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Der Fremde im Zug

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Gerth Medienerschienen am18.06.20181. Auflage
Was wäre, wenn Jesus heute unter uns leben und seine Gleichnisse erzählen würde? Und zwar nicht in Galiläa, sondern hier in Deutschland. Würde er andere Worte benutzen als die vor rund zweitausend Jahren? Würde er andere Vergleiche heranziehen, um den Menschen seine Botschaft zu bringen? Diesen spannenden Fragen ist Attila Jo Ebersbach nachgegangen. Dabei hat er die wohl bekanntesten Kurzgeschichten der Welt in unsere moderne Zeit übertragen und die Kernaussagen der Gleichnisse prägnant auf den Punkt gebracht. Lassen Sie sich ein auf 20 Episoden mit höchst überraschender Wirkung.

Attila Jo Ebersbach wurde 1943 in einem Opernsängerhaushalt in Görlitz geboren. Nach seinem Studium der Architektur und Malerei arbeitete er als Berufsmusiker, Architekt, Grafikdesigner und Geschäftsführer einer Werbeagentur. Seit 2004 schreibt er hauptberuflich und ist als freiberuflicher Korrektor und Layouter für mehrere Verlage tätig.
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Produkt

KlappentextWas wäre, wenn Jesus heute unter uns leben und seine Gleichnisse erzählen würde? Und zwar nicht in Galiläa, sondern hier in Deutschland. Würde er andere Worte benutzen als die vor rund zweitausend Jahren? Würde er andere Vergleiche heranziehen, um den Menschen seine Botschaft zu bringen? Diesen spannenden Fragen ist Attila Jo Ebersbach nachgegangen. Dabei hat er die wohl bekanntesten Kurzgeschichten der Welt in unsere moderne Zeit übertragen und die Kernaussagen der Gleichnisse prägnant auf den Punkt gebracht. Lassen Sie sich ein auf 20 Episoden mit höchst überraschender Wirkung.

Attila Jo Ebersbach wurde 1943 in einem Opernsängerhaushalt in Görlitz geboren. Nach seinem Studium der Architektur und Malerei arbeitete er als Berufsmusiker, Architekt, Grafikdesigner und Geschäftsführer einer Werbeagentur. Seit 2004 schreibt er hauptberuflich und ist als freiberuflicher Korrektor und Layouter für mehrere Verlage tätig.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783961223381
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum18.06.2018
Auflage1. Auflage
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1378 Kbytes
Artikel-Nr.3451359
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Der weggeworfene Ehering

Es war ein herrlicher Sommer. Seit einer ganzen Woche schon schien die Sonne vom blauen Himmel herab und kein Wölkchen trübte die fast kitschig zu nennende Postkartenidylle. Eine leichte Brise machte die Hitze erträglich und ließ das spiegelglatte Wasser des Ederstausees sich hin und wieder etwas kräuseln.

Wir, meine Frau und ich, hatten beschlossen, unseren diesjährigen Urlaub an eben diesem See zu verbringen, da wir uns im Herbst zuvor eine Varianta zugelegt hatten, ein 6,50 Meter langes Kajütsegelboot mit ausreichend Platz und genügend Ausrüstung, um darin auch einen längeren Urlaub verbringen zu können. Nun wollten wir die Probe aufs Exempel machen.

Ich konnte schon seit ein paar Jahren segeln und kannte auch die Vorfahrtsregeln, dennoch nutzte ich die Gelegenheit, um bei einer Segelschule den A-Schein zu machen.

Der praktische Teil machte mir daher kein Kopfzerbrechen. Aber die Theorie! Dazu mussten wir Segelschüler ein umfangreiches Buch mit allen möglichen Regeln, Bestimmungen und Gesetzen durcharbeiten, fast noch mehr als beim Führerschein fürs Auto.

Es waren nur noch drei Tage bis zur theoretischen Prüfung und ich hatte mir vorgenommen, mich ausgiebig in das Buch zu vertiefen.

Wir lagen an unserem Steg im Waldecker Becken, vor uns die Hopfenberginseln und über uns die imposante Burg Waldeck. Die Sonne stand bereits ziemlich hoch, und über dem See hing eine bleierne Stille. Es war Montag, und die Ferien waren schon vorbei, daher war an diesem Tag am See nicht viel los. Nur aus der Ferne, vom Wildpark auf dem Hammerberg, drang ab und zu das Röhren eines Hirsches zu uns herüber.

Wir hatten gerade unser Frühstück beendet und ich reichte meiner Frau das Geschirr aus der Plicht in die Kajüte. Während sie mit dem Abwasch begann, griff ich seufzend nach dem Lehrbuch und begann lustlos, darin zu lesen.

