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The Ice

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
512 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am16.09.2019
Die junge Exsoldatin Anna Aune begleitet eine wissenschaftliche Expedition zum Nordpol. Eines Nachts wird der pechschwarze Himmel plötzlich von einem Notsignal erhellt, das von einer chinesischen Forschungsbasis ausgelöst wurde. Auf der Station erwartet Anna ein Szenario wie aus einem Albtraum: Alle Wissenschaftler des Labors wurden brutal ermordet und sind mit einer Eisschicht bedeckt. Bald wird klar, dass sie einem internationalen Machtkampf um arktische Ressourcen zum Opfer gefallen sind. Und Anna gerät mitten zwischen die eisigen Fronten ...

John Kåre Raake ist einer der erfolgreichsten Drehbuchautoren Norwegens. Seine Filme wurden in mehr als 120 Länder verkauft und haben allein in Norwegen mehr als zwei Millionen Kinokarten verkauft. ?The Ice? ist sein Debüt als Thrillerautor.
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Produkt

KlappentextDie junge Exsoldatin Anna Aune begleitet eine wissenschaftliche Expedition zum Nordpol. Eines Nachts wird der pechschwarze Himmel plötzlich von einem Notsignal erhellt, das von einer chinesischen Forschungsbasis ausgelöst wurde. Auf der Station erwartet Anna ein Szenario wie aus einem Albtraum: Alle Wissenschaftler des Labors wurden brutal ermordet und sind mit einer Eisschicht bedeckt. Bald wird klar, dass sie einem internationalen Machtkampf um arktische Ressourcen zum Opfer gefallen sind. Und Anna gerät mitten zwischen die eisigen Fronten ...

John Kåre Raake ist einer der erfolgreichsten Drehbuchautoren Norwegens. Seine Filme wurden in mehr als 120 Länder verkauft und haben allein in Norwegen mehr als zwei Millionen Kinokarten verkauft. ?The Ice? ist sein Debüt als Thrillerautor.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641249885
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum16.09.2019
Seiten512 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1527 Kbytes
Artikel-Nr.4279806
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


26

Anna versuchte, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Noch vor Kurzem hatten vierzehn Menschen auf dieser Basis gelebt und gearbeitet. Warum waren sie fast ausnahmslos ermordet worden? Was hatte rational denkende Wissenschaftler veranlasst, ihre Kollegen an einem Ort zu töten, von dem man unmöglich fliehen konnte? An dem sich die Schuldfrage ganz einfach lösen ließ, indem man die Anzahl der Leichen mit der Mannschaftsliste verglich? Was brachte Menschen dazu, solch grausame Taten zu begehen?

Anna fühlte sich matt und kraftlos. »Ich muss dringend was essen, sonst kann ich nicht klar denken«, sagte sie zu Zakariassen. »In einer der anderen Hütten war eine Kantine. Pass du auf Jackie auf, ich sehe nach, ob ich dort etwas Essbares finde.«

Die wenigen Meter zur Kantine zurückzulegen war der reinste Kampf. In einem Schrank der Küchenzeile, vor der zwei lange Tische standen, entdeckte Anna mehrere Becher Instantnudeln. Sie riss zwei davon auf, ging zu einem großen Wasserkanister auf der Arbeitsplatte und drückte auf den Hahn. Hinter dem Kanister stand ein Tellerstapel, als wäre jemand mitten bei der Essensvorbereitung unterbrochen worden.

Yann hielt einen Stapel Teller in den Händen, als Anna und Geir die Küche betraten.

»Sie sind aber früh dran«, sagte er und räumte die Teller in einen Unterschrank.

»Nein, wir sind eine halbe Stunde zu spät«, erwiderte Anna ein wenig zu schroff.

Überrascht sah Yann auf die Uhr. »Tut mir leid, ich war am Wochenende in Paris und habe wohl vergessen, meine Uhr wieder umzustellen.«

»Möchte jemand Wein?« Ein älterer Mann, der einen viel zu großen Anzug trug, stellte eine Karaffe auf die Arbeitsfläche.

»Danke, Eissa, gern.« Der Mann, bei dem es sich, wie Anna später erfuhr, um den Restaurantbesitzer handelte, schenkte Wein in große Coca-Cola-Gläser.

»Die Qualität lässt ein bisschen zu wünschen übrig, aber gute Jahrgänge sind in Syrien derzeit rar gesät«, sagte Yann, als er sein Glas hob und ihnen zuprostete.

