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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am22.04.2019
Vier Freunde, ein tragisches Unglück und die Frage nach der Schuld
Fünf Studenten aus Tokio wollen in einem abgelegenen Dorf zusammen ein paar Ferientage verbringen. Einer von ihnen, Hirosawa, kommt bei einem Autounfall auf einer kurvenreichen Bergstraße ums Leben. Drei Jahre später holt das schreckliche Ereignis die ehemaligen Studienkollegen ein. Sie erhalten anonyme Briefe, in denen sie des Mordes an ihrem Freund beschuldigt werden. Raffiniert erzählt die japanische Erfolgsautorin Kanae Minato von den zahlreichen Verkettungen, die zu dem tödlichen Unfall geführt haben, lockt den Leser gekonnt auf falsche Fährten, bis schließlich die tragische Wahrheit ans Licht kommt.


Kanae Minato, geboren 1973 in Japan, begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit dem Bestseller 'Geständnisse', der erfolgreich verfilmt wurde. Ihre Romane und Kurzgeschichten wurden vielfach ausgezeichnet.
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Produkt

KlappentextVier Freunde, ein tragisches Unglück und die Frage nach der Schuld
Fünf Studenten aus Tokio wollen in einem abgelegenen Dorf zusammen ein paar Ferientage verbringen. Einer von ihnen, Hirosawa, kommt bei einem Autounfall auf einer kurvenreichen Bergstraße ums Leben. Drei Jahre später holt das schreckliche Ereignis die ehemaligen Studienkollegen ein. Sie erhalten anonyme Briefe, in denen sie des Mordes an ihrem Freund beschuldigt werden. Raffiniert erzählt die japanische Erfolgsautorin Kanae Minato von den zahlreichen Verkettungen, die zu dem tödlichen Unfall geführt haben, lockt den Leser gekonnt auf falsche Fährten, bis schließlich die tragische Wahrheit ans Licht kommt.


Kanae Minato, geboren 1973 in Japan, begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit dem Bestseller 'Geständnisse', der erfolgreich verfilmt wurde. Ihre Romane und Kurzgeschichten wurden vielfach ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641234935
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum22.04.2019
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3198 Kbytes
Artikel-Nr.4024674
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Im Sommer vor drei Jahren ...

Der Vorschlag, nach Madarao Kogen zu fahren, kam von Takaaki Murai. Sein Onkel besitze in diesem bekannten Skigebiet an der Grenze zu den Präfekturen Nagano und Niigata ein Chalet. Fukase hörte zum ersten Mal den Begriff »Chalet« im Kontext alltäglicher Gespräche, aber für Murai, dessen Vater Präfekturabgeordneter war, schien es etwas völlig Selbstverständliches zu sein.

Anfang Juli waren ausnahmsweise mal alle Teilnehmer im Seminarraum versammelt. »Klingt gut!«, rief Yasuo Tanihara und blickte, nach Zustimmung heischend, zu Asami neben ihm. Fukase spitzte zwar die Ohren, aber hielt den Blick weiterhin auf den Bildschirm seines Notebooks gerichtet.

Es wurde ihm schmerzlich bewusst, dass die Unterhaltung seine Person offenbar nicht mit einbezog. Wenn Vorschläge kamen wie: »Wollen wir uns den oder den Film im Kino anschauen?«, oder: »Wollen wir in den neu eröffneten Nudel-Imbiss gehen?«, reagierte er zwar manchmal innerlich sofort darauf, aber sobald er dann direkt angesprochen wurde, ob er sich anschließen wolle, erfand er sofort eine Ausrede wie, er habe noch etwas Dringendes zu erledigen.

Ich bin ein farbloser Luftmensch. Ich sollte besser gar nicht reagieren, selbst wenn etwas vielversprechend klingt ... Denn es würde ja sowieso niemand einen wie mich einladen. Während er seinen Gedanken nachhing, tippte er vorgeblich eifrig weiter an einem sinnlosen Text.

»Was ist mit dir, Fukase?«

Jetzt sprach Tanihara ihn direkt an.

»Das ist doch eine gute Gelegenheit, wir fahren alle!«

Als er in Taniharas unbekümmert lachendes Gesicht sah, war Fukase einen Moment lang völlig baff. Tanihara besaß die Fähigkeit, auch größere Gruppen anzuführen; Gruppen, zu denen Fukase nie gehören würde. Immer gut gelaunt, eine Sportskanone, patent und beliebt. Mit »wir alle« bezog dieser Tanihara ihn nun ebenfalls ein.

