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Das Dorf der Toten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
576 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am18.03.2019
Aurora Scalviati ist die beste Profilerin der italienischen Polizei. Doch seit sie bei einem Einsatz lebensgefährlich verletzt wurde, ist sie nur noch bedingt arbeitsfähig. Man versetzt sie daher in ein kleines Dorf in der Emilia Romagna, doch Ruhe findet Aurora auch dort nicht: Bereits in der Nacht nach ihrer Ankunft wird eine Frau in ihrem eigenen Haus brutal ermordet. An eine Wand hat der Täter mit Blut geschrieben: »Du wirst keinen Schaden tun.« Psychopathische Mörder sind Auroras Spezialgebiet. Doch sie kämpft nicht nur gegen einen gefährlichen Killer, sondern auch gegen ihre eigenen Dämonen ...

Barbara Baraldi ist Autorin von Noir-Thrillern und Young Adult Gothic. Außerdem schreibt sie die Drehbücher für die Comicserie Dylan Dog. Die Autorin lebt in der Nähe von Modena. »Das Dorf der Toten« ist der Beginn einer Thrillerserie um die junge Profilerin Aurora Scalvati, die in der Emilia Romagna ermittelt.
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Produkt

KlappentextAurora Scalviati ist die beste Profilerin der italienischen Polizei. Doch seit sie bei einem Einsatz lebensgefährlich verletzt wurde, ist sie nur noch bedingt arbeitsfähig. Man versetzt sie daher in ein kleines Dorf in der Emilia Romagna, doch Ruhe findet Aurora auch dort nicht: Bereits in der Nacht nach ihrer Ankunft wird eine Frau in ihrem eigenen Haus brutal ermordet. An eine Wand hat der Täter mit Blut geschrieben: »Du wirst keinen Schaden tun.« Psychopathische Mörder sind Auroras Spezialgebiet. Doch sie kämpft nicht nur gegen einen gefährlichen Killer, sondern auch gegen ihre eigenen Dämonen ...

Barbara Baraldi ist Autorin von Noir-Thrillern und Young Adult Gothic. Außerdem schreibt sie die Drehbücher für die Comicserie Dylan Dog. Die Autorin lebt in der Nähe von Modena. »Das Dorf der Toten« ist der Beginn einer Thrillerserie um die junge Profilerin Aurora Scalvati, die in der Emilia Romagna ermittelt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641226473
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum18.03.2019
Seiten576 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1136 Kbytes
Artikel-Nr.4216555
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2

Bononia, 20. September 1349

Ausgestoßene.

Dieses Wort ging Padre Egidio Galuzzi, Prior der Dominikanermönche von Bononia, nicht mehr aus dem Kopf, während er zusah, wie sich die Morgenröte auf die Stadt vor seinem kleinen Zellenfenster legte. Ein eiskalter Schauer überlief ihn; was er einstmals für ein Zeichen göttlicher Kraft gehalten hätte, erschien ihm heute wie ein schlechtes Omen.

Seit über einem Jahr suchte eine heimtückische, unaufhaltsame Seuche die Bevölkerung heim, die die Gelehrten nach dem lateinischen Wort für »das Schlimmste«, pestem, die Pest, getauft hatten.

Die Pest hatte sich schnell in ganz Europa ausgebreitet und Männer, Frauen und Kinder dahingerafft, ganz gleich ob Adelige, Priester, Bauern oder Handelsleute, immer mehr Ländereien lagen brach, die Bevölkerung der Stadt war dezimiert, und die Sitten verrohten.

Die Krankheit verschlang zwei Menschen von fünfen, und es hieß, sie komme aus dem fernen Orient, wo mehrere Tage lang ein Regen aus Würmern, später aus Schlangen herabgekommen sei, die groß genug waren, einen Mann in einem einzigen Bissen zu verschlingen, schließlich seien Feuerbälle gefolgt, deren Rauch so giftig war, dass jeder, der ihn einatmete, innerhalb von zwölf Stunden starb.

Im Glauben an dieses Gerede hatte der Ältestenrat, die weltliche Institution, die Bononia regierte, verfügt, dass in den Häusern alle nach Osten gehenden Fenster verschlossen bleiben mussten, um den giftigen Pesthauch nicht einzulassen, der mit den Winden aus dem Orient hereinwehte.

»Ausgestoßene« waren diejenigen, die von der Gesellschaft ausgeschlossen wurden. Isoliert, sich selbst überlassen. Wie die Pestkranken. Aber nicht nur die.

Manch einer hielt die Pest für eine Strafe des Allmächtigen für die Toleranz der Regierenden gegenüber Juden und Ungläubigen, und das hatte für ein Wiederaufflammen der Verfolgung von Minderheiten gesorgt. Auch wenn es sich dabei häufig nur um eine billige Rechtfertigung handelte, um sich die Reichtümer der Verdammten anzueignen.

