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Der entfesselte Frankenstein

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.07.2020
Wir schreiben das Jahr 2020. Mit der Erprobung neuer Waffen wurde das Raum-Zeit-Kontinuum zerstört. Sogenannte Zeitrutsche suche die Erde heim, bei denen ganze Stücke der Gegenwart in die Vergangenheit gerissen werden und die Zukunft verschwindet. Eines Tages entdeckt Joseph Bodenland auf dem Gebiet seiner Ranch in Texas unbekanntes Territorium, das nicht aus dem 21. Jahrhundert stammt. Beherzt erkundet er die Gegend - und findet sich am Genfer See im Jahr 1815! Dort trifft er auf Mary Wollstonecraft, die gerade mit Byron und Shelley Urlaub macht und dabei ihren Roman »Frankenstein« schreibt. Doch erst als Bodenland Dr. Frankenstein und dessen Monster begegnet, ahnt er, dass diese Vergangenheit nicht zu seiner Gegenwart gehören kann ...

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.
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Produkt

KlappentextWir schreiben das Jahr 2020. Mit der Erprobung neuer Waffen wurde das Raum-Zeit-Kontinuum zerstört. Sogenannte Zeitrutsche suche die Erde heim, bei denen ganze Stücke der Gegenwart in die Vergangenheit gerissen werden und die Zukunft verschwindet. Eines Tages entdeckt Joseph Bodenland auf dem Gebiet seiner Ranch in Texas unbekanntes Territorium, das nicht aus dem 21. Jahrhundert stammt. Beherzt erkundet er die Gegend - und findet sich am Genfer See im Jahr 1815! Dort trifft er auf Mary Wollstonecraft, die gerade mit Byron und Shelley Urlaub macht und dabei ihren Roman »Frankenstein« schreibt. Doch erst als Bodenland Dr. Frankenstein und dessen Monster begegnet, ahnt er, dass diese Vergangenheit nicht zu seiner Gegenwart gehören kann ...

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641256555
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum13.07.2020
SpracheDeutsch
Dateigrösse1003 Kbytes
Artikel-Nr.5229012
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
DREI

 

Brief von Joseph Bodenland an seine Frau Mina:

 

22. August 2020

New Houston

 

Meine liebste Mina,

 

ich wüsste gerne, wo du gestern warst! Die Ranch mit ihrer ganzen Menschenfracht - dieser Kategorie rechne ich auch jene übernatürlichen Wesen, unsere Enkel, zu - verbrachte den gestrigen und einen großen Teil des heutigen Tages in einer umnachteten Gegend, wie ich vermute, im mittelalterlichen Europa. Es war für uns die erste Kostprobe eines größeren Zeitrutsches. (Wie leicht man doch in diesen Schutzjargon verfällt - Zeitrutsch, das klingt nicht schlimmer als Erdrutsch. Aber du weißt, was ich meine - eine Störung in der räumlichen Infrastruktur.)

Jetzt sind wir alle wieder hier in Der Gegenwart . Dieser Ausdruck Die Gegenwart ist mit ständig steigendem Argwohn zu betrachten, je häufiger die Zeitrutsche werden. Aber du wirst verstehen, dass ich das Datum und die Stunde meine, die der Kalender-Chronometer hier in meinem Arbeitszimmer unbeirrt zeigt. Hatten wir Glück, überhaupt zurückzukommen? Hätten wir auch weiter in der Zeit schweben können? Mit am meisten erschreckt es einen bei dieser erschreckenden Geschichte, dass man so wenig darüber weiß. Und dabei kann es in kürzester Zeit - diese Wendung habe ich hingeschrieben, ohne weiter darüber nachzudenken - so weit sein, dass Männer von Intellekt keine Gelegenheit mehr haben werden, ihre Aufzeichnungen miteinander zu vergleichen.

Ich kann nicht logisch denken. Erwarte keinen zusammenhängenden Brief. Es ist ein absoluter Schock. Der nachhaltigste Schock -, abgesehen vom Tod. Vielleicht hast du ihn schon erfahren ... Natürlich bin ich deinetwegen ganz verrückt vor Sorge. Komm sofort nach Hause, Mina! Dann können wir wenigstens gemeinsam bei den Inkas sein oder vor Napoleon fliehen! Die Wirklichkeit fällt auseinander. Eines ist unzweifelhaft - wir hatten die Realität nie so sicher im Griff, wie wir es uns vorstellten. Die einzigen Leute, die gegenwärtig etwas zum Lachen haben, sind die Verrückten von gestern, die Parapsychologen, die Junkies, die E.S.P.-Enthusiasten, die Reinkarnationisten, die SF-Autoren und alle, die nie so ganz an das homogene Dahinströmen der Zeit geglaubt haben.

