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Puppenmord

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am01.10.2018
Henry Wilt ist Hilfslehrer an einer Berufsschule auf dem platten Lande, beruflich und im Eheleben tritt er auf der Stelle. Der Mittdreißiger hat es seit zehn Jahren mit künftigen Gasinstallateuren, Maurern und Fleischern zu tun, denen er die hohe Literatur näher bringen soll. Daheim erwartet ihn seine Frau Eva, sexuell unbefriedigt und schnell für alle möglichen modischen Ersatzbeschäftigungen zu begeistern: Judo, Töpfern, Meditation. Schließlich, an einem ihrer erträglicheren Tage und durch nie zuvor gehörte Libertinage-Phrasen aufgestachelt, ist sie fest entschlossen zur Emanzipation von ihrem Gatten und lustlosen Bettmuffel. Dass dies Wilt zum Äußersten treibt, ist nur allzu verständlich. Der Pechvogel probt den Aufstand und Mord an einer Sexpuppe, aber das hat äußerst peinliche Nebenwirkungen...

Tom Sharpe zählte spätestens seit dem sensationellen Erfolg seines Romans 'Puppenmord' zu den erfolgreichsten Autoren Englands. Seine Romane sind mittlerweile Klassiker. 1928 in England geboren, studierte Tom Sharpe in Cambridge und arbeitete als Buchhalter, Sozialarbeiter und Fotograf in Südafrika. Er verstarb im Juni 2013 in Spanien.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
HörbuchCompact Disc
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR5,99

Produkt

KlappentextHenry Wilt ist Hilfslehrer an einer Berufsschule auf dem platten Lande, beruflich und im Eheleben tritt er auf der Stelle. Der Mittdreißiger hat es seit zehn Jahren mit künftigen Gasinstallateuren, Maurern und Fleischern zu tun, denen er die hohe Literatur näher bringen soll. Daheim erwartet ihn seine Frau Eva, sexuell unbefriedigt und schnell für alle möglichen modischen Ersatzbeschäftigungen zu begeistern: Judo, Töpfern, Meditation. Schließlich, an einem ihrer erträglicheren Tage und durch nie zuvor gehörte Libertinage-Phrasen aufgestachelt, ist sie fest entschlossen zur Emanzipation von ihrem Gatten und lustlosen Bettmuffel. Dass dies Wilt zum Äußersten treibt, ist nur allzu verständlich. Der Pechvogel probt den Aufstand und Mord an einer Sexpuppe, aber das hat äußerst peinliche Nebenwirkungen...

Tom Sharpe zählte spätestens seit dem sensationellen Erfolg seines Romans 'Puppenmord' zu den erfolgreichsten Autoren Englands. Seine Romane sind mittlerweile Klassiker. 1928 in England geboren, studierte Tom Sharpe in Cambridge und arbeitete als Buchhalter, Sozialarbeiter und Fotograf in Südafrika. Er verstarb im Juni 2013 in Spanien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641244699
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum01.10.2018
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1983 Kbytes
Artikel-Nr.3963684
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Wenn Henry Wilt den Hund zu einem Spaziergang ausführte, oder richtiger, wenn der Hund ihn ausführte, oder um genau zu sein, wenn Mrs. Wilt beiden sagte, sie sollten bloß sehen, dass sie aus dem Hause kämen, damit sie ihre Yogaübungen machen könne, schlug er stets denselben Weg ein. Das heißt, der Hund folgte dem Weg, und Wilt folgte dem Hund. Sie gingen am Postamt vorbei, über den Spielplatz, unter der Eisenbahnbrücke durch und zum Fußweg am Fluss. Eine Meile am Fluss lang, dann wieder unter der Eisenbahn durch und durch Straßen zurück, in denen die Häuser größer als Wilts halbes Doppelhaus, die Bäume und Gärten riesig und alle Autos Rovers und Mercedesse waren. Und hier verrichtete Clem, ein rassereiner Neufundländer mit Stammbaum, der sich in dieser Gegend offenbar heimischer fühlte, sein Geschäft, während Wilt dastand und sich ziemlich nervös umsah, weil er wusste, dass das nicht seine Gegend war, und er doch wollte, sie wäre es. Das war während des Spazierganges ungefähr das einzige Mal, dass er sich überhaupt seiner Umgebung bewusst wurde. Den ganzen übrigen Weg begaben sich seine Gedanken auf die Reise und schlugen Richtungen ein, die mit seinem Äußeren auf dem Weg überhaupt nichts zu tun hatten. Es war eine Reise voller Wunschträume, eine Pilgerfahrt auf den Spuren entfernter Möglichkeiten, wie zum Beispiel, dass Mrs. Wilt für immer verschwände, dass er plötzlich reich und mächtig wär, und was er täte, wenn er zum Erziehungsminister oder, besser noch, zum Premierminister ernannt würde. Zum Teil setzte sich das aus einer Reihe verzweifelter Ausflüchte zusammen, zum Teil aus einem stummen Dialog, sodass jeder, dem Wilt aufgefallen wäre (aber den meisten fiel er nicht auf), hätte bemerken können, wie sich hin und wieder seine Lippen bewegten und sein Mund sich zu einem Lächeln kräuselte, was er albernerweise für sardonisch hielt, während er Streitpunkte erörterte oder mit unglaublicher Schlagfertigkeit Gegenargumente parierte. Und auf einem dieser Spaziergänge, den er nach einem besonders aufreibenden Tag in der Berufsschule im Regen machte, kam Wilt zum ersten Mal der Gedanke, dass sich nur dann seine geheime Hoffnung erfüllen und er sein Leben selber in die Hand nehmen könne, wenn seine Frau irgendein nicht unbedingt zufälliges Unglück ereile.

