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Die brennenden Kammern

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
620 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am28.02.20201. Aufl. 2020
Carcassonne, 1562: Minou Joubert wächst als Tochter eines katholischen Buchhändlers auf. Eines Tages erhält sie einen versiegelten Brief mit den Worten: 'Sie weiß, dass Ihr lebt.' Noch bevor sie herausfinden kann, was hinter der mysteriösen Botschaft steckt, wird die Begegnung mit dem jungen Piet Reydon ihr Leben für immer verändern. Denn der Hugenotte hat eine gefährliche Mission, und er zählt auf Minous Hilfe, um aus der Stadt zu fliehen.




Die britische Bestsellerautorin Kate Mosse lebt in Chichester (West Sussex) und Carcassonne (Südfrankreich). Ihre Bücher werden in 37 Sprachen übersetzt und erscheinen in 40 Ländern. Weltbekannt wurde sie mit dem internationalen Bestseller Das verlorene Labyrinth. Neben dem Schreiben ist sie in Rundfunk und Fernsehen aktiv und hat eine Gastprofessur an der University of Chichester inne.
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Produkt

KlappentextCarcassonne, 1562: Minou Joubert wächst als Tochter eines katholischen Buchhändlers auf. Eines Tages erhält sie einen versiegelten Brief mit den Worten: 'Sie weiß, dass Ihr lebt.' Noch bevor sie herausfinden kann, was hinter der mysteriösen Botschaft steckt, wird die Begegnung mit dem jungen Piet Reydon ihr Leben für immer verändern. Denn der Hugenotte hat eine gefährliche Mission, und er zählt auf Minous Hilfe, um aus der Stadt zu fliehen.




Die britische Bestsellerautorin Kate Mosse lebt in Chichester (West Sussex) und Carcassonne (Südfrankreich). Ihre Bücher werden in 37 Sprachen übersetzt und erscheinen in 40 Ländern. Weltbekannt wurde sie mit dem internationalen Bestseller Das verlorene Labyrinth. Neben dem Schreiben ist sie in Rundfunk und Fernsehen aktiv und hat eine Gastprofessur an der University of Chichester inne.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732586363
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum28.02.2020
Auflage1. Aufl. 2020
Seiten620 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4937751
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Prolog
FRANSCHHOEK
28. Februar 1862

Die Frau steht allein unter einem stechend klaren Himmel. Grüne Zypressen und hohe Gräser grenzen den Friedhof ein. Die grauen Grabsteine hat die erbarmungslose Sonne am Kap gebleicht, bis sie die Farbe von Knochen annahmen.

Hier Rust. Hier ruht.

Sie ist groß und hat die auffälligen Augen, die die Frauen in ihrer Familie schon seit Generationen haben, ohne dass sie davon weiß. Sie beugt sich vor, um die Namen und Daten auf den Grabsteinen zu lesen, die von Flechten und Moosen verdeckt werden. Zwischen ihrem hohen weißen Kragen und der staubbedeckten Krempe ihres Lederhuts ist die Haut ihres Halses schon brennend rot. Für ihren europäischen Teint ist die Sonne zu stark, und sie ist tagelang durch die Savanne geritten, die hier Veld heißt.

Sie zieht die Handschuhe aus und faltet sie ineinander. Sie hat zu viele verlegt, um sorglos zu sein, und wie sollte sie hier ein neues Paar kaufen? In der gastfreundlichen Grenzstadt gibt es zwar zwei Krämerläden, aber sie hat nur wenig, was sie eintauschen könnte, und ihre Erbschaft ist verbraucht, ausgegeben auf der langen Reise von Toulouse nach Amsterdam und von dort ans Kap der Guten Hoffnung. Jeden einzelnen Franc hat sie für Vorräte und Empfehlungsschreiben aufgewendet, für Leihpferde und einen vertrauenswürdigen Führer, der sie durch das fremde Land leiten soll.

Sie lässt die Handschuhe vor ihre Füße auf den Boden fallen. Ein Wölkchen aus kupferrotem Kapstaub stiebt auf und legt sich wieder. Ein schwarzer Käfer, mit hartem Rücken und Entschlossenheit gepanzert, huscht in ein Versteck.

Die Frau atmet durch. Endlich ist sie angekommen.

Gefolgt ist sie der Spur vom Ufer der Aude, der Garonne und der Amstel über die wilden Meere an die Stelle, wo der Atlantik auf den Indischen Ozean trifft, ans Cap de Bonne-Espérance.

Manchmal hat die Spur hell geleuchtet. Die Geschichte zweier Familien und eines Geheimnisses, von Generation zu Generation weitergegeben. Ihre Mutter und ihre Großmutter, dann weiter zurück zu ihrer Urgroßmutter und deren Mutter. Ihre Namen sind vergessen, sind in denen der Ehemänner, Brüder und Geliebten aufgegangen, ihr Geist aber lebt in ihr. Das weiß sie. Ihre Suche endet hier endlich. In Franschhoek.

