Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Alea Libriserschienen am24.07.20201. Auflage
1 Bar.* 12 Geschichten. 14 Cocktails. Ein immer anderes Setting, und doch so gleich. Eine Reise quer durch Cocktailkarte und literarischer Genres. Fantastisch, gruselig, romantisch, spannend, anders - lehnt euch zurück und genießt ... *präsentiert von Chefbarkeeperin Michaela Harichmehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR12,90
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR4,49

Produkt

Klappentext1 Bar.* 12 Geschichten. 14 Cocktails. Ein immer anderes Setting, und doch so gleich. Eine Reise quer durch Cocktailkarte und literarischer Genres. Fantastisch, gruselig, romantisch, spannend, anders - lehnt euch zurück und genießt ... *präsentiert von Chefbarkeeperin Michaela Harich
Details
Weitere ISBN/GTIN9783945814482
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum24.07.2020
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
SpracheDeutsch
Dateigrösse10131 Kbytes
Artikel-Nr.5192193
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Familienunternehmen

 

 

Träge kollidierten die Billardkugeln, kaum zu hören durch die Partie Tischfußball, die von lautstarken Flüchen oder Triumphschreien der Spieler begleitet wurde.

»Noch etwas?«, fragte der Barkeeper und ich schob ihm mein leeres Glas zu und nickte.

Vorsicht mit dem Zeug, ermahnte ich mich im Stillen. Es würde auffallen, wenn ich zu viel vertrug.

Es dauere nicht lange, bis ein frisches Glas mit einer neuen Portion der hellblauen Flüssigkeit vor mir stand, die auf der Karte als »Blue Time Machine« geführt wurde.

Leider würde es das Gebräu weder schaffen, die Zeit zu beschleunigen noch meine Schwester und mich zu einem Punkt zu bringen, an dem das alles eine andere Abzweigung hätte nehmen können. Vielleicht trank ich den Cocktail deswegen, weil ich die Ironie mochte: Eine Zeitmaschine, damit hätte ich zurückreisen und alles ändern können. Gut, vielleicht nicht alles, aber genug, um im Hier und Jetzt ein anderes Leben für meine Schwester und mich zu ermöglichen. Wir wären nicht darauf angewiesen, uns in mal mehr, mal weniger düsteren Vierteln herumzutreiben, uns die Nächte auf den Straßen um die Ohren zu schlagen und eben auch in Bars wie dieser. Meine jüngere Schwester hätte nicht in dieses Gewerbe geraten müssen, wir könnten vielleicht ganz normalen Berufen nachgehen. Aber so war das eben nicht. Wir waren hier hineingerutscht und jetzt hingen wir eben in den dubiosen Straßenzügen und den teils zwielichtigen Bars fest. Manche sogar noch von Rauch durch wabert wie diese hier.

Dieser Zeitmaschinen-Cocktail konnte unsere Vergangenheit nicht ändern, er schaffte es nicht einmal, mich auf andere Gedanken zu bringen. Auf meine Schwester zu warten, war immer eine Probe für meine Nerven.

Dass sie darauf bestanden hatte, ihren Teil zum, nennen wir es Familienunternehmen beizutragen, sobald sie alt genug gewesen war, war zwar nicht weiter verwunderlich. Dennoch war meine Welt ruhiger gewesen, als sie einfach nur meine kleine Schwester gewesen war.

Noch ein Schluck von meinem Cocktail.

Die Typen am Kickertisch hatten ihre Partie beendet. Demonstrativ richtete ich den Blick weiterhin auf den knallig blauen Inhalt meines Glases. Ignorierte, wie der Hocker neben mir herausgezogen wurde. Im Laufe der Zeit hatten meine Schwester und ich uns eine Million Arten zurechtgelegt, wie wir ungebetene Gesellschaft loswurden. Wir zogen die Leute, meistens Männer, nun mal an und manchmal war es ein Fluch, aber grundsätzlich war es ein Segen. Ohne unsere anziehende Wirkung hätten wir nicht tun können, was wir taten. Ohne diese Eigenschaft wäre unser Gewerbe deutlich schwieriger gewesen, aber gerade war mir nicht nach Gesellschaft.

