in anmutiger Silhouette hinter einem halbdurchsichtigen Wandschirm entkleidet, war in einem zarten und zauberischen Nachthemdchen wieder hervorgekommen und hatte den Rest der erbärmlichen Szene damit verbracht, mit einer alten Amme in Eskimostiefeln über einen ortsansässigen Gutsbesitzer, Baron d´O., zu plauschen. Auf den Rat der unendlich weisen Frau vom Lande schrieb sie mit einer Gänsefeder, auf der Kante ihres Bettes an einem Louis XV.-Tischchen mit geschwungenen Beinen sitzend, einen Liebesbrief. Sie benötigte fünf Minuten, um ihn mit schmachtender, aber dennoch lauter Stimme vorzulesen, wovon niemand etwas hatte, denn die Amme döste auf einer Art Seemannskiste vor sich hin, und die Zuschauer waren vorwiegend mit dem Schimmer künstlichen Mondlichts auf den bloßen Armen und schwellenden Brüsten der liebeskranken jungen Dame beschäftigt.

Noch ehe die alte Eskimofrau mit der Botschaft davongeschlurft war, hatte Demon Veen seinen rosa Samtsitz verlassen und machte sich daran, die Wette zu gewinnen. Er war sich seines Erfolges umso sicherer, als Marina, eine Demivierge, seit ihrem letzten Tanz am Silvesterabend in ihn verliebt war. Überdies machten der tropische Mondschein, in dem sie gerade gebadet hatte, das durchdringende Empfinden ihrer eigenen Schönheit, der glühende Puls der just dargestellten Jungfer und der wackere Applaus eines beinah vollen Hauses sie besonders empfänglich für den Kitzel des Demon´schen Schnurrbarts. Sie hatte außerdem reichlich Zeit, sich für die nächste Szene umzuziehen, denn diese begann mit dem ziemlich langen Intermezzo einer russischen Balletttruppe, die Scotty verpflichtet und in zwei Schlafwagen den ganzen Weg von Belokonsk, West-Estoty, herbeigeschafft hatte. In einem üppigen Obstgarten ließen mehrere fröhliche junge Gärtner, die aus irgendeinem Grunde in georgischer Stammestracht auftraten, in großer Eile Himbeeren in ihrem Mund verschwinden, während mehrere gleichermaßen unglaubwürdige Dienstmädchen in scharowary (jemand hatte sich vertan - vielleicht war das Wort Samowar im Aerogramm des Agenten verstümmelt worden) eifrig Marshmallows und Erdnüsse von den Zweigen der Obstbäume pflückten. Auf ein unsichtbares Zeichen dionysischen Ursprungs hin stürzten sich in diesem lachhaften Programm, dessen Schnitzer Veen (kribbelnd, leichtlendig, mit Fürst N.s rosenroter Banknote in der Tasche) fast vom Sitz fallen ließen, alle in einen wilden Tanz namens kurva oder «Boulevard-Band».

Sein Herz setzte einen Schlag lang aus und bereute die liebliche Lücke nie, da sie, erregt und errötend, in einem rosa Kleid in den Obstgarten lief und sich so bei der Claque ein Drittel der sitzenden Ovation verdiente, der den prompten Abgang der blöden, aber bunten Transfiguranten aus Lyaska - oder Iveria - feierte. Ihre Begegnung mit Baron d´O., der mit Sporen und grünen Schwalbenschwänzen aus einer Seitenallee geschlendert kam, entging Demons Aufmerksamkeit irgendwie, so betroffen war er von dem Wunder jenes kurzen Abgrunds absoluter Wirklichkeit zwischen zwei scheinhaften Fulgurationen vorgetäuschten Lebens. Ohne das Ende der Szene abzuwarten, eilte er aus dem Theater in die klirrende kristallene Nacht hinaus, da Schneeflocken seinen Zylinder mit Sternen sprenkelten, und weiter zu seinem Haus im nächsten Block, wo er ein verschwenderisches Souper arrangierte. Als er aufbrach, um die neue Geliebte in seinem glöckchenklingelnden Schlitten heimzuholen, hatte das Schlussballett kaukasischer Generale und verwandelter Aschenputtel gerade ein plötzliches Ende gefunden, und Baron d´O., nun mit schwarzen Schwalbenschwänzen und weißen Handschuhen angetan, kniete in der Mitte der leeren Bühne und hielt den gläsernen Schuh hoch, den seine launische Liebste ihm gelassen hatte, als sie sich seinen verspäteten Avancen entzog. Die Claqueure wurden müde und sahen schon auf ihre Chronometer, während Marina in einem schwarzen Umhang in Demons Arme und seinen Schwanenschlitten schlüpfte.