Ci gît. Hier ruht.

Die Frau nimmt den ledernen Reithut ab und fächelt sich mit der breiten Krempe glühende Luft zu. Erleichterung bringt es nicht. Es ist heiß wie in einem Ofen, und ihr flachsblondes Haar ist dunkel vor Schweiß. Auf ihr Aussehen legt sie wenig Wert. Sie hat die Stürme überlebt, die Angriffe auf ihren guten Ruf und auf ihre Person, den Diebstahl ihres Eigentums und den Verlust alter Freundschaften, von denen sie glaubte, sie würden ewig halten. Alles, um hierherzukommen.

Auf diesen ungepflegten Friedhof in dieser Grenzstadt.

Sie löst die Schnalle ihrer Satteltasche und greift hinein. Mit den Fingern streicht sie über die kleine alte Bibel - ein Talisman, den sie als Glücksbringer bei sich trägt -, aber was sie herausnimmt, ist das Tagebuch: in weiches lohfarbenes Leder gebunden, wird es von einer dünnen Schnur zusammengehalten, die zweimal herumgeschlungen ist. Darin liegen Briefe und handgezeichnete Karten, ein Testament. Das Tagebuch ist die Chronik der Suche ihrer Familie, die Anatomie einer Fehde. Wenn sie recht hat, stellt dieses Notizbuch aus dem 16. Jahrhundert das Mittel dar, mit dem sie Anspruch erheben kann auf das, was von Rechts wegen ihr gehört. Nach mehr als dreihundert Jahren werden Besitz und guter Name der Familie Joubert endlich wiederhergestellt. Der Gerechtigkeit wird Genüge getan.

Falls sie recht hat.

Dennoch, sie kann sich nicht überwinden, den Namen auf dem Grabstein zu lesen. Im Wunsch, diesen letzten Moment der Hoffnung ein wenig auszudehnen, schlägt sie stattdessen das Tagebuch auf. Die krakelige Schrift in gebräunter Tinte, die altertümliche Sprache packt sie über die Jahrhunderte hinweg. Jede einzelne Silbe kennt sie wie einen Katechismus aus der Sonntagsschule. Der allererste Eintrag.

Heute ist der Tag meines Todes.

Sie hört den Flügelschlag eines Rotschwingenstars und den Schrei eines Hagedaschs im Busch am Friedhofsrand. Wie unmöglich es erscheint, dass solche Laute ihr noch vor einem Monat vollkommen exotisch vorkamen und jetzt alltäglich sind. Ihre Fingerknöchel sind weiß, so fest hat sie die Fäuste geschlossen. Was, wenn sie nach alldem falschliegt? Was, wenn es hier nicht beginnt, sondern endet?

Gott der Herr sei mein Zeuge, während ich hier, von eigener Hand, dies niederlege, meinen Letzten Willen, mein Testament.

Die Frau betet nicht. Weil sie es nicht vermag. Die vielen Ungerechtigkeiten, die ihren Vorfahren im Namen der Religion angetan wurden, beweisen, dass es keinen Gott gibt. Denn welcher Gott würde zulassen, dass in seinem Namen so viele in Qual und Furcht und Schrecken sterben?

Dennoch sieht sie hoch, als könnte sie einen Blick auf die himmlischen Gefilde erhaschen. Der Februarhimmel über dem Kap der Guten Hoffnung ist vom gleichen tiefen Blau wie über dem Languedoc. Die gleichen schroffen Winde wirbeln den Staub im Hinterland des Cap de Bonne-Espérance wie in der Garrigue du Midi. Eine Art von Hitze, ein Atem, der die rote Erde aufwirbelt und einen Schleier über die Augen legt. Er pfeift durch die grauen und grünen Bergpässe des Landesinnern, über Pfade, die Tiere und Menschen geschaffen haben. Hier in diesem Buschland, das sie einmal Elefantenwinkel nannten, bevor die Franzosen kamen.

Jetzt ist es windstill. Die Luft ist heiß. Wenig rührt sich unter der Hitze der Mittagssonne. Hunde und Farmarbeiter haben sich in den schützenden Schatten zurückgezogen. Schwarze Geländer grenzen die Grabstätten ab - die Familie de Villiers, die Familie le Roux, die Familie Jordan -, auf denen allesamt Anhänger der reformierten Kirche liegen, die aus Frankreich flohen, um hier Zuflucht zu finden. Im Jahr des Heils 1688.

Auch ihre Vorfahren?