Als sie mit dem Aufräumen in der Kajüte fertig war, kam sie wieder raus zu mir.

Wie? Du bist ja immer noch am Lernen , wunderte sie sich und setzte sich mir gegenüber. Die Ellbogen auf dem Tisch aufgestützt, das Kinn auf den Fäusten, schaute sie mich mit säuerlicher Miene von unten herauf an.

Schlecht gelaunt, weil ich lernen ja so sehr liebe, brummte ich, ohne aufzusehen, nur: Hm.

So hab ich mir unseren Urlaub aber nicht vorgestellt , meinte sie darauf. Ich dachte, wir unternehmen was zusammen. Fahren raus zum Baden, in die Bärenbucht zum Beispiel. Oder nach Asel. Dort könnten wir anlegen und auf dem Campingplatz zu Abend essen. Und dann über Nacht in einer verschwiegenen Bucht ankern , fügte sie schelmisch grinsend hinzu.

Ich war schon ziemlich genervt: Schatz, du weißt doch, dass in drei Tagen meine Prüfung ist und ich noch ´ne Menge lernen muss!

Ihr Grinsen wurde zur verkniffenen Miene. Die ganze letzte Woche hattest du Zeit , legte sie los. Aber ausgerechnet jetzt, wo ich mal was unternehmen will, musst du lernen!

Ich rollte die Augen. Scha-haatz ...!

Es ist immer dasselbe: Nie hast du Zeit für mich! Ihre Stimme klang schon eine Oktave höher.

Und dann ergab ein Wort das andere.

Gegenseitig schaukelten wir uns hoch.

Irgendwann hatten wir uns richtig in der Wolle! Aber so was von.

Schließlich explodierte sie. Sprang auf, riss sich den Ehering vom Finger und schleuderte ihn, Zornesröte im Gesicht, ohne hinzuschauen, in hohem Bogen hinter sich.

So, mir reicht´s jetzt! , zischte sie. Ich lass mich scheiden! Wütend hastete sie in die Kajüte, kam umgehend mit ihrer Handtasche wieder zurück, kletterte über die Reling, rannte zu unserem Auto ... und war weg.

*

Dass meine Frau irgendwann wiederkommen würde, wusste ich mit ziemlicher Sicherheit. Schließlich kannte ich ihr impulsives Temperament.

Dennoch blieb ich wie erschlagen zurück. Auch weil ich den Ring verloren gab. Um den balgen sich jetzt bestimmt ein paar Hechte, dachte ich geknickt.

Die nächsten zwei Stunden verbrachte ich lernend allein. Zwischendurch malte ich mir schon aus, dass die Nacht auf dem Boot sehr einsam werden würde. Doch auf einmal hörte ich Schritte auf dem Steg. Als ich aufsah, kam mir meine Frau mit hängenden Schultern entgegen.

Bist du mir noch böse? , fragte sie zaghaft.

Ich schüttelte lächelnd den Kopf und half ihr über die Reling. Ich hatte es noch nie fertiggebracht, ihr lange böse zu sein, dafür liebte ich sie zu sehr.

War blöd von mir , meinte sie kleinlaut und schaute zerknirscht. Echt saublöd! Der schöne Ring , jammerte sie. Was sollen wir denn jetzt bloß machen?

Hm ... Ich nahm sie erst einmal in den Arm und strich ihr tröstend übers Haar.

Sie sah zu mir auf. Könntest du nicht eventuell ... vielleicht ... danach tauchen? Bitte!

Du, das sind bestimmt vier oder fünf Meter , entgegnete ich. Außerdem ist da unten jede Menge Schlamm. Da findet man nix mehr. Nee , fuhr ich fort und zuckte mit den Schultern. Das hättest du dir vorher überlegen sollen. Jetzt ... Hilflos hob ich die Hände.

Sie war dem Weinen nahe. Bitte! , flehte sie und krallte sich in mein T-Shirt. Bitte, bitte ... tu´s mir zuliebe.

Hm ... Ich kratzte mir das Kinn. Mal sehen, wie tief der See hier überhaupt ist , sagte ich und sprang den Niedergang hinab in die Kajüte und stellte das Echolot an. (Für alle Landratten: Mit dem kann man mittels eines Echosignals messen, wie viele Meter es zwischen Schiffsunterkante und Seegrund sind.)

