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Die Zarin

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
736 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am12.10.2020
Leibeigene, Liebende, Zarin - der bewegende Aufstieg von Zarin Katharina I.
Sankt Petersburg, 1725. Es ist eine stürmische Nacht, in der Peter I. stirbt. Für seine Frau Katharina I. steht alles auf dem Spiel: Wird sie durch die korrupte Hand ihrer Gegner ihr Leben verlieren oder zur ersten Zarin in der Geschichte Russlands erklärt? Sie hält Totenwache und reist in Gedanken zurück. Zu den zwölf Kindern, die sie Peter schenkte, und von denen die meisten starben. Zur Ehe mit dem Zaren, den sie geliebt und verachtet, gefürchtet und umworben hat. Zu dieser Stadt, Sankt Petersburg, Peters Stadt, die sie zusammen gebaut haben. Und in die Zeit, als sie noch Marta hieß und die uneheliche Tochter eines Leibeigenen war - bevor ihr unaufhaltsamer Aufstieg an die Spitze der russischen Gesellschaft begann.
Ellen Alpstens emotionsgeladenes Epos über Zarin Katharina I. in überarbeiteter und modernisierter Fassung.
»Ein herausragendes Epos über eine ungewöhnliche Liebe.« Freundin

Ellen Alpsten wurde 1971 in Kenia geboren, verbrachte ihre Kindheit und Jugend dort und studierte dann in Köln und Paris. Sie arbeitete in der Entwicklungshilfe an der Deutschen Botschaft Nairobi und als Moderatorin bei Bloomberg TV. Heute ist sie freie Schriftstellerin und Journalistin, u.a für die FAZ und Spiegel Online. Nach den historischen Romanen Die Lilien von Frankreich, Die Zarin und Die Quellen der Sehnsucht (alle Wilhelm Heyne Verlag) folgten mit Die Schwestern der Roten Sonne und Die Löwin von Kilima zwei zeitgenössische Afrikaromane. Ellen Alpsten lebt mit ihrer Familie in London.
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Produkt

KlappentextLeibeigene, Liebende, Zarin - der bewegende Aufstieg von Zarin Katharina I.
Sankt Petersburg, 1725. Es ist eine stürmische Nacht, in der Peter I. stirbt. Für seine Frau Katharina I. steht alles auf dem Spiel: Wird sie durch die korrupte Hand ihrer Gegner ihr Leben verlieren oder zur ersten Zarin in der Geschichte Russlands erklärt? Sie hält Totenwache und reist in Gedanken zurück. Zu den zwölf Kindern, die sie Peter schenkte, und von denen die meisten starben. Zur Ehe mit dem Zaren, den sie geliebt und verachtet, gefürchtet und umworben hat. Zu dieser Stadt, Sankt Petersburg, Peters Stadt, die sie zusammen gebaut haben. Und in die Zeit, als sie noch Marta hieß und die uneheliche Tochter eines Leibeigenen war - bevor ihr unaufhaltsamer Aufstieg an die Spitze der russischen Gesellschaft begann.
Ellen Alpstens emotionsgeladenes Epos über Zarin Katharina I. in überarbeiteter und modernisierter Fassung.
»Ein herausragendes Epos über eine ungewöhnliche Liebe.« Freundin

Ellen Alpsten wurde 1971 in Kenia geboren, verbrachte ihre Kindheit und Jugend dort und studierte dann in Köln und Paris. Sie arbeitete in der Entwicklungshilfe an der Deutschen Botschaft Nairobi und als Moderatorin bei Bloomberg TV. Heute ist sie freie Schriftstellerin und Journalistin, u.a für die FAZ und Spiegel Online. Nach den historischen Romanen Die Lilien von Frankreich, Die Zarin und Die Quellen der Sehnsucht (alle Wilhelm Heyne Verlag) folgten mit Die Schwestern der Roten Sonne und Die Löwin von Kilima zwei zeitgenössische Afrikaromane. Ellen Alpsten lebt mit ihrer Familie in London.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641246570
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum12.10.2020
Reihen-Nr.1
Seiten736 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2066 Kbytes
Artikel-Nr.4940748
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

PROLOG
Im Winterpalast, 1725

Er ist tot. Mein geliebter Mann, der mächtige Zar aller Russen, ist gestorben, und das gerade zur rechten Zeit.