So schwelgten und schweiften sie, entzweiten sich und flogen wieder zueinander. Im folgenden Winter wuchs in ihm der Verdacht, dass sie ihm untreu sei, aber er konnte seinen Rivalen nicht identifizieren. Mitte März, bei einem Arbeitsessen mit einem Kunstexperten, einem leichtlebigen, schlaksigen, liebenswerten Burschen in einem altmodischen Frack, klemmte sich Demon sein Monokel ins Auge, klickte eine kleine, lavierte Tuschzeichnung aus ihrem flachen Futteral und sagte, er sei der Ansicht (natürlich hege er keinen Zweifel, aber wünsche Bewunderung für seine Gewissheit), dass sie ein unbekanntes Werk der delikaten Kunst Parmigianinos sei. Das Blatt zeigte ein nacktes Mädchen auf einem blumenumwundenen Podest, das im Damensitz einen pfirsichgleichen Apfel in der hohlen, halberhobenen Hand hielt und für seinen Entdecker den zusätzlichen Reiz hatte, an Marina zu erinnern, wenn sie aus dem Hotelbadezimmer ans Telephon gerufen wurde und, auf der Lehne eines Sessels schwebend, die Muschel abschirmte, um ihren Liebhaber etwas zu fragen, das er nicht verstehen konnte, denn ihr Flüstern ging unter im Geplätscher des Bades. Baron d´Onsky brauchte nur einen Blick auf jene erhobene Schulter und auf gewisse faserig-gewundene Effekte zarter Vegetation zu werfen, um Demons Ansicht zu bestätigen. D´Onsky stand in dem Ruf, selbst beim Anblick des herrlichsten Meisterwerks nicht das geringste Zeichen ästhetischer Bewegung zu zeigen; dieses Mal jedoch legte er sein Vergrößerungsglas wie eine Maske beiseite und erlaubte seinem unverhüllten Auge, den samtenen Apfel und die Grübchen wie auch die moosigen Stellen des Aktes mit einem entzückten, gedankenverlorenen Lächeln zu liebkosen. Würde Mr. Veen in Erwägung ziehen, es ihm hier und jetzt zu verkaufen, Mr. Veen, bitte? Mr. Veen würde nicht. Skonky (ein höchst einbahniger Spitzname) müsse sich mit dem stolzen Gedanken begnügen, dass er und der glückliche Besitzer bis heute die Einzigen seien, die es je en connaissance de cause bewundert hätten. Zurück wanderte es in seine Spezialmappe; doch nach dem vierten Cognac erflehte d´O. einen letzten kurzen Blick. Beide Herren waren ein bisschen betrunken, und Demon fragte sich insgeheim, ob die ziemlich banale Ähnlichkeit dieses paradiesischen Geschöpfes mit einer jungen Schauspielerin, die sein Gast zweifellos in Eugen und Lara oder Lenore Raven auf der Bühne gesehen hatte (beides penibel verrissen von einem «widerlich unbestechlichen» jungen Kritiker), kommentiert werden sollte oder würde. Sie wurde es nicht: Solche Nymphen waren sich wegen ihrer elementaren Durchsichtigkeit wirklich sehr ähnlich, zumal da Ähnlichkeiten junger Springquellen nichts anderes sind als das leise Murmeln natürlicher Unschuld und zwielichtiger Spiegel, dies ist mein Hut, seiner ist älter, aber wir haben den gleichen Londoner Hutmacher.

Am nächsten Tag, als Demon in seinem Lieblingshotel mit einer böhmischen Dame Tee trank, die er nie zuvor gesehen hatte und auch nie wiedersehen würde (sie begehrte seine Empfehlung für eine Stelle in der Glasfisch-und-Blumen-Abteilung eines Bostoner Museums), unterbrach sie ihre eigene Geschwätzigkeit, um auf Marina und Aqua zu deuten, die in modischer Verdrießlichkeit und bläulichen Pelzen, mit Dan Veen und einem Dackel hinter sich, ausdruckslos durch das Vestibül wandelten, und sagte:

«Interessant, wie diese schreckliche Schauspielerin Parmigianinos berühmter Eva am Klepsydrophon gleicht.»

«Es ist alles andere als berühmt», sagte Demon ruhig, «und Sie können es gar nicht gesehen haben. Ich beneide Sie nicht», fügte er hinzu; «dem naiven Fremden, der bemerkt, dass er oder sie in den Schlamm eines fremden Lebens getreten ist, muss ziemlich übel werden. Haben Sie diesen Klatsch direkt von einem...
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Autor

Vladimir Nabokov wird am 22. April 1899 in St. Petersburg geboren. Nach der Oktoberrevolution flieht die Familie 1919 nach Westeuropa. 1919-1922 in Cambridge Studium der russischen und französischen Literatur. 1922-1937 in Berlin, erste Veröffentlichungen, meist unter dem Pseudonym W. Sirin. 1937-1940 nach der Flucht aus Nazideutschland in Südfrankreich und in Paris, seit 1940 in den USA. 1961-1977 wohnt Nabokov im Palace Hotel in Montreux. Er stirbt am 2. Juli 1977.Dieter E. Zimmer, geb. 1934, war freier Autor und Übersetzer. Von 1959-1999 war er Redakteur bei DIE ZEIT, davon 1973-1977 Leiter des Feuilletons, danach als Wissenschaftsjournalist mit den Schwerpunkten Psychologie, Biologie, Medizin und Linguistik. Neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen erhielt er den Preis für Wissenschaftspublizistik der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Bei Rowohlt war er u. a. als Herausgeber und Übersetzer für die Nabokov-Gesamtausgabe verantwortlich.  Dieter E. Zimmer starb 2020 in Berlin.Uwe Friesel, geboren 1939 in Braunschweig,  schrieb in enger Anlehnung an das Stück die Lesefassung von «Trummi kaputt», um das Thema allen zugänglich zu machen, die das Stück nicht kennen, und zum Nachlesen und Diskutieren für jene, die es gesehen haben.Dieter E. Zimmer, geb. 1934, war freier Autor und Übersetzer. Von 1959-1999 war er Redakteur bei DIE ZEIT, davon 1973-1977 Leiter des Feuilletons, danach als Wissenschaftsjournalist mit den Schwerpunkten Psychologie, Biologie, Medizin und Linguistik. Neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen erhielt er den Preis für Wissenschaftspublizistik der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Bei Rowohlt war er u. a. als Herausgeber und Übersetzer für die Nabokov-Gesamtausgabe verantwortlich.  Dieter E. Zimmer starb 2020 in Berlin.