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Die Frauen von der Purpurküste - Claires Schicksal

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am15.03.2021Auflage
Mehr als 1000 Kilometer liegen zwischen Emma und ihrer Vergangenheit, als sie die Nachricht vom Schlaganfall ihres Vaters erreicht. Seit einem Streit vor einigen Jahren hat sich der Kontakt zwischen ihnen auf Telefonate beschränkt, entsprechend gemischt sind ihre Gefühle, als sie in ihre südfranzösische Heimat reist. Als wäre das nicht genug, trifft Emma nach ihrer Ankunft am Strand auf ihre erste große Liebe - und bemerkt, wie sehr sie Léon all die Jahre vermisst hat. In der Pâtisserie, in der sie kurzfristig aushilft, findet sie Briefe einer Mutter an ihre Tochter, die 1942 in einem Internierungslager zur Welt gekommen sein muss. Das Schicksal dieser Frau, die bereits wusste, dass sie ihre Tochter nie würde aufwachsen sehen, geht ihr nahe und lässt sie ihre eigenen Entscheidungen überdenken. Kann sie sich mit ihrer Vergangenheit aussöhnen, ehe es zu spät ist?

Silke Ziegler lebt mit ihrer Familie in Weinheim an der Bergstraße. Zum Schreiben kam sie 2013 durch Zufall, als sie während eines Familienurlaubs im Süden Frankreichs auf ihre erste Romanidee stieß. Wenn sie nicht gerade in ihre französische Herzensheimat reist, liest und schreibt sie sich die traumhafte Kulisse einfach herbei. Die Autorin steht für Veranstaltungen zur Verfügung. Anfagen bitte an: autorin-silke-ziegler.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextMehr als 1000 Kilometer liegen zwischen Emma und ihrer Vergangenheit, als sie die Nachricht vom Schlaganfall ihres Vaters erreicht. Seit einem Streit vor einigen Jahren hat sich der Kontakt zwischen ihnen auf Telefonate beschränkt, entsprechend gemischt sind ihre Gefühle, als sie in ihre südfranzösische Heimat reist. Als wäre das nicht genug, trifft Emma nach ihrer Ankunft am Strand auf ihre erste große Liebe - und bemerkt, wie sehr sie Léon all die Jahre vermisst hat. In der Pâtisserie, in der sie kurzfristig aushilft, findet sie Briefe einer Mutter an ihre Tochter, die 1942 in einem Internierungslager zur Welt gekommen sein muss. Das Schicksal dieser Frau, die bereits wusste, dass sie ihre Tochter nie würde aufwachsen sehen, geht ihr nahe und lässt sie ihre eigenen Entscheidungen überdenken. Kann sie sich mit ihrer Vergangenheit aussöhnen, ehe es zu spät ist?

Silke Ziegler lebt mit ihrer Familie in Weinheim an der Bergstraße. Zum Schreiben kam sie 2013 durch Zufall, als sie während eines Familienurlaubs im Süden Frankreichs auf ihre erste Romanidee stieß. Wenn sie nicht gerade in ihre französische Herzensheimat reist, liest und schreibt sie sich die traumhafte Kulisse einfach herbei. Die Autorin steht für Veranstaltungen zur Verfügung. Anfagen bitte an: autorin-silke-ziegler.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843722704
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum15.03.2021
AuflageAuflage
Reihen-Nr.3
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2752 Kbytes
Artikel-Nr.4940860
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Prolog

Ende August 1942
Internierungslager Rivesaltes, Südfrankreich

Jeanne starrte auf den staubigen Boden. Am liebsten hätte sie diesen unheilvollen Ort auf der Stelle verlassen. Ihre Schwesternschürze abgelegt, ihre Tasche genommen und den Weg Richtung Tor eingeschlagen, ohne sich noch ein einziges Mal umzudrehen. Sie war am Ende ihrer Kräfte. Was ihr zu Beginn als erfüllende, bereichernde und wertvolle Aufgabe erschienen war, hatte sich im Laufe der Monate zu einem schrecklichen Albtraum entwickelt. Wie sollte sie diese Zeit jemals vergessen können? Jeder Häftling, jedes Gesicht dieser armen Menschen würde sie auf ewig verfolgen. Obwohl sie keine Weisungsbefugnis hatte und nicht das Geringste an dem Schicksal der Leute ändern konnte, fühlte sie sich zutiefst schuldig.

Jeanne liebte ihren Beruf. Menschen zu helfen, ihnen Trost zu spenden, sie auf ihrem Genesungsweg zu begleiten war der Hauptgrund gewesen, warum sie sich vor fünf Jahren für diese Aufgabe entschieden hatte. Und als sie vor zehn Monaten gefragt wurde, ob sie im Lager von Rivesaltes arbeiten, sich um die Kranken, Alten und Schwachen unter den Internierten kümmern wolle, erschien ihr diese Herausforderung verantwortungsvoll und wichtig.

