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Der Kodex des Clans

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
247 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am09.09.2020
Auf dem Dach der Kölner Nord-Süd-Fahrt wird, gefesselt an den beleuchteten Schriftzug »Liebe deine Stadt«, die Leiche eines Mannes gefunden. Die einzige Spur ist die rätselhafte Visitenkarte des Mörders: Das Opfer hat stark geschminkte, grellrote Lippen. Die Ermittlungen führen Kommissarin Lucy Westerberg nach Mülheim, zu einer Gruppe, die die Stadt kontrollieren will. Bald wird Lucy selbst verdächtigt in den Mordfall verwickelt zu sein - denn der Tote auf dem Dach war nur der Beginn einer Mordserie ...

Arne Molfenter wurde in Leonberg geboren. Nach seinem Studium der Internationalen Politik und der Wirtschaftswissenschaften sowie seiner Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule war er als Reporter, Redakteur und Korrespondent unter anderem in London, Hamburg und Berlin für Zeitungen, Fernsehsender und den Hörfunk tätig. Hauptberuflich arbeitet er auf internationaler Ebene als Experte für politische Kommunikation.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAuf dem Dach der Kölner Nord-Süd-Fahrt wird, gefesselt an den beleuchteten Schriftzug »Liebe deine Stadt«, die Leiche eines Mannes gefunden. Die einzige Spur ist die rätselhafte Visitenkarte des Mörders: Das Opfer hat stark geschminkte, grellrote Lippen. Die Ermittlungen führen Kommissarin Lucy Westerberg nach Mülheim, zu einer Gruppe, die die Stadt kontrollieren will. Bald wird Lucy selbst verdächtigt in den Mordfall verwickelt zu sein - denn der Tote auf dem Dach war nur der Beginn einer Mordserie ...

Arne Molfenter wurde in Leonberg geboren. Nach seinem Studium der Internationalen Politik und der Wirtschaftswissenschaften sowie seiner Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule war er als Reporter, Redakteur und Korrespondent unter anderem in London, Hamburg und Berlin für Zeitungen, Fernsehsender und den Hörfunk tätig. Hauptberuflich arbeitet er auf internationaler Ebene als Experte für politische Kommunikation.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839266489
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum09.09.2020
Reihen-Nr.2
Seiten247 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5168257
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

-2-

Die Straße hinaus zum Kölnberg war an diesem Sonntag menschenleer. Den Spaziergängern waren die Regen- und Hagelschauer zu stark, und den Prostituierten, die hier in den großen Waldgebieten auf Freier warteten, war es noch nicht dunkel genug. Lucy fuhr vorbei an der Rußerei, einem gigantischen Industriekoloss, dessen Fabrikgelände aus vielen Metallrohren, Schornsteinen und noch mehr Neonlichtern bestand. Dann erreichte sie den Kölnberg.

Viele Schlagworte gab es für diesen Stadtteil. Sozialer Brennpunkt, Armenviertel, Ghetto, das waren die üblichen Umschreibungen, die die Politiker oft in den Mund nahmen. Die in den 70er-Jahren gebauten Hochhäuser des Viertels strahlten eine deprimierende Kälte aus. Weit draußen vor der Stadt wohnten hier die, die fast kein Geld, oft keine Arbeit und selten eine vielversprechende Zukunft hatten.

Lucy erinnerte sich an all die Dinge, die hier in den letzten Jahren geschehen waren. Die Menschen in Köln erzählten sich seltsame Dinge über die Bewohner des Kölnbergs, die in den grau-braunen Hochhäusern lebten. Es war eine Stadt vor der eigentlichen Stadt - mit ihren eigenen Gesetzen. Mit Menschen, die manchmal ihren Müll einfach von den Balkonen herunterwarfen, manchmal auch einen Kühlschrank und - Lucy erinnerte sich an einen Fall, der einige Jahre zurücklag - eine halb verweste Leiche aus einem der oberen Stockwerke.

An dem grauen Hochhausturm in der Alten Brühler Straße blätterte der Putz ab, er war das größte Mietshaus, aus vielen Fenstern leuchtete das blaukalte Licht der riesigen Flachbildschirme auf die Straßen, vor dem Haus parkte schon ein grauer VW-Passat der Kollegen in zweiter Reihe. Lucy erkannte ihn sofort am Kennzeichen und hielt dahinter. Eine junge Frau mit langem blondem Haar stand am Eingang. Kein Zweifel: Das musste sie sein, die Kollegin der Wochenendbereitschaft. Lucy gab Tap noch einen letzten Klaps auf den Nacken. Er blieb im Auto. Das konnte er stundenlang, mit grenzenloser Geduld.

»Frau Kommissarin Westerberg? Guten Tag. Leonie Masson mein Name. Kommissar-Anwärterin und im dreimonatigen Berufspraktikum«, stellte sie sich mit unüberhörbar kölschem Akzent vor. Sie reichte Lucy ein wenig verunsichert die Hand.

