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Die Frauen von Salaga

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am11.03.2019
Westafrika, Ende des 19. Jahrhunderts. Aminah, ein verträumtes junges Mädchen, wird brutal aus ihrem Zuhause gerissen und als Sklavin verkauft. Wurche ist eine privilegierte Frau, doch ihr Vater zwingt sie, eine ungewollte Ehe einzugehen. Als Aminah und Wurche sich auf dem Sklavenmarkt von Salaga begegnen, verbinden sich ihre Schicksale unwiderruflich miteinander. Beide hadern mit den Grenzen, die ihnen Zeit und Gesellschaft auferlegen. Beide riskieren ihr Leben. Und beide verlieben sich in denselben Mann.

Ayesha Harruna Attah wurde in Ghana geboren, studierte in den USA u.a. an der Columbia University und der NYU und lebt heute mit ihrer Familie im Senegal. Ihr Roman »Die Frauen von Salaga« ist von dem Schicksal ihrer Ururgroßmutter inspiriert.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextWestafrika, Ende des 19. Jahrhunderts. Aminah, ein verträumtes junges Mädchen, wird brutal aus ihrem Zuhause gerissen und als Sklavin verkauft. Wurche ist eine privilegierte Frau, doch ihr Vater zwingt sie, eine ungewollte Ehe einzugehen. Als Aminah und Wurche sich auf dem Sklavenmarkt von Salaga begegnen, verbinden sich ihre Schicksale unwiderruflich miteinander. Beide hadern mit den Grenzen, die ihnen Zeit und Gesellschaft auferlegen. Beide riskieren ihr Leben. Und beide verlieben sich in denselben Mann.

Ayesha Harruna Attah wurde in Ghana geboren, studierte in den USA u.a. an der Columbia University und der NYU und lebt heute mit ihrer Familie im Senegal. Ihr Roman »Die Frauen von Salaga« ist von dem Schicksal ihrer Ururgroßmutter inspiriert.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641239008
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum11.03.2019
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1301 Kbytes
Illustrationen1 schwarz-weiße Abbildungen
Artikel-Nr.4024972
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Aminah

Die Karawanen konnten bei Tagesanbruch eintreffen. Die Karawanen konnten eintreffen, wenn die Sonne am höchsten stand. Die Karawanen konnten auch gegen Mitternacht eintreffen, wenn die ganze Welt in samtenes Blau gehüllt war. Fest stand nur, dass die Sokoto-Karawanen weit vor Ende der Trockenzeit eintreffen würden. Nicht so dieses Mal: Seit Wochen waren sich Aminah und die übrigen Einwohner von Botu nicht einmal mehr sicher, ob die Karawanen überhaupt noch eintreffen würden. Auch wenn sich die dunklen Wolken nach wie vor nicht abgeregnet hatten, zuckte in der Ferne ein Blitz über den Himmel, und es donnerte. Das Gras stand bereits hoch. Außerdem hieß es, Reiter seien im Anzug, die alles dem Erdboden gleichmachten. Reiter, die die Karawanserei in die Flucht schlugen. Reiter, die Menschen raubten. Das war gar kein gutes Zeichen. Aminahs Vater musste nach Dschenne, um Schuhe zu verkaufen. Und Aminahs Familie die von ihr erzeugten Lebensmittel an den Mann bringen.

Eine Woche bevor der Regen kam - Aminah bereitete gerade das Abendessen zu -, hörte sie die Trommeln. Sie ließ die Zwiebeln fallen, dankte ihrem Gott Otienu, dass er sie vor Unglück bewahrt hatte, und eilte in die Hütte ihrer Mutter zu ihren Zwillingsschwestern. Die Mädchen beeilten sich, einer ganzen Schar von Dorfschwestern und Dorfbrüdern zu folgen, die Willkommensgesänge schmetterten. Sie konnten ihre eigenen Lieder allerdings kaum verstehen, weil sie von den Trommeln der Karawane übertönt wurden. Aminah und die Zwillinge zwängten sich durch die Menge, um weiter nach vorn zu gelangen.

