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Hazel Wood

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Dressler Verlagerschienen am16.08.2018
Die Realität ist nur die halbe Wahrheit. Seit Alice denken kann, wird sie vom Unheil verfolgt. Dann stirbt ihre Großmutter, die mysteriöse Märchenerzählerin Althea Proserpine, und kurz darauf verschwindet Alices Mutter spurlos. Zurück bleiben die Worte 'Halt dich fern von Hazel Wood'. Alice spürt, dass sie ihre Mutter erst wiedersehen wird, wenn sie an den Anfang ihrer eigenen Geschichte geht. Schritt für Schritt entdeckt sie eine unheimliche Wahrheit und um endlich frei zu sein, bleibt Alice nur eine Wahl: Sie muss nach Hazel Wood. Ein Roman wie ein Rausch: Herausragend, mit absoluter Sogwirkung, düsteren Märchenelementen, eingebettet in das urbane Setting New Yorks.

Melissa Albert ist Gründerin des Barnes & Nobles Teen Blog und hat unter anderem für McSweeney's, Time Out Chicago und MTV geschrieben. Ursprünglich kommt sie aus Illinois, lebt mittlerweile aber in New York und arbeitet bereits am Folgeband von 'Hazel Wood'.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextDie Realität ist nur die halbe Wahrheit. Seit Alice denken kann, wird sie vom Unheil verfolgt. Dann stirbt ihre Großmutter, die mysteriöse Märchenerzählerin Althea Proserpine, und kurz darauf verschwindet Alices Mutter spurlos. Zurück bleiben die Worte 'Halt dich fern von Hazel Wood'. Alice spürt, dass sie ihre Mutter erst wiedersehen wird, wenn sie an den Anfang ihrer eigenen Geschichte geht. Schritt für Schritt entdeckt sie eine unheimliche Wahrheit und um endlich frei zu sein, bleibt Alice nur eine Wahl: Sie muss nach Hazel Wood. Ein Roman wie ein Rausch: Herausragend, mit absoluter Sogwirkung, düsteren Märchenelementen, eingebettet in das urbane Setting New Yorks.

Melissa Albert ist Gründerin des Barnes & Nobles Teen Blog und hat unter anderem für McSweeney's, Time Out Chicago und MTV geschrieben. Ursprünglich kommt sie aus Illinois, lebt mittlerweile aber in New York und arbeitet bereits am Folgeband von 'Hazel Wood'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783862720798
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum16.08.2018
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.3881261
Rubriken
Genre9200
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Inhalt/Kritik

Leseprobe
1.

Althea Proserpine zieht ihre Tochter mit Märchen groß. Einst war sie ein Mädchen namens Anna Parks, das um die Mitte des Jahrhunderts mit Scharen anderer Träumer und einem Koffer voller Hoffnungen im Gepäck nach Manhattan kam. Dann verschwand sie. Als sie schließlich zurückkehrte, brachte sie es zu fragwürdigem Ruhm - schillernd auf eine Weise, düster auf andere. Nun ist sie abermals verschwunden, geflohen in ein turmbewehrtes Haus tief in dunklen Wäldern. Dort lebt sie mit ihrer fünfjährigen Tochter und ihrem Ehemann, einem leibhaftigen Adeligen - sie kommt von den Märchen einfach nicht los. Als ich sie am Telefon habe, ist ihre Stimme so verführerisch wie das berühmteste Foto, das es von ihr gibt - mit dem Ring und der Zigarette. Ich frage, ob ich vorbeikommen und persönlich mit ihr reden könne, und ihr Lachen gleicht heißem Whiskey auf Eis. »Du würdest dich auf der Suche nach mir verirren«, sagt sie. »Du bräuchtest Brotkrumen oder eine Spule Garn.«

 

»Die Königin des Hinterlands«, Vanity Fair, 1987

 

 

Meine Mutter ist mit Märchen großgezogen worden, aber ich bin auf Highways aufgewachsen. Meine früheste Erinnerung: der Geruch heißen Asphalts und der Anblick des Himmels durch das Schiebedach, als blauer Fluss, der über uns dahinjagt. Meine Mom meint, das sei unmöglich - unser Auto hat gar kein Schiebedach. Doch wenn ich die Augen schließe, kann ich alles genau so vor mir sehen, also halte ich daran fest.

Hunderte von Malen haben wir das Land durchquert, in unserer alten Klapperkiste, die nach Pommes, abgestandenem Kaffee und einem künstlichen Erdbeeraroma riecht, seit ich einmal meinen Tinkerbell-Lippenstift in die Lüftungsschlitze der Klimaanlage gestopft habe. Wir haben an so vielen verschiedenen Orten und bei so vielen unterschiedlichen Menschen übernachtet, dass ich nie wirklich gelernt habe, mich vor Fremden in Acht zu nehmen.