Wie alles in Henry Wilts Leben war das keine plötzliche Entscheidung. Er war kein entscheidungsfreudiger Mensch. Zehn Jahre als Hilfslehrer (zweiter Klasse) an der Berufsschule für Geisteswissenschaften und Gewerbekunde von Fenland waren dafür der Beweis. Zehn Jahre saß er nun schon in der Abteilung Allgemeinbildung fest und unterrichtete klassenweise Gasinstallateure, Gipser, Maurer und Klempner. Oder hinderte sie am Schwatzen. Und zehn lange Jahre nun schon verbrachte er seine Tage damit, mit zwei Dutzend Exemplaren von Söhne und Liebhaber oder Orwells Essays oder Candide oder Der Herr der Fliegen von Klassenzimmer zu Klassenzimmer zu ziehen und sein Menschenmöglichstes zu tun, die Sensibilität von Lehrlingen, die einen Tag für die Schule frei bekamen, zu steigern - mit bemerkenswerter Erfolglosigkeit.

»Das Ausgeliefertsein an die Kultur«, nannte es Mr. Morris, der Leiter der Abteilung Allgemeinbildung, aber von Wilts Warte aus erschien es ihm mehr wie sein persönliches Ausgeliefertsein an die Unkultur, und zweifellos waren die Ideale und Illusionen, die ihn in seinen jungen Jahren bei der Stange gehalten hatten, inzwischen durch seine Erfahrungen zerstört worden. Dasselbe hatten ihm zwölf Jahre Ehe mit Eva eingebracht.

Wenn die Gasinstallateure von der Gefühlsbedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen, wie sie in Söhne und Liebhaber dargestellt werden, völlig unbeeindruckt und von D. H. Lawrences tiefgründigen Einblicken in die Geschlechtlichkeit des Daseins rüde amüsiert durchs Leben gehen konnten, so war Eva Wilt einer solchen Gleichgültigkeit nicht fähig. Sie kniete sich in kulturelle Aktivitäten und ihre eigene Weiterbildung mit einem Enthusiasmus, der Wilt schwer zu schaffen machte. Schlimmer noch, was sie für Kultur hielt, änderte sich von einer Woche zur anderen und kreiste einmal um Barbara Cartland und Anya Seton, ein andermal um Ouspensky, dann wiederum Kenneth Clark, öfter aber um den Lehrer der Töpfereiklasse am Dienstag oder um den Dozenten für Transzendentale Meditation am Donnerstag, sodass Wilt nie wusste, was ihn zu Hause erwartete, außer einem in Eile gekochten Abendbrot, irgendwelchen eindringlich geäußerten Ansichten über seinen mangelnden Ehrgeiz und einem halb garen intellektuellen Mischmasch, der ihn ratlos machte.

Um der Erinnerung an die Gasinstallateure als angeblich menschliche Wesen und an Eva im Lotussitz zu entfliehen, spazierte Wilt am Fluss entlang und ging dunklen Gedanken nach, die noch dunkler wurden, als ihm zu Bewusstsein kam, dass jetzt das fünfte Jahr hintereinander sein Gesuch, zum Hauptlehrer befördert zu werden, fast sicher abgelehnt werden würde und dass er, wenn er nicht bald was unternähme, den Rest seines Lebens zu Gasinstallateuren III und Gipsern II - und zu Eva - verdonnert wäre. Die Aussicht war unerträglich. Er würde entschlossen handeln. Über ihm donnerte ein Zug vorbei. Wilt beobachtete die entschwindenden Lichter und dachte über die Möglichkeit von Unfällen an unbeschrankten Bahnübergängen nach.

 


»Er benimmt sich im Augenblick so komisch«, sagte Eva Wilt, »ich weiß gar nicht, was ich von ihm halten soll.«

»Ich habe es bei Patrick aufgegeben«, sagte Mavis Mottram und musterte kritisch Evas Vase. »Ich denke, ich rücke die Lupine ein Millimeterchen weiter nach links. Da steigert sie die orchestrale Wirkung der Rose. Nun die Iris hier herüber. Man muss versuchen, gewissermaßen eine hörbare Wirkung der gegensätzlichen Farben zu erzielen. Kontrapunktisch, könnte man sagen.«

Eva nickte und seufzte. »Er war immer so aktiv«, sagte sie, »aber jetzt sitzt er bloß im Hause rum und sieht fern. Das Einzige, wozu ich ihn noch kriege, ist, dass er mit dem Hund spazieren geht.«

»Wahrscheinlich fehlen ihm Kinder«, sagte Mavis, »ich weiß, bei Patrick ist es so.«

»Darum haben wir ja keine«, sagte Eva bitter, »weil Henry sich nicht mal dazu aufraffen kann.«

»Tut mir Leid, Eva. Ich hab nicht dran gedacht«, sagte Mavis und stellte die Lupine so um, dass sie sich wirkungsvoller gegen eine Geranie abhob.