Padre Egidio hielt nichts von solcherlei Aberglauben, und als Inquisitor spürte er die Verantwortung, die Stadt vor allem zu bewahren, was ihr Volk von Gottes Gnade entfernte.

Er war überzeugt, es bedürfe eines Glaubensaktes, um die Pest zu bekämpfen, und er hatte sich für härtere Strafen für der Häresie oder der Hexerei Verdächtige eingesetzt. Die Irrlehre gehörte ausgemerzt, und die beste Art, das zu tun, war, einen Prozess nach dem anderen zu führen. Täglich gab es Exekutionen, und sie durften kein Ende finden, bis nicht der Glauben des Volkes an Gott und die Männer der Kirche vollständig wiederhergestellt wäre.

Padre Egidio schüttelte die Gedanken ab und zog seinen schwarzen Umhang über den weißen Habit der Dominikanermönche. Sein noch vom Schlaf verschleierter Blick glitt für einen Augenblick durch die Zelle. Sie war schlicht möbliert, wie es die Regeln Domingo de Guzmáns, des heiligen Dominikus vorschrieben: Neben dem Bett stand eine Sitztruhe und auf der gegenüberliegenden Seite ein kleiner Schreibtisch. Padre Egidio kniete vor dem Kruzifix an der Wand nieder und sprach mit leiser Stimme das Vaterunser.

Dann verließ er den Raum und ging mit sicheren Schritten den langen Korridor hinunter, der die Zellen miteinander verband, bis in den vorderen Teil der Basilika. Hier wurden normalerweise die öffentlichen Andachten abgehalten, während der Laudes war er jedoch für die Mönche reserviert. Er gesellte sich für das Morgengebet zu seinen Mitbrüdern an der Arca di San Domenico, dem eindrucksvollen Grabmal des Ordensgründers.

Nach dem Gebet trat Padre Baldassarre Fey, der alte Abt, zu ihm. »Macht Euch etwas Sorgen, Padre Egidio?«

Padre Egidio runzelte die Stirn, überrascht von so viel Eifer. »Warum fragt Ihr?«

»Ich kenne Euch seit Eurer Zeit als gottesfürchtiger Ordensanwärter«, sagte Padre Baldassarre. »Vergesst nicht, dass ich derjenige war, der sich beim Bischof für Eure Ernennung zum Inquisitor eingesetzt hat. Euch hat stets ein flammender Glaube beflügelt, eine Seltenheit in dieser Zeit. Und doch habe ich seit einiger Zeit das Gefühl, dass Euch eine große Sorge plagt.«

Padre Egidio breitete die Arme aus. Es stimmte, sein alter Freund kannte ihn besser als jeder andere. Er fühlte tiefes Unbehagen in sich aufsteigen, was von dem körperlichen Unwohlsein, das ihn bereits seit Tagen plagte, noch verschlimmert wurde. Er kannte die Symptome der Krankheit gut, und das anhaltende Fieber, das ihm zusetzte, war sicherlich eines von ihnen, ebenso wie die eiförmige Ausbeulung an seiner Leiste. Doch es war noch nicht der richtige Zeitpunkt, seinen Mitbruder über die Erkrankung zu informieren. Im Augenblick forderte eine dringende Angelegenheit seine ganze Aufmerksamkeit. Und das Wort »Ausgestoßene« hallte in seinem Kopf wider wie eine Drohung.

»Meine einzige Sorge ist die Rettung unseres Volkes«, lautete darum seine ganze Antwort.

Ein ironisches Lächeln breitete sich daraufhin unter dem üppigen Bart Padre Baldassarres aus. »Manchmal frage ich mich, ob da noch viel zu retten ist«, sagte er bitter. »Im Volk machen sich Verzweiflung und Elend breit. Der Gottesglaube wird auf eine harte Probe gestellt und mit ihm unsere Autorität.«

»Genau deshalb sind entschiedene Schritte erforderlich, um das Böse auszmerzen«, schloss Padre Egidio, dann verabschiedete er sich mit einem Nicken, auf das der andere mit einer angedeuteten Verbeugung antwortete.

Als Padre Egidio aus der Basilika trat, peitschte die heiße, feuchte Luft sein Gesicht. Nichts an dem Klima dieser Tage deutete auf die bevorstehende Ankunft des Herbstes hin. Der glühende Wind wehte von den Küsten her Salzgeruch in die Straßen der Stadt, unter den sich der ekelhafte Gestank des Straßenschlamms mischte, der ständig von den Karren der Händler durchgepflügt wurde.