Aus den Augenwinkeln sah ich, dass der Typ mich anschaute, den Mund öffnete, als wollte er etwas sagen.

Lass es einfach sein, dachte ich.

Zwar schaute ich von meinem Glas auf, aber nicht ihn an, sondern nur in den Raum hinein. Es hatte offenbar gereicht, ihm mit voller Absicht keine Aufmerksamkeit zu schenken. Vielleicht hatte er auch die Anspannung in meinem Gesicht gesehen und die Lust verloren. Sehr gut. In jedem Falle war er also nicht dämlich und neigte wohl nicht dazu, an nicht interessierten Frauen demonstrativ herumzugraben. Fast schon schade, denn er war durchaus attraktiv. Die Sorte, bei denen ich innerlich jubelte, wenn ich geschäftlich damit zu tun bekam und mit der ich nach Feierabend ganz gerne Kontakt knüpfte. Aber nicht, während ich auf meine Schwester warten musste.

Gegen ein bisschen Vergnügen nach Geschäftsschluss war nichts einzuwenden, aber noch war nun mal nicht Schluss für heute. Schließlich legte sich meine Schwester irgendwo gerade ins Zeug, um genau das zu erreichen, was ich hier so energisch vermeiden wollte: Einen Mann um den Finger zu wickeln, bis er, im Idealfall, nicht mehr klar denken konnte.

Sie sollte sich beeilen. So viel Zeit konnte sie doch nicht brauchen, Zeit war kostbar. Man sagte nicht umsonst, auch bei uns, Zeit ist Geld. Je früher wir wussten, ob sich der Abend gelohnt hatte, desto besser. Am Ende ging es darum, was wir nach Hause brachten. Außerdem hätte es noch einen weiteren Effekt, wenn sie endlich hier wäre: Schauten mir die Leute schon hinterher, so hatten sie bei ihr gar keine Wahl mehr. Mein Schwesterchen ließ da niemandem eine Chance. Deswegen tat sie auch, was sie am besten konnte, und machte ihrem Namen alle Ehre. Die kleine Sirene war erwachsen geworden. Nur deswegen hatte ich sie überhaupt mitmachen lassen: Sie war bei diesem ganzen wenig rühmlichen Arbeitsvorgang sogar noch besser als ich.

Ich saß nun also hier und tat, was ich … nicht wirklich am besten konnte. Meine Stärken lagen mehr im Bereich des Planens und Organisierens, nicht darin, tatenlos herumzusitzen. Geduld war zwar manchmal notwendig, aber wenn ich nicht wusste, was meine Schwester gerade machte, wurde ich ein wenig nervös. Also trank ich weiterhin schluckweise von meiner Time Machine und erfreute mich wenigstens daran.

Als meine Schwester endlich die Bar betrat, musste ich nicht mal zur Tür sehen, um es zu bemerken. Das übliche Spektakel entging mir nicht, es war nie zu übersehen. Gespräche verstummten, Billard und Kicker pausierten.

Federleicht landete eine schlanke Hand auf meiner Schulter, der man im ersten Moment nicht zutraute, wo sie ihre Finger schon überall gehabt hatte. Ein Hauch von Seifenduft stieg mir in die Nase. Irgendetwas Neutrales.

Hotelzimmerseife vielleicht.

»Das ist meine Schwester River«, stellte sie mich vor.

Leicht benommen reichte mir der Fisch, den Schwesterherz geangelt hatte, die Hand. Gar nicht mal schlecht. Kein Wunder, dass sie die Finger da nicht hatte bei sich behalten können. Arbeit und Vergnügen zu trennen, war eben nicht das, was sie am besten konnte, flatterhaftes Ding, das sie nun mal war. Das war eher mein Spezialgebiet, aber am Ende stimmten bei uns beiden die Resultate, und darauf kam es an. Sie hatte diesen Typen hier, wo wir ihn brauchten, wie sie das gemacht hatte, würde nicht meine Sorge sein.