»Ich weiß, der Zeitpunkt ist nicht gerade der günstigste. Nicht, dass ich euch bedrängen möchte ...«

Bisher hatten nur Tanihara und Murai Jobzusagen erhalten. Tanihara, der bei dem führenden Handelsunternehmen Kujo Production eine Stelle antreten würde, schaute vermutlich bereits wehmütig auf seine Studienzeit zurück. Murai würde für ein paar Jahre bei einem Bauunternehmen, das von seinen Verwandten betrieben wurde, arbeiten, um anschließend bei seinem Vater, dem Präfekturabgeordneten, die Büroleitung zu übernehmen, und somit peu à peu in politischen Kreisen Fuß fassen.

»Asami, was ist mit dir?«

Tanihara wandte sich nun an Asami, ohne eine Antwort von Fukase abzuwarten.

»Bei mir wäre es erst nach dem ersten Staatsexamen möglich«, erwiderte Asami.

Seine erste Lehramtsprüfung war für Ende Juli angesetzt, die Ergebnisse würde er bereits vor dem Ahnenfest Mitte August erfahren, und falls er bestehen sollte, erwartete ihn das zweite Staatsexamen um den 25. August herum. Dies bestünde nur aus einem Aufsatz und dem Vorstellungsgespräch, erklärte Asami auf Taniharas Einwand, dass er für die Prüfung wohl büffeln müsse. Damit wäre also Anfang August Zeit für den Ausflug.

Er war zwar wie Fukase ohne Jobzusage, hatte aber noch alle Prüfungen vor sich, und das Gespräch mit Tanihara verlief entsprechend unverkrampft. Fukase hingegen, dessen sämtliche Bewerbungen von der Stadtbank oder anderen führenden Unternehmen bisher abgelehnt worden waren, wurde nicht direkt darauf angesprochen, obwohl Tanihara sonst nie sonderlich zurückhaltend auftrat.

Auch Hirosawa befand sich in einer ähnlichen Situation wie Fukase. Während er mit seinen Eltern darüber stritt, ob er in seine Heimat zurückkehren sollte, war er mit seiner Jobsuche unversehens in Verzug geraten. Darüber hatte Hirosawa sich neulich mal beklagt, als er bei Fukase einen Kaffee trank. Es war übrigens genau an dem Tag gewesen, als Fukase beim zweiten Auswahlgespräch an seiner favorisierten Bank durchgefallen war. Aber ...

»Hirosawa, was ist mit dir?«

»Klingt gut, ich würde mitfahren.«

Hirosawa wirkte völlig locker.

»Na dann, wenn Hirosawa auch mitkommt ...«, wandte sich Tanihara erneut an Fukase.

»He, Fukase, du kommst auch mit. Alle zusammen, das wird ein großer Spaß.«

»Ja, ich würde ...«

Fukase hatte seinen Satz noch nicht beendet, da rief Tanihara schon: »Also abgemacht!«

Von Murai und Tanihara angeregt, wurde sofort eine Landkarte ausgebreitet und ein Kalender aufgeschlagen. Man einigte sich auf einen Drei-Tage-Trip von Dienstag bis Donnerstag in der ersten Augustwoche.

Aber was soll man im Sommer in einem Skigebiet anfangen?, wandte sich Tanihara nun etwas ernsthafter an Murai, der ihn sofort beruhigte. Ganz in der Nähe gäbe es einen Golfplatz und ein Center für Aktivitäten wie Gleitschirmfliegen, Heißluftballonfahrten und dergleichen, aber zuerst könnten sie sich mit einem Barbecue begnügen und die ganze Nacht hindurch einen draufmachen, ohne irgendwelche Nachbarn zu stören. Und tagsüber nach Herzenslust lesen, fügte Asami hinzu, worin Fukase ihm mit einem eifrigen Nicken beipflichtete.

Fukase stellte sich vor, wie es gewesen wäre, wenn er mit diesen Kommilitonen auch seine gesamte Schulzeit verbracht hätte. Vor allem mit jemandem wie Tanihara in der Klasse, der immer am liebsten alle mit einbezog.

Das wäre mir vielleicht auch mal auf den Geist gegangen, aber zumindest hätte ich die Chance gehabt, meine Statistenrolle im Hintergrund aufzugeben und mich von meinem Minderwertigkeitskomplex freizumachen, dachte Fukase wehmütig.

Selbst Murai, der gern den Anführer spielt, hat kein abfälliges Gesicht gemacht, als es darum ging, mich auch noch mitzunehmen. Er ist generell nicht der Typ, der besonders gründlich über die Dinge nachdenkt. Hauptsache, er hat seinen Spaß, so lautet seine Devise, typisch für Macher wie ihn, aber er hat noch nie andere herabgesetzt, um seine eigene Position zu betonen.