Vier Meter zweiundzwanzig , rief ich ihr zu und stieg wieder nach draußen. Du weißt, dass das zu tief für mich ist , fügte ich hinzu. Ein Arzt hatte bei mir als Kind festgestellt, dass ich im Trommelfell meines rechten Ohrs ein Loch habe. Da dadurch mein Gleichgewichtssinn gestört ist, hatte er mir dringend empfohlen, wenn überhaupt, nur in einem Schwimmbad zu tauchen, da die Becken dort nicht tiefer als drei Meter sind und ich mich noch rechtzeitig vom Boden abstoßen könnte, wenn ich beim Tauchen einmal in die falsche Richtung schwimmen sollte.

Du ... du könntest dir doch vielleicht ´ne Sicherungsleine umbinden und am Steg festmachen , schlug sie zaghaft vor. Ich würde auch auf dich aufpassen.

Hm ... Ich überlegte. Ja, dachte ich. Wenn ich mir ´ne Leine um den Bauch binde und die am Steg festmache ... das müsste gehen.

Also gut , beschloss ich. Ich versuch´s.

Oh, danke! , rief sie mit Tränen in den Augen und fiel mir um den Hals.

Schnell hatte ich eine lange Festmacherleine aus der Backskiste gekramt und Shorts und T-Shirt gegen eine Badehose getauscht. Ich stieg vom Boot und machte die Leine mit einem Palstek an der Stegkonstruktion fest. Dann schlang ich mir das andere Ende um den Leib und sicherte mit einem Kreuzknoten.

Pass auf! , schärfte ich meiner Frau ein, setz dich auf den Steg und lass die Leine durch die Hände gleiten. Wenn du spürst, dass ich daran ziehe, ziehst du mich sofort hoch, klar?

Sie nickte. Ich pass auf.

Ich holte tief Luft, dann sprang ich ins Wasser. Mit kräftigen Stößen, um keine Zeit zu verlieren, schwamm ich nach unten. Bald spürte ich Grund. Steine. Schlamm. Die Sicht war gleich null. Wie blind tastete ich mich über den Boden. Mir war klar, dass ich den Ring nur durch Zufall finden würde. Aber ich wollte ihn finden. Unbedingt. Und für meine Frau ein Held sein. Als Wiedergutmachung sozusagen. Denn sie hatte ja recht. Wir waren hier, um Urlaub zu machen, und ich legte eine miese Laune an den Tag, weil ich mit dem Lernen nicht vorankam. Daher wollte ich jetzt zumindest, bildlich gesprochen, die Scherben zusammenkehren, die ich hinterlassen hatte.

Erst als mir die Lunge zu platzen drohte, zog ich an der Leine. Sofort verspürte ich einen Ruck, dann wurde ich hochgezogen. Prustend schoss ich mit dem Kopf aus dem Wasser. Erschöpft krallte ich meine Finger ins Gitter des Stegs und hielt mich daran fest, während ich mit offenem Mund tief Luft holte.

Wie ... wie lange ... , brachte ich schwer atmend hervor, ... war ich unten?

Etwas über zwei Minuten , antwortete meine Frau.

Mir war´s doppelt so lang vorgekommen.

Nachdem ich mich auf den Steg gezogen und eine Weile ausgeruht hatte, startete ich einen erneuten Versuch. Doch auch diesmal tastete ich mich wie blind durch Schlamm und Geröll, ohne den Ring zu finden. Auch ein drittes, viertes und fünftes Mal tauchte ich ins Dunkel hinab. Dabei fand ich alles Mögliche wie drei Schraubendreher, einen Hammer, zwei Kombizangen, ein paar Kämme, sogar einen Anker, aber leider keinen Ring.

Zwischendurch kam mir immer mal wieder der Gedanke, dass ich die Zeit ja eigentlich nutzen müsste, um mich auf meine theoretische Prüfung vorzubereiten. Aber dann schob ich ihn ganz schnell wieder beiseite, denn was konnte es Wichtigeres geben, als den Ring zu finden und meine Frau damit von ihrem schlechten Gewissen zu befreien? Außerdem schien es mir ein schlechtes Omen zu sein, wenn er verschwunden blieb. Nein, den Ring wiederzufinden hatte jetzt oberste Priorität. Alleroberste!

Als wir beim Abendessen saßen und die Sonne über der Kahlen Haardt unterging, war mir klar, dass ich auch am nächsten Tag weitersuchen würde. Aber nur im Trüben zu fischen brachte nichts. Ich musste mir eine starke...


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Autor

Attila Jo Ebersbach wurde 1943 in einem Opernsängerhaushalt in Görlitz geboren. Nach seinem Studium der Architektur und Malerei arbeitete er als Berufsmusiker, Architekt, Grafikdesigner und Geschäftsführer einer Werbeagentur. Seit 2004 schreibt er hauptberuflich und ist als freiberuflicher Korrektor und Layouter für mehrere Verlage tätig.
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Ebersbach, Attila Jo