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Domschattenträume

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am05.09.2018
Köln-Marienburg 1926: Karolina Offermann träumt von einer Filmkarriere im fernen Berlin. Doch die Sehnsucht nach einem selbstbestimmten Leben kollidiert mit den Vorstellungen ihres Vaters. Der Fabrikant hat einen anderen Weg für sie vorgesehen. Allen Hindernissen zum Trotz nimmt sie unentdeckt von ihm Schauspielunterricht. Als er dies erfährt, eskalieren die familiären Konflikte und münden in eine Tragödie. Und der Traum vom Film rückt in immer weitere Ferne.

Karin Joachim wurde in Bonn-Bad Godesberg geboren und lebt seit über 20 Jahren im Ahrtal. Die studierte Germanistin und Anglistin sowie ehemalige Leiterin eines archäologischen Museums ist heute als freiberufliche Autorin und Lektorin tätig. 2016 erschien ihr erster Regionalkrimi 'Krähenzeit' im Gmeiner-Verlag, der zweite Band mit dem Titel 'Bittertrauben' wurde 2018 veröffentlicht. Homepage der Autorin: www.karinjoachim.de Autorenseite bei LovelyBooks: www.lovelybooks.de/autor/Karin-Joachim/
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR6,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR6,99

Produkt

KlappentextKöln-Marienburg 1926: Karolina Offermann träumt von einer Filmkarriere im fernen Berlin. Doch die Sehnsucht nach einem selbstbestimmten Leben kollidiert mit den Vorstellungen ihres Vaters. Der Fabrikant hat einen anderen Weg für sie vorgesehen. Allen Hindernissen zum Trotz nimmt sie unentdeckt von ihm Schauspielunterricht. Als er dies erfährt, eskalieren die familiären Konflikte und münden in eine Tragödie. Und der Traum vom Film rückt in immer weitere Ferne.

Karin Joachim wurde in Bonn-Bad Godesberg geboren und lebt seit über 20 Jahren im Ahrtal. Die studierte Germanistin und Anglistin sowie ehemalige Leiterin eines archäologischen Museums ist heute als freiberufliche Autorin und Lektorin tätig. 2016 erschien ihr erster Regionalkrimi 'Krähenzeit' im Gmeiner-Verlag, der zweite Band mit dem Titel 'Bittertrauben' wurde 2018 veröffentlicht. Homepage der Autorin: www.karinjoachim.de Autorenseite bei LovelyBooks: www.lovelybooks.de/autor/Karin-Joachim/
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839257821
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum05.09.2018
Reihen-Nr.1
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.3429276
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Köln, Sonnabend, 29. Mai 1926

Das Licht brannte schon eine Weile im Vorführraum des Modernen Theaters, dem ersten Kinoneubau Kölns. Das Publikum hatte das Lichtspieltheater in der Breite Straße bereits größtenteils verlassen, das Orchester hatte längst seine Instrumente zusammengepackt. Nur Karolina saß noch auf ihrem Sessel und blickte auf die silberne Leinwand, auf der sich zuvor Henny Porten mit ihrer viel gelobten Natürlichkeit in einer Doppelrolle fast die Seele aus dem Leib gespielt hatte. »Wehe, wenn sie losgelassen« hieß der Film, den sie heute zum ersten Mal gesehen hatte. Alle früheren Henny-Porten-Filme kannte sie in- und auswendig. Dieser aber war besonders, weil Henny Porten eine weitere Facette ihres Könnens zeigte, die der Komikerin. Mehrfach hatte heute der Saal vor Lachen gebebt. Das hässliche Dienstmädchen und die hübsche Hausfrau, diese beiden Frauentypen verkörperte Henny einfach auf eine unnachahmliche Weise. Ihrem Cousin Felix hatte Karolina es zu verdanken, dass sie bereits heute, wenige Tage nach der Uraufführung, Karten für die Vorstellung bekommen hatte. Wie er das nur immer anstellte? Henny Porten war eine Leinwanddarstellerin der ersten Stunde, so hatte es Karolina neulich in einem der Filmmagazine gelesen. Schon vor dem Krieg hatte sie mit ihrer Schauspielkunst das Publikum in den Bann gezogen. Gestern allerdings hatte Karolina ein Artikel in einer Zeitung regelrecht verärgert, in dem stand, dass ihr Idol zur alten Garde der Filmschauspielerinnen zu rechnen sei und die Zukunft neuen, moderneren Darstellerinnen aus Deutschland und Hollywood gehöre. Davon allerdings wollte Karolina nichts wissen. Eine eigenartige Anziehungskraft ging von dieser Schauspielerin aus, die zugegebenermaßen mit ihren 36 Jahren kein junges Mädchen mehr, sondern eine gestandene Frau war. Karolina wollte einmal genauso spielen können wie sie. Und dafür tat sie einiges. Aber davon durfte niemand etwas wissen, nur wenige Eingeweihte kannten ihre Träume. Nicht einmal Felix, der belustigt an der Wand in der Nähe des Ausgangs lehnte, mit einer Zigarette spielte und sie beobachtete. »Fräulein Offermann!«, rief er fröhlich und doch ein wenig ungeduldig, als er merkte, dass sie heute besonders lange brauchte, um das Erlebte zu verarbeiten.

