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Winter Dogs

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
208 Seiten
Deutsch
Oetinger Taschenbucherschienen am14.11.2019
Auf der Fährte der Schlittenhunde. Es ist kalt und dunkel im Norden Kanadas, wo Jeremy lebt, und in den Straßen streunen Hunde. Als Jeremy einem der Hunde zu einem alten Mann folgt, erzählt dieser ihm von früher, von der Kultur ihrer Vorfahren, von den Hundeschlitten und der engen Bindung zwischen Mensch und Hunden. Fasziniert beschließt Jeremy sein eigenes Schlittenteam aufzubauen. Eines Tages fahren er und sein Freund Justin auf den zugefrorenen See hinaus, doch dann zieht ein Sturm auf ...

Miriam Körner wanderte 2004 von Deutschland nach Kanada, in die Heimat ihres Herzens, aus. Sie lebt mit Mann und Schlittenhunden in der Provinz Saskatchewan und versucht, die fast vergessene Kultur der kanadischen Ureinwohner und ihrer Schlittenhunde zu bewahren.
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Produkt

KlappentextAuf der Fährte der Schlittenhunde. Es ist kalt und dunkel im Norden Kanadas, wo Jeremy lebt, und in den Straßen streunen Hunde. Als Jeremy einem der Hunde zu einem alten Mann folgt, erzählt dieser ihm von früher, von der Kultur ihrer Vorfahren, von den Hundeschlitten und der engen Bindung zwischen Mensch und Hunden. Fasziniert beschließt Jeremy sein eigenes Schlittenteam aufzubauen. Eines Tages fahren er und sein Freund Justin auf den zugefrorenen See hinaus, doch dann zieht ein Sturm auf ...

Miriam Körner wanderte 2004 von Deutschland nach Kanada, in die Heimat ihres Herzens, aus. Sie lebt mit Mann und Schlittenhunden in der Provinz Saskatchewan und versucht, die fast vergessene Kultur der kanadischen Ureinwohner und ihrer Schlittenhunde zu bewahren.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783864180934
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum14.11.2019
Seiten208 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4955137
Rubriken
Genre9200
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Inhalt/Kritik

Leseprobe
Kapitel 2

Seit letzter Nacht schneit es in dichten, weißen Flocken, und Poplar Point verwandelt sich in eine Märchenlandschaft. Selbst die Schule sieht freundlicher aus mit den großen, verschneiten Fichten hinter dem Spielplatz. Es ist erst November, aber die Sonne ist schon nah am Horizont, wenn die Schule endlich aus ist. Der Schnee knirscht unter meinen Füßen, und kalte, frische Luft füllt meine Lungen.

»Autsch!« Ein Schneeball trifft mich am Hinterkopf und reißt mich aus meinen Gedanken.

»Hey, Jeremy, warum hast du es denn so eilig?« Justin.

Ich bin ihm in der Schule aus dem Weg gegangen, und auch jetzt habe ich keine Lust, mit ihm zu reden.

»Haste Bock, heute Abend Xbox bei mir zu spielen? Mein Cousin kommt auch.«

»Okay«, sage ich, obwohl ich schon weiß, dass ich nicht hingehen werde. Zumindest nicht heute.

»Bis später dann.« Justin winkt mir zu, aber ich winke nicht zurück.

Erst als ich bei unserem Haus ankomme, drehe ich mich um. Justin ist längst nicht mehr da. Gut. Ich gehe weiter, bis ich bei dem Hügel am Ende von Poplar Point ankomme.

Der Hund schläft auf schmutzigen Decken in einer umgekippten Regentonne. Rauch steigt aus dem Schornstein der alten Hütte. Wer hier wohl wohnt? Schon komisch, dass mir das Haus bis gestern noch nie aufgefallen ist. Die Hütte steht zwar ein bisschen abseits und schon fast im Wald, aber so groß ist Poplar Point ja nun auch wieder nicht.

Mir ist ein bisschen mulmig dabei zumute, einfach in den Hof von einem Fremden zu gehen, aber der Gedanke an den Hund lässt mir einfach keine Ruhe.

So leise, wie es geht, quetsche ich mich durch den Zaun. Der Hund kriecht tiefer in die Regentonne und knurrt mich an. Mein Magen krampft sich zusammen. Klar, ich hatte nicht erwartet, dass er überglücklich wäre, mich zu sehen, aber dass er solche Angst vor mir hat â¦ Ich wollte ihm wirklich nicht wehtun. Ehrlich. Ich wünsche mir, er wüsste das.