»Schwester Jeanne?«

Sie drehte sich um und musterte die Mitarbeiterin, bei der sie vor zwei Stunden ihre Forderung vorgebracht hatte. »Ihr Antrag wurde abgelehnt. Es tut mir leid.«

Jeanne schloss kurz die Augen. Der Boden unter ihr begann zu wanken. »Aber ...« Sie musste sich zusammenreißen, um nicht laut loszuschluchzen. »Die beiden Frauen haben Babys. Die Kleinen befinden sich seit einigen Wochen außerhalb des Lagers. Wie ...?« Ihre Stimme versagte.

Die Dame schüttelte bekümmert den Kopf. »Es tut mir sehr leid. Die Anweisung war eindeutig. Alle Versammelten werden noch heute zum Bahnhof gebracht und nach ...« Sie unterbrach sich. » ... in andere Lager verlegt. Vichy hat zugestimmt.«

Jeanne fuhr sich mit der rechten Hand übers Gesicht. Nur zwei Frauen hatte sie retten wollen. Zwei von mehreren Hundert Menschen. Doch selbst das war ihr nicht gelungen. Ihr Kopf begann zu schmerzen.

»Nehmen Sie es nicht persönlich. Wir müssen die Gesetze befolgen.« Mit diesen Worten drehte die Frau sich um und verschwand wieder im Inneren der Baracke.

Jeanne wischte sich eine Träne weg. Bis zuletzt hatte sie gehofft, obwohl sie wusste, dass ihr die Zeit davonlief. Sie sah zu den Menschen, die dicht an dicht auf der Freifläche standen. Vor einer der Baracken hatte sich eine lange Zweierreihe gebildet.

Jeanne musste den Blick abwenden, da sie das Schicksal dieser Leute kaum mehr ertragen konnte. Nicht nur Jeanne, auch die Häftlinge wussten, was ihnen bevorstand. Dass ihre Abreise sie geradewegs in den Tod führen würde.

Jeanne ballte eine Hand zur Faust. »Nein.« Erneut kämpfte sie mit den Tränen. »Nein, nein, nein.«

Warum ließ die Vichy-Regierung das Sterben unschuldiger Menschen zu? Jeanne kannte viele der Internierten. Die meisten waren vor Jahren schon aus Deutschland, Belgien, Holland oder auch Polen nach Frankreich geflohen, vorzugsweise in die unbesetzte Zone, die zumindest offiziell noch nicht von Hitlerdeutschland regiert wurde.

Es war der dritte Transport nach Osten innerhalb weniger Wochen. Viele dieser Menschen waren erst vor Kurzem aus anderen Lagern wie Gurs oder Vernet nach Rivesaltes verlegt worden. Das Lager war ein Umschlagplatz für die Deportationen geworden. Jeannes Aufgabe war zu einer Farce verkommen. Was konnte sie für diese Leute tun, die von oberster Stelle bereits dem Tod geweiht waren? Als sie die Proviantpakete verteilt hatten, die aus Brot, Mortadella, Käse, Sardinen, Tomaten und Früchten bestanden, musste Jeanne an sich halten, um nicht laut loszuschreien. Das karge Mahl stellte nichts anderes als die Henkersmahlzeit für die Internierten dar. Der Rat ihrer Kolleginnen, sie solle sich die Schicksale dieser Menschen nicht zu sehr zu Herzen nehmen, erschien Jeanne zynisch. Sie war Krankenschwester, um Kranken zu helfen. Nicht, um sie bis zu ihrer Abfahrt in den Tod zu betreuen.

Sie zwang sich, sich umzudrehen, und ließ den Blick über die Gefangenen wandern. Es gab unzählige kleinere Kinder, die Schutz suchend neben ihren Müttern standen, deren Beine umklammerten, ihre Köpfe an deren Oberschenkel drückten. Was musste den Frauen in diesem Moment durch den Kopf gehen? In einigen Gesichtern las Jeanne pure Verzweiflung, während andere völlig apathisch ins Leere starrten. Ihnen allen war klar, dass sie ihre Kinder nicht würden retten können, dass diese dem Unausweichlichen, das auf sie zukommen würde, nicht würden entrinnen können.

Jeanne entdeckte die Familie Blumberg in der Schlange vor der Baracke. Mit Margot Blumberg, der Mutter, hatte sie in den letzten Wochen oft gesprochen. Die beiden Töchter Irene und Judith litten seit Längerem unter einer hartnäckigen Lungenentzündung. Jetzt standen sie bei der Mutter, eingeschüchtert und stumm, und blickten sich suchend um. Irene war elf Jahre alt, Judith vierzehn. Der Vater war in Gurs inhaftiert. Die Familie war direkt nach ihrer Verhaftung auseinandergerissen worden. Margot hatte Jeanne erzählt, dass sie bereits 1936 aus Deutschland geflohen waren. Die drei sprachen mittlerweile sehr gut Französisch. Der Vater hatte in einer Schlosserei gearbeitet, während Margot in einem kleinen Lebensmittelgeschäft angestellt gewesen war. Die Mädchen hatten eine französische Schule besucht und waren unter den Klassenbesten gewesen. Bis sie eines Tages mitten in der Nacht in ihrer Wohnung verhaftet und interniert worden waren.