Deshalb bin ich im Alter von sechs Jahren in den alten blauen Buick eines rothaarigen Mannes gestiegen, den ich nie zuvor gesehen hatte, und ganze vierzehn Stunden bei ihm mitgefahren - mit zwei Toilettenpausen und einem Halt, um Pfannkuchen zu essen -, bevor die Polizei uns angehalten hat. Eine Kellnerin hatte mich auf die Beschreibung aus dem Radio hin erkannt und den Notruf gewählt.

Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits dahintergekommen, dass der Mann nicht der war, der er zu sein behauptete: ein Freund meiner Großmutter Althea, der mich zu ihr bringen wollte. Schon damals lebte Althea zurückgezogen in ihrem großen Haus und ich hatte sie noch nie getroffen. Sie hatte keine Freunde, nur Fans, und meine Mutter erklärte mir, ein solcher Fan sei auch der Mann. Ein Fan, der mich dazu benutzen wollte, an meine Großmutter heranzukommen.

Nachdem feststand, dass ich unverletzt war, und nachdem die Polizei den rothaarigen Mann als Herumtreiber identifiziert hatte, der einige Meilen von unserer Unterkunft in Utah entfernt ein Auto gestohlen hatte, entschied meine Mutter, dass wir nie wieder über den Vorfall reden würden. Sie wollte nichts davon hören, wenn ich ihr erzählte, der Mann sei nett gewesen, habe mir Geschichten erzählt und ein warmes Lachen gehabt, das mich tief in meinem sechsjährigen Herzen hatte glauben lassen, er sei in Wirklichkeit mein Vater und gekommen, um mich zu sich zu holen. Durch einen Einwegspiegel hatte man ihr auf der Polizeiwache den rothaarigen Mann in Untersuchungshaft gezeigt, und sie schwor, ihn nie zuvor gesehen zu haben.

Ein paar Jahre lang hielt ich stur an der Überzeugung fest, er sei mein Dad. Und als wir Utah nach seiner Verhaftung verließen, um uns für ein paar Monate in einer Künstlerkommune außerhalb von Tempe einzuquartieren, hatte ich Sorge, er würde mich nicht wiederfinden können.

Das hat er auch nicht. Mit neun erkannte ich dann, was tatsächlich hinter meiner heimlichen Überzeugung steckte: ein kindlicher Wunschtraum. Ich packte ihn ordentlich weg wie all die anderen Dinge, die ich nicht mehr brauchte - alte Spielsachen, Einschlafrituale, zu klein gewordene Kleider. Meine Mom und ich lebten wie Vagabunden: Wir ließen uns an abenteuerlichen Orten nieder, blieben bei Freunden, bis deren Gastfreundschaft an den Ellenbogen durchgescheuert war, und zogen anschließend weiter. Wir konnten es uns weder leisten, nostalgisch zu werden, noch hatten wir je Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen. Bis zu jenem Jahr, in dem ich siebzehn wurde und Althea in Hazel Wood starb.

 

Als meine Mutter - Ella - den Brief bekam, überlief sie ein Schauder. Und das, noch bevor sie ihn geöffnet hatte. Der Umschlag war pastellgrün, bedruckt mit ihrem Namen und unserer derzeitigen Adresse. Wir waren erst am Vorabend angekommen, und ich fragte mich, wie der Brief uns gefunden hatte.

Meine Mutter nahm einen Brieföffner aus Elfenbein vom Tisch neben sich, denn die Leute, deren Wohnung wir gerade hüteten, fanden es anscheinend schick, sie mit Teilen ermordeter Elefanten zu dekorieren. Mit zitternden Händen schlitzte sie den Umschlag unsauber entlang der Kante auf. Ihr Nagellack war so rot, dass es aussah, als hätte sie sich dabei geschnitten.

Als sie den Brief auseinanderfaltete, ließ das Licht schwarze Textblöcke durch die Rückseite schimmern. Lesen konnte ich sie allerdings nicht.

Ella gab ein Geräusch von sich, das ich von ihr nicht kannte: ein kaum fassbares, schmerzerfülltes Keuchen, das meinen Atem stocken ließ. Sie hielt sich das Papier dicht vors Gesicht, was ihrer Haut einen blassen, selleriegrünen Teint verlieh, und ihre Lippen bewegten sich lautlos, während sie wieder und wieder die Worte las. Dann knüllte sie den Brief zusammen und warf ihn in den Müll.