»Lucy Westerberg. Genügt völlig. Freut mich sehr, Frau Masson. Auch wenn das nicht unbedingt der Tag hätte sein müssen, an dem wir uns kennenlernen und zum ersten Mal zusammenarbeiten würden.« Die junge Frau war elegant gekleidet, trug trotz der Kälte einen engen Rock, der nur knapp über die Knie reichte, dazu schwarze Stiefeletten, die an den Seiten mit Silbernieten beschlagen waren. Lucy schätzte sie auf höchstens Mitte 20.

Leonie Masson räusperte sich kurz und strich eine blonde Strähne aus ihrem Gesicht. »Verstehe, was Sie meinen, Frau Kommissarin, äh, sorry, Frau Westerberg.«

»Zwei Kollegen, hieß es im Funk, seien vor Ort. Wo ist der andere?«

»Äh, also. Ich konnte ihn nicht erreichen. Dann bin ich schon mal los. Ich wollte Sie nicht unnötig warten lassen.«

»Wer ist denn der Zweite heute im Bereitschaftsdienst?«

»Hm. Ach der. Der heißt Seker. Cüneyt Seker.«

Lucy hob kurz die Augenbrauen, sagte aber kein Wort.

»Kommen Sie bitte, Frau Westerberg. Hier entlang, sie sind im 18. Stock und warten schon auf uns. Das ist eine Großfamilie. Soweit ich das vorhin verstanden habe, stammen die meisten aus Albanien. Vermisst wird ein Mann namens Afrim Vasil. Die Ehefrau des Vermissten heißt Alva Vasil.«

»Ich bin nach all den Dienstjahren nur noch selten zu überraschen, Kollegin. Das wird Ihnen vielleicht auch bald so gehen bei uns. Erzählen Sie mir kurz die Details, während wir hochfahren.«

Leonie Masson lächelte ihr freundlich zu, dann gingen sie gemeinsam an der Reihe der verbeulten Metallbriefkästen im Treppenhaus entlang, in Richtung des Aufzugs. Die Wände im Inneren waren übersät mit Graffiti, auf dem Boden lagen Zigarettenkippen und eine zerknüllte Chipstüte.

Der Aufzug nahm ratternd Stockwerk um Stockwerk, mit einem Ruck klappten die alten Flügeltüren aus. Sie erreichten die Eingangstür, im Treppenhaus roch es nach abgestandenem Essen und kaltem Zigarettenrauch. Lucy hörte ein lautes Stöhnen. Da waren mehrere Stimmen, jemand weinte leise. Die Tür der Wohnung auf der linken Seite stand einen Spalt offen, ein kleines Mädchen blickte ängstlich in das Treppenhaus. »Mein Papa hat gesagt, die Polizei soll man nie reinlassen. Die bringen Unglück«, sagte es und sah Lucy an.

Dein Papa hat verdammt recht. Genau das tun wir, dachte Lucy. Sie schwieg aber und lächelte die Kleine freundlich an. Dann klopfte sie vorsichtig an die Tür.

»Guten Tag. Westerberg, LKA, Außenstelle Köln. Das hier ist meine Kollegin Masson. Dürfen wir mal hereinkommen?« Eine dünne Frau mit langen schwarzen Haaren stand vor ihr im Flur. Sie nickte stumm und bat die beiden mit einer kurzen Handbewegung, ihr zu folgen. Das Seufzen und das Weinen waren nun klarer zu hören.

Damit hatte Lucy nicht gerechnet. Sie sah sich um und blickte in viele Gesichter, die sie stumm anstarrten. Im Wohnzimmer saß ein gutes Dutzend Frauen, jung und alt, manche von ihnen weinten leise. Was für eine große Versammlung, ein ganzer Clan, schoss es Lucy durch den Kopf. Viele hatten rot geweinte Augen und waren in Tränen aufgelöst. Sie saßen rund um einen großen Wohnzimmertisch aus Glas, in der Mitte eine junge Frau in einer grauen Strickjacke. Das musste sie sein.

»Guten Tag, ich heiße Lucy Westerberg. Sind Sie Alva Vasil?«

Die Frau nickte apathisch. Ihre Lippen schienen seltsam blutlos zu sein, wie ein krummer, grauer Strich mitten im Gesicht. Sie blickte Lucy nur kurz an, dann starrte sie wieder auf die Mitte des Tisches, auf dem ein kleines Windlicht mit einer weißen Kerze brannte. Zögernd holte die Frau Atem.

»Hab ich ja schon gesagt am Telefon, hier zu Polizei â¦«, sie zeigte auf Leonie Masson. »Ich weiß nicht, was er wieder gemacht hat«, sagte sie unvermittelt und blickte wieder hoch zu Lucy. Ihre Stimme war heiser und überraschend dunkel. Lucy war überrascht, wie Alva Vasil das R rollte und die Wörter betonte, ein Akzent, den sie noch nie gehört hatte.

