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Der Liliengarten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Mira Taschenbuch Verlagerschienen am18.02.20201. Auflage
Lillys Großvater war der Held ihrer Kindheit. Sein Tod trifft sie schwer, doch er hat ihr sein Gutshaus in Ostholstein hinterlassen. Es ist ein Haus voller Erinnerungen, und Lilly beginnt zu stöbern. Dabei stößt sie auf das Tagebuch ihrer Großmutter voller Gedichte und niedergeschriebener Gedanken. Zwischen den leicht vergilbten Seiten steckt ein Foto. Glücklich lächelnd steht ihre Großmutter darauf vor dem Gutshaus - in einem blühenden Garten, den Lilly noch nie gesehen hat. Sie beschließt, sich auf eine Reise in die Vergangenheit zu begeben und herauszufinden, warum Lillys Großmutter ihr wunderschönes Lächeln für immer verlor.


Nach ihrem Magisterabschluss in Literaturwissenschaften arbeitete Jana Seidel einige Jahre als Redakteurin. Doch während sie Artikel voll harter Fakten verfasste, pochten die fantastischen Ideen in ihrem Kopf immer lauter darauf, ebenfalls von ihr beachtet zu werden. Sie entschied sich, dem Drängen zu folgen - und wohnt nun glücklich als freie Autorin und Journalistin mit Mann und Sohn in Hamburg.
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Produkt

KlappentextLillys Großvater war der Held ihrer Kindheit. Sein Tod trifft sie schwer, doch er hat ihr sein Gutshaus in Ostholstein hinterlassen. Es ist ein Haus voller Erinnerungen, und Lilly beginnt zu stöbern. Dabei stößt sie auf das Tagebuch ihrer Großmutter voller Gedichte und niedergeschriebener Gedanken. Zwischen den leicht vergilbten Seiten steckt ein Foto. Glücklich lächelnd steht ihre Großmutter darauf vor dem Gutshaus - in einem blühenden Garten, den Lilly noch nie gesehen hat. Sie beschließt, sich auf eine Reise in die Vergangenheit zu begeben und herauszufinden, warum Lillys Großmutter ihr wunderschönes Lächeln für immer verlor.


Nach ihrem Magisterabschluss in Literaturwissenschaften arbeitete Jana Seidel einige Jahre als Redakteurin. Doch während sie Artikel voll harter Fakten verfasste, pochten die fantastischen Ideen in ihrem Kopf immer lauter darauf, ebenfalls von ihr beachtet zu werden. Sie entschied sich, dem Drängen zu folgen - und wohnt nun glücklich als freie Autorin und Journalistin mit Mann und Sohn in Hamburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783745750591
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum18.02.2020
Auflage1. Auflage
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4265981
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
PROLOG
Iris
1965

Der Weg in ein magisches Reich wird stets durch ein Hindernis versperrt. Wer Einlass begehrt, muss ein Rätsel lösen oder ein Opfer bringen. So viel war dem kleinen Mädchen bereits klar. Aber sie vermutete, dass ihre Mutter diese schwierige Aufgabe für sie übernommen hatte, bevor sie diesen zauberhaften Ort betreten konnten. Jedes Mal, wenn sich die eisernen Pforten unter lautem Quietschen öffneten, hatte sie das Gefühl, ihr würde eine große Gunst zuteil. Hätte sie an diesem Tag gewusst, dass sie den Garten zum letzten Mal betrat, hätte sie sich womöglich dagegen gewehrt. Vielleicht hätte die Kleine sich zu Boden geworfen, um ihre Finger in der Erde zu vergraben, bis sie so starke Wurzeln schlug, dass selbst der böse König sie nicht so leicht hätte lösen können. Aber sie ahnte nichts und streifte mit einem versonnenen Lächeln auf den Lippen an den Sträuchern und Blumen vorbei. Dabei fühlte sie nichts als Wärme. Die kräftige Junisonne schien auf ihr Gesicht und die Hand der Mutter barg die ihre. Das Mädchen bemühte sich, die Finger ihrer Mutter nicht mit einem zu festen Griff zu umschließen, weil sie befürchtete, diese würde ihr dann wie ein flirrendes Feenwesen davonflattern. Dabei wirkte die Frau an ihrer Seite im Garten irdischer als anderswo. Ihr Gang wurde aufrechter, der Teint strahlte und die Lippen öffneten sich zu einem gelösten Lächeln. Im Haus konnte man ihre ewige Sanftheit leicht mit Gleichgültigkeit verwechseln, doch unter freiem Himmel verwandelte sie sich in etwas Zärtliches. Die Mutter kniete sich hin, um ihrem Kind ein kunstvoll gemasertes Blatt oder eine Blüte mit ungewöhnlichem Farbverlauf zu zeigen. Die Kleine entschied, dass sie es wagen konnte, sich für den Moment eng an ihre Mutter zu schmiegen, ohne sich darum zu sorgen, sie wie sonst oft zu wecken und möglicherweise zu verscheuchen.