Der Wein schmeckte nach Schwarzen Johannisbeeren, Vanille und Pfeffer und hatte eine leichte Kunststoffnote im Abgang. Yann trank einen Schluck und legte den Arm um Eissa, dem kleine Toilettenpapierfetzen am Kinn klebten. Spuren der Rasur des bis heute vorgeschriebenen Barts. Die grausame Zeit der IS-Herrschaft war vorbei. »Auf Eissa, der mich seine Küche benutzen lässt!«

»Ich würde alles für Yann tun, er hat meiner Tochter das Leben gerettet«, sagte der Restaurantbesitzer.

Yann wischte die Dankesbekundung mit einer Handbewegung beiseite, legte vier blutige Steaks in eine Eisenpfanne und schob sie über eine Gasflamme. Das Fleisch zischte, und kurz darauf breitete sich ein köstlicher Lamm- und Korianderduft in der Küche aus. Anna, die in den letzten Wochen nur von Feldrationen gelebt hatte, fühlte sich wie im Himmel. Sie zwang sich, langsam zu essen und den Geschmack auf der Zunge zergehen zu lassen. Nach ein paar Bissen stellte sie fest, dass Yann sie neugierig ansah. Der Koch wartete auf das Urteil.

»Es schmeckt wunderbar«, sagte sie. »Wo um alles in der Welt haben Sie so gutes Fleisch herbekommen?«

»Ein paar Kilometer außerhalb der Stadt lebt ein Schäfer. Er hat mir ein Lamm gegeben.« In diesem Moment begriff Anna, dass Yann Renault ein Mann war, der selbst im entlegensten Winkel der Welt innerhalb weniger Tage mit Hunderten Menschen Freundschaft schloss.

Als Yann sie zum Abendessen eingeladen hatte, hatte sie zuerst abgelehnt. Daraufhin hatte er sie gespielt beleidigt angesehen. »Sie können nicht Nein sagen, Sie haben mir das Leben gerettet. Das Mindeste, was ich an diesem verfluchten Ort für Sie tun kann, ist, Ihnen eine anständige Mahlzeit zu kochen.« Eine halbe Stunde vorher hatte Anna von ihrer Wachposition auf einem Hausdach gesehen, wie Yann Renault mit einem Kind in den Armen über die Straße lief. Steine waren hinter ihm aufgespritzt. Durch die Kugeln eines IS-Heckenschützen. Hätte sie nicht zurückgeschossen und den Dschihadisten dadurch gezwungen, in Deckung zu gehen, wäre Yann jetzt tot.

»Ich danke Ihnen aus tiefstem Herzen, nie hat ein schönerer Engel über mich gewacht«, hatte der Arzt gesagt, als er erfahren hatte, wie nah er dem Tod gewesen war. Der Flirtversuch des Franzosen hatte Anna die Röte in die Wangen getrieben.

Geir, ein gutmütiger Kerl aus Hamar und ihre rechte Hand, hatte sie schließlich überredet. Er hatte Yanns tollkühne Heldentat ebenfalls miterlebt.

»Entspann dich, Anna. Ein Abendessen mit einem netten Franzosen, was ist schon dabei?«

Ja, was war schon dabei? Abgesehen davon, dass sie sich Hals über Kopf in Yann verliebt hatte. Begonnen hatte, an eine Zukunft zu glauben. Ein anderes Leben.

Nach dem Essen ging Yann zu einem alten Tonbandgerät, das in einem wackeligen Regal hinter der Arbeitsfläche stand. Er trocknete sich die Hände sorgfältig an einem Geschirrtuch ab, legte eine neue Spule ein und drückte auf Start.

»Wer errät, was das ist, bekommt Nachtisch ...«

Wehmütige Klarinettenklänge erfüllten die Küche. Einen Moment später schloss sich ein Saxofon an. Die Atmosphäre wurde ein wenig fröhlicher, als wäre mitten in tiefster Nacht plötzlich die Sonne aufgegangen. Geir stöhnte. »Das ist Musik, da bin ich mir ziemlich sicher.«

»Leonard Bernstein, die Filmmusik zu Die Faust im Nacken«, sagte Anna.