»Na komm. Ist schon okay«, sage ich beruhigend und mache einen Schritt näher heran. Das Knurren wird lauter, ich ziehe mich zurück. Was, wenn er sich jetzt an mir rächt? Ich stell mir vor, wie seine Reißzähne sich in mein Fleisch bohren, aber dann dränge ich den Gedanken schnell beiseite.

»Es tut mir echt leid, okay? Ich werde das nie wieder tun. Versprochen. Egal, was Justin sagt.« Ich weiß, dass er mich nicht versteht, aber irgendwie hilft es mir, mit ihm zu reden. Als ob ich mir selbst das Versprechen geben würde.

Ich krame in meiner Schultasche herum, bis ich mein Sandwich finde, und strecke es ganz langsam dem Hund entgegen. Er hört auf zu knurren, aber er nimmt das Sandwich nicht aus meiner Hand. Ich lege es vorsichtig vor ihn hin. Er rührt es nicht an. Mist. Jetzt liegt es im Dreck. Ich fühl mich noch schlechter. Weil es nämlich Justins Hälfte ist, die jetzt im Dreck liegt.

 

Justin macht sich immer darüber lustig, dass meine Mutter mir immer noch Pausenbrote macht, obwohl ich schon dreizehn bin. Trotzdem sagt er nie Nein, wenn ich ihm die Hälfte anbiete. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube nicht, dass seine Mutter ihm jemals Sandwiches gemacht hat. Jedenfalls nicht seitdem wir Freunde sind, und das sind wir schon ewig.

»Was gibt s heute zum Mittag?«, hat Justin mich in der großen Pause gefragt. Ich habe ihm gesagt, ich hätte mein Mittagessen zu Hause vergessen. Ich wollte das ganze Sandwich für den Hund aufheben, aber dann hatte ich so einen Hunger, dass ich heimlich die Hälfte auf der Toilette gegessen habe.

»Ich hab so einen Kohldampf, dass ich nen ganzen Elch verdrücken könnte«, hat Justin gewitzelt, als ich vom Klo wiederkam. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, also habe ich stattdessen auf meine Füße gestarrt. Ein Ketchupfleck von meinem Elchfleisch-Sandwich war auf meinem Stiefel.

 

Ich kann ein Seufzen nicht unterdrücken. »Ich hab s extra für dich aufbewahrt«, erkläre ich dem Hund und schiebe das Sandwich tiefer in die Tonne. Der Hund drückt sich in die hinterste Ecke. Sein Atem ist flach und schnell. Zu schnell. Er zittert am ganzen Körper. Ich geh ein paar Schritte zurück, und er entspannt sich ein bisschen.

»Hab keine Angst«, sage ich und gehe noch ein paar Schritte mehr zurück.

Der Hund schnüffelt an dem Sandwich, dann pickt er vorsichtig das Fleisch heraus. Die meisten Hunde, die hier rumlaufen, hätten alles in einem Biss verschlungen: Fleisch, Brot und meine Hand. Wer auch immer in der Hütte wohnt, kümmert sich anscheinend um den Hund. Ich habe ihn auch noch nie mit den anderen Straßenkötern gesehen, obwohl er nicht angebunden ist.

Das mit den frei laufenden Hunden ist echt ein Problem. Ganze Hundebanden rennen hinter läufigen Hündinnen her, kämpfen um Essensreste und jagen den kleinen Kindern Angst ein. Aber Zottelhund gehört nicht dazu.

Ich setze mich vor die Regentonne und rede sanft mit dem Hund. Es dauert eine Weile, aber dann streckt er den Kopf hervor und schnüffelt vorsichtig an meiner Hand. Als ich versuche, ihn zu streicheln, duckt er sich und knurrt leise. Trotzdem bin ich glücklich. Das Sandwich war doch eine gute Investition.

»Bis demnächst«, sage ich und überrasche mich damit selbst. Ich hatte nicht vor, wiederzukommen, aber versprochen ist versprochen.

 

Meine Mutter ist schon von der Arbeit zurück, als ich zu Hause ankomme. Ich muss mehr Zeit bei dem Hund verbracht haben, als ich dachte.

»Wie war es in der Schule, Jeremy?«

»Gut.« Gleiche Frage, gleiche Antwort. Jeden Tag. Ich mach mich auf den Weg in mein Zimmer.

»Justin war gerade hier und wollte wissen, wo du bist.« Mom guckt mich an, als ob es ihre Frage wäre und nicht Justins. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich will ihr nichts von dem Streit mit Justin erzählen. Ich weiß ja noch nicht mal, ob wir wirklich streiten. Und von dem Hund will ich erst recht nichts erzählen. Wie denn auch? Ach, ich habe nur mal eben das Sandwich, das du heute Morgen für mich gemacht hast, an einen zotteligen Hund verfüttert, der aller Wahrscheinlichkeit nach nie mehr mit dem Schwanz wedeln wird. Irgendwie glaube ich nicht, dass sie das so einfach ohne weitere Fragen hinnehmen würde. Aber ich will sie auch nicht anlügen.