»Hör auf, mich so zu nennen, Felix!«, rief Karolina und drehte sich auf ihrem Sessel zu ihm um. Erst jetzt nahm sie, immer noch gebannt von dem Erlebten, die Leere im Zuschauerraum wahr.

»Wieso?«, feixte ihr Cousin und trat von einem Bein auf das andere. »Du bist doch Fräulein Offermann.«

Karolina erhob sich lachend, warf der silbernen Leinwand einen letzten Blick zu, schlängelte sich durch die leeren Sitzreihen und hüpfte mit nahezu kindlicher Anmut zu ihrem Cousin, der sich nun, da sie endlich wieder in der Realität angekommen war, zum Gehen wandte. Als er in der Bewegung innehielt, hakte sie sich bei ihm ein und ließ sich von ihm aus dem Zuschauerraum führen. Im Foyer entdeckte sie an einer Wand eine Fotografie, die Henny Porten zeigte. Sie ließ den Arm ihres Cousins los und rannte dorthin, um das Schild zu lesen, das unter der Fotografie angebracht worden war: »Fräulein Henny Porten bei des Eröffnung der Modernen Theaters am 31. Oktober 1912.«

»Felix, wusstest du das?«, rief Karolina.

Felix gesellte sich zu ihr. »Ja, richtig, das hatte mein Freund mir erzählt. Ich sollte es dir zeigen â¦«

»Ihr habt über mich geredet?«

»Ja, durfte ich nicht sagen, dass du Henny Porten verehrst?«

»Doch, doch«, murmelte Karolina, ergriff wieder Felix Arm und verließ mit ihm das Lichtspieltheater vorbei an der Schlange derer, die auf die letzte Abendvorstellung warteten.

Auf der Straße vor dem Kino toste der Verkehr. Automobile und Motorräder knatterten an ihnen vorbei, manche hupten, ob zum Gruße oder als Warnung war nicht auszumachen. Auf den Gehwegen schlenderten gut gekleidete Menschen, Paare zumeist, aber auch vereinzelt Frauen ohne Begleitung und Grüppchen junger Männer. Das Leben hatte in den letzten Jahren eine erstaunliche Leichtigkeit bekommen, zumindest in Karolinas Kreisen. Und seit dem Abzug der britischen Besatzer vor wenigen Monaten machte sich überall eine gewisse Aufbruchsstimmung breit. Doch sie wusste, dass nicht alle Kölner ein ähnlich unbeschwertes Leben wie ihre Familie führten. So zum Beispiel Felix Familie, die sich kein Haus im Stadtteil Marienburg leisten konnte. Auch Karolinas Vater, der angesehene Möbelfabrikant, dessen Herrenzimmer im ganzen Deutschen Reich vertrieben wurden, musste ohne Zweifel hart arbeiten und kam an manchem Abend erst spät nach Hause, wenn die Familie das Abendessen schon längst beendet hatte. Doch er und der väterliche Teil der Familie Offermann gehörten zu den obersten Kreisen. Karolina würde es nicht verwundern, wenn ihr Vater demnächst für den Kölner Stadtrat kandidierte. Dann ginge er beim Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer vielleicht bald ein und aus.

Ihr Leben im Villenviertel südlich der Altstadt war, jedenfalls solange sie noch zur Schule gegangen war, ganz nach Karolinas Vorstellungen verlaufen. Doch seit sie das Lyzeum mit einem akzeptablen Abschlusszeugnis verlassen hatte, waren zwei Jahre vergangen, während derer sie mehr oder weniger in den Tag hineingelebt hatte, so schien es von außen betrachtet zumindest. Doch im Geheimen arbeitete sie mit Fleiß und Herzblut an ihrer Schauspielkarriere.

»Karo, pass auf!«, rief Felix und unterbrach ihre Gedanken. Sie strauchelte, während er sie vom Gehsteig wegzog, dessen Bordsteinkante sie zu nahe gekommen war. Schon rauschte ein Automobil an ihnen vorbei. Obwohl es so viele motorisierte Gefährte gab, wie in nur wenigen anderen Städten des Deutschen Reiches, und Karolina dran gewöhnt sein musste, dass es in der Nähe der Fahrbahn nicht ungefährlich war, so hatte sie manchmal Schwierigkeiten, die Geschwindigkeit herannahender Automobile richtig einzuschätzen, besonders wenn, wie jetzt, die Dämmerung eingesetzt hatte.