Sie spürte den warmen Atem ihrer Mutter auf ihrem Haupt, bevor diese liebevoll ihren Scheitel küsste. »Mein kleiner Schatz«, wisperte sie.

»Erzählst du es mir noch mal?«, fragte das Mädchen fröhlich. Sie deutete auf die weißen Schwertlilien, die noch einen anderen Namen trugen, Iris - der Name des Mädchens. Die kleine Iris wusste bereits, dass die Farbe dieser Blüten etwas ungewöhnlich war. Sie hatten einen warmen Cremeton statt der üblicheren blauen Farbe, und es schmeichelte Iris, nach einer so hübschen Blume benannt worden zu sein. »Erzählst du mir noch mal, warum du mich so genannt hast?«

Ihre Mutter Isabelle schaute sie beinahe wehmütig an. »Sie ist ausdauernd und ehrlich. Und ich habe mir gewünscht, meine Tochter wäre auch so.«

Überrascht blickte Iris auf. Dies war nicht die Geschichte, nach der sie gefragt hatte. Später würde sie daran denken, dass ihre Mutter an diesem Tag selbst im Garten ihre Melancholie nicht ganz abgelegt hatte, und sich fragen, ob sie eine Vorahnung gehabt hatte.

»Es ist wirklich eine wunderbare Blume«, fuhr ihre Mutter fort. »Schau nur! Man kann dieser Blüte tief ins Herz blicken. Sie hat nichts zu verbergen.«

Ihre Mutter klang so eindringlich und ernst, dass sich Iris beunruhigt gefragt hätte, ob es eine Botschaft zu entschlüsseln galt, wenn sie nicht gerade etwas ganz anderes beschäftigt hätte. Ausdauernd und ehrlich also? Dies waren keine Eigenschaften einer Märchenheldin, dachte Iris. Es klang nach Dingen, die Erwachsenen wichtig erschienen - wie Pünktlichkeit, Geld oder gute Tischmanieren. Iris spürte, wie ihre Mutter sie musterte, und als diese seufzte, hatte sie das merkwürdige Gefühl, eine Prüfung nicht bestanden zu haben. Sie senkte den Kopf, bis ihre Mutter sie unter dem Kinn kitzelte. »Und wir wollen nicht die Göttin mit dem gleichen Namen vergessen. Sie ist die Verkörperung des Regenbogens. Ein bunter und seltener Strahl der Hoffnung.«

Iris kicherte erleichtert. Diese Geschichte hatte sie hören wollen. Auch die Miene ihrer Mutter schien sich aufzuhellen, als sie noch einen Moment über die schillernde Göttin sprach.

»Hast du mich deshalb so genannt?«, fragte Iris.

Sie hatte die Frage schon oft gestellt, erlebte nun aber zum ersten Mal, dass ihre Mutter mit einer Antwort zögerte.

»Ja«, erwiderte Isabelle schließlich und stupste mit dem Zeigefinger sanft gegen die Nase ihrer Tochter. »Und hatte ich nicht recht? Wie ein Regenbogen.«

Sie hob den Saum des kunterbunten Kleides ein Stück an, das Iris an diesem Morgen ausgewählt hatte. »Ist es nicht ein bisschen grell? Sie sollte nicht nach Aufmerksamkeit heischen«, hatte ihr Vater zu seiner Frau gesagt, als stünde seine Tochter nicht direkt neben ihr. Iris hatte sich gewundert, dass ihm überhaupt aufgefallen war, was sie trug. Für einen Moment verdarb sein Kommentar Iris die Freude an ihrem Kleid. Allerdings schien ihm nur selten etwas zu gefallen, was Iris sagte oder tat, sodass sie es auch aufgeben konnte, um seine Gunst zu buhlen.

»Mir scheint es perfekt für ein kleines Mädchen. Aber wenn es dich stört, wenn sie die Blicke auf sich zieht, trägt sie es nur zu Hause«, hatte Isabelle erwidert.

Als ihre Mutter Anstalten machte, den Garten wieder zu verlassen, umklammerte Iris einen Augenblick lang die Hand ihrer Mutter fester, als könne sie so verhindern, dass sie den steinernen Torbogen durchschritten und die Pforten sich wieder hinter ihnen schlossen. Sie wusste genau, was geschehen würde, wenn Isabelle ihr Reich verließ - sie würde sich sofort in die trübe Schlafwandlerin zurückverwandeln, die sie im Alltag stets war. Aber wie alle sechsjährigen Mädchen war auch Iris leicht abzulenken. Es genügte eine Versammlung bunter Schmetterlinge auf dem Fliederbusch. Sie ließ die Hand ihrer Mutter los und näherte sich ihrer Entdeckung, indem sie wie eine Seiltänzerin vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte, um die Falter nicht zu erschrecken. Schließlich saß ein Pfauenauge in Reichweite von Iris kurzen Armen. Noch nie war es ihr gelungen, eines zu fangen, doch diesmal umfassten Daumen und Zeigefinger ein Paar zugeklappter Flügel wie eine Klammer.

