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Betrüge mich gut

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
156 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am19.10.20181. Auflage
Bei seinem Erscheinen in den zwanziger Jahren ließ dieses Buch die Wellen der Empörung über dem Autor zusammenschlagen. Mit seinen doppelbödigen, zutiefst sinnlichen Erzählungen versucht Pitigrilli, von Moralisten begeifert, einen neuen Umgang mit dem Begriff der sexuellen Treue: «Diese Liebe ist nur dann verwerflich und unmoralisch, wenn sie durch Schwierigkeiten, unlautere Auskunftmittel, durch Heucheleien, die die heuchlerische Moral auferlegt, entstellt wird ... Die Liebe, mit Raserei, mit Fieber, mit tollem Leiden gefeiert, ist immer schön, selbst wenn sie eine Tragödie verursachen sollte.»

PITIGRILLI, eigentlich Dino Segre, wurde 1893 in Turin geboren, wo er auch 1975 starb. Der promovierte Rechtswissenschaftler arbeitete als Redakteur für verschiedene Zeitungen. Bevor er 1940 Lina Furlan heiratete, Italiens erste Rechtsanwältin an einem Schwurgericht, galt Pitigrilli als Salonlöwe. Die zwanziger Jahre verbrachte er als Zeitungskorrespondent in Paris, wo auch seine ersten, heftig diskutierten Bücher entstanden. Als 1939 auch in Italien die Rassengesetze in Kraft traten, musste er auswandern, zunächst in die Schweiz, dann nach Argentinien.
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Produkt

KlappentextBei seinem Erscheinen in den zwanziger Jahren ließ dieses Buch die Wellen der Empörung über dem Autor zusammenschlagen. Mit seinen doppelbödigen, zutiefst sinnlichen Erzählungen versucht Pitigrilli, von Moralisten begeifert, einen neuen Umgang mit dem Begriff der sexuellen Treue: «Diese Liebe ist nur dann verwerflich und unmoralisch, wenn sie durch Schwierigkeiten, unlautere Auskunftmittel, durch Heucheleien, die die heuchlerische Moral auferlegt, entstellt wird ... Die Liebe, mit Raserei, mit Fieber, mit tollem Leiden gefeiert, ist immer schön, selbst wenn sie eine Tragödie verursachen sollte.»

PITIGRILLI, eigentlich Dino Segre, wurde 1893 in Turin geboren, wo er auch 1975 starb. Der promovierte Rechtswissenschaftler arbeitete als Redakteur für verschiedene Zeitungen. Bevor er 1940 Lina Furlan heiratete, Italiens erste Rechtsanwältin an einem Schwurgericht, galt Pitigrilli als Salonlöwe. Die zwanziger Jahre verbrachte er als Zeitungskorrespondent in Paris, wo auch seine ersten, heftig diskutierten Bücher entstanden. Als 1939 auch in Italien die Rassengesetze in Kraft traten, musste er auswandern, zunächst in die Schweiz, dann nach Argentinien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783688115716
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum19.10.2018
Auflage1. Auflage
Seiten156 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4017411
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2


Zweiter Teil, in welchem der Autor, von einer
unterwürfigen jungen Frau sprechend, die in
schnellerer Metamorphose als ein Frosch oder
eine Raupe sich in eine unersättliche Geliebte
verwandelt, instruktiv und erzieherisch wirkt.


Die Jungvermählten, die sich nach Paris begeben, bewegen sich unausgesetzt im Raume des Fächers, der von den Boulevards Montmartre, des Italiens und des Capucines, der Rue de la Paix, Avenue de l´Opéra, Rue Auber gebildet wird.

Sie essen bei Poccardi, schreiben Ansichtspostkarten mit doppelter Unterschrift im Café de la Paix, stecken sie in der Rue Lafitte in den Briefkasten und beginnen dann von neuem, in den Boulevards einherzubummeln, wo sie vor allen Auslagen stehenbleiben, bis sie, müde davon, sich immer wieder an denselben Plätzen zu finden, ins Hotel hinaufgehen unter dem Vorwand, sich die Hände zu waschen, statt dessen aber sich ins Bett legen. Wenn sie herunterkommen, beginnen sie von neuem, in den Grands Boulevards des Quartier de l´Opéra einherzuwandern.

Nach vierzehn Tagen, von denen einer für Versailles bestimmt war, reisen sie wieder ab, ohne irgend etwas gesehen zu haben. Am letzten Tag, während sie die Koffer packen, ruft einer von beiden aus:

«Und jetzt verlassen wir Paris, ohne das Grab Napoleons gesehen zu haben.»

Dann nehmen sie ein Auto und begeben sich eiligst zum Invalidendom.

Aber das Grab Napoleons ist am Montag, am Mittwoch und am Freitag, scheint mir, für das Publikum geschlossen. Oder auch am Mittwoch, Donnerstag und Sonnabend. Kurz, es ist an dem Tage geschlossen, wenn man es besuchen will.