»Ich weiß nicht, wo er sein kann.«

»Überlegen Sie. Bitte!«, sagte Lucy zu ihr. Ihr war plötzlich ganz kalt in diesem Wohnzimmer voller Frauen.

»Er ist weg.« Ihre Augenringe sind noch dunkler als ihre schwarzen Augen, dachte Lucy, ließ sich aber nichts anmerken, während die Frau sprach. »Seit Donnerstag.«

»Haben Sie versucht, ihn anzurufen?«

»Er geht nicht ran. Immer nur die Mailbox. Seit Tagen.«

»Hat er Freunde, die Sie kontaktieren könnten? Irgendjemand in Ihrer Familie?«

»Nein, nein. Das habe ich schon alles probiert. Nichts. Niemand weiß etwas.«

Das Mädchen, das im Türspalt gestanden hatte, spielte mit einem kleineren Jungen auf dem Fußboden neben dem Tisch mit einem Plastikeinhorn mit einer gewaltigen Regenbogenmähne. Die Frau, die Lucy und Leonie Masson hereingeführt hatte, strich dem Jungen liebevoll durchs Haar. An ihrem rechten Ringfinger trug sie einen goldenen Ring mit einem großen blauen Edelstein.

»Ist Ihr Mann gut zu Ihnen und den Kindern?«, fragte Lucy Alva Vasil.

»Ja, das ist er. Guter Mann. Fährt viel LKW. Immer Osteuropa und Köln-Großmarkt. Er ist oft sehr lange weg. Aber alles gut.«

»Na, sehen Sie, vielleicht ist er einfach nur weg auf einer Extratour«, Leonie Masson versuchte, die Frau anzulächeln. »Der wird schon wieder auftauchen.«

Lucy sah sich im Wohnzimmer um. Eine kleine Lavalampe in einem Metallregal ließ wie in Zeitlupe violette Blasen in ihrem Inneren hochsteigen, daneben standen ein paar Fotos. Eines von ihnen zeigte eine karge braun-gelbe Graslandschaft mit ein paar kleinen Häusern aus unbehauenem Stein. Auf einem anderen war eine junge Frau zu sehen, Alva in einem Brautkleid. Das neben ihr musste er sein. Afrim Vasil, ihr Ehemann.

Wo steckte dieser Mann? Lucy sah sich weiter um. Neben dem Hochzeitsbild stand ein weiteres Foto in einem braunen Holzrahmen. Auch auf diesem Foto war Afrim Vasil zu sehen, ein paar Jahre älter als bei seiner Hochzeit, inmitten einer Gruppe mit vier schwarzhaarigen Männern, die in die Sonne blinzelten und lächelten.

»Wenn Sie irgendetwas hören, geben Sie uns bitte Bescheid, Frau Vasil«, sagte Leonie Masson und versuchte ein aufmunterndes Lächeln.

Das hat keinen Sinn mehr, dieser Frau Mut zu machen, werte Kollegin Kommissar-Anwärterin, dachte Lucy und tippte sich mit beiden Handflächen leicht auf die Oberschenkel, so als ob sie sich selbst das Signal zum Aufbruch geben wollte. Sie spürte eine beklemmende Spannung in diesem Raum. Die Frauen blickten sie unentwegt an.

»Machen Sie das bitte so, wie es die Kollegin sagt, Frau Vasil. Wir werden alles versuchen, um Ihren Mann wiederzufinden.« Lucy und Leonie Masson standen auf, gaben ihr die Hand und gingen zum Flur.

»Seltsam war das da drin, oder? Und warum sind da nur Frauen? Wo sind die Männer?« Leonie Masson hielt Lucy die Aufzugstür auf. Lucy trat ein und drehte sich zu ihr um. »Das fand ich auch. Und bei einem bin ich mir sicher: Wenn Afrim Vasil wirklich tot sein sollte, dann weiß seine Frau Alva ganz genau, warum das so ist.«

Die Türen des Aufzugs schlossen sich ratternd. »Welchen Eindruck hat die Frau auf Sie gemacht, Leonie?«

»Das ist keine Frau, die das Verschwinden ihres Ehemanns überraschend getroffen hat«, sagte sie....

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Autor

Arne Molfenter wurde in Leonberg geboren. Nach seinem Studium der Internationalen Politik und der Wirtschaftswissenschaften sowie seiner Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule war er als Reporter, Redakteur und Korrespondent unter anderem in London, Hamburg und Berlin für Zeitungen, Fernsehsender und den Hörfunk tätig. Hauptberuflich arbeitet er auf internationaler Ebene als Experte für politische Kommunikation.