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Der Neiding

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
933 Seiten
Deutsch
neobookserschienen am29.07.2019
Sachsen im Jahre 772: Seit vielen Jahren sind die altgläubigen Sachsen dem mächtigen Frankenkönig Karl ein Dorn im Auge und er plant, die unberechenbaren und widerspenstigen Heiden zum Christentum zu bekehren, um sie endgültig in sein Reich einzugliedern. Die Sippe von Theodard, freie Sachsen, nimmt einen fremden Jungen auf, den sie in den Wäldern vor einem gewaltsamen Tod bewahrte. Doch nicht alle Sippenmitglieder sind damit einverstanden. Sind seine Augen nicht schwarz wie Kohlen? Kann er nicht in der Dunkelheit sehen? Und warum spricht er nicht? Als sich die junge Sarhild für den Fremden zu interessieren beginnt, kommt es zur Katastrophe, die die ganze Sippe in ihren Grundfesten erschüttern wird. Währenddessen bahnt sich ein Krieg gegen die Franken an. 'Michael J. Awe führt seine Leser mit viel sprachlichem Geschick ins Mittelalter, wo sich die Sachsen gegen ihre Christianisierung sträuben.' - bestbookfinder.de

Michael J. Awe wurde 1973 in Münster geboren und lebt heute mit seiner Frau in Bad Godesberg am Rhein. Privat taucht er gerne in vergangene oder zukünftige Welten ein, was sich auch in seinem Schreiben widerspiegelt, das sich von historischen Stoffen über Fantastik bis hin zur Science-Fiction erstreckt. Sein erster Roman, »Der Neiding«, erschien 2019.
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Produkt

KlappentextSachsen im Jahre 772: Seit vielen Jahren sind die altgläubigen Sachsen dem mächtigen Frankenkönig Karl ein Dorn im Auge und er plant, die unberechenbaren und widerspenstigen Heiden zum Christentum zu bekehren, um sie endgültig in sein Reich einzugliedern. Die Sippe von Theodard, freie Sachsen, nimmt einen fremden Jungen auf, den sie in den Wäldern vor einem gewaltsamen Tod bewahrte. Doch nicht alle Sippenmitglieder sind damit einverstanden. Sind seine Augen nicht schwarz wie Kohlen? Kann er nicht in der Dunkelheit sehen? Und warum spricht er nicht? Als sich die junge Sarhild für den Fremden zu interessieren beginnt, kommt es zur Katastrophe, die die ganze Sippe in ihren Grundfesten erschüttern wird. Währenddessen bahnt sich ein Krieg gegen die Franken an. 'Michael J. Awe führt seine Leser mit viel sprachlichem Geschick ins Mittelalter, wo sich die Sachsen gegen ihre Christianisierung sträuben.' - bestbookfinder.de

Michael J. Awe wurde 1973 in Münster geboren und lebt heute mit seiner Frau in Bad Godesberg am Rhein. Privat taucht er gerne in vergangene oder zukünftige Welten ein, was sich auch in seinem Schreiben widerspiegelt, das sich von historischen Stoffen über Fantastik bis hin zur Science-Fiction erstreckt. Sein erster Roman, »Der Neiding«, erschien 2019.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783748557609
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum29.07.2019
Seiten933 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1448 Kbytes
Artikel-Nr.4749993
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Rauchnacht

  

Schwärme von Krähen zogen über das Land. Wie schwarze Punkte trieben sie vor dem grauen Himmel, ihre heiseren Rufe riss der Wind von den Schnäbeln. Schneeflocken wirbelten durch die eisige Luft. Das knorrige Holz der alten Bäume ächzte, die Wurzeln wie Knoten in das Erdreich gekrallt, die Stämme schwarz und feucht. Die Finsternis brachte die längste Nacht des Jahres.

Die Häuser des Gehöftes duckten sich hinter der Palisade aus grob gezimmerten Baumstämmen. Kein Licht brannte, niemand war zu sehen. Die Schatten des Waldes krochen zwischen den tiefen Dächern entlang, während die Menschen lauschend in ihren Hallen saßen.  Die Felder außerhalb der schützenden Holzpalisade lagen verlassen da, begraben unter knietiefen Schneewehen.

Außer dem Herdfeuer brannte kein Licht in der großen Halle. Schatten sammelten sich unter den Dachbalken, wo der Rauch das Holz geschwärzt hatte. Der Wind heulte, drückte gegen die Palisade, so dass man ihr Knirschen noch in den Häusern hören konnte, und rüttelte an den Dächern. Der sie umgebende Wald war erfüllt von fremdartigen Geräuschen.

Sarhild, die gerade Brennholz nachlegte, hielt in ihrer Arbeit inne und lauschte. Ein Wimmern lag in der Luft. Der Wald war voller finsterer Wesen diese Nacht und sie hoffte, dass die Männer ihren Weg finden würden. Die dunklen Vögel schrien seit Einbruch der Dunkelheit und die Schweine und Schafe hinter der Trennwand bewegten sich unruhig. Das Mädchen konnte ihre Furcht spüren. Eckart saß schweigsam bei seinem Bier. Während der Zwölfnächte ruhte die Hausarbeit, das Spinnrad stand still wie das Rad der Zeit. »Auf dass die Sonne wieder aufgeht!«, flüsterte Sarhild und berührte ihren Donarhammer, einen kleinen Anhänger aus Eichenholz, den ihre Mutter geschnitzt hatte.