Da die Reisetermine schon festgelegt worden waren, bedeutete »Planen«, dass hauptsächlich Murai alles Weitere organisierte. Tanihara und Fukase hatten keinen Führerschein, und so bot Murai, der als Einziger ein Auto besaß, den beiden anderen an, seinen geliebten RAV4 abwechselnd zu chauffieren. Zubehör für das Barbecue befände sich im Landhaus, Holzkohle, Grillroste, Einwegbesteck und dergleichen würde er selbst von zu Hause mitbringen, erklärte Murai, der als Einziger von ihnen noch bei seinen Eltern wohnte.

»Äh ... könnte ich auch was machen?«, rutschte es Fukase unwillkürlich heraus, obwohl er eigentlich nur still folgen wollte.

Murai hielt kurz inne und verkündete dann, das Kaffeekochen Fukase zu überlassen. Ab diesem Moment begann Fukase sich auf die Reise nach Madarao Kogen zu freuen.

Dann kam der Tag.

Als Fukase um kurz vor neun am vereinbarten Treffpunkt, dem 24-Stunden-Laden in der Nähe von Taniharas Wohnung, eintraf, waren außer Murai bereits alle da. Fukase wollte gerade erleichtert aufatmen, dass er nicht der Letzte war, aber dann erfuhr er von Tanihara, dass Murai am Vorabend einen Autounfall gehabt hatte.

Er war mit seiner Freundin unterwegs, und als er an einer roten Ampel hielt, sei ihm jemand von hinten aufgefahren. Murai selbst sei unverletzt, aber der Wagen wurde beschädigt, und die Freundin habe eine Kopfverletzung davongetragen, da sie nicht angeschnallt gewesen sei.

»Dann fällt es flach?«, fragte Fukase Tanihara mit einem Seitenblick auf sein Gepäck, das vollgestopft war mit Kaffeebohnen, Stofffiltern und anderem Zubehör.

»Nicht doch, er meint, wir sollen ruhig fahren, und wünscht uns viel Spaß.«

Tanihara wies in Richtung Parkplatz, wo ein silberner Toyota Vitz stand. Es war der Wagen von Murais Mutter. Als Fukase die Hecktür zum Kofferraum öffnete, um sein Gepäck zu verstauen, fiel ihm eine große Kühlbox ins Auge. Murai habe sogar das Fleisch für das Barbecue beigesteuert, erklärte man ihm.

»Na, zum Glück ist ihm nichts passiert. Er will eventuell nachkommen, sobald er alles geregelt hat. Also, auf ins Vergnügen!«

Der ehemalige Baseball-Kapitän Tanihara trommelte seine Mannschaft zusammen, worauf alle ins Auto stiegen. Asami setzte sich ans Steuer.

»Da Hirosawa erst seit dem Frühjahr seinen Führerschein hat, werde ich euch bis zur Autobahn chauffieren, wo es dann bequemer zu fahren ist.«

»Danke dir!«, erwiderte Hirosawa erleichtert.

Tanihara setzte sich auf den Beifahrersitz, Fukase und Hirosawa nahmen auf der Rückbank Platz.

»Ach ja ...« Fukase holte einen verschließbaren Thermobecher aus seinem Rucksack.

»Ich kann zwar nicht Auto fahren, aber dafür habe ich Kaffee gebrüht.«

»Sehr aufmerksam. Ist Zucker drin?«, fragte Asami, als er den Becher in Empfang nahm.

»Ja, ist schon drin, auch Milch.«

Er hatte ihn so zubereitet, wie Hirosawa ihn mochte.

»Mann, schmeckt der gut!«, rief Asami nach dem ersten Schluck.

»He, ich auch«, sagte Hirosawa und entriss ihm den Becher. »Echt, man ist mit einem Schlag hellwach. Asami, willst du den etwa austrinken?«

»Klar! Den gebe ich nicht mehr her. Sonst penne ich hier noch am Steuer ein.«

Asami holte sich den Becher zurück.

Er brauche auch ein Mittel gegen Müdigkeit, erklärte Tanihara und steckte eine Minidisc in die Stereoanlage. Asami, der inzwischen den Kaffeebecher geleert hatte, schaltete sich ein:

»O Mann - du und deine altmodischen Minidiscs!«

Er startete den Motor, worauf Popmusik zu dudeln begann.

Der Wetterbericht hatte zwar zunächst Bewölkung und für später Regen vorausgesagt, aber noch war es heiter. Und auch wenn Murai fehlte, ließen sich die vier davon nicht die Laune verderben.

Tanihara quasselte...

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Autor

Kanae Minato, geboren 1973 in Japan, begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit dem Bestseller "Geständnisse", der erfolgreich verfilmt wurde. Ihre Romane und Kurzgeschichten wurden vielfach ausgezeichnet.