In der Wohnung - einem beengten Apartment in der Upper West Side von New York, das nach teurer französischer Seife und nassem Yorkshire Terrier roch - durften wir eigentlich nicht rauchen. Trotzdem zog Ella jetzt eine Zigarette hervor und steckte sie sich mit einem antiken Kristallfeuerzeug an. Gierig sog sie den Rauch ein und trommelte mit den Fingern einer Hand gegen den schweren grünen Stein, der an einer Kette um ihren Hals lag.

»Meine Mutter ist tot«, stieß sie hervor, als sie das nächste Mal ausatmete, und hustete dann.

Die Neuigkeit traf mich wie eine Unterwasserbombe, die man nicht kommen sieht: ein plötzlicher Schlag in meinen Bauch, ein Schmerz, der immer weiter ausstrahlte. Doch es war schon lange her, dass ich meine Stunden damit zugebracht hatte, von Althea zu träumen. Die Nachricht hätte mir überhaupt nicht wehtun sollen.

Ella kauerte sich vor mich hin und legte mir ihre Hände auf die Knie. Ihre Augen glänzten, waren jedoch trocken. »Das ist nichts ... Verzeih mir, aber das ist nichts Schlimmes. Wirklich nicht. Für uns könnten sich dadurch ein paar Dinge ändern, vielleicht ...« Ihre Stimme brach, bevor sie zu Ende sprechen konnte. Sie legte den Kopf auf meine Knie und schluchzte einmal auf. Es war ein hoffnungsloser Laut, der anderswo hingehörte - nach draußen auf dunkle Straßen, wo es nach modrigen Blättern roch, und nicht in dieses hell erleuchtete Zimmer inmitten einer lauten, hellen Stadt.

Als ich ihren Scheitel küsste, roch ich billigen Tankstellenkaffee und den Rauch, der sich von ihrer Zigarette nach oben kräuselte. Sie atmete ein und wieder aus und sah hoch in mein Gesicht.

»Weißt du, was das für uns bedeutet?«

Ich starrte sie an und blickte dann in dem Zimmer umher, in dem wir saßen: prunkvoll und spießig. Das Zuhause fremder Leute. »Moment! Bedeutet das, wir erben Hazel Wood?«

Das Anwesen meiner Großmutter, das ich bisher nur auf Fotos gesehen hatte, fühlte sich an wie ein Ort, an den ich mich aus einer anderen, einer selbst ausgedachten Kindheit erinnerte. Einer Kindheit, in der ich auf Pferden geritten und ins Ferienlager gefahren war. Es war der Tagtraum, in den ich mich flüchtete, wann immer ich eine Pause brauchte von der endlosen Folge an Highways und neuen Schulen und dem Geruch fremder Häuser. In solchen Momenten versetzte ich mich in diese ferne Welt aus Springbrunnen und Hecken, aus Cocktailgläsern und Pools, deren Wasser so strahlend funkelte, dass man beim Hinsehen die Augen zusammenkneifen musste.

Da legten sich die knochigen Finger meiner Mutter um mein Handgelenk und zogen mich fort von den farbenprächtigen Rasenflächen Hazel Woods. »Gott, nein! Niemals. Es bedeutet, dass wir frei sind.«

»Frei wovon?«, fragte ich dumm, aber sie gab keine Antwort. Stattdessen stand sie auf, warf ihre halb gerauchte Zigarette in den Müll direkt auf den Brief und ging hoch aufgerichtet aus dem Zimmer, als hätte sie etwas Wichtiges zu tun.

Kaum war sie fort, schüttete ich kalten Kaffee auf das Feuer im Mülleimer und zog den nassen Brief wieder hervor. Teile davon waren bereits zu Asche zerfallen, doch ich strich die durchweichten Reste auf meinen Knien glatt. Die Schrift war so dicht und sonderbar gesetzt wie der Text in alten Telegrammen.

Der Brief wirkte nicht neu. Er roch sogar, als wäre er aus der Vergangenheit abgeschickt worden. Ich stellte mir vor, dass jemand ihn auf einer dieser alten Schreibmaschinen abgetippt hatte, wie sie auf der Postkarte mit Françoise Sagan zu sehen war, die ich mir - egal, wo wir übernachteten - über das Bett hängte. Ich atmete seinen Duft nach Asche und pudrigem Parfüm ein und überflog, was vom Text übrig war. Viel war es nicht: ... sprechen wir Ihnen unser Beileid aus ... und ... kommen Sie, so schnell Sie es einrichten können.

Und dann noch ein einzelnes, einsames Wort inmitten eines...
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Autor

Melissa Albert ist Gründerin des Barnes & Nobles Teen Blog und hat unter anderem für McSweeney's, Time Out Chicago und MTV geschrieben.
Ursprünglich kommt sie aus Illinois, lebt mittlerweile aber in New York und arbeitet bereits am Folgeband von "Hazel Wood".