Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Cassardim 1: Jenseits der Goldenen Brücke

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Planet!erschienen am17.10.2019Auflage
Gefährlich, überraschend und fesselnd - willkommen in Cassardim! Amaia ist gerade sechzehn geworden - zum achten Mal. Warum ihre Familie so langsam altert und warum sie keinem ihrer fünf Geschwister ähnelt, möchte Amaia unbedingt herausfinden, aber ihre Eltern tun alles, um dieses Familiengeheimnis zu wahren - ständige Umzüge, strenge Regeln und Gedankenkontrolle inklusive. Amaia sieht ihre Chance gekommen, als ihre älteren Brüder eines Tages einen Gefangenen mit nach Hause bringen: den geheimnisvollen wie gefährlichen Noár, der ebenso wenig menschlich ist wie sie. Doch dann wird Amaias Familie angegriffen und plötzlich ist Noár ihre letzte Hoffnung: Er verlässt mit ihnen die Menschenwelt und bringt sie nach Cassardim, ins Reich der Toten, wo Amaia zwischen Intrigen, Armeen, lebendig gewordenen Landschaften, unwirklichen Kreaturen und mächtigen Fürstenhäusern endlich ihre Antworten findet - und ihr Herz verliert. Der neue Roman von Julia Dippel, Autorin der Izara-Bände. Nominiert für den Jugendbuchpreis 'Buxtehuder Bulle'.

Julia Dippel wurde 1984 in München geboren und arbeitet als freischaffende Regisseurin für Theater und Musiktheater. Um den Zauber des Geschichtenerzählens auch den nächsten Generationen näherzubringen, gibt sie außerdem seit über zehn Jahren Kindern und Jugendlichen Unterricht in dramatischem Gestalten. Ihre Textfassungen, Überarbeitungen und eigenen Stücke kamen bereits mehrfach zur Aufführung.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR17,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR13,99

Produkt

KlappentextGefährlich, überraschend und fesselnd - willkommen in Cassardim! Amaia ist gerade sechzehn geworden - zum achten Mal. Warum ihre Familie so langsam altert und warum sie keinem ihrer fünf Geschwister ähnelt, möchte Amaia unbedingt herausfinden, aber ihre Eltern tun alles, um dieses Familiengeheimnis zu wahren - ständige Umzüge, strenge Regeln und Gedankenkontrolle inklusive. Amaia sieht ihre Chance gekommen, als ihre älteren Brüder eines Tages einen Gefangenen mit nach Hause bringen: den geheimnisvollen wie gefährlichen Noár, der ebenso wenig menschlich ist wie sie. Doch dann wird Amaias Familie angegriffen und plötzlich ist Noár ihre letzte Hoffnung: Er verlässt mit ihnen die Menschenwelt und bringt sie nach Cassardim, ins Reich der Toten, wo Amaia zwischen Intrigen, Armeen, lebendig gewordenen Landschaften, unwirklichen Kreaturen und mächtigen Fürstenhäusern endlich ihre Antworten findet - und ihr Herz verliert. Der neue Roman von Julia Dippel, Autorin der Izara-Bände. Nominiert für den Jugendbuchpreis 'Buxtehuder Bulle'.

Julia Dippel wurde 1984 in München geboren und arbeitet als freischaffende Regisseurin für Theater und Musiktheater. Um den Zauber des Geschichtenerzählens auch den nächsten Generationen näherzubringen, gibt sie außerdem seit über zehn Jahren Kindern und Jugendlichen Unterricht in dramatischem Gestalten. Ihre Textfassungen, Überarbeitungen und eigenen Stücke kamen bereits mehrfach zur Aufführung.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783522654128
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum17.10.2019
AuflageAuflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse2555 Kbytes
Artikel-Nr.4276999
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

AUFZÜGE SIND NICHT SICHER


Die pulsierende grüne Linie und ihr regelmäßiges Piepen brachten mich dem Tod näher, als ich es in meinem ganzen Leben gewesen war. Ich hatte noch nie einen Menschen sterben sehen - geschweige denn erlebt, wie jemand quälend langsam seinem Ende entgegenkroch.