Enttäuscht und von Gewissensbissen gequält, lesen die Jungvermählten den Besuchsplan und trösten sich:

«Wir werden es besuchen, wenn wir das nächste Mal nach Paris kommen», überzeugt davon, daß sie nie wieder nach Paris kommen werden.

 

Die Stellung Lucianos gegenüber Susanna war keine beneidenswerte. Er kannte Paris ausgezeichnet. Sie hatte sich nie von zu Hause fortgerührt.

Ihn überraschte nichts mehr in Paris, nichts war ihm unbekannt. Wenige Monate vorher hatte man in einem äquivoken Haus der Batignolles, einem eleganten Vergnügungsspender, eine neue Attraktion eingeführt: eine Imitation des Aufhängens für widerspenstige Greise; man sagt, es wäre ein meisterliches Erregungsmittel. Aber seine junge Frau, die erst bei den Anfangsgründen der Kenntnisse über Paris war, konnte er dort unmöglich hinführen; sie stand noch bei der Gioconda, im Louvremuseum und dem monolithischen Obelisk auf der Place de la Concorde.

Und sie lernte auch erst die Anfangsgründe des Lebens, während Luciano nichts mehr zu lernen übriggeblieben war.

Wenn er sie so durch die Straßen von Paris und die Pfade des Lebens führte, war es ihm, als müsse er bei jedem Schritt stehenbleiben und auf sie warten; es war ihm, als ob er sich wieder in jener Sprachschule befände, in der der Lehrer alle gemeinsam in demselben Saal unterrichtet und, da man täglich in den Kursus eintreten konnte, diejenigen, die ihr Studium schon fast beendet hatten, dem Gestammel der Anfänger beiwohnen mußten.

So unterstützte er Susanna bei den ersten Schritten in das Leben, er, der bereits im Begriff war, es wieder zu verlassen.

Der Mann tritt aus dem Leben, wenn er sich verheiratet. Die Frau, wenn sie heiratet, betritt es.

Aber mit der instinktiven Glut, mit der ein Künstler, der selbst nicht mehr produktiv ist, bemüht ist, den andern das zu lehren, was er selbst nicht mehr ausführen kann, stürzt er sich in ein lehrreiches Wirken: aus Susanna ein bewundernswertes Geschöpf zu machen.

Das Rohmaterial dieses großen, unwissenden Kindes in die Hände zu nehmen und daraus ein intensives Weib zu bilden, voll zarter Perfidie und komprimierter List.

Er wußte, daß eine Frau zu bilden dasselbe ist, wie ein Volk zu erziehen: das heißt, sich einen Feind zu schaffen, oder einen Freund, der einen verraten wird. Aber die Schwierigkeit des Kunstwerks verlockte ihn.

Eine Frau zu bilden!

Susanna zu bilden!

Zwanzig Jahre hindurch waren seine verschiedenen garçonnières Bildungsanstalten für Frauen gewesen.

Susannas Mutter, die in allen Giften und allen Mischungen erfahrene Frau, hatte das Mädchen fern von allen Gefahren der schönsten Verführungen gehalten.

Luciano würde ihr die Schlüssel, einen nach dem andern, dazu geben: er würde ihr alle Geheimnisse, eines nach dem andern, enthüllen.

Und er begann mit dem ersten: Er lehrte sie, sich zu schminken.

«Wenn ich nicht geschminkt bin, fühle ich mich, als wäre ich nackt.»

So spricht eine hervorragende italienische Dichterin, nicht, um die von der Natur gezogenen Linien zu verbessern oder an Stelle der Farben des Blutes oder der Sonne eine neue Farbe zu probieren, nicht, um der Wirkung der Jahre entgegenzutreten (sie ist ja so jung!), nicht, um die bläuliche Blässe der Augen zu unterstreichen, nicht, um den Mund breiter erscheinen zu lassen, der schon hinlänglich breit ist, um eine Reihe (einen Säulengang, sagen die Dichter) so weißer Zähne zu zeigen, daß sie wie künstliche wirken, so wie gewisse Kleider so modern sind, daß sie altmodisch erscheinen.

Diese Frau schminkt sich, weil es eine wunderschöne Sache ist, sich zu schminken, wenn man es nicht nötig hat.

Die Farbe hat die Möglichkeit, die Linien zu verbessern. Manche Künstler, die in der Zeichnung irren, gleichen es mit der Farbe wieder aus. Gewisse Frauengesichter, die Erhöhungen und Höhlungen aufweisen, können das wirkungsvoll ausgleichen durch die geschickte Verteilung von Puder oder Rot, das die Flächen verschiebt, die gedrückten Stellen hervortreten läßt oder die zu erhabenen glättet.

Und da es verschiedene Tönungen von Puder und Farben gibt, so kann man warme und kalte Tönungen unterscheiden.

Diese sind ratsam für den Sommer.

Jene für den Winter.

Eine geschickte Verbindung für die Zwischenzeiten.

