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Martini für drei

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
640 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.05.2019
New York, 1958: Die Stadt ist im Aufbruch, besonders das lebendige Stadtviertel Greenwich Village mit seinen Jazzclubs und dem Geist der Beat Generation. Drei junge Menschen haben den Traum, in der aufstrebenden Verlagsbranche ihren Platz zu finden. Cliff, der Sohn eines berühmten Verlegers, ist überzeugt, der nächste große Star am Literaturhimmel zu werden. Eden träumt davon, Lektorin zu werden, wenn sich ihr nur nicht dauernd Steine in den Weg legen würden. Während Miles bereits am Ziel seiner Wünsche angekommen zu sein scheint, auf dem Weg zum umjubelten Schriftsteller. Die Wege der drei kreuzen sich auf ungeahnte Weise ...

Suzanne Rindell ist die preisgekrönte Autorin von Die Frau an der Schreibmaschine, ihr vielgelobtes und extrem spannendes Debüt über Singlefrauen in den Roaring Twenties in New York - und den ein oder anderen Mord. Keira Knightley wird in der für 2019 geplanten Verfilmung die Hauptrolle spielen. Suzanne Rindell lebt in New York.
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Produkt

KlappentextNew York, 1958: Die Stadt ist im Aufbruch, besonders das lebendige Stadtviertel Greenwich Village mit seinen Jazzclubs und dem Geist der Beat Generation. Drei junge Menschen haben den Traum, in der aufstrebenden Verlagsbranche ihren Platz zu finden. Cliff, der Sohn eines berühmten Verlegers, ist überzeugt, der nächste große Star am Literaturhimmel zu werden. Eden träumt davon, Lektorin zu werden, wenn sich ihr nur nicht dauernd Steine in den Weg legen würden. Während Miles bereits am Ziel seiner Wünsche angekommen zu sein scheint, auf dem Weg zum umjubelten Schriftsteller. Die Wege der drei kreuzen sich auf ungeahnte Weise ...

Suzanne Rindell ist die preisgekrönte Autorin von Die Frau an der Schreibmaschine, ihr vielgelobtes und extrem spannendes Debüt über Singlefrauen in den Roaring Twenties in New York - und den ein oder anderen Mord. Keira Knightley wird in der für 2019 geplanten Verfilmung die Hauptrolle spielen. Suzanne Rindell lebt in New York.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641210885
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum13.05.2019
Seiten640 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1434 Kbytes
Artikel-Nr.4024568
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

CLIFF
1

Greenwich Village im Jahr ´58 war das Paradies der Verrückten. Wir zogen durch die Gegend, tranken zu viel Kaffee, rauchten zu viel Cannabis und redeten die ganze Zeit über Lyrik und Nietzsche und Bebop. Ich war mit den Typen unterwegs, die ich von der Columbia kannte - außerdem dem einen oder anderen farbigen Jazzmusiker oder Benzedrin-Süchtigen -, und zusammen bekifften wir uns und fuhren mit der Subway zum Washington Square. Man kann wohl sagen, dass ich meine Columbia-Kumpels ganz gern mochte. Es waren prima Kerle, aber wenn man es sich recht überlegte, waren sie eine Bande von Möchtegern-Poeten in Tweed, und ich wusste, dass ich mich mit der Zeit von ihnen lösen würde. Ihre Väter waren Banker und Anwälte, und sobald ihre Faszination für lyrische Manifeste abklang, würden sie sich häuslich niederlassen und ebenfalls Banker und Anwälte werden und eine hübsche Debütantin heiraten. Ehrlich gesagt vergeudete ich die Zeit an der Uni größtenteils und strengte mich nicht sehr an, da ich das Interesse verloren hatte. Mit jedem weiteren Tag reifte in mir die Überzeugung, dass die Hochschule nutzlos war, und je mehr Zeit ich südlich der 14th Street verbrachte, desto offensichtlicher wurde es, dass das Village meine wahre Ausbildung war.

Als ich endlich das Handtuch warf und meinen letzten Kurs an der Columbia hinschmiss, kam mein alter Herr in mein Apartment in Morningside Heights und schnüffelte herum. Er ähemte leise vor sich hin, fingerte an den wächsernen Blättern der Pflanzen am Fenster herum und setzte sich endlich, sodass der Wasserfleck auf dem abgelegten Louis-XVI-Sofa, das meine Großtante als zu hässlich befunden hatte, um es in ihrem eigenen Apartment zu behalten, von seinem Hinterteil verdeckt wurde. Gemeinsam tranken wir zwei Fingerbreit Bourbon pur und dann schüttelte er auf würdevolle Art meine Hand und erklärte mir, der beste Ratschlag, den er mir zu jenem Moment in meinem Leben geben könne, sei, Eigenständigkeit zu entwickeln. Sein Plan bestand hauptsächlich darin, mich vom Familienvermögen abzuschneiden und lange Reden über die überragende Qualität verdienter Freuden zu schwingen.