Kamele und ihre Reiter zogen vorbei, bewegten sich fast im Gleichschritt zum Rhythmus der Trommeln, gefolgt von Frauen, die riesige, wolkenförmige Bündel auf den Köpfen balancierten. Ihre Nachhut wurde von Eseln gebildet, bepackt mit turmhohen Lasten. Dann kamen die Träger, Mitleid erregende Männer und Frauen, die unter schweren Körben und Töpfen gebückt gingen - in nichts als Stoffstreifen gehüllt, die ihre Genitalien bedeckten. Hassana, die ältere der Zwillinge, zeigte aufgeregt auf eine Gestalt in der Ferne, die alle anderen in dieser endlosen Prozession zu überragen schien. Der Madugu! Aminahs Herz hüpfte vor Aufregung. Der Karawanenführer, eine majestätische Gestalt auf einem riesigen Pferd, hob die Hand, um die Menge zu grüßen. Wenn er vorüberzog, schien die Erde zu beben. Das lag an seiner Kleidung, an seinem Pferd, an seinen eleganten Bewegungen - daran, dass er Orte auf der Welt gesehen hatte, an denen niemand von ihnen je gewesen war. Das lag an seiner Macht. Er war der Höhepunkt der Karawane. Den Schlusspunkt bildeten zerlumpte Jungen, die auf Kalebassen eintrommelten und Geld von denen erbettelten, die bereit waren, ihnen welches zu geben. Ihr Anblick stimmte Aminah traurig. Als die Menge die Bettler sah, drängte sie nach vorn, um auf Höhe des Madugu zu bleiben. So als würde allein durch seinen Anblick etwas von seiner Pracht auf sie übergehen. Die Luft war von Regen, herbem Viehgeruch, Gewürzen und dem Duft brodelnder Suppen erfüllt. Als sich der Abendhimmel rosa verfärbte, wuchs die Erregung der Menge.

»Macht Platz für das Oberhaupt aus Botu, macht Platz für Obado«, sagte eine Stimme, die nur Eeyah, Aminahs Großmutter, gehören konnte.

Eeyah und ihre Griottes, die anderen Sängerinnen, hatten sich so dicht um Obado geschart, dass er kaum noch zu erkennen war. Aminah stellte sich seinen flatternden Kaftan, seine schief sitzende Kappe, seine ernste Miene und seine kurzen Arme vor, mit denen er selbstgefällig wackelte. Als Obado dann auftauchte, trug er zwar einen Kaftan, aber keine Kappe. Er setzte sich an die Spitze des Zuges, den großen Lederbeutel quer vor seinem kleinen beleibten Körper, zum Zeichen, dass er gekommen war, um Geld einzutreiben.

Der Madugu lenkte sein Pferd zu Obado, um über den Karawanenzoll zu verhandeln. Der von der Sokoto-Karawane geforderte war höher als der aller anderen Karawanen zusammen. Er war auch am schwierigsten auszuhandeln. Einmal war die Karawane über eine Woche in Botu geblieben, weil sich der Madugu und Obado nicht hatten einigen können.

Mit seinen Gewändern in satten Blaulilatönen, seinem weißen Turban und seiner dunkel schimmernden Haut federte der Madugu bei jedem Trommelschlag nach links und nach rechts, und seine geballte Faust schien die Luft über seinem Kopf mit jedem Schritt seines Pferdes regelrecht zu punktieren. Aminah fragte sich, wie es sich wohl anfühlte, so viel Macht zu besitzen. Sie sorgte dafür, dass er sich auf eine Art in seiner Haut wohlfühlte, die Obado abging. Aber das war auch kein Wunder: Er führte Tausende von Reisenden an, während Botu nur ein paar Hundert Einwohner besaß.

Als der Madugu von seinem Pferd sprang und sich vor Obado aufbaute, wirkte Botus Anführer - der Mann, zu dem die Leute gingen, damit er für Frieden sorgte - wie ein kleines Kind. Das Getrommel erreichte einen Höhepunkt und wurde anschließend leiser.

Die beiden Männer umarmten sich, und der Madugu beugte sich vor, um mit Obado zu reden. Gleichzeitig wies er seine Leute an, die Karawane in den Zongo, den von Muslimen gegründeten Stadtteil, zu führen. Gemeinsam gingen sie zu Obados Haus, gefolgt von Eeyah und ihren Griottes, die mit hohen Stimmen ein Loblied auf den Madugu und Obado sangen.

Aminah zerrte die Zwillinge nach Hause. Na würde bestimmt verärgert sein, weil die Mädchen nicht schon gekocht und damit begonnen hatten, der Karawane Essen zu verkaufen.

Aminah sah zu, wie sich ein Klumpen Sheabutter zu goldenem Öl verflüssigte - in Gedanken nach wie vor bei der Karawane, beim Madugu. Eeyah hatte ihr einmal gesagt, dass er zwanzig Frauen habe und stets nach neuen Ausschau halte. Als sie das ihren Freundinnen erzählte, wollten die ihm absichtlich über den Weg laufen ... und seine einundzwanzigste Frau werden. Doch was war daran eigentlich so erstrebenswert? Aminah stellte sich lieber vor, zu Kamel oder zu Pferd mit einem Sack Schuhe auf Reisen zu gehen, dieselbe Arbeit zu machen wie Baba, also etwas von Hand herzustellen, um es dann auf weiten Reisen zu verkaufen. Das Öl bildete Blasen und spritzte, gab sein nussiges Aroma ab. Aminah stützte den Kopf in die Hände und starrte ins Öl. Keine Frau in Botu stellte Schuhe her. Frauen arbeiteten ausschließlich auf dem Feld. Sie musste mit Baba reden. Was, wenn sie Schuhe nähte?

