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Land im Nebel

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am05.09.20182019
Im Herbst 1796 liegt Frankreich im Krieg mit den Monarchien Europas. Die Revolutionstruppen sind bis an den Niederrhein vorgerückt, die Bündnisstaaten stellen sich dieser Expansion entgegen. Im Herzogtum Berg kämpft die junge Adelige Johanna derweil um ihre eigene Unabhängigkeit. Sie begehrt gegen eine Heirat auf und mischt sich in die Bewirtschaftung des Familiengutes ein. Als sie bei Kloster Bödingen dem Franzosen und vermeintlichen Mönch Henri begegnet, bringen sie ihre Gefühle zu ihm zwischen alle Fronten ...

Nicole Peters wurde 1968 am Niederrhein geboren. Das Studium der Geografie führte sie nach Bonn, wo sie anschließend im Lektorat eines Verlags arbeitete. Heute lebt und arbeitet sie mit ihrem Mann in Hennef an der Sieg, weiterhin nicht weit vom Rhein. Sie ist Mitglied der »Literaturwerkstatt Hennef« und der »Mörderischen Schwestern«. Der Gewinn bei einem Schreibwettbewerb mit Nele Neuhaus im Jahr 2016 motivierte sie, mit ihren Werken an die Öffentlichkeit zu treten. Ihr Wunsch, die Geschichten hinter den Toren alter Gemäuer zu ergründen, hat sie zu ihrem ersten historischen Roman inspiriert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextIm Herbst 1796 liegt Frankreich im Krieg mit den Monarchien Europas. Die Revolutionstruppen sind bis an den Niederrhein vorgerückt, die Bündnisstaaten stellen sich dieser Expansion entgegen. Im Herzogtum Berg kämpft die junge Adelige Johanna derweil um ihre eigene Unabhängigkeit. Sie begehrt gegen eine Heirat auf und mischt sich in die Bewirtschaftung des Familiengutes ein. Als sie bei Kloster Bödingen dem Franzosen und vermeintlichen Mönch Henri begegnet, bringen sie ihre Gefühle zu ihm zwischen alle Fronten ...

Nicole Peters wurde 1968 am Niederrhein geboren. Das Studium der Geografie führte sie nach Bonn, wo sie anschließend im Lektorat eines Verlags arbeitete. Heute lebt und arbeitet sie mit ihrem Mann in Hennef an der Sieg, weiterhin nicht weit vom Rhein. Sie ist Mitglied der »Literaturwerkstatt Hennef« und der »Mörderischen Schwestern«. Der Gewinn bei einem Schreibwettbewerb mit Nele Neuhaus im Jahr 2016 motivierte sie, mit ihren Werken an die Öffentlichkeit zu treten. Ihr Wunsch, die Geschichten hinter den Toren alter Gemäuer zu ergründen, hat sie zu ihrem ersten historischen Roman inspiriert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839258064
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum05.09.2018
Auflage2019
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.3429288
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

3.

Die Lautstärke des Gefechts schmerzte in seinen Ohren. Kugeln peitschten durch die Luft. Wegen des beißenden Pulvergeruchs fiel ihm das Atmen schwer. Überall war Rauch. Er versuchte seine Familie zu erreichen, doch irgendetwas zerrte an ihm. Die brennenden Felder rückten immer weiter von ihm ab, wurden kleiner und kleiner. Er versuchte sich loszureißen. Er musste zurück. Sein Platz war dort.

Ein Schrei weckte ihn.

Sein ganzer Körper zuckte, als er aus dem Traum hochschreckte. Henri versuchte sich zu orientieren. Sein Blick fiel auf die Landschaft vor ihm. Saftig grüne Hänge mit Obstbäumen schmiegten sich an den sich im Tal schlängelnden Fluss. Nach der Schenke hatte sich der Weg vom Ufer entfernt und bergan geführt. Hier oben zog sich Wein in Reihen entlang der Hänge bis nah an die abfallenden Kanten.

Wieder ein Schrei! Träumte er immer noch? Doch es war nur ein Greifvogel, der über dem Tal seine Kreise zog. Der Franzose hatte seinen wunden Sohlen eine Ruhepause gegönnt und sich an den Fuß einer mächtigen Eiche gesetzt. Er musste eingeschlafen sein. Der Baum ächzte. Seine Äste wurden im nun auflebenden Wind hin und her gebogen. Ein treffendes Bild für seine Gemütsverfassung, denn auch er fühlte sich hilflos dem Strom der Ereignisse ausgesetzt. Anders als der Baum aber, der fest in der Erde wurzelte, blieb er heimatlos.

Doch was spielte es noch für eine Rolle? Seine Heimat existierte nicht mehr. Und sein Paris und die Revolutionsarmee waren für ihren Untergang verantwortlich. Henri versuchte mit jedem Kilometer, den er hinter sich brachte, dem vergangenen Schrecken zu entfliehen, doch seine Schuldgefühle holten ihn immer wieder ein. Erinnerungen verblassten nicht mit der Entfernung wie Farben am Horizont. Jeder Gedanke brachte den Schmerz zurück. Und diese Gegend erinnerte ihn mit ihren Weinhängen und Obstwiesen wieder an die Vendée seiner Kindheit.