»Versuch wenigstens, deinen Schock zu verbergen«, murmelte Zoey. »Mir ist klar, dass ich grade weißer bin als du.«

Der Anblick meiner Freundin schockierte mich tatsächlich. Wobei das noch untertrieben war. Ich fühlte mich, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Dieses zerbrechliche Etwas unter den Krankenhauslaken hatte kaum noch was mit meiner Zoey gemeinsam. Dem energiegeladenen Mädchen, das jede gute Note mit ein paar Dance-Moves feierte und laut auf dem Fahrrad sang, wenn sie nach Hause fuhr - egal, ob sie jemand dabei hörte oder nicht. Zwei Jahre hatte ich meine Freundin nicht mehr gesehen. Zwei Jahre, die Zoey schwer gezeichnet hatten. Ihr strahlendes Lächeln fehlte, genau wie der temperamentvolle Glanz in ihren Augen. Auch ihr perfekter Karamell-Teint und der innig geliebte Afro waren der Chemo zum Opfer gefallen.

»Warum hast du es mir nicht früher gesagt?« Nur mit Mühe schaffte ich es, meine Stimme unter Kontrolle zu halten. Zoeys Mundwinkel hoben sich ein paar Millimeter. Es brach mir das Herz, sie so zu sehen. Wir hatten uns in einem Jazz-Tanzkurs in Zürich kennengelernt, in dem Zoey alle mit ihren temperamentvollen Bewegungen begeistern konnte. Jetzt fehlte ihr selbst die Kraft für die kleinste Geste. Als sie mich zu sich winkte, erinnerte sie mich eher an eine alte Frau als an ein junges Mädchen.

»Eine Drama-Queen zu sein macht nur Spaß, wenn man dabei blendend aussieht«, versuchte Zoey zu scherzen. Auch das war nur ein Bruchstück der Schlagfertigkeit, die sie mir früher um die Ohren gehauen hätte.

Zögerlich löste ich mich vom Türrahmen und setzte mich auf den Stuhl, der neben dem Bett stand. Ich griff nach Zoeys Hand und drückte sie. Das allein reichte, um die Fassade meiner Freundin ins Wanken zu bringen und ihr die Tränen in die Augen zu treiben.

»Schön, dass du gekommen bist«, hörte ich sie flüstern.

»Ist doch selbstverständlich!«

Nachdem Zoey mir endlich gestanden hatte, was mit ihr los war und warum sie nur noch sporadisch auf meine Nachrichten antwortete, hatte ich alles stehen und liegen gelassen, um mir sofort ein Zugticket nach Genf zu kaufen. Dort gab es wohl eine Spezialklinik für Leukämie-Patienten und wie es der Zufall so wollte, lebten wir zurzeit nur drei Zugstunden entfernt. Die verbliebenen Tage bis zum Wochenende waren eine Tortur gewesen. Wenigstens konnte ich mir so noch ein ausführliches Alibi zurechtlegen, warum ich den ganzen Samstag unterwegs sein würde.

»Wissen deine Eltern, dass du hier bist?«, erkundigte sich Zoey, als hätte sie meine Gedanken gelesen.

Ich antwortete mit einem vielsagenden Schnauben. Sie hätten mich niemals gehen lassen. Wahrscheinlich bekäme ich für die nächsten zwanzig Jahre Hausarrest, wenn sie erfahren würden, dass ich Kontakt zu einem meiner alten Leben hielt.

Das war gegen die Regeln und in all den Jahrzehnten hatte ich sie nur für Zoey gebrochen. Die einzige Freundin, die sich nicht daran gestört hatte, wie verkorkst, verschlossen und abweisend ich zu ihr gewesen war.

