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Die Unzertrennlichen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
310 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am29.06.20181. Auflage
?Die Unzertrennlichen? ist ein schockierender, beunruhigender Roman, zu dem eine wahre Begebenheit den Anstoß gab: Am 17. Juli 1975 wurden in einem luxuriösen Apartment in Manhattan zwei Männer tot aufgefunden. Die Untersuchung ergab, daß einer der beiden Tage vor dem anderen gestorben war. Anlaß zu den Sensationsmeldungen aber bot eine weitere Entdeckung: Die Männer waren eineiige Zwillinge und berühmte Gynäkologen. Und ihre Leichen lagen in einem wüsten Durcheinander von Unrat - wochenlang angesammelten leeren Flaschen, verrotteten Essensresten und leeren Tablettenröhren von Aufputsch- und Beruhigungsmitteln. Trotz genauester Untersuchungen der Mordkommission konnte der Fall nie aufgeklärt werden. Dieser Roman, der nach seinem Erscheinen in den USA lange auf den Bestsellerlisten stand und erfolgreich verfilmt wurde - mit Jeremy Irons in den Rollen der Zwillinge Genevieve und Bujold - gibt eine mögliche Antwort: Schocker und Recherche zugleich. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Jack Geasland, Autor, wurde in Tennessee geboren. Er promovierte an der Georgetown University.
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Produkt

Klappentext?Die Unzertrennlichen? ist ein schockierender, beunruhigender Roman, zu dem eine wahre Begebenheit den Anstoß gab: Am 17. Juli 1975 wurden in einem luxuriösen Apartment in Manhattan zwei Männer tot aufgefunden. Die Untersuchung ergab, daß einer der beiden Tage vor dem anderen gestorben war. Anlaß zu den Sensationsmeldungen aber bot eine weitere Entdeckung: Die Männer waren eineiige Zwillinge und berühmte Gynäkologen. Und ihre Leichen lagen in einem wüsten Durcheinander von Unrat - wochenlang angesammelten leeren Flaschen, verrotteten Essensresten und leeren Tablettenröhren von Aufputsch- und Beruhigungsmitteln. Trotz genauester Untersuchungen der Mordkommission konnte der Fall nie aufgeklärt werden. Dieser Roman, der nach seinem Erscheinen in den USA lange auf den Bestsellerlisten stand und erfolgreich verfilmt wurde - mit Jeremy Irons in den Rollen der Zwillinge Genevieve und Bujold - gibt eine mögliche Antwort: Schocker und Recherche zugleich. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Jack Geasland, Autor, wurde in Tennessee geboren. Er promovierte an der Georgetown University.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105621561
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum29.06.2018
Auflage1. Auflage
Seiten310 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1136 Kbytes
Artikel-Nr.3451478
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

I

1

»Sadel, jetzt kann er sie sehen«, sagte Dannys Mutter.

Sadel nickte, nahm den Zwillingen die Eiswaffeln aus den Händen, bürstete ihnen das Haar und zupfte ihre Krawatten gerade. Die anderen Frauen und Kinder warteten.

»Das Eis wird schmelzen«, sagte David. Niemand hörte auf ihn, und die Zwillinge wurden den langen Korridor im Haus der Pereras entlanggeführt bis zum Zimmer des alten Mannes.

Sowie Michael Salvatore Perera erblickte, fühlte er, daß sich ein Unheil anbahnte. Der alte Mann saß vornübergebeugt, sprach mit dem Vater der Zwillinge und hielt ein mit einer Serviette umwickeltes Teeglas in der Hand. Ihr Vater trank ebenfalls Tee, hörte dem alten Mann zu und nickte. Die Zwillinge warteten. Michael hatte Lust, David bei der Hand zu nehmen und mit ihm den Korridor zurück, die Treppen hinauf und in ihr Zimmer zu rennen, die Tür zu verriegeln und ins Bett zu schlüpfen. Dann könnten sie so tun, als ob sie schliefen, und warten, bis alles vorüber und der alte Mann nach Brooklyn zurückgekehrt war. Aber der alte Mann kehrte nicht nach Brooklyn zurück. Er war Danny Pereras Großvater, der Stolz der Familie, und er war endgültig zu den Pereras gezogen. Von jetzt an würde er also hierbleiben, direkt unter Michaels Zimmer, und da würde er Tag und Nacht sitzen. Michael wollte Davids Hand halten, aber dazu waren sie zu alt; er wollte weinen, aber auch dazu war er zu alt.

Ihr Vater sah sie und winkte sie zu sich heran. Dann wandte sich der alte Mann ihnen lächelnd zu. Seine Lippen waren rot und feucht und glänzten inmitten seines Bartes. Aber als er sie richtig sah, verzog sich das Lächeln, so wie Michael es vorausgesehen hatte. Die Zwillinge standen vor ihm.

