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Der Kommissar und die Tote von Saint-Georges

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am06.12.20192. Auflage
Bienvenue à Barfleur!

Ein Fahrgast beobachtet durch das Zugfenster, wie ein Mann eine junge Frau überfällt. Als die Polizei eintrifft, findet sie weder ein verletztes Opfer noch eine Leiche. Tage später wird unweit des Bahnhofs eine junge Frau tot aufgefunden. Die Suche nach dem Täter bleibt ohne Ergebnis. Doch die Eltern der Toten bitten Philippe Lagarde um Hilfe. Was er in den Akten liest, macht ihn fassungslos: Ermittlungsfehler in allen Bereichen. Er begreift, dass er einen ungewöhnlichen Weg wählen muss, wenn er herausfinden will, was geschehen ist ...

Monsieur le Commissaire Philippe Lagarde und sein schwierigster Fall.


Maria Dries wurde in Erlangen geboren und hat Sozialpädagogik und Betriebswirtschaftslehre studiert. Heute lebt sie mit ihrer Familie in der Fränkischen Schweiz. Schon seit vielen Jahren verbringt sie die Sommer in der Normandie.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextBienvenue à Barfleur!

Ein Fahrgast beobachtet durch das Zugfenster, wie ein Mann eine junge Frau überfällt. Als die Polizei eintrifft, findet sie weder ein verletztes Opfer noch eine Leiche. Tage später wird unweit des Bahnhofs eine junge Frau tot aufgefunden. Die Suche nach dem Täter bleibt ohne Ergebnis. Doch die Eltern der Toten bitten Philippe Lagarde um Hilfe. Was er in den Akten liest, macht ihn fassungslos: Ermittlungsfehler in allen Bereichen. Er begreift, dass er einen ungewöhnlichen Weg wählen muss, wenn er herausfinden will, was geschehen ist ...

Monsieur le Commissaire Philippe Lagarde und sein schwierigster Fall.


Maria Dries wurde in Erlangen geboren und hat Sozialpädagogik und Betriebswirtschaftslehre studiert. Heute lebt sie mit ihrer Familie in der Fränkischen Schweiz. Schon seit vielen Jahren verbringt sie die Sommer in der Normandie.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841218216
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum06.12.2019
Auflage2. Auflage
Reihen-Nr.11
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4074 Kbytes
Artikel-Nr.4312461
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Prolog
Sonntag, der 28. September 2014
Basse-Normandie, Halbinsel Cotentin

Zum letzten Mal in diesem Jahr fuhr der beliebte normannische Touristenzug Train de la Côte des Îles die neun Kilometer lange Strecke von Barneville-Carteret nach Portbail. Die Schienen verliefen entlang der Küste gegenüber den Kanalinseln Jersey, Guernsey und Sark. Die eingleisige Strecke war nicht elektrifiziert und nur noch in den Sommermonaten in Betrieb. Die Lokomotive mit dem Originalanstrich, grün mit gelben Streifen, zog drei grüne Personenwaggons, die aus den fünfziger Jahren stammten. Die Gleise führten über die Haltepunkte Saint-Jean-de-la-Rivière und Saint-Georges-de-la-Rivière durch eine Heckenlandschaft, Dünen, Felder und Buchenwälder.

Die Personenwaggons waren während dieser abendlichen Sonderfahrt wie immer voll besetzt, es herrschte eine heitere Stimmung, und der Zugführer schien noch langsamer zu fahren als sonst. Fast hätte man während der Fahrt Blumen pflücken und Schafe streicheln können. Im ersten Wagen gab es ein Buffet mit normannischen Delikatessen, darunter Rohmilchkäse, Cidre und Calvados.

Eine junge Frau in blauem Fischerhemd und mit einem rot-weiß karierten Schal saß auf der Holzbank, auf dem Kopf eine schwarze Kappe, und spielte auf einem Akkordeon Seemannslieder. In dem Hut vor ihr auf dem Boden lagen bereits zahlreiche Münzen. Im zweiten Waggon lauschten Touristen den Ausführungen des Reiseleiters, der sie auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam machte. Gerade passierten sie das Manoir de Rossignol, das mit seinen Türmchen, Gauben, Kaminen und Pechnasen stolz auf einem Hügel thronte. Strahler tauchten es in goldgelbes Licht, das an das Gefieder einer Nachtigall erinnerte.

Die Dämmerung senkte sich über den Landstrich, und die Dächer und der Kirchturm von Barneville waren nur noch schemenhaft zu erkennen. Die Sonne war hinter dem Horizont verschwunden und glutrot in den Ozean eingetaucht. Durch die halb geöffneten Fenster drang der Geruch von Wildblumen, Gras und Meer herein. Die Dampflok schnaubte.