»Dad ist gerade etwas empfindlich, weil wir wieder umziehen mussten«, erklärte ich. Das entsprach der Wahrheit. »Solange sie hinter uns her sind, bleibt uns nichts anderes übrig.« Wieder die Wahrheit - zumindest ein Teil davon. Irgendwas hatte ich Zoey ja schließlich erzählen müssen, als wir damals von einem Tag auf den anderen weggegangen waren. Eine hübsch ausgeschmückte Geschichte über unsere Familie im Zeugenschutzprogramm schien mir am glaubwürdigsten - mit dem großartigen Nebeneffekt, dass Zoey niemandem verraten würde, was aus uns geworden war.

»Schätze, du wirst ziemlichen Ärger kriegen.«

Ich grinste. »Wäre nicht das erste Mal.«

Tatsächlich hatte ich noch nie so viel Hausarrest bekommen wie in meiner Zeit mit Zoey - und ihn noch nie so gern in Kauf genommen. Früher war selten jemand daran interessiert gewesen, mich zu sich nach Hause einzuladen. Geschweige denn, mich zu einer Party mitzunehmen. Nur dank Zoey hatte ich zum ersten Mal so etwas wie ein Sozialleben gehabt.

»Tja, aber das hier«, murrte meine Freundin und sah sich in ihrem Krankenzimmer um, »ist kein Schulball. Hier laufen auch keine Leons oder Wills oder Alexanders rum, die eine elterliche Standpauke wert wären.« Sie zog eine schwache Grimasse. »Sieht aus, als wäre dein Leben inzwischen ziemlich traurig geworden, MaiMai.«

Wohl wahr, aber das war nichts im Vergleich zu dem Albtraum, den Zoey gerade durchmachen musste. Sie hatte in ihren letzten Voicemails alles über ihre Leukämie erzählt. Man hatte angeblich bereits einen Stammzellenspender gefunden, trotzdem musste sie zuerst die Chemotherapie hinter sich bringen.

»Du bist es wert!«, versicherte ich ihr. »Und du wirst es durchstehen.«

Eine dicke Träne kullerte über Zoeys eingefallene Wange.

»Wenn du es sagst.«

Ich hatte sie noch nie weinen sehen. Es schnürte mir die Kehle zu. Zoey war so tapfer und dennoch hatte sie schon fast aufgegeben. Das fühlte ich. Genau in diesem Moment traf ich eine Entscheidung. Das Risiko war überschaubar. Wir befanden uns zwar an einem denkbar schlechten Ort, aber Zoey würde das ohne Hoffnung nicht durchstehen.

»Ich sage es nicht nur, ich weiß es! Du wirst das schaffen!« Ich sah meiner Freundin fest in die Augen und legte meine ganze Überzeugungskraft in die nächsten zwei Worte.

»Glaub mir!«

Ein trüber Nebel wirbelte durch Zoeys dunkle Augen, bevor der so vertraute Glanz zurückkehrte. Sie lächelte mich an. Dankbar und voller Zuversicht.

Selbstverständlich ahnte sie nicht, was ich mit ihr gemacht hatte. Technisch gesehen wusste ich es selbst nicht genau. Ich nannte es heimlich die Macht der Worte. Wenn man es richtig anstellte, konnten ich und meine Familie andere damit beeinflussen. Aber wir redeten nur wenig darüber. Niemand hatte mir je erklärt, wie diese Fähigkeit funktionierte oder wie man sie einsetzte. Ich hegte sogar den Verdacht, dass meine Eltern mich und meine Geschwister manipulierten, damit wir nicht weiter nachforschten. Das Einzige, das ich mit Sicherheit wusste, war, dass ich mich auf diese Gabe nicht verlassen konnte. Manchmal klappte es und manchmal nicht. Diesmal hatte ich Glück gehabt. Wie auf Knopfdruck wurde Zoey lebendiger. Sie fing an zu plappern und versorgte mich mit dem neuesten Klatsch aus meiner alten Klasse und fragte mich über meine Geschwister aus. Genauer gesagt nur über meinen älteren Bruder Nick, den Zoey mit seiner dunklen Mähne schon immer hotter als hot fand. Wie sehr ich sie doch vermisst hatte ...