Entschuldige. Ich will mich an Tatsachen halten.

Die Ranch geriet in einen Zeitrutsch. (Es gibt mehr als einen: der unsere verdient keinen bestimmten Artikel.) Plötzlich waren wir wieder da - wo auch immer.

Außenminister Dean Reede war zu der Zeit bei mir. Ich glaube, ich habe dir im letzten Brief geschrieben, dass er mich besuchen wollte. Natürlich hat ihn der Präsident sicher in der Tasche - er ist Glendales Mann vom Scheitel bis zur Sohle und genauso hart wie Glendale, aber das haben wir ja immer gewusst. Er sagt, sie werden nie mit dem Kampf aufhören; überall in der Geschichte finde man Fälle, an denen man nicht vorbeikomme, wo eine minderwertige Kultur einer höherwertigen unterliegen müsse. Als Beispiel führt er die Vernichtung von Polynesien und die Ausrottung der Amazonasindianer an.

Ich sagte ihm, es gäbe objektiv keine Möglichkeit zu beurteilen, welche Seite minderwertig sei und welche überlegen: die Polynesier schienen das Glück maximiert zu haben, und die Indianer des Amazonasgebiets lebten anscheinend in vollständiger, komplexer Harmonie mit ihrer Umwelt. Beides seien Ziele, die unsere Kultur bisher nicht erreicht hätte.

Darauf nannte Reede mich einen Schwachkopf, einen verräterischen Liberalen (natürlich habe ich unser Gespräch aufgezeichnet, da ich schon vorher wusste, dass es dazu kommen würde.) Er sagte, viele von den gegenwärtigen Schwierigkeiten der Westmächte könne man mir anlasten, weil ich in meiner Tätigkeit als Präsidentenberater einen so sentimentalen Kurs gesteuert hätte. Ich hätte wissen müssen, dass meine kleinen Reformen in den Bereichen Polizeiwesen, Wohnungsbau, Arbeitsbeschaffung und so weiter zum Aufstand der Schwarzen führen würden. In der Geschichte führten Reformen immer zu Aufständen. Und so weiter.

Ein höchst sinnloser und unangenehmer Streit, aber ich musste mich natürlich verteidigen. Und ich bin immer noch sicher, dass die Geschichte, falls es eine geben sollte, mich rechtfertigen wird. Über Glendale und seine Axtschwinger wird sie sicher nicht viel Gutes zu sagen haben. Er hatte sogar die Stirn, unsere private Bildergalerie als Beispiel für meine Querköpfigkeit anzuführen!

Wir waren gerade soweit, dass wir uns anschrien, als sich das Licht veränderte. Mehr als das - die Beschaffenheit der Atmosphäre veränderte sich. Der Himmel wechselte von seinem üblichen, verwaschenen Blau zu einem schmutzigen Grau. Es gab keinen Stoß, keine Erschütterung - nicht wie bei einem Erdbeben. Aber das Gefühl kam so plötzlich, dass Reede und ich beide zu den Fenstern rannten.

Es war erstaunlich. Über uns rollten Wolken heran. Über der Ebene, schnell näherkommend, lag dichter Nebel. Ein paar Augenblicke später quoll er über die Mauer wie Meeresbrandung und brach über den ganzen Garten und den Innenhof herein.

Und nicht nur das. Vor uns sah ich das Land, das sich wie üblich erstreckte, und die niedrigen Dächer der alten Ställe. Aber die Hügel hinter den Dächern waren fort! Und links waren Auffahrt und Pampasgras verschwunden. An ihre Stelle war ein welliges Gelände getreten, sehr grün, gelegentlich unterbrochen von grünen Bäumen - so etwas gab es nirgendwo in Texas.

»Bei allen Heiligen! Man hat uns zeitgerutscht!«, sagte Reede. So betäubt ich auch war, es fiel mir doch auf, wie charakteristisch es für ihn war, so zu sprechen, als sei das etwas, was man ihm persönlich angetan hatte. Zweifellos sah er es auch haargenau so.

»Ich muss zu meinen Enkelkindern«, sagte ich.