Nach seiner Desertation - er kniff die Augen zusammen, denn das Wort nur zu denken tat weh -, nach seiner Flucht aus Düsseldorf, war er ziellos umhergeirrt. Er hatte die Franzosenstädte Köln und Bonn, die jenseits des Rheins am Ufer thronten, passiert. Er versuchte sich an die Karten zu erinnern, die sein Kommandant General Jean-Baptiste Jourdan in jedem seiner Quartiere ausgebreitet hatte. Ihnen zufolge musste Henri sich jetzt im Herzogtum Berg befinden.

Wie weit musste er noch ziehen, um die Zeit in Paris, die falschen Entscheidungen, die ihn nach Düsseldorf statt zurück in die Heimat geführt hatten, vergessen zu können? Wäre er doch nur mit Rochejaquelein gegangen. Doch dafür war es längst zu spät.

Le temps adoucit tout.1 Die Hoffnung blieb ihm, dass Voltaire recht behielt und die Zeit den Schmerz und die Schuld heilen würde, da es die Entfernung nicht tat. Die Worte des großen Denkers gaben ihm nun die Kraft, sich von seinem notdürftigen Rastplatz zu erheben und weiterzugehen. Er musste eine Unterkunft für die Nacht finden.

Aus der Nähe drang, mit dem böigen Wind auf- und abschwellend, das Geräusch von Kirchenglocken zu ihm herüber, das die Dorfbewohner in den abendlichen Gottesdienst rief. Auch Henri folgte dem Ruf der Glocken. Vielleicht würde er dort einen Unterschlupf finden. Er hatte die verhasste Uniform gegen die Mönchskutte der Franziskaner eingetauscht, die er jetzt trug. Eine Verkleidung, die noch weniger zu ihm passte als die Uniform, welche er nur auf Wunsch seines Vaters überhaupt angelegt hatte. Jetzt musste er lernen, sich in der Kutte zu bewegen, als wäre sie ihm angeboren. Wenn er hier überleben wollte. Ja, wenn.

Henri folgte dem Weg, den er, um Rast zu machen, verlassen hatte. In seinem Rücken wärmte ihn die untergehende Sonne nur zaghaft. Nach ein paar Wegminuten kam er um eine Biegung und konnte vor sich liegend den Kirchturm ausmachen, der sich über eine kleine Ansammlung von Fachwerkhäusern und Gehöften erhob. Keine Menschenseele war zu sehen. Vermutlich hatten sich alle Dorfbewohner schon in der Kirche versammelt. Es war der siebte Tag der Woche.

Der Franzose bog in den mit Kopfstein gepflasterten Kirchweg ein. Eine hohe Mauer umgab das Gotteshaus. Ein offen stehendes Tor lud ihn zum Eintreten ein. Rechts der Kirche schlossen sich die Gebäude eines Klosters an. Die Kirche war für ein so abgelegenes kleines Dorf recht stattlich. Er hätte sich besser zuvor informiert. Seine Unwissenheit über die Bedeutung des Gotteshauses konnte ihn von einem auf den anderen Moment enttarnen.

Aus der Kirche erklang nun, nachdem das Glockengeläut verstummt war, Gesang. Henri passierte die Eingangspforte. Er hatte nicht vor, hineinzugehen und den Gottesdienst zu stören. Innerhalb eines Gotteshauses hatte er sich noch nie wohlgefühlt. Schon als Kind war er sich dort wie ein Eindringling vorgekommen, auch wenn er es immer bedauert hatte, nicht glauben zu können.

Er durchschritt den Hof. Fast unmittelbar an die Kirche schloss sich ein Klostergebäude an. Ein gusseisernes Tor in einem kurzen Mauerstück gab den Blick in den inneren Klosterhof frei. Von einem Kreuzgang umrundet barg er einen Kräutergarten. Inmitten der duftenden Kräuter arbeitete in gebückter Haltung ein Mönch. Er trug eine schwarze Kutte. Keine braune Kutte, keine Franziskaner, stellte Henri erleichtert fest. Vermutlich ein Augustiner-Kloster. Henri überlegte noch, ob er den Mönch ansprechen oder bis nach der Messe warten sollte, da richtete sich der rundliche Mann mit von der Abendsonne erhitztem Gesicht auf. Er blinzelte gegen die Sonne und sah Henri am Tor stehen. Unschlüssig nickte der Franzose zum Gruße. Der Mönch deutete ihm an, zum Eingang des Klosters zu gehen, machte dann selbst kehrt und verschwand durch eine Tür in das Gebäude.