Ein Schlag traf ihren Hinterkopf, und sie zuckte zusammen. Das war bestimmt Na, ihre Mutter, die Aminahs Tagträumerei nicht leiden konnte. Oder Eeyah, die sie gerne erschreckte. Aminah drehte sich um und fing Issa-Nas kühlen Blick auf. Die Augen der Frau waren von einem durchbohrenden Weiß, ihr wie Stacheln vom Kopf abstehendes Haar mit Bändern verflochten. Stachelschweine tauchten vor Aminahs innerem Auge auf, sobald sie Issa-Na sah. Sie war nur die Zweitfrau, was sie mit Verbitterung erfüllte. Mehr brauchte Aminah gar nicht, um zu wissen, dass es alles andere als wünschenswert war, zur einundzwanzigsten Frau genommen zu werden.

Aminah sah ihre Stiefmutter an, die auch Issas Mutter war, die ihres einzigen Bruders. Sie versuchte, ihre Gesichtszüge zu kontrollieren, um so respektvoll wie möglich zu wirken.

»Du wirst die Maasa noch verbrennen«, sagte Issa-Na. »Es gibt nichts Schlimmeres als verbrannte Maasa.«

Die Frau hatte recht. Das Sheaöl warf am Rand schwarze Blasen. Aminah nahm den Topf vom Feuer. Issa-Na machte auf dem Absatz kehrt und verließ die Küche, noch bevor Aminah sich bei ihr bedanken konnte.

Aminah stellte den Topf zurück aufs Feuer und formte Bällchen aus dem Reis-Hirseteig. Als sie sie ins Öl gab, wurde sie ganz aufgeregt. Die Maasa nahmen eine goldbraune Färbung an. Man wusste nie, was die Karawanen so brachten. In ein breites Messinggefäß stellte sie einen großen Topf mit Hirsebrei, Honig und Kefir sowie mehrere Kalebassenhälften. Die Maasa kamen auf ein kleineres Tablett. Anschließend trug sie alles nach draußen, wo Na, eingehüllt in Dampf, der aus einem riesigen Topf aufstieg, in ihrem Tuo rührte. Nas Tuo war beliebt, weil er so schön locker war. Das Geheimnis ihres Familienrezepts bestand darin, Reismehl in den Hirseteig zu geben.

Na rief sie zu sich. »Hab ich richtig gesehen, dass dich diese Frau geschlagen hat?«

Aminah nickte langsam. Der Schlag hatte sie nur zusammenzucken lassen - wehgetan hatte er nicht. Und so gemein Issa-Na auch zu ihr war, sie wollte ihr keinen Ärger machen. »Das Öl wäre beinahe verbrannt.«

»Das nächste Mal gibst du ihr keinen Grund, dich anzurühren«, sagte Na.

Na behauptete, dass Issa-Na fast immer ihren Willen bekäme, weil ihre Haut weißer war. Und auch, dass man den Leuten vor langer Zeit die dumme Idee in den Kopf gesetzt hätte, je heller die Hautfarbe, desto besser. Darüber hinaus sagte sie, dass Issa-Na halb gar aussehe und man Aminah in einer idealen Welt schöner fände als Issa-Na. Nicht ohne hinzuzufügen: »Aber Schönheit kann man nicht essen.«

Na starrte auf Issa-Nas Hütte und schaute dann wieder zu Aminah. »Worauf wartest du noch? Die Karawanenmitglieder haben Hunger. Los, beeil dich!«

Aminah zog die Zwillinge vom Gehöft. Die Mädchen begrüßten betagte Frauen, die sich zu alt fanden, um noch an dem Trubel teilzunehmen, aber auch keinen Klatsch verpassen wollten und deshalb ihre Hocker unweit des Zongo aufgestellt hatten.

Als es Abend wurde, waren die Zelte bereits aufgebaut und versprachen Bequemlichkeit - ganz so als hätten sie schon immer hier gestanden. Weitere Niederlassungen nahmen erst noch Gestalt an, während Karawanenmitglieder und Männer aus Botu hohes Gras schnitten. Andere holten Sand und Lehm vom Wasserloch und formten Blöcke daraus. Einige Frauen brachen Zweige...
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Ayesha Harruna Attah wurde in Ghana geboren, studierte in den USA u.a. an der Columbia University und der NYU und lebt heute mit ihrer Familie im Senegal. Ihr Roman »Die Frauen von Salaga« ist von dem Schicksal ihrer Ururgroßmutter inspiriert.