Yann sah sie erstaunt an. »Genau! Nicht schlecht. Sind Sie Musikerin?«

»Nein, aber meine Mutter. Sie hat Filmmusik geliebt. Ich bin mit den ganzen Klassikern aufgewachsen. Casablanca, Doktor Schiwago, Lawrence von Arabien. Ich habe die Titel Hunderte Male gehört.«

Im Gastraum des Restaurants erklangen plötzlich laute Stimmen. Eissa ging Richtung Tür, aber im nächsten Moment wurde sie schon aufgerissen, und mehrere Frauen in Tarnuniformen stürmten die Küche. Die meisten hatten Kalaschnikows auf dem Rücken, einige hielten Heineken-Dosen in der Hand. Alle waren bester Laune.

»Nein, lass sie!«, rief Yann, als Eissa den Soldatinnen zu erklären versuchte, dass sie ein privates Abendessen unterbrachen, und winkte die Frauen herein. »Das sind die Heldinnen der Befreiung von Ain Issa. Sie verdienen ein Fest.«

Natürlich kannte Yann einige der Soldatinnen der Frauenverteidigungseinheiten, eigene Kampfverbände innerhalb der kurdischen YPG-Miliz. Er stellte Anna und Geir der Anführerin vor, eine zierliche Frau mit großen, stark geschminkten Augen. Wären die Uniform und die Kalaschnikow nicht gewesen, hätte man Nuhad für einen Teenager halten können. Ihre Einheit hatte bei der Vertreibung der Dschihadisten aus Ain Issa in vorderster Reihe gekämpft. Jetzt wollten die Frauen feiern, bevor sie in die nächste Schlacht zogen. Das Ziel war die Befreiung der IS-Hochburg Rakka, in der Hunderte Menschen öffentlich hingerichtet und geköpft worden waren.

Später am Abend legte Yann ein neues Tonband ein. Klassische mexikanische Musik, warm wie fließender Honig. »Das ist die Filmmusik zu Die Maske des Zorro. Ich liebe Catherine Zeta-Jones. Sie ist wunderschön und ficht besser als die meisten Männer.«

»Und was sagt Ihre Frau zu Ihrer großen Liebe zu Catherine?«

Anna blickte Yann in die Augen. In der linken Iris hatte er einen hellen Fleck.

»Wenn ich eine Frau hätte, würde sie mich wahrscheinlich für einen romantischen Trottel halten.«

»Sind Sie denn ein romantischer Trottel?«

»Wenn ich einen Grund dazu habe, passiert das durchaus.«

Aus dem Augenwinkel registrierte Anna, dass Geir sie ansah. Sie begann, sich selbst wie ein romantischer Trottel zu fühlen.

Der sich anbahnende Flirt wurde durch laute Rufe von draußen unterbrochen.

Anna stand auf und entsicherte die Waffe, die sie unter ihrer Jacke verbarg. Sie folgte Nuhad aus der Küche. Auf der Straße vor dem Restaurant stand ein junger Mann. Er trug ein Manchester-United-Trikot. »Haben Sie etwas zu essen für mich? Ich habe seit drei Tagen nichts gegessen!«, rief er auf Englisch. Die Wachen senkten ihre Maschinengewehre. Die Situation entspannte sich. Während er auf den Eingang zuging, steckte der junge Mann die Hand in die Hosentasche.

Zwei Schüsse klangen wie ein einziger, als Anna abdrückte. Die Kugeln trafen den Mann mitten in die Brust. Der Bombengürtel unter dem Fußballtrikot explodierte. Der Körper des Dschihadisten aus Manchester wurde zerfetzt. Die Druckwelle der Detonation zerstörte die Fenster des Restaurants, und etwas Feuchtes spritzte in Annas Gesicht. Blut.

Etwas Kaltes rann über ihre Hand.

Wasser lief über den Rand des Nudelbechers. Anna schob ihn zur Seite und füllte den zweiten Becher. Dann stellte sie beide in eine glänzende Edelstahl-Mikrowelle und drückte ein wenig auf den mit fremden Schriftzeichen versehenen Tasten herum, bis die Mikrowelle ansprang. Sie dachte an Yann, sie sah sein Gesicht ganz deutlich vor sich. Die wilden Locken. Die großen Augen mit den Lachfältchen. Würde sie ihn irgendwann vergessen? Wünschte sie sich zu vergessen?

Die Mikrowelle piepte.

Anna aß die kochend heißen Nudeln im Stehen, spürte die Wärme im Magen, die Energie, die zurückkehrte. Anschließend erhitzte sie zwei Becher für Zakariassen. Auf dem Rückweg kühlten die Nudeln ein wenig ab, aber der Professor beschwerte sich nicht, sondern verschlang sie gierig. Als er die letzten verdrückt...

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