Als Peter im Augenblick vor seinem Tod, dort in seinem Schlafzimmer in den oberen Räumen des Winterpalastes, noch nach Feder und Papier verlangt hatte, stolperte mir der Herzschlag. Nein, er hatte nicht vergessen. Er wollte mich mit sich ziehen - in die Dunkelheit, in den Tod, in das Vergessen. Doch die Feder war seinen Fingern während seines letzten tödlichen Schwächeanfalls entglitten; auf den Laken sah ich Spritzer von schwarzer Tinte. Der späte Abend hielt den Atem an. Was hatte der Zar mit einem letzten Aufbäumen seines ungeheuren Willens noch regeln wollen?

Ich kannte die Antwort auf diese Frage.

Die Kerzen in den hohen Leuchtern füllten den Raum mit ihrem würzigen Duft und tauchten ihn in ein unstetes Licht. Ihr Schein erweckte die Schatten in den Ecken wie auch die gewebten Figuren auf den flämischen Gobelins zum Leben und zeichnete Pein und Unverständnis auf die groben Gesichter. Draußen vor der Tür hörte ich dieselben Stimmen, die dort schon die ganze Nacht hindurch gemurmelt und geflüstert hatten; sie mischten sich in das Heulen des kalten Februarwindes, der zornig an den fest geschlossenen Fensterläden rüttelte.

Die Zeit zog Ringe, so wie Öl auf Wasser. Peter hatte Russlands Seele geprägt wie sein Siegelring heißes Wachs. Es schien unglaublich, dass sich nichts verändert haben sollte. Mein Mann, der Russland seinen Willen wie kein anderer Zar je aufgezwungen hatte, war mehr als unser größter Herrscher gewesen. Er war unser aller Schicksal - und das meinige auch weiterhin.

Die Ärzte Blumentrost, Paulsen und Horn standen schweigend um Peters Bett. Der Zar hätte mit Medizin im Wert von fünf Kopeken gerettet werden können. Hofften sie auf einen weiteren Atemzug? Gott sei gedankt für die Pfuscherei dieser Quacksalber, dachte ich. Ihr werdet besser bezahlt, wenn er wirklich tot ist.

Ich wusste, dass sowohl Feofan Prokopowitsch als auch Alexander Menschikow mich beobachteten. Prokopowitsch, der Erzbischof von Nowgorod, hatte Peters Träume in Worte gefasst und ihnen damit Bestand verliehen. Peter und Russland hatten ihm viel zu verdanken. Menschikow dagegen ... nun, da lagen die Dinge genau andersherum. Er, der reichste und mächtigste Mann des Russischen Reiches, wäre ohne Peter weniger wert gewesen als der Dreck zwischen den Klauen einer Sau. Aber wie hatte Peter einmal gesagt, als man Alexander Danilowitsch wegen seiner vielen undurchsichtigen Geschäfte bei ihm anschwärzen wollte? »Menschikow bleibt Menschikow, was auch immer er tut.« Damit war der Fall erledigt gewesen.