Padre Egidio stieg über einen Bettler hinweg, der auf dem Pflaster vor der Basilika schlief. Mit einem Seitenblick auf einen Mann in zerlumpter Kleidung, der einen Karren voller Pestleichen zum vor der Stadt eigens eingerichteten Massengrab brachte, setzte er seinen Weg fort.

Ein Zug Geißler zog laut betend durch die Straße. Sie waren barfuß, trugen weiße Mäntel mit scharlachroten Kreuzen, heruntergelassene Kapuzen und Peitschen in der Hand.

Zu ihnen trat eine Frau mit vor Wahnsinn verzerrtem Gesicht, im Arm ein Bündel mit einer Kinderleiche. Sie sank vor ihnen auf die Knie und bettelte um eine Segnung.

Beim Anblick der Szene konnte Padre Egidio eine Grimasse des Abscheus nicht unterdrücken. Er hatte sich entschieden gegen den Fanatismus der Geißler gestellt, doch gegen die starke politische Unterstützung der Bruderschaft war er machtlos gewesen. Die Geißelbrüder hielten sich für heilig, und sie weigerten sich strikt, sich der Kirchenhierarchie zu unterwerfen. Sie waren streitbare Antisemiten, und obwohl der Papst die Judenverfolgung mit aller Härte verurteilt hatte, hatten sie nicht gezögert, ganze Familien jüdischer Herkunft auszulöschen. Sie betrachteten sie als »Ausgestoßene«.

Padre Egidio erreichte den Hauptplatz der Stadt, wo sich eine bunte, lärmende Menschenmenge vor dem Haus des Bürgermeisters versammelt hatte, wo sie auf die Vollstreckung der Todesstrafe einiger Verurteilter wartete.

Drei Tage zuvor hatte ein Bauer, ein gewisser Mattia da Parma, beim Pflügen ein paar grauenhaft zugerichtete Verstümmelte entdeckt. Sie waren in Holzkisten gequetscht, in für die christliche Tradition sehr ungewöhnlichen Posen. Einige Skelette lagen auf dem Bauch, den Oberkörper oder die Arme an die Holzkisten genagelt, andere hatten gebrochene Knochen an Beinen und Becken, und in einigen Fällen waren die Schädel mit langen rostigen Nägeln gespickt.

Niemand wusste, zu wem diese Überreste gehörten. Jemand hatte die Gräber »Friedhof der Ausgestoßenen« getauft.

Als die Obrigkeit informiert worden war, hatte sie nicht gezögert, den Bauern und seine Kinder wegen Hexerei zu verhaften. Der Prozess, den Padre Egidio eilig abhielt, war sehr oberflächlich gewesen und das Todesurteil unausweichlich. Nachdem er mittels Folter ein vollständiges Geständnis des Bauern und seiner Kinder erhalten hatte, war die Verurteilung zum Tode automatisch. Nach Meinung des Inquisitors hätten die Überreste der Ausgestoßenen niemals ans Licht kommen dürfen. Es war eindeutig ein Zeichen dafür, dass der Teufel die Stadt verflucht hatte. Es wurde verfügt, dass die Überreste erneut an dem Ort begraben werden sollten, an dem sie gefunden worden waren, und dass es forthin jedem streng untersagt war, das Feld zu betreten.

Padre Egidio bahnte sich einen Weg durch die Menge bis zur Bühne, die für die Würdenträger reserviert war, geschützt durch einen Trupp Stadtwachen. Bei seinem Vorübergehen deuteten die Anwesenden eine Verbeugung an, auf die der Inquisitor mit einem leichten Kopfnicken antwortete. Im gleichen Augenblick verkündigten die Schläge vom höchsten Glockenturm der Stadt den Beginn der Hinrichtung.

Als der Scharfrichter die großen Fenster des Hauses öffnete, explodierte die Menge in ein anfeuerndes Gebrüll.

Die Ersten, die mit eng um den Hals gebundenen Stricken aus dem Fenster geworfen wurden, waren die beiden Kinder des Bauern, der kleine Pietro mit seinen neun und die kleine Matilde mit sieben Jahren. Ein Jahr zuvor hatte die Pest ihre Mutter geholt, und vielleicht war das gut so. Auf die Weise musste sie nicht mit ansehen, welchen Qualen ihre geliebten Kinder ausgesetzt waren. Als ihre Körper aus dem Palastfenster baumelten, wurde die Menge von immer wilderen Begeisterungsstürmen erfasst.

Mattia da Parma war so stämmig und...

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Barbara Baraldi ist Autorin von Noir-Thrillern und Young Adult Gothic. Außerdem schreibt sie die Drehbücher für die Comicserie Dylan Dog. Die Autorin lebt in der Nähe von Modena. »Das Dorf der Toten« ist der Beginn einer Thrillerserie um die junge Profilerin Aurora Scalvati, die in der Emilia Romagna ermittelt.