Sobald mein alter Herr mir die Nachricht verkündet hatte, dass ich meinen eigenen Weg würde gehen müssen, ging alles ziemlich schnell. Ich veranstaltete zwei laute Partys und bezahlte die Miete nicht, woraufhin mich der Vermieter ruckzuck vor die Tür setzte und ich mir eine neue Bleibe suchen musste.

Und so mietete ich zum Auftakt meiner Erkundung des relativen Wertes verdienter Freuden im Village ein Ein-Zimmer-Apartment ohne Warmwasser und mit Toilette auf dem Gang. Der Deckel des Spülkastens fehlte, und ich weiß noch, dass ich meinen Gangnachbarn Grauenvolles antat, indem ich eines Nachts betrunken nach Hause kam, mich übergeben musste und dabei den offenen Spülkasten mit der offenen Kloschüssel verwechselte. Doch selbst ohne meine vom Whiskey herrührenden Verschönerungen war das Haus ein Drecksloch. Es war ein richtig schäbiges Apartment, und wenn es regnete, warf die Farbe an den Wänden schlimme Blasen, doch es gefiel mir, in der Nähe der Kellercafés zu wohnen, wo die Menschen leidenschaftlich mit Worten experi­mentierten, was ich damals noch ziemlich aufregend fand. Zu jener Zeit konnte man durch die Straßen um den Washington Square laufen und irgendwo einer schmalen Treppe nach unten folgen und auf einmal stand man in einem schwarz gestrichenen Raum mit roten Glühbirnen, in dem gerade jemand vor einer Menschenmenge stand und rief, Amerika solle zur Hölle fahren, oder in dem ein anderer vielleicht die Geburt einer heiligen Kuh in Indien nachspielte. Es war alles ein bisschen hysterisch, und man wusste nie so recht, was man als Nächstes zu sehen bekam, aber nach einer Weile merkte man, dass man hauptsächlich den immer gleichen Menschen über den Weg lief.

Miles, Swish, Bobby und Pal hatte ich natürlich schon im Village gesehen und sie mich ebenfalls. Da wir alle einen Hang zur Kunst hatten, war unser Umgang recht freundschaftlich. Ich kannte ihre Gesichter, und ich wusste, wie sie hießen, doch an dem Abend, als ich so richtig auf den Plan trat, war ich in so erbärmlicher Verfassung, dass es sich ihrerseits um einen echten Gnadenakt handelte. Ich sollte meine Gedichte zum allerersten Mal in einem Laden namens Sweet Spot vorlesen. Am Nachmittag hatte mich beim Überfliegen der Seiten auf einmal die Erkenntnis getroffen, dass sie nichts taugten. Angesichts dieser Offenbarung packte mich eine solche Angst, dass sich bald mein ganzer Körper wie gelähmt anfühlte, und ich spürte, dass mir schon der üble Gestank meines bevorstehenden Misserfolgs anhaftete. Die Gedichte waren schlecht und daran ließ sich nicht rütteln. Meine ­Lösung lautete Whiskey, und als ich um sechs Uhr eine halbe Flasche weggekippt hatte, fingen die Gedichte endlich an, besser auszusehen als um drei Uhr nachmittags. In meiner törichten Verfassung entschied ich, dass das Leeren der anderen Hälfte der Flasche dazu führen würde, wenigstens noch eine gewisse lyrische Verbesserung zu erzielen. Als ich die Bühne betrat, konnte ich mich kaum noch aufrecht halten. Irgendwie gelang es mir, zwei Gedichte zu deklamieren ... jedenfalls mehr oder weniger ..., bevor ich hörte, wie der Holzhocker neben mir polternd zu Boden fiel, und ich spürte, wie der kalte, klebrige, schwarz gestrichene Boden wie eine anschwellende Woge bis zu meiner Hüfte und Schulter und, Sekunden später, bis zu meinem Gesicht emporstieg.