Der Arzt Paulsen mochte ihm die Augen geschlossen und die Hände auf der Brust gekreuzt haben, aber er hatte es nicht gewagt, den klammen Fingern des Zaren seinen Letzten Willen zu entziehen. Peters Hände, die für seinen mächtigen Körper viel zu zart wirkten und die nun zu früh zu schwach geworden waren für alles, was er noch hatte vollbringen wollen. Diese Hände nun so kraftlos zu sehen rührte mich. Ich vergaß die Angst der vergangenen Monate und bemühte mich um die letzten verbliebenen Regungen von Liebe. Vor nur wenigen Wochen hatte er genau diese Hände in meinem Haar vergraben, meine dichten Locken um die Finger geschlungen, ihren Duft nach Sandelholz und Orangenwasser eingesogen und mich angelächelt. »Meine Katharina. Wie bringst du das nur zuwege? Du bist noch immer eine Schönheit. Doch wie wirst du wohl als Nonne im Kloster aussehen, kahl geschoren und in einer groben Kutte? Die Kälte dort wird selbst dich niederringen, obwohl du stark bist wie ein Ross. Ewdokia, die Arme, schreibt mir noch immer und fleht um einen zweiten Pelz. Ihr Gejammer ist schwer erträglich. Zum Glück kannst du wenigstens nicht schreiben.«

Ewdokia, die unglückliche Frau, die ihm als junges Mädchen angetraut worden war. Ich hatte sie nur einmal gesehen, seitdem sie fast dreißig Jahre zuvor in ein Kloster verbannt worden war. Der Irrsinn leuchtete ihr aus den Augen, und ihr kahl geschorener Schädel war von Kälte und Schmutz mit Beulen und Pusteln übersät. Eine buckelige Zwergin, der Peter die Zunge aus dem Rachen hatte schneiden lassen, leistete ihr als Dienerin Gesellschaft. Ewdokias endlose Klagen beantwortete sie nur mit einem Lallen. Ewdokia nur dieses eine Mal zu sehen, so hatte Peter zu Recht angenommen, sollte mich für den Rest meines Lebens mit Schrecken erfüllen.

Ich sank neben Peters Lager auf die Knie, und die drei Ärzte wichen wie vom Feld aufgescheuchte Krähen in den Halbschatten des Raumes zurück. Die Vögel, die Peter in den letzten Jahren seines Lebens am meisten gefürchtet hatte. Er hatte im ganzen Reich zur Jagd auf die schwarzen Vögel blasen lassen, und die Bauern fingen sie gegen eine Belohnung, um sie zu töten, zu rupfen und zu braten. Doch umsonst. Der Vogel glitt still durch Wände und die verriegelten Türen seines Schlafgemaches und verdunkelte mit seinen Ebenholzschwingen das Licht in Peters nächtlichen Träumen. Im kühlen Schatten seines Fluges wollte das Blut an des Zaren Händen niemals trocknen.

Noch war seine Hand nicht die eines Toten, sondern weich und warm, als ich seine Finger an meine Lippen führte. Ich ahnte den vertrauten Geruch seiner Haut - Tabak, Tinte, Leder und die Parfumtinktur, die er eigens in Grasse hatte anfertigen lassen.

Das Papier ließ sich leicht aus seinem Griff lösen, obwohl mein Blut sich vor Furcht verdickte und meine Adern sich mit Frost und Reif überzogen wie die Äste meines baltischen Winters. Es war wichtig, allen zu zeigen, dass mir allein diese Geste zustand. Mir, seiner Gattin und der Mutter seiner Kinder. Zwölfmal war ich niedergekommen.

Das Papier raschelte, als ich es entrollte, und ich schämte mich einmal mehr, nicht lesen zu können. Und so reichte ich Feofan Prokopowitsch Peters Letzten Willen. Wenigstens war Menschikow genauso unwissend wie ich. Seit dem Augenblick, da Peter uns in seinen Bannkreis gezwungen hatte, waren wir wie zwei Kinder, die sich um die Liebe und die Aufmerksamkeit des Vaters balgten. Batjuschka, Zar, wie sein Volk ihn nannte, unser Väterchen Zar. Prokopowitsch dagegen hatte ich stets gefürchtet, sein Wissen und seinen scharfen Witz, ihn, dem himmlische und weltliche Reiche vertraut waren. Was bitte sollte ein einzelner Mann mit dreitausend Büchern anfangen? Denn so viele - so schwor es mir zumindest meine Vertraute Darja - standen in seiner Bibliothek. Hatte er sie alle gelesen? Wie fand er noch Zeit für alle seine anderen Interessen, die Gedichte, die Geschichte und die Mathematik? Wusste er, welches Schicksal Peter nach den letzten Wochen für mich vorgesehen hatte?

