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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Unionsverlagerschienen am06.11.20151. Auflage
Der alte Kestler ist tot - er starb an einem Schock, nachdem er die falschen Pillen eingenommen hatte. Zufall oder böse Absicht? Rabbi David Small weiß, dass das bekannte Mitglied der jüdischen Gemeinde nicht nur Freunde hatte. Fünf Menschen sind über den Tod des Alten alles andere als unglücklich. Aber würde einer davon so weit gehen, ihn zu ermorden? An Motiven mangelt es nicht. Der sechste Fall für den legendären Rabbi und Amateurdetektiv David Small, der mit diesem verzwickten Fall eine bittere Pille schlucken muss.

Harry Kemelman, geboren 1908 in Boston, wuchs als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer in den USA auf. Er lehrte englische Literatur am Boston State College. Großen Erfolg feierte er mit seinen Romanen um den Rabbi und Amateurdetektiv David Small und erhielt unter anderem den Edgar Allan Poe Award. Er starb 1996 in Marblehead, Massachussets.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextDer alte Kestler ist tot - er starb an einem Schock, nachdem er die falschen Pillen eingenommen hatte. Zufall oder böse Absicht? Rabbi David Small weiß, dass das bekannte Mitglied der jüdischen Gemeinde nicht nur Freunde hatte. Fünf Menschen sind über den Tod des Alten alles andere als unglücklich. Aber würde einer davon so weit gehen, ihn zu ermorden? An Motiven mangelt es nicht. Der sechste Fall für den legendären Rabbi und Amateurdetektiv David Small, der mit diesem verzwickten Fall eine bittere Pille schlucken muss.

Harry Kemelman, geboren 1908 in Boston, wuchs als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer in den USA auf. Er lehrte englische Literatur am Boston State College. Großen Erfolg feierte er mit seinen Romanen um den Rabbi und Amateurdetektiv David Small und erhielt unter anderem den Edgar Allan Poe Award. Er starb 1996 in Marblehead, Massachussets.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783293309135
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum06.11.2015
Auflage1. Auflage
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2901 Kbytes
Artikel-Nr.3421020
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe






Da es Akiva Rokeachs erstes Gespräch mit dem rebbe sein sollte, meinte Baruch, der gabbe, er müsse ihm erklären, wie er sich zu verhalten habe. »Vergiss nicht, Akiva, dem rebbe widerspricht man nicht«, dozierte er ernst. »Reb Mendel ist ein zaddik, das heißt ein frommer Mann, so etwas wie ein Heiliger.« Baruch war klein und gedrungen, mit schütterem, grauem Haar, das er aus der hohen Stirn zurückgekämmt trug, auf der, sobald er ärgerlich wurde, deutlich sichtbar eine blaue Ader pulsierte. Er hielt den letzten Stummel einer filterlosen Zigarette zwischen dem nikotinverfärbten Daumen und Zeigefinger, inhalierte einen letzten Zug und warf ihn dann bedauernd in einen Aschenbecher, wo er weiter vor sich hin glimmte. Er war ein sehr nervöser, reizbarer Mensch, in seiner Funktion als gabbe aber, als Sekretär und Faktotum des rebbe also, war er von Bedeutung. Denn nur über ihn führte der Weg zum rebbe. »Selbst wenn der rebbe sich scheinbar irrt«, fuhr er jetzt fort, »wenn du zum Beispiel meinst, er hätte in seinen Ausführungen über das Gesetz falsch zitiert, darfst du ihn weder darauf hinweisen noch ihn korrigieren. Sondern du solltest über den Grund nachdenken, warum Reb Mendel absichtlich falsch zitiert hat.« Er hielt inne, um sich eine neue Zigarette anzuzünden. »Und vor allem, wenn er ein Urteil fällt, hast du es ohne Einwände hinzunehmen.«

»Ich verstehe«, sagte Akiva Rokeach bescheiden.

Die Ader auf der Stirn des gabbe pulsierte ärgerlich über die Unterbrechung. »Er besitzt nämlich die tiefere Einsicht, weißt du, und man kann nicht erwarten, dass er so denkt wie du.«

Diesmal nickte Akiva nur zustimmend. Er gehörte zwar schon seit über einem halben Jahr zu der Gruppe, aber erst jetzt sollte er Reb Mendel in seinem Arbeitszimmer zum ersten Mal allein gegenüberstehen, und diese Chance wollte er sich nicht verderben, indem er den gabbe unnötig reizte.