»Kommt und gebt Dannys Zaida einen Kuß«, sagte ihr Vater. »Er freut sich sehr, euch kennenzulernen.« Aber der alte Mann hob die Hand und schüttelte den Kopf, und Michael wußte, daß er nicht geküßt zu werden wünschte.

Alle im Zimmer spürten, daß irgend etwas nicht in Ordnung war, und man begann nervös zu werden. Sam sah auf seine Söhne und dann zum alten Mann und verstand nicht. Selbst David schien nicht zu ahnen, was hier vorging. Nur Michael und der alte Mann verstanden einander und starrten sich an, bis sie schließlich das Gefühl hatten, allein im Raume zu sein.

Die Augen des alten Mannes waren blau. Nicht wässerig blau wie die von Danny oder Dannys Vater, sondern von einem harten Hellblau. Sie waren kalt. Michael begann, allerlei in den Augen des alten Mannes zu sehen: Einen wolkenlosen Himmel über einem gefrorenen Meer, einen zerklüfteten Gletscher, der in der Sonne schmolz. Der alte Mann zog an einer langen gelben Zigarette. Der Rauch drang ihm aus dem Mund und formte eine Wolke um seinen Bart. »Zwillinge«, sagte er leise, »Zwillinge.« Michael machte keine Bewegung. Der alte Mann fuhr fort: »Gleiche Kleidung, gleiches Gesicht, gleiches Haus, alles ist gleich, nicht wahr?« Er sprach mit einem Akzent, aber Michael verstand jedes Wort. »Gleiche Schule, gleiche Klasse, gleiche Freunde.« Niemand rührte sich. »Und was wollt ihr werden, wenn ihr einmal erwachsen seid?«

David antwortete: »Ärzte, wie unser Vater.«

Der alte Mann wartete, daß Michael etwas sagte, aber der schwieg. Dann fragte der alte Mann: »Werdet ihr auf dasselbe College gehen?« David nickte zustimmend. »Und auf dieselbe medizinische Fakultät?« David nickte wieder.

Der alte Mann lächelte, aber Michael wußte, daß es kein freundliches Lächeln war. »Und wenn ihr erwachsen seid, werdet ihr dann dieselbe Frau heiraten?« David wollte gerade wieder nicken, aber dann wurde er plötzlich unsicher und unterließ es. Der alte Mann fuhr unerbittlich fort: »Und ihr werdet im selben Haus leben und Väter derselben Kinder sein?« Und im gleichen Ton und mit dem Blick auf Michael, als ob David gar nicht wäre, sagte der alte Mann dann: »Fort - ihr müßt fort voneinander. Habt ihr gehört, was ich sage?«

Dann schien er sich zu besinnen, und seine Stimme verlor an Intensität. Er sagte irgend etwas auf Jiddisch, was mit Kummer zu tun hatte, und dann auf Englisch: »Bei uns, in der alten Heimat, sagt man, daß Zwillinge ein Fluch sind ... Sie sind mehr als einer, aber weniger als zwei ... das sagt man. Aber wir wollen doch dem Fluch entgehen, nicht wahr?« Michaels Augen füllten sich mit Tränen, die ihm die Wangen hinunterliefen. Der alte Mann mußte die Tränen bemerkt haben, und sicher tat Michael ihm leid, denn er sah nicht mehr ihn, sondern seinen Vater an.

»Zwei so prächtige Jungen ... Du willst sie doch zu Individuen heranwachsen lassen, zu Familienvätern, Ehemännern, Menschen ... Trenne sie jetzt, soweit irgend möglich - sonst werden sie nie erwachsen.«

 

Michael betrachtete den Riß in der Decke über seinem Bett. Man hatte ihn gespachtelt und vergipst, aber er kam immer wieder zum Vorschein. Michael sah ihn gern. Manchmal war es ein kahler Baum mit spindeldürren Ästen, und manchmal war es ein Fluß auf einer Landkarte mit all seinen Nebenflüssen. Heute abend war es eine Straße mit winzigen Nebenstraßen, und er stellte sich die Dörfer und Städte vor, die an dieser Straße lagen, und wie sie schließlich an irgendeiner Grenze endete. Er schloß die Augen, vernahm Davids leises Atmen im Nebenbett und schlief schließlich ein.

Er träumte, er wäre wieder im Zimmer des alten Mannes, aber in seinem Traum war das Zimmer voller Rauch, und er konnte nichts sehen. Er wußte, daß David da war und daß er ihn finden mußte, damit sie beide hinauskämen, bevor der alte Mann zurückkehrte. Er suchte überall, konnte David jedoch nicht finden, er rief ihn, erhielt aber keine Antwort.

Dann rief er weinend nach seinem Bruder, und die Tür öffnete sich, und er wußte, daß der alte Mann jetzt ins Zimmer trat, aber er war im Rauch verborgen. Er hielt sein Schluchzen zurück und strengte sich dabei so an, daß ihm die Kehle schmerzte, und dann wartete er in panischer Angst, daß der alte Mann ihn berühre. Der alte Mann umarmte Michael, dem dabei fröstelte, und sein Mund berührte Michaels Gesicht. Dann verflüchtigte sich der Rauch, und David stand mitten im Zimmer über seinen Schuh gebückt, den er zuband, und er schien weder seinen Bruder noch den alten Mann zu sehen.

»Nein«, wehrte Michael sich hilflos.

»Weg von ihm«, sagte der alte Mann.

»Nein«, rief Michael immer wieder.

»Geh weg von ihm«, flüsterte der alte Mann und zeigte auf David. »Geh weg von ihm. Wenn du es nicht tust, wirst du sterben. Wenn du es nicht tust, wird er dich töten.«

Der alte Mann ließ ihn los, und Michael wollte vor beiden fortlaufen, aber es war zu spät, und er konnte sich nicht mehr bewegen. Er hatte Angst, der alte Mann würde nun David das gleiche sagen und ihn warnen - dann aber herausfinden, daß David gar nicht sprechen konnte. Aber die Botschaft des alten Mannes war nur für ihn bestimmt gewesen, denn jetzt war er fort, und Michael war wieder mit David allein. Jetzt blickte David ihn an und kam auf ihn zu. Aber es war nicht David. Dieser Zwilling war viel hübscher als David. Er hatte lange seidige Augenwimpern und feuchte rote Lippen. Er blinzelte ein wenig, und die mechanische Bewegung seiner Lider ließ ihn wie eine Puppe erscheinen.

Michael hatte nun Angst, daß das gleiche mit ihm geschähe. Sein Gesicht wurde steif, er fühlte, daß seine Wangen sich röteten und wie die Davids aussahen, seine Zähne waren aus Holz, und die Splitter würden ihm bald die Zunge zerreißen. Er mußte also schnell weg, denn sonst würde auch er zur Puppe werden. Aber es mußte bereits geschehen sein, denn er war völlig gelähmt. Seine Beine waren aus bemaltem Holz, die Arme auch und sogar die Lungen, denn er konnte nicht mehr atmen. Nur David konnte sich noch bewegen. Er glitt immer näher an seinen gelähmten Bruder heran, und Michael wußte nun, daß der alte Mann recht gehabt hatte. Sowie sein Zwillingsbruder ihn erreicht hatte, würde er ihn töten.

Michael erwachte weinend und schwitzend. David kam zu ihm ins Bett, umarmte ihn und fragte ihn, was ihm fehle. Michael erzählte ihm von seinem Traum, aber David sagte kein Wort. Michael drückte ihn fester an sich. »Wiege mich ein«, bettelte er.

David streichelte den Rücken seines Bruders und knöpfte ihm dann die Pyjamajacke auf. »Du bist ja ganz naß«, sagte er, nahm sie ihm ab, zog auch seine aus und wickelte die Decke um sie. Dann zog er unter der Decke Michaels Hosen herunter und seine eigenen auch. So lagen sie nackt aneinandergepreßt, und David wiegte sie ein. Er wurde davon ganz schläfrig, aber Michael konnte nicht schlafen.

»Hör nicht auf. Ich habe Angst.«

»Soll ich Mama rufen?«

»Nein. Bleib bei mir.«

Er tat es, aber Michael schwitzte wieder so, daß David ganz naß wurde. Endlich schlief Michael ein, und David hielt ihn umarmt, bis der Morgen graute, und dann schlief auch er.

In der folgenden Nacht hatte Michael wieder den gleichen Traum und in der darauffolgenden ebenfalls. Schließlich erzählten sie es ihrem Vater, und er nahm Michael auf den Schoß. »Glaubst du vielleicht, David würde dir weh tun?« fragte er.

Michael schüttelte den Kopf, und Sam bemerkte, daß der Junge Ringe unter den Augen und seit ein paar Tagen an Gewicht verloren hatte.

»Natürlich würde er das nicht tun ... Er liebt dich doch ... Nun sag es einmal selbst ... Du wirst dich dann besser fühlen. Sag, David wird mir nicht weh tun .«

»David wird mir nicht weh tun.«

Er hatte auch nie gedacht, daß David ihm weh tun würde. Er wußte gar nicht, was er eigentlich dachte und warum er diesen Traum hatte. Die Worte halfen, und bevor er...

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Autor

Jack Geasland, Autor, wurde in Tennessee geboren. Er promovierte an der Georgetown University.Bari Wood wurde in Illinois geboren, ist im Mittelwesten aufgewachsen, promovierte an der Northwestern University und hat mehrere Jahre als Redakteurin für die Amerikanische Krebs-Gesellschaft gearbeitet. Einige ihrer Romane wurden verfilmt.