Warum?, fragte sich Jeanne zum wiederholten Mal. Warum musste so etwas geschehen? Was hatten diese Menschen getan, um solches Leid ertragen zu müssen?

Hinter den Blumbergs standen zwei Jugendliche, die vor Monaten allein ins Lager gekommen waren. Die Eltern der beiden waren bereits auf der Flucht erschossen worden. Daniel und Bernhard waren gute Sänger. Jeanne musste an einen Vormittag denken, als einige Insassen ein kleines Konzert gegeben hatten. Alle hatten gelauscht. Die beiden Jungen hatten mit ihren wunderschönen Stimmen mehrere hebräische Volkslieder vorgetragen, die die Zuhörenden zu Tränen gerührt hatten. Jetzt warteten sie auf ihre Abreise. Jeanne schluckte. Viele der Inhaftierten waren ihr ans Herz gewachsen. Sie unterschied nicht nach Nationalität oder Religion. Für sie waren alle Menschen. Menschen mit Gefühlen, mit einer Vergangenheit, mit Angehörigen, die sich um sie sorgten, mit einem Leben.

Im nächsten Moment fiel Jeannes Blick auf Rachel Haas, die verloren etwas abseits der Menge stand. Die junge Deutsche hatte Anfang Juni ein kleines Mädchen zur Welt gebracht. Jeanne hatte im Vorfeld mehrfach versucht, Rachel in die Geburtsklinik nach Elne verlegen zu lassen, doch ihr Ersuchen war genauso oft abgelehnt worden. Letztlich hatte die Jüdin ihre Tochter hier im Lager entbunden.

Glücklicherweise war die Geburt ohne größere Komplikationen verlaufen. Da die geschwächte und unterernährte Rachel nicht genügend Milch für den Säugling hatte und die Kleine stetig an Gewicht verlor, hatte einer der Ärzte schließlich bewilligt, dass das Baby in ein Kinderheim verlegt werden durfte. Ein kleiner Erfolg, dachte Jeanne nun beklommen. Was würde dieses Kind erwarten? Rachel hatte ihr nie erzählt, was mit dem Vater ihrer Tochter geschehen war, und Jeanne hatte nicht gefragt. Zu schmerzlich waren für viele dieser Menschen die Erinnerungen an alte Zeiten. An ein Leben, das sie in dieser Form nie wieder würden führen dürfen. Nein, diese Schuld würde Jeanne nie wieder loswerden. Hätte sie nicht mehr versuchen müssen? Viel mehr? Die wenigen, die sie freibekommen hatte, wogen die Masse, die sie nicht hatte retten können, in keiner Weise auf.

»Jeanne?«

Überrascht bemerkte sie, dass Rachel neben sie getreten war und ihr ein kleines weißes Päckchen hinhielt.

»Rachel.« Jeanne berührte die Frau am Unterarm.

»Kannst du mir einen Gefallen tun?« Die eingefallenen Wangen der jungen Frau betonten auf erschreckende Weise die großen blauen Augen.

»Rachel ...« Was sollte sie ihr sagen? Der Antrag war abgelehnt worden. Es gab nichts mehr, was Jeanne für die junge Frau tun konnte.

»Das ist ... meine Geschichte, mein Leben.« Rachel hob das Päckchen etwas an.

»Was meinst du?«

»Bitte, gib das meiner Tochter. Ich möchte, dass sie erfährt, wer ihre Mutter war. Und ich möchte, dass sie weiß, wie sehr ich sie geliebt habe.« Sie zögerte. »Immer lieben werde, egal, was passiert.«

Jeanne rang um Fassung. »Rachel ...«

»Bitte.« Die Gefangene nickte. »Bitte gib es ihr.«

Aus einem Impuls heraus streckte Jeanne die Arme aus und zog die junge Frau an sich. »Du kannst dich auf mich verlassen.«

»Ich weiß«, murmelte Rachel an ihrem Ohr. »Du bist eine von den Guten.«

Im nächsten Moment ertönte hinter ihnen ein schriller Ton.

»Ich muss jetzt gehen.« Rachels Augen nahmen wieder diesen stumpfen Ausdruck an, nachdem sie sich von Jeanne gelöst...
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Silke Ziegler lebt mit ihrer Familie in Weinheim an der Bergstraße. Zum Schreiben kam sie 2013 durch Zufall, als sie während eines Familienurlaubs im Süden Frankreichs auf ihre erste Romanidee stieß. Wenn sie nicht gerade in ihre französische Herzensheimat reist, liest und schreibt sie sich die traumhafte Kulisse einfach herbei.
Die Autorin steht für Veranstaltungen zur Verfügung. Anfagen bitte an: autorin-silke-ziegler.de