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Das Mädchen Orchidee

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Unionsverlagerschienen am01.05.2019
Sie ist die einzige Frau in der Verbotenen Stadt, die es wagt, dem Kaiser direkt in die Augen zu schauen. Und sie ist es, die ihm schließlich den ersehnten Thronfolger schenkt. Mit Klugheit und Tatkraft gelingt es dem einfachen Bürgermädchen Tsu Hsi, von der kaiserlichen Konkubine zur Herrscherin über ein Weltreich emporzusteigen. Um den Preis ihrer einzigen und ersten Liebe, der Liebe zu ihrem Vetter Jung Lu ... Die Nobelpreisträgerin Pearl S. Buck hat aus dem Leben der Kaiserin Tsu Hsi ein atemberaubendes Panorama des alten China geschaffen.

Pearl S. Buck, geboren 1892 in West-Virginia, stammte von holländischen und deutschen Vorfahren ab. Ihre Eltern, die in der Mission tätig waren, zogen mit ihr nach China, wo sie vierzig Jahre ihres Lebens verbrachte. Von 1922 bis 1932 arbeitete sie als Professorin für englische Literatur an der Universität Nanking. 1938 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur verliehen. Pearl S. Buck starb 1973 in Vermont.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextSie ist die einzige Frau in der Verbotenen Stadt, die es wagt, dem Kaiser direkt in die Augen zu schauen. Und sie ist es, die ihm schließlich den ersehnten Thronfolger schenkt. Mit Klugheit und Tatkraft gelingt es dem einfachen Bürgermädchen Tsu Hsi, von der kaiserlichen Konkubine zur Herrscherin über ein Weltreich emporzusteigen. Um den Preis ihrer einzigen und ersten Liebe, der Liebe zu ihrem Vetter Jung Lu ... Die Nobelpreisträgerin Pearl S. Buck hat aus dem Leben der Kaiserin Tsu Hsi ein atemberaubendes Panorama des alten China geschaffen.

Pearl S. Buck, geboren 1892 in West-Virginia, stammte von holländischen und deutschen Vorfahren ab. Ihre Eltern, die in der Mission tätig waren, zogen mit ihr nach China, wo sie vierzig Jahre ihres Lebens verbrachte. Von 1922 bis 1932 arbeitete sie als Professorin für englische Literatur an der Universität Nanking. 1938 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur verliehen. Pearl S. Buck starb 1973 in Vermont.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783293306240
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum01.05.2019
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4115 Kbytes
Artikel-Nr.4371398
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe





Yehonala


Es war der vierte Monat des Sonnenjahres 1852, der dritte Monat des Mondjahres, das zweihundertachte Jahr der Mandschu-, der großen Tsching-Dynastie, und April in der Stadt Peking. Der Frühling ließ auf sich warten. Die Nordwinde, die aus der Wüste Gobi Wolken feinen gelben Sandes nach Süden führten, bliesen so kalt wie im Winter über die Hausdächer. Der Sand trieb wie Staubwirbel durch die Straßen und sickerte durch Türen und Fenster, häufte sich in Ecken, lag auf Tischen, Stühlen und in den Falten der Kleider, er verkrustete die Gesichter der Kinder, wenn sie weinten, und setzte sich in den Runzeln alter Leute fest.

Im Hause des Mandschu-Bannermanns Muyanga in der Zinngasse war der Sand noch lästiger als gewöhnlich, denn die Fenster schlossen nicht dicht, und die Türen hingen lose in ihren hölzernen Angeln. An diesem besonderen Morgen erwachte Orchidee, seine Nichte, das älteste Kind seines verstorbenen Bruders, durch das Geräusch des Windes und des knarrenden Holzes. Sie setzte sich auf in dem großen chinesischen Bett, das sie mit ihrer jüngeren Schwester teilte, und verzog das Gesicht, als sie den Sand wie gefärbten Schnee auf der roten Bettdecke liegen sah. Gleich darauf kroch sie vorsichtig aus dem Bett, um die noch schlafende Schwester nicht zu wecken. Unter den bloßen Füßen fühlte sie den Sand auf dem Boden und seufzte. Erst gestern hatte sie das Haus rein gefegt, und die ganze Arbeit musste nun von Neuem getan werden, sobald der Wind sich gelegt hatte.

Sie war ein hübsches Mädchen, diese Orchidee. Durch ihre Schlankheit und aufrechte Haltung erschien sie größer, als sie war. Sie hatte stark ausgeprägte, aber keine groben Gesichtszüge, eine gerade Nase, schön abgesetzte Augenbrauen, einen wohlgeformten und nicht zu kleinen Mund. Ihre große Schönheit lag in ihren Augen. Sie waren lang, groß und außergewöhnlich klar, das Weiße und das Schwarze war fein säuberlich getrennt. Doch diese Schönheit hätte bedeutungslos sein können, wenn ihre Natürlichkeit und Intelligenz nicht ihr ganzes Wesen belebt hätten. Obschon sie noch sehr jung war, hatte sie sich fest in der Gewalt. Ihre Kraft zeigte sich in der Geschmeidigkeit ihrer Bewegungen und in der ruhigen Gesetztheit ihres Auftretens.