»Das braucht dir nicht Leid zu tun«, sagte Eva, die Selbstmitleid nicht zu ihren Fehlern zählte, »ich sollte vielleicht lieber dankbar sein. Ich meine, stell dir vor, ich hätte Kinder wie Henry. Er ist so unkünstlerisch, und Kinder sind außerdem so hinderlich. Sie beanspruchen deine ganze schöpferische Kraft.«

Mavis Mottram zog weiter, um jemand anderem dabei behilflich zu sein, eine kontrapunktische Wirkung zu erzielen, diesmal mit Brunnenkresse und Stockrosen in einer kirschroten Schale. Eva fummelte mit ihrer Rose herum. Was für ein Glück Mavis hatte. Sie hatte Patrick, und Patrick Mottram war so ein aktiver Mann. Eva legte trotz ihres Riesenwuchses größten Wert auf Aktivität, Aktivität und Kreativität, sodass selbst wirklich verständnisvolle Leute, die nicht besonders leicht zu beeindrucken waren, sich nach zehn Minuten in ihrer Gesellschaft total ausgelaugt fühlten. Sie bekam es fertig, in ihrem Yogakurs sogar im Lotussitz Aktivität auszustrahlen, und ihre Versuche bei der Transzendentalen Meditation hatte jemand mit einem Dampfkochtopf unter Druck verglichen. Und mit der schöpferischen Aktivität kam die Begeisterung, diese fieberhafte Begeisterung der sichtlich unerfüllten Frau, der jede neue Idee den Anbruch eines neuen Tages verkündete und umgekehrt. Aber weil die Ideen, für die sie eintrat, banal oder ihr unverständlich waren, war die Begeisterung entsprechend kurz und half nicht, die Lücke zu füllen, die Henry Wilts Versagen in ihr Leben gerissen hatte. Während er in seiner Fantasie ein leidenschaftliches Leben führte, lebte Eva, der jegliche Fantasie abging, wirklich leidenschaftlich. Sie stürzte sich auf Dinge, Situationen, neue Freunde, Leute und Ereignisse mit einer hemmungslosen Unbekümmertheit, die den Umstand verbarg, dass sie nicht genug Gefühlsbeständigkeit besaß, um länger als einen Augenblick durchzuhalten. Als sie jetzt von ihrer Vase zurücktrat, prallte sie gegen jemanden hinter sich.

»Bitte um Entschuldigung«, sagte sie und drehte sich um. Sie blickte in zwei dunkle Augen.

»Da gibt´s nichts zu entschuldigen«, sagte die Frau mit amerikanischem Akzent. Sie war schlank und in dem schlichten Gammellook gekleidet, der für Eva Wilts bescheidene Einkünfte nicht erreichbar war.

»Ich bin Eva Wilt«, sagte Eva, die einmal in der Volkshochschule in Oakrington einen Kursus Wie lerne ich Leute kennen? besucht hatte. »Mein Mann unterrichtet an der Berufsschule, und wir wohnen in der Parkview Avenue 34.«

»Sally Pringsheim«, sagte die Frau mit einem Lächeln. »Wir wohnen im Rossiter Grove. Wir sind zu einem Forschungssemester in Europa. Gaskell ist Biochemiker.«

Eva Wilt schluckte die Unterschiede und gratulierte sich zu ihrem hellen Köpfchen wegen Sally Pringsheims Bluejeans und Wolljacke. Leute, die im Rossiter Grove wohnten, standen eine ganze Stufe über denen in der Parkview Avenue, und Gatten, die Biochemiker auf Forschungssemester waren, lehrten natürlich an der Universität. Evas Welt bestand aus solchen feinen Unterscheidungen.

»Wissen Sie, ich bin da nicht so sicher, ob ich mit einer orchestralen Rose leben könnte«, sagte Sally Pringsheim. »Im Konzertsaal find ich Symphonien okay, aber in Vasen komme ich ohne aus.«

Eva starrte sie mit einer Mischung aus Staunen und Bewunderung an....

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Autor

Tom Sharpe zählte spätestens seit dem sensationellen Erfolg seines Romans "Puppenmord" zu den erfolgreichsten Autoren Englands. Seine Romane sind mittlerweile Klassiker. 1928 in England geboren, studierte Tom Sharpe in Cambridge und arbeitete als Buchhalter, Sozialarbeiter und Fotograf in Südafrika. Er verstarb im Juni 2013 in Spanien.