In der Ferne, hinter den steinernen Engeln und den Grabsteinen, begrenzen die Berge den Blick, und eine Erinnerung an die Pyrenäen trifft die Frau mit einem Mal: ein scharfes, verzweifeltes Verlangen nach der Heimat, das sich ihr wie ein eisernes Band um die Rippen legt. Die Berge sind im Winter weiß, im Frühling und im Frühsommer grün. Im Herbst verwandeln sich die grauen Felsen in Kupfer, dann beginnt der Zyklus erneut. Was würde sie geben, um sie noch einmal zu sehen.

Sie seufzt, denn sie ist hier. Sie ist weit fort von ihrem Zuhause.

Zwischen den abgegriffenen Seiten des ledernen Tagebuchs zieht sie die Karte hervor. Sie kennt jeden Strich, jeden Knick und jeden Tintenfleck, und doch betrachtet sie alles ganz genau. Liest erneut die Namen der Farmen jener ersten hugenottischen Siedler, die sich nach Jahren des Exils und des Umherirrens hier niederließen.

Am Ende kauert die Frau nieder und streckt die Hand aus, um die Buchstaben nachzuziehen, die in den Grabstein geschlagen sind. Sie ist so versunken, dass sie - die gelernt hat, wachsam zu sein - die Schritte hinter sich nicht hört. Sie bemerkt nicht den Schatten, der die Sonne verdeckt. Sie beachtet nicht den Geruch nach Schweiß, nach Stein, nach Leder und nach einer langen Reise über das Veld, bis sie die Mündung einer Waffe in ihrem Nacken spürt.

»Stehen Sie auf.«

Sie will sich umwenden, sein Gesicht sehen, aber der kalte Stahl drückt ihr auf die Haut. Langsam erhebt sie sich.

»Geben Sie mir das Tagebuch«, sagt er. »Wenn Sie das tun, geschieht Ihnen nichts.«

Sie weiß, dass er lügt, denn dieser Mann hat sie zu lange gejagt, und es steht zu viel auf dem Spiel. Seit dreihundert Jahren versucht seine Familie, ihre Familie zu vernichten. Wie könnte er sie laufenlassen?

»Geben Sie es her. Langsam.«

Die Kälte in der Stimme ihres Feindes ist beängstigender, als Wut es wäre, und instinktiv fasst sie das Tagebuch und die kostbaren Papiere, die es enthält, fester. Nach allem, was sie erduldet hat, wird sie es ihm nicht leicht machen. Doch jetzt gräbt er seine spitzen Finger durch den weißen Baumwollstoff der Bluse in ihre Schulter. Hart und grimmig bohren sie sich in den Muskel. Sie muss ihren Griff lösen. Das Tagebuch fällt in den Schmutz und klappt auf, das Testament und die Urkunden liegen im Staub des Friedhofs.

»Sind Sie mir von Kapstadt gefolgt?«

Sie erhält keine Antwort.

Sie hat keine Schusswaffe, aber sie besitzt ein Messer. Als er sich bückt, um die Papiere aufzuheben, zieht sie die Klinge aus dem Stiefel und sticht nach seinem Arm. Wenn sie ihn kampfunfähig machen kann, und sei es nur für einen Augenblick, kann sie vielleicht die Papiere wieder an sich bringen und davonlaufen. Doch er rechnet mit einem Angriff dieser Art und verlagert sein Gewicht zur Seite. Ihre Klinge streift nur seine Hand.

Kurz bevor er sie seitlich am Kopf trifft, ist sie sich seines herabschießenden Armes gewahr. Sie erhascht einen Blick auf schwarzes Haar, von einer weißen Strähne geteilt. Der Schmerz überwältigt sie, als ihr Fleisch unter dem Revolver aufplatzt. Sie spürt das Blut an ihrer Schläfe, seine Wärme, und sie stürzt.

In den letzten Sekunden, in denen sie bei Bewusstsein ist, trauert sie darum, dass ihre Geschichte so enden soll, in der vergessenen Ecke eines Friedhofs am anderen Ende der Welt. Die Geschichte um ein gestohlenes Tagebuch und eine Erbschaft. Eine Geschichte, die vor dreihundert Jahren begann, kurz vor Ausbruch der Bürgerkriege, die Frankreich in die...

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Die britische Bestsellerautorin Kate Mosse lebt in Chichester (West Sussex) und Carcassonne (Südfrankreich). Ihre Bücher werden in 37 Sprachen übersetzt und erscheinen in 40 Ländern. Weltbekannt wurde sie mit dem internationalen Bestseller Das verlorene Labyrinth. Neben dem Schreiben ist sie in Rundfunk und Fernsehen aktiv und hat eine Gastprofessur an der University of Chichester inne.
Die brennenden Kammern

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