Wir quatschten fast eine Stunde lang, bevor eine stämmige Krankenschwester ins Zimmer marschiert kam und uns unterbrach.

»Du meine Güte, was machst du denn noch hier, junge Dame?« Sie bedachte mich mit einem kritischen Blick. »Die Besuchszeit ist vorbei! Bist du allein hier? Wo sind deine Eltern?«

»Maia ist eine Freundin aus dem Tanzkurs«, antwortete Zoey für mich. »Sie ist vor einer Weile weggezogen und jetzt sehr weit gefahren, um mich zu sehen. Vielleicht könnten Sie ja mal eine Ausnahme machen, Schwester Agnes?« Der energische Unterton in Zoeys Stimme erinnerte mich an früher. Ich lächelte. Wie hieß es doch so schön: Der Glaube versetzt Berge.

»Noch eine Tänzerin also. Wie schön«, trällerte die Krankenschwester begeistert, während sie Geräte und Schläuche kontrollierte. »Ich finde es sehr lobenswert, dass du Zoey unterstützt, aber ich muss dich trotzdem hinausbitten. Wenn du möchtest, kannst du deine Eltern vom Schwesternzimmer aus anrufen, damit sie dich abholen.«

»Nicht nötig, ihre Eltern warten unten im Wagen«, log Zoey ohne mit der Wimper zu zucken und fügte mit einem Zwinkern in meine Richtung hinzu: »Geh schon, wir schreiben. Und grüß Nick von mir!«

Schwester Agnes scheuchte mich aus dem Zimmer und warf mir die Tür vor der Nase zu.

Ein kurzes Vergnügen. Trotzdem hatte es sich gelohnt.

Ich sah auf die Uhr. Wenn ich mich beeilte, konnte ich sogar einen früheren Zug als geplant zurück nach Lyon nehmen. Ich fühlte mich hier ohnehin nicht sehr wohl. Krankenhäuser standen ganz oben auf der Liste der Orte, von denen wir uns unter allen Umständen fernhalten sollten. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, warum das so war, aber ich wollte es lieber nicht herausfinden.

Während ich auf den Fahrstuhl wartete, kramte ich mein Handy aus meiner übervollen Umhängetasche. Zoey hatte sie MaiMais Bermuda-Dreieck getauft, weil dort drinnen Dinge verschwanden und erst Jahre später wieder auftauchten.

Als ich es endlich gefunden hatte, fand ich auf dem Display - wie erwartet - eine Nachricht von Zoey.

Schwester Agnes hört gar nicht mehr auf, von dir zu reden. Sie sagt, du erinnerst sie an die Lieblingspuppe ihrer Tochter. Ziemlich creepy, wenn du mich fragst!

Ich seufzte und verkniff mir ein Augenrollen. Inzwischen hatte ich mich an die ewigen Puppenvergleiche gewöhnt. Die Krankenschwester war nicht die Erste, die sich von meiner fehlenden Körpergröße, der blassen Haut und den widerspenstigen dunklen Korkenziehern auf meinem Kopf beeindrucken ließ. So ziemlich jeder fand das süß . Jeder, der keine Ahnung hatte, wie kompliziert es war, damit nicht wie eine minderjährige, erkältete Vogelscheuche...
mehr

Autor

Julia Dippel wurde 1984 in München geboren und arbeitet als freischaffende Regisseurin für Theater und Musiktheater. Um den Zauber des Geschichtenerzählens auch den nächsten Generationen näherzubringen, gibt sie außerdem seit über zehn Jahren Kindern und Jugendlichen Unterricht in dramatischem Gestalten. Ihre Textfassungen, Überarbeitungen und eigenen Stücke kamen bereits mehrfach zur Aufführung.