Baruch musterte den jungen Mann, der vor ihm stand, mit unverkennbarer Missbilligung: sein langes Haar, den wirren, blonden Bart, die geflickten, in die schweren Stiefel gestopften Jeans. »Hast du ein kvitl?«, fragte er mürrisch, und als Akiva ihn nicht verstand, übersetzte er ungeduldig: »Ein Gesuch, ein schriftliches Gesuch. Du erwartest doch wohl nicht, dass der rebbe wartet, während du ihm alles erklärst, oder?«

»Ach so! Ja, gewiss. Hier ist es.«

»Und ein pidjon?«

Akiva zog einen Fünfdollarschein aus seiner Brieftasche und überreichte ihn dem gabbe als Zeichen der Dankbarkeit dafür, dass der rebbe ihn allein empfing. Baruch warf einen Blick auf die Banknote und notierte sich etwas in seinem Buch.

»Warte hier. Ich werde nachsehen, ob der rebbe jetzt Zeit für dich hat.« Er klopfte an die Tür des Studierzimmers, wartete einen Augenblick und trat dann ein, wobei er die Tür behutsam hinter sich ins Schloss zog. Kurz darauf kam er zurück und winkte dem jungen Mann, er könne eintreten.

Akiva hatte Reb Mendel noch nie aus so großer Nähe gesehen. Bei den farbrengen, den festlichen Versammlungen, musste er sich als jüngstes Mitglied der Gruppe völlig zurückhalten. Und wenn der zaddik nach der dritten Mahlzeit am Sabbat die Thora auslegte und die Philosophie erklärte, hatte er stets am äußersten Ende des Gemeinschaftstisches gesessen, fast durch die ganze Länge des Saales von ihm getrennt.

Jetzt saß Reb Mendel hoch aufgerichtet in seinem thronähnlichen Sessel hinter dem großen, geschnitzten Walnussschreibtisch. Er war - ja, wie alt? Dreißig? Vierzig? Fünfundvierzig? Schwer zu schätzen. Der lange Bart wurde schon grau, jedoch die Hand, die ihn zuweilen strich, war die eines noch jungen Mannes. »Ah, unser junger Wikinger«, murmelte Reb Mendel und nickte zu einem Stuhl neben dem Schreibtisch hinüber.

»Wie bitte, rebbe? Ich habe nicht ganz verstanden.«

Reb Mendel lächelte. »Nichts weiter. Ein kleiner Scherz. Du möchtest hier also eine Woche bleiben?«

»Ich habe eine Woche Urlaub«, erklärte Akiva. »Und dachte, die könnte ich am besten hier mit Beten und Meditieren verbringen.«

Der rebbe warf einen kurzen Blick auf die Karte, die Baruch vor ihm auf die Schreibtischplatte gelegt hatte. »Du bist erst sieben Monate bei uns«, sagte er. »Du hast weder die Ausbildung noch die Vorbildung, die notwendig sind, um einen solchen Aufenthalt zu lohnen. Du hast keinerlei religiöse Erziehung genossen, nicht einmal das Minimum, das die meisten jüdischen Jungen bekommen, um sich auf die Bar-Mizwa vorzubereiten.«

Akiva senkte den Kopf. »Meine Eltern sind nicht religiös. Mein Vater ist Agnostiker, und ich wurde ebenfalls agnostisch erzogen. Ich bin nie, wie die anderen Jungens in unserem Viertel, zur jüdischen Schule gegangen, und wir gehörten auch nicht zur Synagoge.«

»Deine Eltern leben hier in Philadelphia?«

»Nein, ich komme aus Massachusetts, aus einer Kleinstadt nördlich von Boston. Barnard´s Crossing.«

»Und wann hast du sie zuletzt gesehen?«

Akiva errötete. »Na ja, seit einiger Zeit schon nicht mehr, aber ich telefoniere manchmal mit ihnen, vor allem mit meiner Mutter.«

»Mit deinem Vater hattest du Streit.« Das war keine Frage, sondern eine nüchterne Feststellung. Als wisse er genau Bescheid. »Erzähl mir davon.«

»Mein Vater hat einen Drugstore, und als ich mein Apothekerexamen abgelegt hatte, half ich ihm im Geschäft. Aber wir haben uns nie richtig verstanden.«

»Das war aber nicht der Grund, warum du fortgegangen bist - und nicht wieder heimkehren willst.«

Akiva nickte bereitwillig, ja eifrig, um zu zeigen, dass er nichts verschweigen wollte. »Da gab es ein Lokal, das ich häufig besuchte, eine Art Nightclub. Die hatten ein Hinterzimmer, wo gespielt wurde.«

»Und Mädchen?«

»Ja, Mädchen hatten sie da auch. Na ja, eines Abends hatte ich nicht genug Geld bei mir, und ich gab ihnen einen Schuldschein über fünfzig Dollar. Dann kam jemand - nicht der Besitzer, sondern ein Mann, der behauptete, ihn von dem Besitzer gekauft zu haben - zu mir ins Geschäft. Nur, dass der Schuldschein von fünfzig auf einhundertfünfzig rauffrisiert worden war.«

»Hast du deinen Vater um das Geld gebeten?«

»N-nein. Er hätte ja doch kein Verständnis dafür gehabt. Er ist, na ja, ziemlich spießig. Er wäre bestimmt zur Polizei gelaufen.«

»Darum hast du das Geld aus der Kasse genommen, nicht wahr?«, fragte der rebbe.

Akiva nickte ohne jede Verlegenheit. Das war das Großartige an der Gruppe. Man konnte vollkommen aufrichtig sein. »Das war kinderleicht. Ich schloss morgens auf und abends ab, wissen Sie, darum machte ich auch die Kasse. Meistens rechnete ich abends ab, aber wenn ichs mal eilig hatte, verschob ichs auf den nächsten Morgen. Eines Morgens, als ich mal verschlafen hatte, schloss mein Vater das Geschäft auf. Ich wollte das Geld natürlich in ein paar Wochen wieder zurückgeben.«

»Aber dein Vater erwischte dich, ehe du dazu Gelegenheit hattest.«

»Ganz recht. Es gab einen fürchterlichen Krach, und ich bin weg.«

»Wohin?«

»Ach, ich bin einfach im Land rumgezogen. Eine Zeit lang war ich in Kalifornien. Und dann hab ich mich hier nach Philly zurückgejobbt.«

»Warum hierher?«

»Weil ich hier Pharmazie studiert habe. Daher kannte ich die Stadt.«

»Und was hast du gemacht, während du im Land herumgezogen bist? Und seit wann bist du von zu Hause fort?«

»Seit ungefähr drei Jahren. Meistens habe ich gearbeitet. Ich suchte mir einen Job in einem Drugstore - Apotheker waren gefragt - und arbeitete eine Weile, und dann zog ich weiter zum nächsten Ort.«

»Weil du mit dir selbst im Unfrieden warst«, stellte Reb Mendel nüchtern fest.

»Nein, ich ...« Ihm fiel ein, dass er dem rebbe nicht widersprechen durfte. »Ja. Aber ich wollte auch verschiedene Weltanschauungen ausprobieren. Eine Zeit lang habe ich mich mit Yoga beschäftigt, und mit Zen.« Er fasste Mut. »Wie ich hörte, haben Sie auch ...«

Reb Mendel lächelte, ein breites, sonniges Lächeln, das ebenmäßige weiße Zähne sehen ließ, und einen Augenblick wirkte er sehr jung, nicht älter als Akiva selbst. »Während ich meine Doktorarbeit in Anthropologie schrieb, lebte ich eine Zeit lang bei den Indianern und studierte ihre Religion. Später verbrachte ich einige Zeit in Indien, wo ich östliches Gedankengut und transzendentale Meditation studierte. Letztlich aber muss man das Äquivalent dazu im eigenen Kulturkreis finden. Man muss heimkehren. Ich bin heimgekehrt. Und du musst es auch tun, Akiva.«

»Aber wenn ich hierbleibe, nur bis zum Ende dieser Woche.«

Reb Mendel schüttelte den Kopf. »Du weißt noch nicht genug, um von diesem Aufenthalt zu profitieren. Man sagte mir, dass du in der Zeit, seit du bei uns bist, gelernt hast, deine Gebete auf Hebräisch zu lesen - stockend. Aber du verstehst natürlich nicht, was du liest. Wenn wir uns hier unterhalten, sprechen wir Englisch, gewiss, aber ebenso Jiddisch und gelegentlich Hebräisch, die du beide nicht verstehst. Du würdest nur deine Zeit verschwenden. Du hast noch ein paar Tage von deinem Urlaub, darum rate ich dir, nutze sie und fahr nach Hause.«

Der junge Mann gab sich...


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Autor

Harry Kemelman, geboren 1908 in Boston, wuchs als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer in den USA auf. Er lehrte englische Literatur am Boston State College. Großen Erfolg feierte er mit seinen Romanen um den Rabbi und Amateurdetektiv David Small und erhielt unter anderem den Edgar Allan Poe Award. Er starb 1996 in Marblehead, Massachussets.

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