Aber welche Tönung von Puder man auch immer auf einem Gesicht verteilt, um wieviel wärmer erscheint es, wenn er nicht mehr darauf ist. Besonders, wenn er nicht mehr darauf ist, weil wir ihn mit unseren Lippen fortgewischt haben!

Das geschminkte Gesicht hat den beneidenswerten Vorzug, gleichsam hinter einer Maske versteckt zu erscheinen. Wenn die Schminke verschwunden ist, scheint das Gesicht wie entkleidet.

Daß die Frau sich schminken muß, ist klar. Es genügt, ein weibliches Gesicht zu analysieren. Im rohen, unbearbeiteten Gesicht der Frau sieht man nur sehr wenige Anzeichen von Farbe. Hier und da finden sich ein paar Pinselstriche in Unordnung geratener Farbe, ohne Nuancen, ohne Harmonie. Farbtupfen, die keinen eigenen Wert besitzen, aber speziell zu Wegweisern für eine genauere Bemalung, Nuancierung und Verschönerung dienen.

Der Zufall hat auf das Frauengesicht Farbmuster getupft und den lautlosen Rat dazu erteilt: «Ich habe dir das Thema gegeben; du mußt es entwickeln; ich habe dir die ersten Noten angegeben; du wirst sie fortsetzen.»

Da er nicht aufschreiben kann: «Hierher gehört Rot, hierher Weiß, hierher Ocker», da es an einer Universalsprache fehlt, hat er sich des einfacheren Mittels bedient: der Gratisproben. Das Rot, das jede Frau auf den Lippen trägt, ist ein bloßer Hinweis, der so verstanden werden will: An dieser Stelle mußt du Rot auftragen. Die violetten Äderchen, in denen die magnetischen Augen jeder schönen Frau untergehen, besagen: Hier mußt du violetten Puder nachtragen ...

Bewundernswert, wie die Natur ist, hat sie nicht dieselben Farbenproben an alle Frauen verteilt. Den Malaiinnen hat sie Olivgrün angeboten, den Norwegerinnen Blaßrosa, den Japanerinnen Braun, den Wienerinnen Weiß, den Französinnen, Spanierinnen, Italienerinnen, Slawinnen alle die verschiedenen chromatischen Abstufungen, die ich mich wohl hüten werde aufzuzählen, weil sie bereits in allen Bibliotheken, in den entsprechenden ethnologischen und anthropologischen Bänden, in wundervollen Mehrfarbendrucken nach dem Leben, enthalten sind.

Dorthin verweise ich jene, die sich den Luxus eines Transatlantikflugs nach Mexiko oder der Transsibirischen Eisenbahn nicht leisten können. Beides etwas kostspielige und unsichere Verkehrsmittel; aber gewiß würde es die Kosten lohnen, Länder und Ozeane zu durchqueren, um die künstliche Farbe der Mädchen von Hongkong mit den Fiebergesichtern kennenzulernen, derjenigen von Singapur mit den vom allzu intensiven Blumenduft vergifteten Wangen, der Tribaden von Benares, der Nymphomaninnen von Kuba und der so schwindelerregend dekolletierten Australierinnen, daß man immer glauben möchte, sie seien im Begriff, ihren Rücken dem Ohr eines Arztes anzubieten, damit er die Pannen ihrer kleinen Herzen feststelle.

«Alle Frauen schminken sich», sagt die Pariserin, während sie im Café, im Restaurant, im Theater das Rot ihrer Lippen unterstreicht oder die Konturen nachzieht. Alle Frauen schminken sich, um dem Männchen zu gefallen. Um es zu verführen, bemalen sich auch die Frauen Japans mit den grellsten Farben, die dann, nachdem sie verführt haben, sich heiraten lassen und keinerlei Grund mehr haben, ihm gefallen zu wollen, sich die Zähne schwärzen, sich das Gesicht mit schwarzem Ruß beschmieren, um ihm treu zu bleiben, um keinem andern Appetit zu erregen. Das Bedürfnis, sich das Gesicht zu schminken, ist stärker als das Bedürfnis, sich zu bekleiden. Manche Negerstämme in Afrika und manche Wilden in Amerika, die in dem Kostüm umhergehen, das einzig im Paradies gestattet ist, drücken sich auf die Stirn und auf die Wange farbige geometrische Figuren auf und unterstreichen sich die Augen mit Kohle. Ihre Frauen...
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Autor

PITIGRILLI, eigentlich Dino Segre, wurde 1893 in Turin geboren, wo er auch 1975 starb. Der promovierte Rechtswissenschaftler arbeitete als Redakteur für verschiedene Zeitungen. Bevor er 1940 Lina Furlan heiratete, Italiens erste Rechtsanwältin an einem Schwurgericht, galt Pitigrilli als Salonlöwe. Die zwanziger Jahre verbrachte er als Zeitungskorrespondent in Paris, wo auch seine ersten, heftig diskutierten Bücher entstanden. Als 1939 auch in Italien die Rassengesetze in Kraft traten, musste er auswandern, zunächst in die Schweiz, dann nach Argentinien.