»Schau mal, Mama.« Sie hielt ihre Trophäe empor, die sich nun, beim genaueren Hinsehen, als Enttäuschung entpuppte. »Oh, er ist ja plötzlich ganz grau«, entfuhr es ihr, als sie nur noch die unscheinbaren Unterseiten der Flügel sah.

»Iris, was machst du denn da?«, rief ihre Mutter erschrocken.

Ohne zu wissen, was sie falsch gemacht hatte, zuckte Iris vor dem Vorwurf im Gesicht ihrer Mutter zurück.

»Er kann nun nicht mehr sehen, richtig?«, flüsterte sie dann aufgeregt. »Ich habe seine Augen geschlossen, daran habe ich nicht gedacht.«

»Lass ihn los«, ermahnte ihre Mutter sie streng.

Rasch folgte Iris der Aufforderung und sah dem Tier dabei zu, wie es über die Gartenmauer davonflatterte. Tränen stiegen ihr in die Augen.

Isabelle hockte sich wieder neben ihre Tochter und nahm sie in den Arm. »Entschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken. Die blauen Kreise sind nicht seine richtigen Augen, nur ein Muster. Aber siehst du den Staub an deinem Zeigefinger?«

Sie hielt Iris kleinen Finger hoch.

»Ja. Wo kommt der her?«, fragte Iris neugierig.

»Das sind die winzigen bunten Schuppen des Schmetterlings. Wenn man ihn berührt, bleiben sie an der Hand haften. Verliert er zu viele, kann er nicht mehr fliegen. Weißt du, was das bedeutet?«

Iris schüttelte den Kopf.

»Er stirbt«, erklärt ihre Mutter.

»Oh«, sagte das Mädchen bedrückt. Sie hoffte, dass ihrem Schmetterling nichts allzu Schlimmes passiert war. Unsicher sah sie in die Richtung, in die er davongeflogen war. Iris hörte, wie ihre Mutter einen seltsamen Laut ausstieß, hielt nach ihr Ausschau und sah, wie sie kurz vor dem Torbogen niederkniete. Neugierig näherte sich Iris, um herauszufinden, was Isabelles Aufmerksamkeit erregt hatte, und entdeckte eine Blume, deren Muster ihre Mutter fast liebevoll mit dem Finger nachmalte. Die Blütenblätter formten einen Kelch, dessen Farbe von Gelb über Orange bis Rot verlief. Die grünen Blätter waren von helleren Sprenkeln übersät. Iris erinnerte sich nicht daran, diese Pflanze schon einmal gesehen zu haben. Sie war wohl in den vergangenen Tagen aufgeblüht, während sie bei Anna, der Tante ihrer Mutter, gewesen waren.

»Was ist los?«, fragte Iris erschrocken, als sie Isabelles Augen feucht werden sah.

»Gar nichts.« Schnell wischte sich Isabelle eine Träne aus dem Augenwinkel.

Iris sah zu Boden. »Mami, es tut mir leid. Bist du wegen des Schmetterlings traurig?«

Ihre Mutter sah ganz verwirrt aus, dann streckte sie ihrem Kind lächelnd die Arme entgegen, in die Iris sich sofort hineinwarf. »Unsinn, meine Kleine, das habe ich dir doch schon gesagt. Du machst mich nie traurig, mein Schatz. Ich war nur für einen Moment sentimental.«

»Sentimental.«

»Ein Gefühl, dass Erwachsene manchmal haben, wenn sie an das denken, was schon gewesen ist. Bei uns Älteren gibt es ja viel, was schon gewesen ist. Aber von all dem bist du das Beste, was mir passiert ist.«

»Ach so«, erwiderte Iris erleichtert. »Das ist eine schöne Blume. Wie heißt sie denn, Mama?«

»Manche nennen sie Calla-Lilie, aber â¦« Ihre Mutter blickte zu Boden. »Ich glaube, sentimental ist man, wenn man glücklich und traurig zugleich ist.«

Ihre Mutter schien ohne Zusammenhang zu reden und ein wenig durcheinander zu sein. Der Gedanke, sie könnte traurig sein, beunruhigte Iris. Wie tröstete man einen Erwachsenen, wenn er nur wegen eines Gedankens traurig war? Wo sollte man pusten oder ein Pflaster...
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Nach ihrem Magisterabschluss in Literaturwissenschaften arbeitete Jana Seidel einige Jahre als Redakteurin. Doch während sie Artikel voll harter Fakten verfasste, pochten die fantastischen Ideen in ihrem Kopf immer lauter darauf, ebenfalls von ihr beachtet zu werden. Sie entschied sich, dem Drängen zu folgen - und wohnt nun glücklich als freie Autorin und Journalistin mit Mann und Sohn in Hamburg.