Henri folgte der Klostermauer bis zum vorspringenden Gebäudeeingang, einer hohen und reich verzierten Holztür mit zwei Flügeln. Hier unterteilten Säulen die Fassade in gleichmäßige Fensterfelder. Auf der mittleren Säule thronte eine Madonna-Figur mit Jesuskind. All diese Pracht deutete auf großen Wohlstand des Klosters hin. Voltaire blitzte wieder in seinen Gedanken auf und mit ihm sein schlechtes Gewissen. Taugt ein Mönch nicht nur, um den Lebensunterhalt seiner Landsleute zu verzehren?2 Plötzlich wollte er wieder weg von hier. Ein ungutes Gefühl wie zuvor in der Schenke befiel ihn. War er denn so weit von seinen Überzeugungen abgerückt, dass er die Hilfe dieser Verbrecher annehmen würde, die nur auf Kosten anderer lebten? Schon wollte er kehrtmachen, da öffnete sich das Tor und der soeben verschwundene Mönch tauchte wieder auf.

»Werter Bruder, tretet doch näher. Ihr habt Glück, eigentlich wäre ich auch in der Messe. Wisst Ihr, ich liebe die Choräle und habe, in aller Bescheidenheit«, er hob die Augenbrauen bis fast zu seinem dünnen Haaransatz, »eine gute Singstimme, aber die Suppe muss auch gekocht werden. Wie ist denn Euer werter Name und was können wir für Euch tun?«

Die sonore Stimme verstummte und machte Platz für ein breites Grinsen. Henri hatte nicht alles verstanden. Sein Deutsch war dank seiner Liebe zur deutschen Dichtkunst zwar passabel, jedoch hatte er von seinem gemütlich wirkenden Gegenüber nicht einen solchen Redefluss erwartet.

»Mein Name ist Henri«, begann er zögernd. Er würde sich einfach entschuldigen und auf dem Fuße kehrtmachen. Es würde sich schon in irgendeinem Stall ein Platz für ihn finden, wo er die Nacht verbringen konnte. Doch sein Gegenüber blickte ihn mit so herzlicher Erwartung an, dass er es nicht fertigbrachte, ihn zu enttäuschen. Also begann er, anstatt sich zu verabschieden, seine erfundene Geschichte zu erzählen.

»Unser Kloster ist vor einem Jahr fermé, ah, comment dit-on? Oui, geschlossen worden. Ich versuche eines unserer Klöster in Autriche zu erreichen.« Er hatte lang nicht mehr so viele Worte hintereinander gesprochen. Noch dazu in dieser harten Sprache, die anscheinend nur in den Werken von Goethe und Schiller poetisch klingen wollte. Mühsam fuhr er fort: »Ich wäre sehr dankbar, wenn ich ein wenig Brot bekäme und eine Schlafstelle?«

»Oh, warum habt Ihr das nicht gleich gesagt, ein vertriebener Franzmann seid Ihr also. Nun tretet schon ein. Ich kann aber nicht entscheiden, ob wir ein Bett für Euch frei haben, es sind schwierige Zeiten.«

Das Gesicht des Mönchs verfärbte sich noch ein wenig mehr ins Rötliche. »Verzeiht mir, das brauche ich Euch ja wohl nicht zu erzählen. Ja, wie dem auch sei, Brot und Suppe bekommt Ihr auf jeden Fall. Das kann ich sehr wohl bestimmen, schließlich bin ich es, der hier tagtäglich Speis und Trank auf den Tisch bringt.« Nickend deutete er Henri an einzutreten. Er ging voraus, beide Hände wie zum Gebet verschränkt auf seinen vorstehenden Bauch gelegt. Dabei redete er ohne Unterbrechung weiter: »Euer Kloster ist geschlossen worden, das ist schlimm. Hier sind die Franzmannen auch schon angekommen. Siegburg halten sie besetzt, seitdem sie im August schon wieder den Rhein überschritten haben. Wir fürchten ein wenig um unsere eigene Existenz. Man hört ja so einiges. Was sie in Bonn und Köln mit den Kirchen gemacht haben.«

Wir haben ihre Reichtümer eurem Volk zurückgegeben, dachte Henri.

Der massige Kopf des Augustiners bewegte sich im Gleichzug mit seinen Schritten hin und her. »Es sind wahrlich schwierige Zeiten für gottesfürchtige Menschen.«

Der Mönch blickte sich nach seinem Besucher um. Henri ließ ihn reden. Was ging ihn das alles noch an? Er wusste längst nicht mehr, was richtig war oder falsch, gut oder böse.

»Ich bin übrigens Bruder Ignatius. Kommt nur...

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Autor

Nicole Peters wurde 1968 am Niederrhein geboren. Das Studium der Geografie führte sie nach Bonn, wo sie anschließend im Lektorat eines Verlags arbeitete. Heute lebt und arbeitet sie mit ihrem Mann in Hennef an der Sieg, weiterhin nicht weit vom Rhein. Sie ist Mitglied der »Literaturwerkstatt Hennef« und der »Mörderischen Schwestern«. Der Gewinn bei einem Schreibwettbewerb mit Nele Neuhaus im Jahr 2016 motivierte sie, mit ihren Werken an die Öffentlichkeit zu treten. Ihr Wunsch, die Geschichten hinter den Toren alter Gemäuer zu ergründen, hat sie zu ihrem ersten historischen Roman inspiriert.