Eisiger Wind und Schneegestöber drangen in die Langhalle, als sich eine Gestalt durch den Eingang drückte. Obwohl Isbert nur den Hof überquert hatte, waren seine Haare und Schultern schneeüberzogen. Der Junge stapfte sich den Schnee von den Füßen, Eckart musterte ihn düster über den Becher hinweg.

»Die Vögel fallen tot vom Himmel!«, sagte Isbert und trat in den Schein des Herdfeuers vor, das in der Mitte der Halle brannte. Sarhild sah sein schulterlanges Haar rötlich aufleuchten, dieses besondere Haar, das sie noch bei keinem Menschen gesehen hatte. Es war nicht blond, wie bei seinem Vater Theodard, oder rot wie bei Arbogast, seinem älteren Bruder, sondern von einem bleichen Weiß wie Schnee im Licht der Wintersonne. Ein Haar, das keine Farbe zu besitzen schien, dachte sie, eine Laune der Götter. »Zwei toten Raben liegen im Hof, sie sind hart wie  Stein.«

»Nur ein Narr verlässt sein Herdfeuer in dieser Nacht!«, brummte Eckart und trank einen weiteren Schluck. Ihr Vater würde bis zum Aufgang der Sonne kein Auge zutun, sie alle fürchteten diese zwölf Nächte. Ein Schatten huschte über das ebenmäßige Gesicht Isberts.

»Sie werden den Weg finden!«, sagte er und setzte sich neben Sarhild auf die Bank. Eine Zeitlang saßen sie nebeneinander und lauschten dem Heulen des Windes, dem Knirschen des Gebälks. Nur der Schein des Herdfeuers vertrieb Dunkelheit und Kälte, die aus den Wäldern zu ihnen gekrochen kamen und die Langhäuser umschlossen. Nur das Opfer an die Götter würde ihnen Schutz gewähren. Vor zwei Nächten hatten sie damit begonnen, Holz auf dem Hof aufzuschichten, damit das heilige Feuer in diesen Stunden angezündet werden konnte, dann waren Eis und Schnee gekommen und sie hatten den Holzstapel mit großen Tüchern abgedeckt.

Draußen schlugen die Hunde an. Ihr heiseres Bellen drang durch den Schneesturm.

»Sie sind zurück!«, rief Isbert und rannte zur Tür.

Sarhild warf sich das Schafsfell über und folgte ihm nach draußen. Eiskristalle schlugen ihr schmerzhaft ins Gesicht, hinter sich hörte sie Eckart fluchen. Obwohl Isbert kurz vor ihr ging, konnte sie ihn im nächtlichen Schneegestöber kaum erkennen. Sie zog das Fell dichter um ihre Schultern und kämpfte sich durch den kniehohen Schnee. Die anderen Langhäuser waren kaum mehr als ein Schemen. Die massige Gestalt Manfreds kam ihnen entgegen, die Arme ragten bloß aus der schlichten Tunika hervor. An dem verschlossenen Tor sprangen die Hunde hoch. Manfred stemmte den Eichenschaft des Speeres in den Schnee und kletterte den Wall hoch, um über die Palisade schauen zu können. Sarhild blinzelte gegen den Sturm an, die Schneeflocken stachen wie Nadeln und rissen die Haut wund. Als Manfred seinen Kopf über die Baumstammspitzen steckte, erwischte ihn der Eissturm mit voller Kraft. Sein kahler Schädel funkelte feucht, als er sich an die Palisade klammerte. Eckarts Fackel wurde vom Sturm gelöscht und ließ sie in der Dunkelheit zurück.

»Wer da?«, rief Manfred mit seiner kraftvollen Stimme.

Alle lauschten in das Heulen des Sturmes hinein, während die Hunde immer noch kläffend am Tor hochsprangen. Lass sie es sein, dachte Sarhild, und keine bösen Gestalten der Nacht.

Nach einer Weile drang eine Antwort zu ihnen. »Wir sind zurück, Manfred. Öffnet das Tor!«

»Es ist Theodard!«, rief Isbert.

Manfred schlidderte den Wall hinunter. Gemeinsam mit Eckart und Isbert wuchtete er den schweren Balken nach oben, der den Torflügel verschloss. Die Männer stemmten sich mit den Schultern gegen das Tor, bis es sich einen Spaltbreit öffnete. Die Hunde liefen kläffend zwischen den Männern herum, Sarhild griff einem der wolfsähnlichen Tiere ins struppige Nackenfell und zog es daran zurück.

Drei Gestalten, tief in Fellumhänge gehüllt, schoben sich durch den Spalt, gefolgt von einer weiteren, kleineren.

»Vater!«, rief Isbert.