In dem sandgrauen Licht des Morgens zog sie sich schnell und geräuschlos an. Sie schob die blauen Baumwollvorhänge, die als Tür dienten, beiseite, ging in das große Zimmer und von dort in die anstoßende kleine Küche. Aus dem großen Eisenkessel, der in den irdenen Ofen eingelassen war, stieg Dampf auf.

»Lu Ma«, grüßte sie die Dienstfrau, »du bist heute schon früh an der Arbeit.« Sie sprach absichtlich leise. Ihre schöne Stimme hatte etwas äußerst Reizvolles an sich, auch in ihr kam ihre Selbstbeherrschung zum Ausdruck.

Hinter dem Ofen erwiderte eine rasselnde Stimme: »Ich konnte nicht schlafen, junge Herrin. Was sollen wir tun, wenn du von uns gehst?«

Orchidee lächelte. »Du weißt ja noch gar nicht, ob mich die Kaiserinwitwe erwählt. Meine Kusine Sakota ist weit hübscher als ich.«

Sie blickte hinter den Ofen. Lu Ma hockte dort und stopfte trockene Grasbüschel in das Feuer, und zwar so, dass möglichst jeder Halm des knappen Brennmaterials voll ausgenützt wurde.

»Dich wird man erwählen.« Die alte Frau sagte das in einem bestimmten, aber traurigen Ton. Als sie sich jetzt aufrichtete, sah sie sehr elend aus, eine kleine bucklige Chinesin in einem verblichenen und geflickten Baumwollkleid; die gebundenen Füße waren nur noch Stummel, die braunen Runzeln ihres eingesunkenen Gesichts waren durch den eingedrungenen Sand deutlich abgezeichnet. Sand lag auch auf ihrem grauen Haar, überzog ihre Augenbrauen und den Rand ihrer Oberlippe wie mit Reif.

»Dieses Haus kann ohne dich nicht bestehen«, ächzte sie. »Zweite Schwester kann nicht einmal einen Saum nähen, weil du immer alles für sie getan hast. Und die beiden Jungen, deine Brüder, verschleißen jeden Monat ein Paar Schuhe. Was soll aus deinem Verwandten Jung Lu werden? Bist du nicht seit Kindesbeinen mit ihm so gut wie verlobt?«

»Ja, man könnte wohl sagen, wir sind verlobt«, erwiderte Orchidee mit ihrer schönen Stimme. Sie nahm ein Waschbecken vom Tisch und einen eisernen Löffel von der Ofenplatte und schöpfte aus dem Kessel heißes Wasser. Dann zog sie ein kleines graues Handtuch von der Wand, tauchte es in das Wasser, wrang es dampfheiß trocken und rieb sich damit Gesicht und Hals, Handgelenke und Hände ab. Ihr glattes ovales Gesicht wurde von der feuchten Wärme rot. Sie sah in den kleinen Spiegel, der über dem Tisch hing. Sie sah darin nur ihre außerordentlichen, lebhaften dunklen Augen. Sie war auf ihre Augen stolz, aber sie hütete sich sorgfältig, jemals eine Spur von diesem Gefühl zu zeigen. Wenn Frauen aus der Nachbarschaft von ihren nachtfaltergleichen Brauen und ihren blattförmigen Augen sprachen, tat sie, als hörte sie das nicht, aber sie hörte es doch.

Die Alte betrachtete sie. »Ah, ich habe immer gesagt, dass du eine große Zukunft hast. Man sieht sie in deinen Augen. Wir müssen dem Kaiser, dem Sohn des Himmels, gehorchen, und wenn du Kaiserin bist, mein Täubchen, wirst du an uns denken und uns helfen.«

Orchidee lachte leise. »Ich werde ja nur eine Konkubine werden, eine von Hunderten.«

»Du wirst werden, wozu dich der Himmel bestimmt«, erklärte die Alte. Sie wrang das Handtuch ganz trocken und hängte es an seinen Nagel. Dann brachte sie das Waschbecken nach draußen und goss das Wasser vorsichtig aus.