»Danke, Felix«, flüsterte sie beklommen und klopfte etwas Staub von ihrem Rock ab. Ihre Spangenschuhe sahen ebenfalls nicht mehr ganz sauber aus, aber weit und breit war kein Schuhputzer zu sehen. Vielleicht ja an einem ruhigeren Ort als hier in der belebten Breite Straße.

»Du bist aber recht häufig abwesend, wenn ich das einmal bemerken darf«, sagte Felix, während Karolina sich wieder bei ihm unterhakte. Mit der anderen Hand packte sie ihre Kuverttasche noch etwas fester, damit sie ihr bei einem möglichen neuerlichen Ausweichmanöver nicht doch noch entglitt. Felix Sakkoärmel kratze ein wenig an ihrer Haut, die aus dem Ärmel ihres Jumpers hervorlugte.

Als sie nicht auf seine Bemerkung antwortete, bohrte ihr Cousin weiter: »Also, dich beschäftigt doch etwas â¦«

Karolina überlegte fieberhaft, ob sie ihn in ihr Geheimnis einweihen sollte. Da seine Eltern ohnehin Bescheid wussten, war es sowieso nur eine Frage der Zeit, wann Felix es herausfinden würde.

»Also«, begann sie ihre Beichte. Gerade als sie sprechen wollte, kam ihnen ein Pärchen entgegen, das freundlich grüßte.

»Kanntest du die?«, fragte Karolina, nachdem die beiden, ohne stehen zu bleiben, an ihnen vorbeigegangen waren.

»Ja, Freunde«, sagte Felix, ohne eine weitere Erklärung hinzuzufügen. Stattdessen boxte er seine Cousine mit dem Ellbogen leicht in die Rippen. »Nun lenk nicht ab, sondern erzähl.« Er zog an seiner Zigarette, die er sich eben angezündet hatte, während Karolina ihre Kleidung richtete. Der Rauch wehte an ihrem Gesicht vorbei.

Karolina nahm nun allen Mut zusammen und sprach aus, wovon sie träumte und was sie seit ihrem Schulabschluss unternahm, um diesem Traum ein Stück näher zu kommen. Und dass sie es hinter dem Rücken ihres Vaters betrieb, was Felix ohne Verwunderung zur Kenntnis nahm.

»Paula Poll also, soso â¦«, bemerkte Felix stattdessen anerkennend. »Die Paula Poll?«

»Nicht so laut, Felix â¦«

»Und alles findet im Hause der Besitzer des Kaufhauses Bär statt? Alle Achtung. Und wieso weiß ich davon nichts? Ich nehme doch an, dass meine Eltern Bescheid wissen, da du doch in unserem Laden arbeitest.«

Karolina nickte beschämt und ärgerte sich fast ein wenig darüber, dass sie Felix Drängen nach einer Erklärung für ihren Gemütszustand nachgegeben hatte. Mittlerweile hatten sie das Museum Wallraf-Richartz erreicht und würden gleich auf die viel befahrene Hohe Straße stoßen. Unvermittelt blieb Felix stehen und drehte sich zu ihr. Seine honigfarbenen Augen blitzten im Schein eines herannahenden Motorrades auf.

»Ich meinte das nicht als Vorwurf.«

Karolina senkte den Blick. Der einzige Grund, warum sie Felix bislang noch nicht ins Vertrauen gezogen hatte, war ihr Bruder Arnold. Beide Jungen hatten früher unentwegt zusammen etwas unternommen und erst seit ein oder zwei Jahren hatten sie immer seltener miteinander zu tun. Dennoch war Karolina vorsichtig geblieben, denn wusste Arnold erst einmal Bescheid, würde ihr Vater binnen Minuten ebenfalls darüber im Bilde sein, was sie ohne sein Einverständnis in ihrer Freizeit trieb. Mit der unausweichlichen Folge, dass ihr Traum sofort platzen würde. Was das für ihre Mutter Helene, die nur zu gut wusste, was Karolinas Vater von Filmschauspielern hielt, und erst recht für sie selbst bedeuten würde, konnte sie nur ahnen. Und da die Leyendeckers ebenfalls eingeweiht waren, fürchtete sie damit eine nachhaltige Bedrohung des Familienfriedens, die sich leicht über die gesamte Verwandtschaft ausdehnen konnte. Nichts lag ihr ferner, als dafür der Auslöser zu...

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Autor

Karin Joachim wurde in Bonn-Bad Godesberg geboren und lebt seit über 20 Jahren im Ahrtal. Die studierte Germanistin und Anglistin sowie ehemalige Leiterin eines archäologischen Museums ist heute als freiberufliche Autorin und Lektorin tätig. 2016 erschien ihr erster Regionalkrimi "Krähenzeit" im Gmeiner-Verlag, der zweite Band mit dem Titel "Bittertrauben" wurde 2018 veröffentlicht.
Homepage der Autorin: www.karinjoachim.de
Autorenseite bei LovelyBooks: www.lovelybooks.de/autor/Karin-Joachim/