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Der Papagei, das Telefon und die Bibliothekarin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
254 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am27.07.20181. Auflage
Lyman, 30 Jahre, Besucher unzähliger Collegekurse von Russisch bis Bogenschießen, hilft nachts gestrandeten Autofahrern weiter. Eines Tages erhält er überraschend Besuch in seinem Wohnwagen: Ein Papagei fliegt ihm zu, führt sich mit den Worten «lch bin ein Adler» ein und krempelt von da an Lymans Leben um. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Joe Coomer wurde 1958 auf der Carswell Air Force Base in Fort Worth, Texas, geboren. Nach seinem Studium arbeitete er im Holzhandel und ist heute Besitzer verschiedener Antiquitätenläden.
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Produkt

KlappentextLyman, 30 Jahre, Besucher unzähliger Collegekurse von Russisch bis Bogenschießen, hilft nachts gestrandeten Autofahrern weiter. Eines Tages erhält er überraschend Besuch in seinem Wohnwagen: Ein Papagei fliegt ihm zu, führt sich mit den Worten «lch bin ein Adler» ein und krempelt von da an Lymans Leben um. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Joe Coomer wurde 1958 auf der Carswell Air Force Base in Fort Worth, Texas, geboren. Nach seinem Studium arbeitete er im Holzhandel und ist heute Besitzer verschiedener Antiquitätenläden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105621851
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum27.07.2018
Auflage1. Auflage
Seiten254 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1068 Kbytes
Artikel-Nr.3569549
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Damit schob er die Hände in die Hosentaschen, drehte sich um und ging auf dem Seitenstreifen davon. Lyman sah ihm nach, bis er in ein Feld abbog und verschwand. Er ging zu seinem eigenen Wagen zurück, legte die Pistole weg, weil das heißgewordene Metall an seinem Bein brannte, und nahm den großen Besen aus der Halterung. Glassplitter lagen um den Mustang verstreut, als wäre er in der Mauser. Während Lyman sie zusammenfegte, dachte er daran, daß die Sache ihn seinen Job kosten konnte. Er führte nicht nur einen Revolver mit sich, er hatte auch auf ein Auto geschossen. Im Moment fühlte er sich zwar locker und entspannt wie damals, wenn er mit einer seiner Pflegeschwestern zusammengewesen war, und außerdem hatte er dem Mann geholfen, hatte ihm geholfen, die Bestie in seinem Innern zu besiegen. Aber er hatte noch das Knallen der Schüsse im Ohr, und je länger er über die Szene nachdachte, desto beunruhigender wurde sie. Was hatte ihn nur überkommen? Er hatte auf etwas geschossen, ein Auto, und er hatte es genossen. Er bestellte den Abschleppwagen, wartete jedoch nicht, bis er kam, sondern gab Bescheid, daß er jetzt seine Abendessenspause machen werde. Mochte der Abschleppfahrer sich selbst einen Reim auf das Ganze machen.

Wenn er in der Nähe war, aß Lyman oft in dem Waffle House am Südring. Es hatte rund um die Uhr geöffnet, das Essen war annehmbar, und man wurde rasch bedient. Keiner der Tische war weit von der Tür entfernt. Er setzte sich an einen kleinen Tisch; aus einer Nische kam man nicht schnell genug heraus. Er bestellte einen Eistee und ein paniertes Schnitzel und überlegte, ob er die Wartezeit nutzen und die ersten R. Campbells anrufen sollte, aber um drei Uhr morgens würde wohl kaum einer von ihnen wach sein. Die Bedienung war Mitte Vierzig, blaß und schwarzhaarig, und Lyman stellte sich vor, daß seine Mutter so hätte aussehen können. Als sie ihm den Tee brachte, nannte er sie beim Namen - Margie - und fragte sie, wie es ihr gehe. Außer ihm gab es an der Ringstraße niemanden, der so beständig war wie sie. Sie machte schon ebensolange Nachtschicht wie Lyman.

Sie wandte sich ihm langsam zu. «Nanu, Lyman, wollen Sie etwa ein Gespräch anfangen?»

Sie tat Zucker in seinen Tee, und er sah zu ihr auf. «Ich hab doch nur gefragt, wie´s Ihnen geht.»

«Bestens. Die Füße tun mir weh. Viel Betrieb heute nacht. Aber danke der Nachfrage. Und wie geht´s Ihnen?»

«Ich hab auf ein Auto geschossen.» Er schaute auf seine Gabel.