Im dritten Abteil gab es noch einige freie Plätze, und es war ruhiger. Dort saßen auch Einheimische, die den Bummelzug nutzten, um nach der Arbeit nach Hause zu fahren.

Vincent Guyon stand an einem der Fenster und starrte in die Dämmerung, doch er nahm das Gebüsch und die Bäume, die an ihm vorbeihuschten, gar nicht wahr. Er war tief in Gedanken versunken und fühlte sich hoffnungslos. Normalerweise machte er in den Sommermonaten früher Feierabend. Doch heute hatte ihn sein Chef Monsieur Lepraël zum Abendessen eingeladen, weil er etwas mit ihm besprechen wollte. Guyon hatte sofort ein ungutes Gefühl beschlichen. Diese Vorahnung hatte sich während des Gesprächs bestätigt. Lepraël war Eigentümer einer Fischfabrik in der Nähe des Cap de Carteret. Der Umsatz hatte inzwischen durch die Konkurrenz größerer Unternehmen seinen Tiefpunkt erreicht. Über die prekäre finanzielle Situation war Guyon sehr gut informiert, schließlich war er der Chefbuchhalter. Lepraël hatte erklärt, dass die bisherigen Sparmaßnahmen nicht gefruchtet hatten. Er würde die Personalabteilung und die Buchhaltung outsourcen müssen, um sein Geschäft wieder auf eine solide Basis zu stellen. Halbherzig hatte er Guyon einen Arbeitsplatz in der Produktion angeboten, aber das kam für ihn nicht infrage.

Guyon fragte sich, wie er in dieser ländlich geprägten Region und in seinem Alter einen neuen Arbeitsplatz finden sollte. Seine Frau verdiente als ungelernte Kraft in einem ambulanten Pflegedienst nicht viel, und ihr Haus war noch lange nicht abbezahlt. Ihr Sohn Paul besuchte noch die Schule, und sie hatten sich immer bemüht, ihm seine Wünsche zu erfüllen: ein neues Moped, ein teurer Computer, das beste Smartphone. Marie-Lise, ihrem Nesthäkchen, reichten ihr Hund und ihr Pferd, um glücklich zu sein.

Vincent Guyon seufzte tief. Was sollte er nur machen?

Claire Lamare stand an der Theke der Disco Le Phare Jaune, Der Gelbe Leuchtturm, und trank ihre Cola aus. Die honigblonden Haare fielen weich um ihr herzförmiges Gesicht mit den weit auseinander stehenden veilchenblauen Augen. Es war ihr nicht bewusst, wie schön sie war, und sie machte auch kein großes Aufsehen um ihr äußeres Erscheinungsbild. Sie galt eher als ernsthaft und introvertiert, lernte ehrgeizig für das Baccalauréat, las viel und spielte leidenschaftlich gerne Klavier.

Sie war nur Carine zuliebe mit in die Disco gekommen, und nun knutschte ihre Freundin in einer schwach beleuchteten Sitzecke mit einem Jungen, den Claire noch nie gesehen hatte. Sie langweilte sich, die hartnäckigen Avancen der jungen Männer nervten sie, und die Musik, die aus der Anlage dröhnte, war einfach schrecklich. Sie konnte Rap nicht ausstehen. Schließlich bezahlte sie und trat aus dem Gebäude. Tief sog sie die frische Luft ein und genoss die Stille. Neben der Tür stand Gilles, ein Schulkollege, und rauchte.

»Salut, Claire, willst du schon gehen?«

»Ja, ich bin müde.«

»Soll ich dich nach Hause fahren?«

»Das ist nett von dir, aber ich gehe lieber zu Fuß. Es ist ja nicht weit.«

»Wie du willst. Bis morgen.«

»Bonne nuit, Gilles.«

Kurz winkte sie ihm zu und verschwand bald darauf in der Dämmerung. Von der Disco in Saint-Jean-de-la-Rivière bis zu dem Weiler Villot, wo sie wohnte, waren es, wenn sie über die Landstraße ginge, vier Kilometer, deshalb entschied sie sich für den kürzeren Weg über den Feldweg, der an den Bahngleisen entlangführte. Spätestens in einer halben Stunde würde sie in ihrem Bett liegen und die Lateinvokabeln für die Schulaufgabe am nächsten Tag noch einmal durchgehen.