Als ich wieder zu Bewusstsein kam, lag ich auf einer Couch in Swishs Apartment, und die ganze Bande saß um den Küchen­tisch und unterhielt sich lautstark über Charlie Parker, während sich eine bedeutende Schallplatte von ihm auf einem Plattenteller in der Nähe meines Kopfes drehte. Ein paar Minuten später kam Pal zu mir und reichte mir einen kühlen Waschlappen für mein geprelltes Gesicht. Dann stieß Bobby einen Pfiff aus und stellte fest, ich hätte »irgendwie einen irren Stil«, und das in einem bewundernden Tonfall, der bei mir den Gedanken aufkommen ließ, die beiden Gedichte, an deren Vortrag ich mich erinnern konnte, seien doch nicht so mies gewesen, und dass es vielleicht sogar stimmte, dass ich, indem ich mich besoffen hatte, die wahrhaftigste Wahl getroffen hatte, die ein Künstler treffen konnte, wie van Gogh mit seinem Absinth. Ihnen war anzusehen, dass sie abwogen, ob ich ein Aufschneider oder ein Genie war. Und dass sie eventuell offen für die zweite Möglichkeit sein könnten, bestärkte mich und erfüllte mich mit einer Art benommenem Stolz. Dann kochte Swish Kaffee auf dem Herd und brachte mir eine Tasse. Er erklärte mir, Kaffee sei seine Religion, und er könne es nicht ausstehen, wenn seine Gäste Milch oder ­Zucker nahmen, also solle ich niemals erwarten, bei ihm etwas von dem Zeug angeboten zu bekommen. Der Kaffee war so dickflüssig, dass man einen Löffel in die Mitte der Tasse hätte stecken können und er aufrecht darin stehen geblieben wäre, ohne den Tassenrand zu berühren. Als ich Swish später besser kennenlernte, erzählte er mir, so koche man ihn auf der Straße, und wenn man seinen Kaffee einmal so getrunken habe, schmecke alles andere wie Wasser. Swishs romantische Leidenschaft für Cowboy-Kaffee muss wohl ein bisschen auf mich abgefärbt haben, denn nach dieser Nacht belächelte ich spöttisch alles, was zufälligerweise einen Cremeton oder gesüßten Geschmack aufwies.

Swishs Vorname lautete Stewart, und man hatte ihm den Spitznamen Swish gegeben, weil er es immer eilig hatte. Er war einer dieser drahtigen, nervösen Typen voll überschüssiger Energie. Nachdem ich ein paar Schlucke von Swishs Kaffee getrunken und es geschafft hatte, die Stirn noch ein wenig mehr mit dem Waschlappen zu bearbeiten, ging es mir gut genug, um mich am Küchentisch zu ihnen zu gesellen und mich in das Gespräch über Dizzy Gillespie und ­Charlie Parker einzuklinken, und auf einmal war es, als hätte ich schon immer einen Platz an dem Tisch gehabt und es nur nicht gewusst. Das fieberhafte Tempo ihres Geplauders war ansteckend. Sie unterhielten sich wie Jazzmusiker, die improvisierten, und ich hoffte, dass ein Teil davon den Weg in mein Schreiben fände. Zu fünft leerten wir eine Kanne Kaffee, zwei Schachteln Zigaretten und vierzehn Flaschen Bier und teilten das vage Bewusstsein, dass sich ein kleiner, aber fester Bund gebildet hatte.

Swish unterhielt uns mit seinen Abenteuern, wie er wie ein Hobo mit dem Zug quer durch Amerika gefahren war, und erzählte von dem Jahr, das er in der Handelsmarine verbracht hatte. Obwohl er die Highschool nie abgeschlossen hatte, war es ihm doch gelungen, seinen Geist mit vielen guten, soliden Dingen zu füttern, und im Gespräch mit Swish wurde mir klar, dass all die Kerle an der Columbia, die sich einem überlegen fühlten, weil sie auf die Exeter oder Andover gegangen waren, im Grunde voller Pferdescheiße sind, denn hier war Swish, weitaus belesener als so manch anderer, und seine Schulbildung war ihm völlig kostenlos von der öffentlichen Bücherei bereitgestellt worden. Ich hatte Angst, ich könnte Swish vielleicht gekränkt haben, denn nach einer Bemerkung meinerseits setzte er zu einem großen hitzigen Vortrag über John Locke, Michail Bakunin und Thoreau an. Doch meine Sorge, ihn gekränkt zu haben, war unbegründet, denn später wurde mir klar, dass Swish zu den Menschen gehörte, die von Natur aus streitlustig waren.

Nachdem Swish damit fertig war, auf den Anarchietheorien des alten Michail herumzureiten, erkundigte ich mich bei ihm, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente, nachdem seine Zeit als Hobo nun vorüber war.

»Fahrradbote«, erwiderte er. »Miles hier auch.«

Ich betrachtete Miles, der nicht so ganz in die...

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Autor

Suzanne Rindell ist die preisgekrönte Autorin von Die Frau an der Schreibmaschine, ihr vielgelobtes und extrem spannendes Debüt über Singlefrauen in den Roaring Twenties in New York - und den ein oder anderen Mord. Keira Knightley wird in der für 2019 geplanten Verfilmung die Hauptrolle spielen. Suzanne Rindell lebt in New York.