»Kämme dir die Haare, junge Herrin. Jung Lu wird bald kommen. Er sagte mir, es könnte sein, dass er dir heute die goldene Vorladung bringt.«

Orchidee sagte nichts darauf, sondern ging anmutig wie immer in ihr Schlafzimmer. Sie sah, dass ihre Schwester noch schlief. Sie war so schlank, dass man unter der Decke kaum ihre Gestalt sah. Ruhig löste sie ihr langes schwarzes Haar, kämmte es mit einem chinesischen Holzkamm und parfümierte es mit wohlriechendem Zimtbaumöl. Dann legte sie ihr Haar in zwei Zöpfen über die Ohren, und in jeden Zopf steckte sie eine kleine Blume aus Staubperlen, die mit Blättern aus dünnem grünem Nephrit eingefasst war.

Sie war noch nicht ganz fertig, da hörte sie die Schritte ihres Verwandten Jung Lu im anstoßenden Zimmer und dann seine Stimme, die selbst für eine Männerstimme sehr tief klang. Er fragte nach ihr. Zum ersten Mal in ihrem Leben ging sie ihm nicht gleich entgegen. Sie war ein Mandschu-Mädchen, und Gesetz und Sitte des alten China, die ein Zusammentreffen der Geschlechter nach Erreichung des siebenten Lebensjahres verboten, hatten die beiden nicht gehindert, sich dann und wann zu sehen. Sie waren in ihrer Kindheit Spielkameraden gewesen und hatten später als Vetter und Kusine freundschaftlich miteinander verkehrt. Er gehörte jetzt dem Garderegiment an, das die Tore der Verbotenen Stadt bewachte, und deshalb kam er jetzt nicht oft in Muyangas Haus. Aber an Feiertagen und Geburtstagsfesten fehlte er nie, und an dem chinesischen Fest Frühlings-Erwachen vor zwei Monaten hatte er ihr einen Heiratsantrag gemacht.

An jenem Tag hatte sie weder abgelehnt noch zugestimmt. Sie hatte mit ihrem bezaubernden Lächeln gesagt: »Du musst nicht mit mir, sondern mit meinem Onkel darüber sprechen.«

»Wir sind Vetter und Kusine«, entschuldigte er sich.

»Im dritten Grade«, hatte sie erwidert.

So hatte sie weder Ja noch Nein gesagt. Jetzt dachte sie daran, was sich an jenem Tag ereignet hatte, ja, bei allem, was sie tat, war es ihr immer in Erinnerung. Sie schob den Vorhang zurück. Groß und festgewurzelt, die Füße in geziemendem Abstand, stand er im Zimmer. An jedem anderen Tag hätte er seine Mütze aus rotem Fuchsfell und vielleicht sogar seinen Mantel abgenommen, aber heute stand er da, als wäre er ein Fremder, in der Hand ein in gelbe Seide eingewickeltes Päckchen. Sie sah es sofort, und er merkte es natürlich. Wie immer, errieten sie gegenseitig ihre Gedanken.

»Du erkennst die kaiserliche Vorladung«, sagte er.

»Da müsste man schön dumm sein, wenn man die nicht erkennen würde«, antwortete sie.

Sie hatten nie formelle Redensarten gebraucht oder höfliche Floskeln gewechselt. Sie kannten sich zu gut.

Er sah sie unverwandt an und fragte: »Ist mein Onkel Muyanga schon auf?«

Auch sie sah ihn an und erwiderte: »Du weißt, dass er nie vor Mittag aufsteht.«

»Heute muss er aufstehen«, entgegnete Jung Lu, »ich benötige seine Empfangsbestätigung, da er dein Vormund ist.«

Sie drehte den Kopf und rief: »Lu Ma, wecke meinen Onkel! Jung Lu ist hier und muss seine Unterschrift haben, bevor er zum Palast zurückkehrt.«

»Ja, ja«, seufzte die alte Frau.

Orchidee streckte die Hand aus. »Lass mich das Päckchen sehen.« Jung Lu schüttelte den Kopf. »Es ist für Muyanga.«

Sie ließ die Hand sinken. »Aber ich weiß, was es besagt. Ich muss heute in neun Tagen mit meiner Kusine Sakota in den Palast kommen.«

Unter den schweren Brauen blickten sie seine schwarzen Augen finster an.

»Woher weißt du das?«

Sie sah ihn nicht mehr an. Ihre länglichen Augen waren unter den geraden schwarzen Wimpern halb verborgen. »Die Chinesen wissen alles. Gestern sah ich auf der Straße Wanderschauspielern zu. Sie spielten:...


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Pearl S. Buck, geboren 1892 in West-Virginia, stammte von holländischen und deutschen Vorfahren ab. Ihre Eltern, die in der Mission tätig waren, zogen mit ihr nach China, wo sie vierzig Jahre ihres Lebens verbrachte. Von 1922 bis 1932 arbeitete sie als Professorin für englische Literatur an der Universität Nanking. 1938 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur verliehen. Pearl S. Buck starb 1973 in Vermont.

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt