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Der Geier

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
544 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am17.05.2021
Bei seiner Jagd nach der Wahrheit werden auch Freunde zu Feinden - der hochexplosive und politisch brisante dritte Fall für Max Anger.
September 2001. Ein Mitarbeiter des schwedischen Außenministeriums stürzt aus dem neunten Stock eines Luxushotels in Jerusalem. Eine Woche später werden zwei Flugzeuge in das World Trade Center fliegen. Max Anger wird beauftragt, den Tod des Mannes zu untersuchen. Auf der Suche nach der Wahrheit kommt er einer geheimen schwedischen Bruderschaft mit engen Verbindungen in die USA in die Quere. Max scheint sich mächtige Feinde gemacht zu haben, denn plötzlich steht er unter Mordverdacht und wird vom Jäger zum Gejagten. Beim Versuch, seine Unschuld zu beweisen und sich selbst zu retten, tickt die Uhr unerbittlich. Denn der Tote in Jerusalem war nur der Startschuss für eine Katastrophe unermesslichen Ausmaßes ...

Die »Max Anger«-Trilogie:
Band 1: Der Kormoran
Band 2: Der Adler
Band 3: Der Geier
Alle Bände sind eigenständige Fälle und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Martin Österdahl, aufgewachsen in Stockholm und London, hat BWL, Zentral- und Osteuropäische Geschichte sowie Russisch (Master of Science) studiert. Er arbeitete über zwanzig Jahre für TV-Produktionen und war gleichzeitig Programmdirektor eines schwedischen Fernsehsenders. Mit seiner deutschstämmigen Frau und den drei gemeinsamen Kindern lebt er in der Nähe von Stockholm.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextBei seiner Jagd nach der Wahrheit werden auch Freunde zu Feinden - der hochexplosive und politisch brisante dritte Fall für Max Anger.
September 2001. Ein Mitarbeiter des schwedischen Außenministeriums stürzt aus dem neunten Stock eines Luxushotels in Jerusalem. Eine Woche später werden zwei Flugzeuge in das World Trade Center fliegen. Max Anger wird beauftragt, den Tod des Mannes zu untersuchen. Auf der Suche nach der Wahrheit kommt er einer geheimen schwedischen Bruderschaft mit engen Verbindungen in die USA in die Quere. Max scheint sich mächtige Feinde gemacht zu haben, denn plötzlich steht er unter Mordverdacht und wird vom Jäger zum Gejagten. Beim Versuch, seine Unschuld zu beweisen und sich selbst zu retten, tickt die Uhr unerbittlich. Denn der Tote in Jerusalem war nur der Startschuss für eine Katastrophe unermesslichen Ausmaßes ...

Die »Max Anger«-Trilogie:
Band 1: Der Kormoran
Band 2: Der Adler
Band 3: Der Geier
Alle Bände sind eigenständige Fälle und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Martin Österdahl, aufgewachsen in Stockholm und London, hat BWL, Zentral- und Osteuropäische Geschichte sowie Russisch (Master of Science) studiert. Er arbeitete über zwanzig Jahre für TV-Produktionen und war gleichzeitig Programmdirektor eines schwedischen Fernsehsenders. Mit seiner deutschstämmigen Frau und den drei gemeinsamen Kindern lebt er in der Nähe von Stockholm.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641210823
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum17.05.2021
Reihen-Nr.3
Seiten544 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1600 Kbytes
Artikel-Nr.4940487
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



2

Max Anger stand ganz oben, dort wo kein Gras mehr den Fels bedeckte, und blickte auf Österhamn hinab. Am Fuß des Hangs lag die wettergeschützte Bucht - der letzte Halt, wenn man die Ostsee überqueren und Schweden hinter sich lassen wollte.

Ein paar Segelboote lagen landeinwärts an der Gästebrücke vertäut. Der Himmel war strahlend blau, wolkenlos und die Luft mit Sauerstoff gesättigt. Jenseits der Grundstücksgrenze verlief ein Schotterweg - die Schlagader, die die Gebäude mit den gemeinschaftlich genutzten Anlegestellen verband. Der Weg führte an den Weiden sowie den uralten, ergrauten Fischerhütten und Bootsschuppen vorbei, die aufgrund der isostatischen Bodenhebung inzwischen aussahen, als hätten sie sich einen halben Meter über dem Meeresspiegel auf kleinere Felsvorsprünge zurückgezogen. Dahinter lagen die alten Dampfer- und Marine-Anlegestellen. Der Weg schlängelte sich weiter über das Rückgrat der Insel in Richtung Kirche, Mühle und Leuchtturm und anschließend auf der nordwestlichen Seite weiter hinunter ans Wasser, wo der kleine Supermarkt und der Tanzboden lagen und wo die Fähren mit den Tagesgästen und Inselbewohnern anlegten.

Das letzte Mal war er vor fünf Jahren hier gewesen. Er und seine Freundin Paschie Kowalenko hatten mehrere Wochen auf der Insel verbracht und ihre geschundenen Leiber durch die Stille und die Luft heilen lassen. Die Entführung in Sankt Petersburg hatte bei Paschie Spuren hinterlassen, ihr Körper war von Kopf bis Fuß voller Entzündungen gewesen. Max hatte schon befürchtet, dass sie nie wieder die Alte werden würde.

Zunächst hatte sie tagelang auf der Küchenbank gelegen und geschlafen. Er hatte neben ihr gesessen, auf sie aufgepasst und sich in einem fort versichert, dass ihr Brustkorb sich im Takt der lautlosen Atmung immer noch hob und senkte.

Eines Nachts war er aufgeschreckt. Die Küchenbank war verwaist gewesen. Er hatte durchs Fenster zum Wasser hinuntergeblickt und Paschie entdeckt - sie saß unter dem sternklaren Himmel, blickte auf das Wasser auf dem Bootssteg und baumelte mit den Beinen. Max lief zu ihr, so schnell er konnte, und legte ihr den Arm um die Schultern. Sie zitterte am ganzen Leib, und er versprach ihr in jener Nacht, sie nie wieder loszulassen.

Später dann hatte er sie zurück in die Küche getragen. Er konnte sich noch genau daran erinnern, wie es sich angefühlt hatte, sie in seinen Armen zu halten. Wie federleicht sie gewesen war. Wie sie zugelassen hatte, dass er sie in seinen Armen hielt - trotz allem, was ihr die Männer angetan hatten.

Er drehte sich zu dem Haus um, in dem er aufgewachsen war. Der Mann, mit dem er zur Insel gefahren war, lief gerade daran entlang: Stefan Lindqvist, ein hiesiger Makler. In aufgekrempelten Jeans und Gummistiefeln stapfte Stefan durch das hohe Gras rund um das überwucherte Gebäude. Der Bootsschlüssel mit dem Korkschwimmer, den er um den Hals trug, tanzte mit jedem Schritt auf seiner Brust.

Als sie hier eingetroffen waren, hatte der Makler klare Worte gefunden: »Am besten wirft man da ein Streichholz rein und fängt noch mal ganz von vorne an.« Der Verfall, der mit dem Tod von Max´ Eltern eingesetzt hatte, war einfach zu weit fortgeschritten. Der Wacholder vor der Eingangstür war in alle Richtungen gewuchert, Gestrüpp bohrte sich durch eine Hausecke hindurch, und der Apfelbaum drillte sich mittlerweile sogar bis unter die Dachziegel. Wahrscheinlich wäre für denjenigen, der die nächsten Jahre mit Roden und Renovieren zubringen wollte, lediglich das Grundstück von Wert. Max konnte sich nicht erklären, wie es so weit hatte kommen können - und so schnell - und wie die Natur derartige Kräfte entwickeln konnte. Er hatte komplett aus den Augen verloren, dass es auf Inseln wie dieser die Aufgabe der Menschen war, die Natur dauerhaft in Schach zu halten. Er hatte das Handtuch geworfen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden.

Der Makler hatte ja keine Ahnung, wie richtig er lag. Es wäre wirklich am besten, das Ganze einer anderen Familie zu übergeben, die hier auf der Insel noch mal komplett neu anfangen konnte.

Nachdem sie das Haus betreten hatten, stellte Stefan eine Thermoskanne mit Kaffee auf den Küchentisch und Max suchte zwei Becher heraus.

»Funktioniert der noch?«, fragte Stefan und nickte in Richtung des alten gusseisernen Herds und Ofens in der Mauernische.

»Als ich es zuletzt versucht habe, schon«, erwiderte Max. »Allerdings müsste wohl mal ein Schornsteinfeger kommen.«

Stefan zog die Augenbrauen in die Höhe, als wäre der Schornsteinfeger gerade ihr geringstes Problem. Als wäre ein Bulldozer wesentlich passender. Max wusste genau, was dem Makler vorschwebte: Eine wohlsituierte Familie aus der Stadt, die hier alles dem Erdboden gleichmachte, sich aus einer Broschüre ein Haus aussuchte und das dann mitten hinein ins Grundstück auf die Bergkuppe pfropfte, um den bestmöglichen Ausblick aufs Meer zu haben. Und um auf diese Weise ausgerechnet das zu zerstören, was allem hier das spezielle Schärenfeeling verlieh. Ob er das vertraglich verbieten könnte? Wenn man so etwas wollte, konnte man sich auch einfach in Sandhamn etwas suchen.

»Wie wollen wir es mit dem Inventar machen?«, fragte Stefan. »Hier steht ja eine Menge Plunder herum.«

»Das sehe ich noch mal alles durch«, erklärte Max.

»Okay. Ich muss in einer Stunde wieder auf dem Festland sein. Wir sollten in zwanzig Minuten ablegen.«

Max sah auf die Taucheruhr an seinem Handgelenk. Er war zum Mittagessen in der Stadt verabredet.