»Stell dir vor, River, Nate ist Polizist! Er jagt richtige Verbrecher!«

Nur durch lange Übung schaffte ich es, bei ihrem Auftreten meine Gesichtszüge nicht ganz entgleisen zu lassen. Weit aufgerissene Augen, begeistert-naiver Tonfall - da stand wohl jemand darauf, rettungslos angehimmelt zu werden. Aber Lori war ein Profi, wenn Nate auf Püppchen stand, dann war sie eben für ein paar Stunden eins.

Ein wenig bedauerte ich meine Schwester nun doch. Aber sie hatte darauf bestanden, mitzumachen, und ihre Fähigkeiten waren nun einmal unbezahlbar. Dieses Spiel hier funktionierte nur, wenn jede ihre Rolle spielte, da musste sie nun mal durch.

Menschen waren am einfachsten zu kriegen, wenn man ihren Wünschen entsprach. Lori konnte alles sein, was jemand haben wollte. Und noch einiges mehr, doch das waren die Dinge, die die meisten Leute gar nicht wissen wollten.

Sie hatte diesem Nate schon wieder weiter Honig um den Bart geschmiert und er hing an ihren Lippen. Gruselig.

Du hast ihn, Lori, komm zum Punkt, schickte ich ihr eine stumme Botschaft.

Als er sie kurz nicht ansah, erwiderte sie meinen Blick und ihre süße Miene ging in ein raubtierhaftes Lächeln und eine hochgezogene Braue über. »Gleich hier und jetzt?«, sagte dieser Blick.

Im nächsten Moment sah sie für Nate schon wieder niedlich und vollkommen von ihm eingenommen aus.

»Also, Nate, was für spektakuläre Fälle löst du denn so?«, stellte ich nun doch die entscheidende Frage.

Lori warf mir einen genervten Blick zu, den ich geflissentlich ignorierte. Es kam darauf an, was wir nach Hause brachten, und die Katze mochte gerne mit der Maus spielen, aber am Ende musste die Maus tot sein.

Ich wollte endlich Feierabend machen, gute Cocktails hin oder her.

Nate zierte sich natürlich noch ein wenig. Er durfte uns eigentlich nichts davon erzählen, alles ganz geheim. Die üblichen Argumente. Ich hörte nicht richtig hin.

Lori beugte sich ein wenig vor, erleichterte ihm den Blick in ihren Ausschnitt, berührte mit einer Hand sein Knie.

Endlich hatte sie ihn so weit.

»Vielleicht habt ihr ja was davon mitbekommen. Es gab eine Reihe von seltsamen Diebstählen in der letzten Zeit. Sagen wir mal, alte Artefakte. Man könnte wohl auch sagen, alter Kram. Keiner kann sich erklären, was die Diebe damit wollen. Mal hier ein paar Seiten aus einem alten Buch, das als Ganzes schon gar nicht mehr existiert. Da einige alten Karten, irgendwelche Gefäße … Seltsames Zeug.«

»Aber doch bestimmt wertvoll?«, wollte Lori wissen. »Ich meine, sonst hätte man es ja wahrscheinlich nicht gestohlen.«

Nate nahm noch einen Schluck von seinem Getränk. »Nicht unbedingt. Unter Insidern vielleicht. Aber bisher ist nichts auf dem Schwarzmarkt aufgetaucht. Womöglich hat das Zeug für den Dieb einen bestimmten Wert, aber keinen, den jemand von außen nachvollziehen kann. Unsere Chancen, den Fall je zu lösen, stehen dann verdammt schlecht.«

Ich versteckte mein flüchtiges Grinsen hinter meinem Glas. Wahrscheinlich achtete ohnehin niemand auf mich, wo Lori ja da war, aber sicher war sicher. Den Schwarzmarkt sollten sie ruhig genau beobachten, da durften sie suchen, bis sie schwarz wurden. Nate hatte das schon richtig erkannt, wenn die Diebe diese Sachen für sich selbst wollten, würden sie verschwunden bleiben.

»Aber es muss doch jemand etwas gehört oder gesehen haben!«, wunderte sich Lori.

Aha, jetzt wurde es spannend. Ich sperrte unauffällig meine Ohren auf.

Nate senkte die Stimme, als er uns die Sache erklärte: »Das ist es ja! Die Kameras fallen aus, das Wachpersonal kann sich an...
mehr

Autor