Er neigte den Kopf, und die Rolle lag leicht in seinen von Altersflecken übersäten Händen. Alter Fuchs. Schließlich hatte er selbst dem Zaren vor zwei Jahren geholfen, eine unerhörte Entscheidung zu treffen. Peter hatte sich über jede Sitte und jedes Gesetz hinweggesetzt, und wollte seine Nachfolge selbst bestimmen. Er wollte sein Reich eher einem würdigen Fremden hinterlassen als einem zwar leiblichen, aber unwürdigen Kind.

Sein Kind Alexej. Wie scheu er bei unserem ersten Treffen gewesen war und mit seinem schwimmenden, von dichten Wimpern verhangenen Blick und seiner hohen, gewölbten Stirn seiner Mutter Ewdokia wie aus dem Gesicht geschnitten. Damals hatte er nicht gerade sitzen können, nachdem Menschikow ihm den Rücken und das Hinterteil blutig und entzündet gestäupt hatte. Erst als sein Schicksal entschieden war, verstand Alexej. Für seinen Traum von einem starken Russland war Peter kein Preis zu hoch gewesen, und er schonte niemanden, weder sich selber noch seinen Sohn. Du warst kein Blut von meinem Blut, kein Fleisch von meinem Fleisch, Alexej. So konnte ich ruhig schlafen, trotz allem, was geschehen ist. Wie sagte mein Vater in der schlichten Weisheit der Seelen - der Leibeigenen - immer? »Anderer Leute Tränen sind nur Wasser.«

Peter jedoch schlief nie wieder ohne den Alb auf seiner Brust.

Unter meiner nur leicht geschnürten Korsage schlug mein Herz so heftig, dass mir das Blut in den Ohren rauschte, doch ich sah Feofan Prokopowitsch gelassen an. Ich konnte mir keine Ohnmacht leisten und bewegte meine Zehen in den vor Stickereien und Edelsteinen steifen Pantoffeln. Obwohl ich den Zobelpelz enger um die Schultern zog, bildete sich unter dem seidenen Stoff meines Kleides eine Gänsehaut auf den Armen. Prokopowitschs Lächeln war so dünn wie die Hostien seiner Kirche. Er kannte die Geheimnisse des menschlichen Herzens. Alle. Vor allen Dingen die meinen.

»Lies, Feofan!«, bat ich leise.

Er gehorchte. »Gebt alles an ...« Er stockte und sah auf. »An...«

Menschikow fuhr auf, so als hätte man ihm wie in den guten alten Tagen eins mit der Peitsche übergezogen.

»An wen?«, fuhr er Prokopowitsch an. »Sag schon, Feofan, an wen?«

Der Pelz lag plötzlich viel zu heiß auf meiner Haut.

Feofan zuckte mit den Schultern. »Der Zar hat den Satz nicht mehr zu Ende geschrieben. Das ist alles.« Täuschte ich mich, oder huschte wieder ein Lächeln über sein zerfurchtes Gesicht? Feofan senkte den Blick. Natürlich! Nichts hatte Peter zu Lebzeiten besser gefallen, als die Welt auf den Kopf zu stellen. Ich begriff, dass er uns über den Tod hinaus beherrschte. Meine Gedanken überschlugen sich. Peter war tot und seine Nachfolge nicht geregelt. Doch dies bedeutete nicht, dass ich mich in Sicherheit wiegen konnte. Ganz im Gegenteil.

»Das soll alles sein?« Menschikow riss Feofan das Papier aus der Hand und starrte auf die Buchstaben.

Prokopowitsch nahm ihm...

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