Er schulterte eine leere Stofftasche und ging mit dem Kaffeebecher in der Hand nach oben. Dort blieb er vor der geschlossenen Tür zum Schlafzimmer seiner Eltern stehen. Wie oft er hier nachts gestanden und auf die Klinke gestarrt hatte und dann wieder umgekehrt war. Er betrat sein altes Kinderzimmer. Links der weiße Schreibtisch, an dem er seine Hausaufgaben gemacht hatte. Darüber Bilder von Eishockey-Stars. Daneben das Bücherregal. Er nahm einen Schluck Kaffee. Vielleicht half der ja gegen den Anflug von Kopfschmerzen. Mit der freien Hand strich er über die Buchrücken und blieb bei Robert Louis Stevensons Abenteuer des David Balfour hängen - das erste Buch, das ihn je gefesselt und seine Fantasie so sehr beflügelt hatte, dass er von einem Leben und einer Welt geträumt hatte, die größer waren als diese Schäreninsel.

Vor dem Fenster ging das Grundstück nahtlos in ein Wäldchen über. Er legte die flache Hand an die Mauer neben dem Fenster, um die Feuchtigkeit und Kühle auf der Haut zu spüren. In den Wochen nach dem Unfalltod seines Vaters Jakob Anger hatte er ständig so dagestanden - mit der Hand an der Wand - und aus dem Fenster gestarrt. Josefin, seine Mutter, hatte immer wieder nach dem Rechten geschaut und ihn dort reglos stehen sehen. War er deshalb hier hochgekommen? Um sicherzugehen, dass er die klamme Kälte von draußen immer noch am ganzen Körper spüren konnte? Um ihre Stimme noch einmal zu hören. Um ein für alle Mal Abschied zu nehmen.

Nur, dass er weder etwas spürte noch hören konnte.

Er nahm die Hand von der Wand. Der schwarze Stoffbeutel lag leer zu seinen Füßen. Sah aus, als wäre die Luft aus ihm herausgelassen worden. Warum hatte er den überhaupt mitgenommen? Er wäre doch ohnehin zu klein für all das, was ihm dieser Ort bedeutete. Und viel zu groß für all das, was noch Bedeutung hatte und mitgenommen werden konnte.

Auf dem Weg nach unten hörte er Stefans Stimme.

»Da ist ja sogar ein Keller. Hier auf der Insel gibt´s das nicht oft, nehm ich an.«

In der Diele trafen sie wieder aufeinander. Stefan hatte Kaffee über sein Flanellhemd gekleckert. Er blickte auf den leeren Beutel in Max´ Hand.

»Gar nichts mitgenommen von oben?«

»Ich brauche mehr Zeit«, erwiderte Max.

Stefan warf einen Blick auf seine schwere, protzige Armbanduhr. Dann zuckte er mit den Schultern.

»Da unten ist eine Tür abgeschlossen. Genau wie das Wohnzimmer. Und die alte Anrichte. Habt ihr hier immer alles abgesperrt?«

Einmal war eingebrochen worden. Nachdem Max´ Vater Jakob gestorben war, während er selbst in Norrtälje studiert und Mutter Josefin allein hier gewohnt hatte. Zum Glück war sie gerade nicht zu Hause gewesen, als die Einbrecher gekommen waren. Trotzdem hatte es sie mächtig mitgenommen, und seither hatte sie immer penibel darauf geachtet, alles abzuschließen. Allerdings sah er keinen Grund, dem Makler all das zu erzählen.

»Wie gesagt, ich brauche noch ein bisschen mehr Zeit.«

Endlich fiel bei Stefan der Groschen.

»Okay, dann sehe ich mir so lange das Nebengebäude an.«

Sobald er allein war, betrat Max das Wohnzimmer. Hier war immer noch alles so, wie er es in Erinnerung gehabt hatte. Wie in einem Museum seiner Kindheit. Die alten, verschlissenen Möbel mit den hellbraunen Cordbezügen. Der rechteckige Glastisch mit Messingbeinen. Der alte Knüpfteppich, der einst das Kostbarste in diesem Haus und unendlich weich und kuschlig gewesen war. Er hatte mit Papa darauf gehockt, wann immer sie näher am Fernseher sitzen wollten. Inzwischen war er abgewetzt und verschlissen, die Sitzmöbel durchgesessen, die Polster zerknautscht, als hätte irgendeine unsichtbare Präsenz darauf gekauert.

Er angelte den Alustreifen mit den Benzodiazepinen aus der Tasche, drückte eine lila Tablette heraus und spülte sie mit dem Rest Kaffee hinunter.

Ich kann mich jetzt nicht darum kümmern.

Andere Dinge waren jetzt wichtiger. Von Paschie kaum eine Silbe, seit sie Stockholm verlassen...

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Autor

Martin Österdahl, aufgewachsen in Stockholm und London, hat BWL, Zentral- und Osteuropäische Geschichte sowie Russisch (Master of Science) studiert. Er arbeitete über zwanzig Jahre für TV-Produktionen und war gleichzeitig Programmdirektor eines schwedischen Fernsehsenders. Mit seiner deutschstämmigen Frau und den drei gemeinsamen Kindern lebt er in der Nähe von Stockholm.