Eine schmale, abschüssige Straße führte sie aus dem Ort, vorbei an Bauernhöfen, Gemüsegärten und Stallungen. Pferde wieherten leise, und ein Hund hinter einem Zaun bellte sie aggressiv an. Am Ortsende breitete sich Stille aus. Der Feldweg verlief an einem von Weiden und Ahornbäumen gesäumten Bach. Sein leises Gluckern begleitete Claire. Nach und nach wich die Dämmerung der Dunkelheit, nur die schmale Mondsichel, eingebettet in einen Wolkenkranz, und vereinzelte Sterne erhellten die Nacht. Ein leichter Wind brachte das Laub zum Wispern, und aus dem Brombeergestrüpp drang ein raschelndes Geräusch, vermutlich einer der Biber oder Bisamratten, die es in Bachnähe gab. Der süße Duft von Jasmin lag in der Luft.

Claire war die Abkürzung schon oft gelaufen und kannte die Gegend wie ihre Westentasche. Nach mehreren hundert Metern schlug der Wasserlauf einen Haken und entfernte sich von der Bahnlinie. Wiesen und Äcker, von Kanälen durchzogen, breiteten sich aus, dazwischen erhoben sich Bauminseln. An einem Wehr staute sich das Wasser und gurgelte in einen Teich.

Dieses Geräusch überdeckte die Schritte, die sich durch Pappeln und Weißdornbüsche ihren Weg bahnten und zielstrebig auf Claire zuhielten. Erst nachdem Claire das Wehr hinter sich gelassen hatte, konnte sie sie hören. Ganz leise nur, aber sie waren da und schienen näher zu kommen. Schnell blickte sie über die Schulter, konnte aber niemanden sehen. Sie versuchte, sich einzureden, dass sie sich getäuscht haben musste, aber sie wusste, dass sie etwas gehört hatte. Die Schritte eines Menschen, kein Tier. Bestimmt war es ein nächtlicher Spaziergänger, der seinen Hund ausführte. Claire beschleunigte ihre Schritte und spürte, wie ihr Herz klopfte. Ihr wurde bewusst, dass sie hier ganz allein unterwegs war. Die letzten Häuser des Dorfes hatte sie weit hinter sich gelassen. Niemand würde sie hören und ihr zu Hilfe kommen. Als ein Rind in seinem Unterstand blökte, fuhr sie zusammen. Claire spürte eine unbestimmte Bedrohung, die ihr Angst machte, und obwohl die Nachtluft warm war, durchfuhr sie Eiseskälte.

Der Mann brach aus dem Gebüsch und packte sie. Claire schrie entsetzt auf. Er griff nach ihrer Bluse und zerriss den Stoff. Grob umfasste er ihre Brust und stieß ein widerliches Grunzen aus. Claire wehrte sich mit aller Kraft und trat nach ihm, doch er hielt sie fest umklammert. Als sie um Hilfe schrie, hielt er ihr den Mund zu und zischte unverständliche Worte in ihr Ohr. Sie hatte Todesangst und sah sich verzweifelt nach jemandem um, der ihr helfen könnte. Dabei bemerkte sie aus den Augenwinkeln, wie zwei kreisrunde Lichter sich stetig näherten.

Der Lokführer hatte den Blick fest auf die Gleise vor ihm gerichtet. Vor einigen Tagen hatte eine Rotte Wildschweine die Trasse überquert und ihm einen gehörigen Schrecken eingejagt. Beinahe hätte er einen Zusammenstoß nicht mehr verhindern können. Er war froh, dass es seine letzte Fahrt war und er bald in seinen wohlverdienten Feierabend gehen konnte.

Davon, was sich auf dem Feldweg abspielte, bekam er nichts mit. Die Touristen aßen, tranken, unterhielten sich, und einige hatten in die Seemannslieder eingestimmt. Niemand achtete darauf, was draußen geschah. Niemand außer Vincent Guyon.

Als der Lichtkegel der Lok für wenige Sekunden die beiden miteinander ringenden Menschen erfasste, schreckte er aus seinen Gedanken und starrte auf den schwarz gekleideten Mann, der versuchte, einer jungen Frau Gewalt anzutun. Er konnte noch erkennen, dass ihr Oberteil zerrissen war. Die Frau warf einen flehenden Blick auf den Zug, und ihre Blicke trafen sich für einen Moment.

»Lassen Sie die Frau los! Ich rufe die Polizei«, brüllte er aus dem geöffneten Fenster, dann war der Zug schon vorbei. Der verlassene Feldweg lag in der Dunkelheit. Vincent griff nach seinem Handy und stellte fest, dass er keinen Empfang hatte. Hastig bahnte er sich einen Weg durch die...
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