Theodard ergriff mit Manfred den schweren Balken und wuchtete ihn wieder in die Halterung, während Rolant und Arbogast halfen. Sarhild warf einen Blick auf die kleine Gestalt, in der Dunkelheit war das Gesicht des Gastes nicht zu erkennen, Sarhild tippte aber aufgrund seiner Schmächtigkeit auf eine Frau. Gemeinsam schritten sie gegen den Sturm gelehnt zu Theodards Halle, die die größte war. Hitze schlug ihnen beim Eintreten entgegen. Die Flammen des Herdfeuers brannten hoch, Qualm sammelte sich unter dem Dach und brannte in den Augen.

Neben dem Herdfeuer erhob sich eine hochgewachsene Frau. »Willkommen, Theodard!«, sagte Fredegard und grüßte ihren Mann. Der Blick ihrer grauen Augen glitt zu dem Neuankömmling hinüber.

»Wir sind den Weg nicht allein gekommen«, erklärte Theodard.

Im Schein der Flammen erkannte Sarhild, dass es sich bei dem Fremden um einen Jungen handelte, schwarzes dichtes Haar fiel ihm auf die schmächtigen Schultern, der Blick war misstrauisch.

»Zeig mir, wen du da aufgelesen hast!« Fredegard beugte sich zu dem Jungen hinunter. Als dieser zurückwich, griff sie blitzschnell nach seinem Kinn und zwang ihn, seinen Kopf zu heben. »Bist du ein Mensch oder siehst du nur so aus?«, murmelte sie. Der Junge hatte die Augen aufgerissen, doch konnte er sich aus dem festen Griff der Frau nicht befreien. »Er spricht nicht!« Sie blickte ihm in die Augen, die von einem tiefen Schwarz waren. »Augen wie Kohlen«, flüsterte Fredegard.

Arbogast trat zu seiner Mutter. In seinem roten Haar, dunkler als das rötlichblonde Haar Fredegards, glitzerten Eiskristalle. Arbogast besaß ihre grauen Augen und ihren hohen Wuchs. Von seinem Vater hatte er die unbändige Kraft, die schon jetzt der eines Mannes gleich kam. »Er war in Begleitung eines Kuttenträgers. Männer überfielen sie und erschlugen den Kreuzmann, aber Vater und Rolant trieben sie in den Wald zurück.«

»Der neue Gott!«, murmelte Fredegard. »Dann sag mir, wie du heißt.« Sie ließ das Kinn des Jungen los, ihre Finger hatten blasse Male auf seiner Haut hinterlassen.

»Er spricht nicht«, wiederholte Rolant, der den Jungen kühl musterte. Er schnallte sein Langschwert ab und legte es auf eine Truhe neben dem Eingang.

Fredegard ließ den Jungen nicht aus den Augen. »Wer nicht spricht, in dem kann auch kein Heil liegen.« Der Junge, obwohl dem Griff Fredegards entronnen, wich nicht zurück, seine schmale Brust hob und senkte sich heftig. »Alles hat einen Namen, was im Licht der Sonne wandelt.«

Sarhild wünschte sich, ihre Mutter wäre hier. Sie besaß die Fähigkeit, die wahre Natur der Dinge zu sehen und Gutes vom Bösen zu unterscheiden. Nicht alles, was einem im Wald begegnete und aussah wie ein Mensch, ist auch einer, sagte Aleke häufig zu ihr. Sarhilds Mutter bereitete noch in der Grubenhütte die Räucherung der Gebäude vor, denn sie war vertraut mit dem alten Wissen und wusste, wie man Runen schnitzte und Erkrankungen besprach. Der Junge schwieg, während alle Augen auf ihn gerichtet waren, kein Name und keine Sprache war ihm zu entlocken. Sie blickte zu Arbogasts Vater hinüber. Theodard legte seinen Bärenpelz ab und warf ihn über ein Gestell in der Nähe des Herdfeuers. Wie er so dastand, überragte er alle anderen um mindestens eine Haupteslänge. Der eisige Reif in Bart und Augenbrauen hatte zu tauen begonnen.

»Der Junge ist mein Gast«, sagte er und setzte sich auf die Bank. Mit diesen Worten fiel das Gastrecht auf den Jungen und machte ihn unantastbar. »Fredegard, reich unserem Gast etwas zu trinken.«

Fredegard musterte den Jungen und nickte dann widerwillig. »So sei es!« Sie füllte ein Trinkhorn mit Bier aus dem Kessel und ging damit zu dem Knaben. Ohne sie aus den Augen zu lassen, griff der Junge mit beiden Händen das große Horn und führte es an die Lippen. Die Männer warteten, bis er einen Schluck getrunken hatte, und setzten sich dann auf die Bänke. Nun hatte der Junge etwas von ihrem Trank zu sich genommen und...
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Autor

Michael J. Awe (*1973 in Münster). Lebt im Rheinland zusammen mit seiner Frau. Von seinem historischen Roman "Der Neiding" erschienen unter dem Namen Michael Blasius sechs Bände, die Reihe wurde im März 2015 abgeschlossen. Mitte 2019 folgte eine Neuauflage in einem Band und mit anderem Ende. Mitbegründer und Herausgeber der phantastischen Reihe "GEGEN UNENDLICH".