Margie zog einen Stuhl heran und setzte sich. «Im Ernst? Lyman! Erzählen Sie!»

«Er hat mich gebeten, auf seinen Wagen zu schießen, und ich hab´s getan. Ich weiß auch nicht, warum.»

«Zu meinen Kindern sag ich immer: Wenn jemand sagt, ihr sollt von einer Klippe springen, würdet ihr´s dann tun? »

«Ich weiß. Es war dumm von mir.»

«Scheint Sie ziemlich zu beschäftigen. Ich hab Sie noch nie so gesprächig erlebt.»

«Andere erzählen Ihnen ja auch oft was. Sie können eben gut zuhören.»

«Und warum wollte er, daß Sie auf sein Auto schießen, Schätzchen?»

«Er hatte genug davon.»

Sie lachte laut auf. «Können Sie nicht meinen Mann erschießen?» fragte sie mit einem breiten Lächeln.

«Wieso machen Sie eigentlich immer Nachtschicht?»

«Mein Mann ist Feuerwehrmann bei General Dynamics und macht auch Nachtschicht. Es ist die einzige Möglichkeit zusammenzusein, ein bißchen zu leben.»

«Aber nervt Sie das nicht? Finden Sie nicht auch, daß nachts komische Leute unterwegs sind? Im Moment müssen Sie sich zum Beispiel mit mir herumschlagen.»

«Ich hol mal Ihr Essen.» Sie stand auf, warf einen prüfenden Blick über ihre Tische, verschwand in der Küche und kam mit Lymans Teller zurück. «Hier», sagte sie und setzte sich wieder, wobei die Stuhlbeine mit einem Rülpsgeräusch über den Boden scharrten. «Offiziell hab ich jetzt Pause. Mein Job gefällt mir. Die Leute sind beim Essen von Natur aus gesprächig. Vielleicht weil sie dabei aufmerksamer sind. Könnte eine Art prähistorisches Relikt sein, aus der Zeit, als wir unser Essen noch bewachen mußten. Aber ich hör gern zu.»

«Wenn Sie den Job hier aufgeben würden, was würden Sie dann tun?»

«Ich weiß nicht. Vielleicht Mäntel schneidern oder Häuser bauen. Irgendwas mit Essen, Kleidern, Behausungen. Etwas Sicheres jedenfalls. Überlegen Sie sich, ob Sie den Streifendienst aufgeben? Sie sind schon so lange dabei. Ich krieg hier ja alles mit. So lange wie die Bullen haltet ihr nicht durch. Aber ihr macht eure Sache wirklich gut.» Sie schob ihm Salz und Pfeffer hin und schaute ihm beim Essen zu.

«Ich weiß nicht», sagte Lyman. «Manchmal hab ich das Gefühl, ich kämpfe auf verlorenem Posten. Die Autos haben weniger Pannen als früher, aber wenn, dann sind die Leute schlechter darauf vorbereitet. Sie brauchen mich, aber viel Sinn scheint das Ganze nicht zu haben. Für mich, meine ich. Ich kann keinen Sinn darin entdecken.»

Sie beugte sich herüber und wischte den Tisch sauber. «Wissen Sie was?» flüsterte sie. «Sinn ist etwas, was man sich selbst schenkt. Man macht ihn selbst, und man schenkt ihn sich selbst. Manchmal hält er nicht lang. Komisch, daß etwas so Wichtiges wie der Sinn unseres Lebens vergänglich ist, daß man ihn, wenn man ihn findet, nur kurze Zeit festhalten kann, wie einen Goldfisch, der einem in der Hand stirbt. Aber dann muß man eben wieder von vorn anfangen. Ich hatte einen kleinen Sohn; er ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen, und lange Zeit ist es mir furchtbar schlecht gegangen, und ich hab dauernd an die Zeit gedacht, die er nicht gehabt hat, statt an die, die er gehabt hat, und an den Sinn, den er jedem einzelnen Augenblick gegeben hat. Er konnte einen Eimer Matsch in eine Stadt verwandeln. Er wär jetzt ungefähr so alt wie Sie.»

Lyman hörte auf zu kauen und saß mit vollem Mund und geblähten Wangen da.

«Ich muß wieder an die Arbeit», sagte Margie, doch als sie aufstand, faßte Lyman sie am Handgelenk und schluckte alles auf einmal hinunter.

«Ich hab einen Papagei gefunden», sagte er. «Haben Sie einen verloren?»

«Nein. Früher hab ich oft Sachen verloren. Jetzt nicht mehr, jetzt finde ich welche. Einen Papagei? Möchten Sie noch Tee?»

Er ließ sie gehen.

 

Als seine Schicht zu Ende war und er den Müll, den er die Nacht über gesammelt hatte, entsorgt hatte, beschloß er, zu Fiona zu gehen und sich zu entschuldigen. Unterwegs hielt er an einem Supermarkt und kaufte ein neues Halsband für Floyd, ein Geschenk. Es war noch früh, als er bei ihr ankam, und nachdem er an ihre Tür geklopft hatte, stellte er sich genau vor das Guckloch, so daß sie ihn, wenn sie durchsah, voll im Blickfeld hatte. Aber sie kam nicht. Er klopfte noch einmal. Dann hörte er ihre Schritte, doch es trat keine Pause ein, in der sie durch das Guckloch schauen und die Türkette hätte aushängen können, sondern die Tür ging sofort auf. Fiona stand in einem roten Flanellschlafanzug vor ihm.

«Du kannst doch nicht einfach aufmachen», sagte er. «Du hast nicht mal nachgeschaut, wer da ist, und die Kette war auch nicht vorgelegt.»

Floyd trat über die Schwelle, richtete sich auf den Hinterbeinen auf, kippte gegen Lyman und pflanzte seine breiten Vorderpfoten auf Lymans Kniescheiben.

«Na und?» sagte sie, eine Hand an der Tür, die andere auf der Hüfte.

«Es ist Viertel nach sieben. Da könnte sich doch Gott weiß wer hier herumtreiben.»

«Geht dich das was an, wie ich die Tür aufmache?»

Lyman warf die Hände empor. «Es ist einfach dumm, das ist alles.»

Fiona nahm die Hand von der Tür und deutete nach oben. «Hör mal», sagte sie, «daß ich mich nicht vor meinem eigenen Schatten fürchte, ist doch kein Grund ...»

In diesem Moment ging die Wohnungstür gegenüber auf, und ein Mann in grauem Anzug und violetter Krawatte trat mit einer Aktentasche in der Hand heraus.

«Guten Morgen, Fiona», sagte er. «Alles okay?»

Sie sah Lyman und dann wieder den Mann an. «Ja. Guten Morgen, Steven. Ich hab dein neues Auto gesehen. Toll.»

«Danke. Bis später dann.»

Sie sahen ihm nach, wie er zum Parkplatz ging und einen neuen roten Sportwagen aufschloß.

«Ziemlich unsicheres Auto», sagte Lyman.

«Du bist wirklich unmöglich. Er ist gerade befördert worden, und da hat er sich eben das Auto gekauft, von dem er seit Jahren träumt.»

«Hast du die alberne Krawatte gesehen?» fragte Lyman.

«Mit welchem Recht stellst du dich eigentlich hier hin in deinem Leuchtoverall und schwingst große Reden? Wieso bist du überhaupt hergekommen?»

Floyd war noch immer zwischen dem Betonboden und Lymans Knien eingeklemmt wie ein Stuhl unter einem Türknauf. Lymans Beine begannen seitlich wegzurutschen.

«Ich wollte mich wegen gestern abend entschuldigen. Ich hätte dir sagen sollen, daß ich da bin. Ich hatte mir nur gerade die Hausaufgaben von meinen versäumten Stunden geholt und war ganz in Gedanken.»

«Ich hab den ganzen Abend auf dich gewartet. Ich hab mir Sorgen gemacht.»

«Ich weiß. Tut mir leid. Ich hab dir was mitgebracht, aber es ist für Floyd.»

«Danke.» Sie nahm die kleine Tüte, die er ihr hinhielt. «Mit dem ganzen Verzeih-mir-Blumen-Krampf hab ich eh nichts am Hut.»

Blumen? Daran hatte er überhaupt nicht gedacht. Trotzdem seufzte er aus irgendeinem Grund erleichtert auf.

Sie öffnete die Tüte. «Das ist ja ein Leuchthalsband. Die gleiche Farbe wie dein Anzug.»

Er nahm es ihr aus der Hand und beugte sich zu Floyd hinab. «Da sind auch noch so kleine reflektierende Dinger dran. Das Lederhalsband kann er ja trotzdem anbehalten.»

«Ich hab gedacht, das soll ein Witz...
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Autor

Joe Coomer wurde 1958 auf der Carswell Air Force Base in Fort Worth, Texas, geboren. Nach seinem Studium arbeitete er im Holzhandel und ist heute Besitzer verschiedener Antiquitätenläden.