»Ach, so was«, fange ich an, und plötzlich rutscht es so schnell aus mir heraus, dass ich selbst fast glaube, es sei die Wahrheit, »ich war gerade bei Justin und habe nach ihm gesucht.«

»Dann musst du ihn ja auf dem Weg getroffen haben?«

Oh, oh. Kaum mit dem Lügen angefangen, und schon muss man sich noch mehr Lügen ausdenken, um die erste nicht auffliegen zu lassen. Oder besser nachdenken. Oder noch besser: lieber nicht lügen.

»Jep, ich hab ihn getroffen. Wollte nur schnell noch ein Sandwich machen. Haben wir noch Elchfleisch? Das Sandwich von heute Morgen war echt lecker.«

Mom holt Margarine und Fleisch aus dem Kühlschrank, und ich mache mir hastig ein Sandwich.

»Iss nicht so viel vor dem Abendbrot. Ich habe Eintopf und Bannock gemacht.«

Na klar. Heute ist Freitag. Mom hat freitags immer früher frei, und dann kocht sie für die ganze Woche. Eintöpfe, Suppen und andere Sachen, die die ganze Woche über halten. Wenn es doch nicht reicht, dann gibt s Fertiggerichte und KFC.

»Warte nicht auf mich, kann später werden«, rufe ich, als ich schon in der Tür stehe mit meinem Sandwich in der Hand.

»Komm nicht zu spät, okay?«

Es ist mehr eine Bitte als ein Befehl. Meine Mutter lässt mich machen, was ich will. Vielleicht, weil ich keinen Vater habe. Er ist bei einem Unfall ums Leben gekommen, kurz vor meinem dritten Geburtstag. Ich kann mich nicht an ihn erinnern, und Mom redet nie über ihn.

Oder vielleicht vertraut sie mir einfach. Ich fühl einen plötzlichen Stich ungefähr da, wo mein Herz sein sollte. Ich hätte sie nicht anlügen sollen. Ich wollte einfach nur â¦ Ach, ich weiß auch nicht. Ich wollte mich einfach nicht rechtfertigen müssen. Noch weniger allerdings wollte ich Justin sehen.

 

Justin sitzt draußen auf den Holzstufen vor seinem Haus. Obwohl es kalt und schon fast dunkel ist, sitzt er ohne Handschuhe da und schießt lustlos mit seiner Schleuder auf die Raben. Der Müllwagen muss mal wieder kaputt sein. Die Tonnen quellen über, und der Abfall liegt überall auf der Straße. Ein Paradies für Raben und streunende Hunde.

Justins Haus ist genauso groß wie unseres - drei Schlafzimmer, winzige Küche, noch kleineres Wohnzimmer, aber bei Justin wohnen ständig irgendwelche Verwandte, und ich kann noch nicht mal sagen, ob die Windeln, die die Raben zerfetzen, zu seinem kleinen Bruder, seiner Cousine oder zu seinem Neffen gehören. Ist schon komisch, sich Justin als Onkel vorzustellen. Wie er da so zusammengesunken sitzt und halbherzig auf die Raben zielt, sieht er viel jünger aus als vierzehn. Plötzlich muss ich an den Hund denken, nachdem ich ihn am Schwanz gezogen hatte. Er sah so betrogen aus, so verletzt, verängstigt. Am liebsten würde ich weglaufen, bevor Justin mich bemerkt. Aber ich kann ihm ja nicht für immer aus dem Weg gehen.

»Wie viele hast du gekriegt?«, frage ich ihn, nur um überhaupt was zu sagen.

Justin springt auf, als er mich sieht. Er richtet sich auf; sein Blick wird hart wie seine Stimme.

»Wovon redest du?«, fährt er mich an und reibt sich die gerötete Wange.

»Raben.« Ich nicke zu zweien hinüber, die sich um eine labberige Pommes streiten. »Wie viele hast du getroffen?«

»Ach so«, sagt Justin lässig. »Habe nicht gezählt.« Er steckt seine Schleuder in die Hosentasche.

»Lass uns reingehen und Xbox spielen«,...
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Autor

Miriam Körner wanderte 2004 von Deutschland nach Kanada, in die Heimat ihres Herzens, aus. Sie lebt mit Mann und Schlittenhunden in der Provinz Saskatchewan und versucht, die fast vergessene Kultur der kanadischen Ureinwohner und ihrer Schlittenhunde zu bewahren.
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Körner, Miriam