Schon rannten Poll und Tony mit schrillen Schreien nach draußen. Ich holte sie ein, nahm sie bei der Hand und hoffte, ich möge fähig sein, sie vor Gefahr zu bewahren. Aber es bestand keine Gefahr außer der heimtückischsten: der Bedrohung des menschlichen Verstandes. Wir standen da und starrten in den Dunst. Schwester Gregory kam heraus zu uns, sie nahm alles mit ihrer gewohnten, unerschütterlichen Ruhe hin.

Als ein paar Minuten vergangen waren und wir unseren ersten Schrecken überwunden hatten, machte ich ein paar Schritte nach vorn, dahin, wo die Auffahrt gewesen war.

»Ich würde bleiben, wo ich bin, wenn ich Sie wäre, Joe«, warnte Reede. »Sie wissen nicht, was Sie da draußen erwarten könnte.«

Ich achtete nicht auf ihn. Die Kinder drängten nach vorne.

Man sah eine deutliche Linie, an der unser Sand endete. Dahinter wuchs üppiges Gras, es reichte den Kindern bis an die Knie, und silberne Regentropfen hingen wie Perlen daran. Überall standen große, bizarre Eichen. Dazwischen war ein Pfad ausgetreten.

»Da drüben sehe ich eine Hütte, Grampy«, sagte Tony und deutete hinüber.

Es war ein armseliges Ding, aus Holz gebaut. Auf dem Dach hatte sie Holzschindeln. Dahinter stand ein Schuppen, ebenfalls aus Holz, und daneben ein Pfahlzaun und Büsche. Mit wachsendem Unbehagen sah ich, dass zwei Leute, ein Mann und eine Frau, wie ich glaubte, hinter dem Zaun standen und in unsere Richtung starrten. Ich wies die Kinder darauf hin.

»Kommen Sie lieber ins Haus zurück!«, warnte Reede. »Ich rufe die Polizei an und erkundige mich, was, zum Teufel, eigentlich los ist.« Er verschwand.

»Sie werden uns nichts tun, nicht wahr?«, fragte Tony und starrte zu den beiden Fremden hinüber.

»Nicht, solange wir sie nicht bedrohen«, sagte Schwester Gregory - was ich ein wenig optimistisch fand.

»Ich könnte mir denken, dass sie über uns genauso erschrocken sind, wie wir über sie.«

Plötzlich wandte sich der Mann am Zaun ab und verschwand hinter dem Haus. Als wir ihn wiedersahen, rannte er von uns weg, den Hügel hinauf. Die Frau schlüpfte ins Haus und war nicht mehr zu sehen.

»Machen wir doch einen Rundgang, Grampy, ja?«, fragte Tony. »Ich möchte so gerne auf diesen Hügel gehen und nachsehen, wo der Mann hingegangen ist. Vielleicht gibt es da drüben ein Schloss.«

Ich fand diesen Vorschlag einleuchtend, war aber zu unsicher, um den relativ geschützten Bereich unseres Hauses zu verlassen. Mir fiel ein, dass ich in meinem Schreibtisch einen altmodischen Colt .45 Automatik hatte, aber der Gedanke, ihn bei mir zu tragen, widerstrebte mir. Die Kinder hörten nicht auf zu betteln, ich solle mit ihnen nach vorne gehen. Schließlich gab ich nach: wir drei gingen zusammen zu den Bäumen und ließen Schwester Gregory auf der dem Haus zugewandten Seite der Gefahrenlinie stehen.

»Gehen Sie nicht zu weit weg!«, rief sie. Sie hatte also doch Angst.

»Uns wird nichts passieren«, erwiderte ich. Ich dachte, das würde uns alle beruhigen.

Nun, es passierte uns nichts, aber ich war ständig in Sorge. Angenommen, das Haus klappte wieder ins Jahr 2020 zurück und ließ uns in dem umnachteten Waldstück stecken, das wir gefunden hatten? Oder angenommen - ich schäme mich jetzt, diesen Gedanken zu Papier zu bringen -, etwas Schreckliches kam und griff uns an, etwas, wovon wir nichts wussten?

Und es gab noch eine dritte Sorge - schattenhaft, aber deshalb nicht angenehmer. Angenommen, das, was sich abspielte, war nichts als ein subjektives Phänomen, etwas, was sich lediglich in meinem eigenen Schädel ereignete? Es war schwer zu glauben, dass wir uns nicht in einem Traum befanden.

Die Kinder wollten zu dem Holzhaus gehen, um nach der Frau zu sehen. Ich brachte sie dazu, die andere Richtung einzuschlagen. Innerhalb des Holzzauns lag ein Hund. Ich scheute...
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Autor

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.