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Tod im Staub

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.07.2020
Die Erde in der nahen Zukunft ist zu einer Albtraumwelt geworden: Ausgelaugt und abgewirtschaftet, von Insektiziden und Pestiziden vergiftet, bietet sie der sich explosionsartig vermehrenden Weltbevölkerung keinen Lebensraum mehr. Die meisten ihrer über zwanzig Milliarden Bewohner sind unterernährt und von Krankheiten gezeichnet. Allmächtige Farmer geben den Ton an. Die afrikanischen Länder - einst Spielball fremder Wirtschafts- und Konzerninteressen - treiben nun selbst Großmachtpolitik reinsten Wassers, während die früheren Industrienationen auf den Status von Entwicklungsländern herabgesunken und ihren Rohstofflieferanten auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. Kurzum: Die Erde ist eine Welt geworden, deren Bewohner sich fragen müssen, ob ein Ende mit Schrecken nicht besser ist als ein Schrecken ohne Ende ...

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.
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Produkt

KlappentextDie Erde in der nahen Zukunft ist zu einer Albtraumwelt geworden: Ausgelaugt und abgewirtschaftet, von Insektiziden und Pestiziden vergiftet, bietet sie der sich explosionsartig vermehrenden Weltbevölkerung keinen Lebensraum mehr. Die meisten ihrer über zwanzig Milliarden Bewohner sind unterernährt und von Krankheiten gezeichnet. Allmächtige Farmer geben den Ton an. Die afrikanischen Länder - einst Spielball fremder Wirtschafts- und Konzerninteressen - treiben nun selbst Großmachtpolitik reinsten Wassers, während die früheren Industrienationen auf den Status von Entwicklungsländern herabgesunken und ihren Rohstofflieferanten auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. Kurzum: Die Erde ist eine Welt geworden, deren Bewohner sich fragen müssen, ob ein Ende mit Schrecken nicht besser ist als ein Schrecken ohne Ende ...

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641256548
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum13.07.2020
SpracheDeutsch
Dateigrösse871 Kbytes
Artikel-Nr.5229013
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

 

Der Tote trieb im Wind dahin. Er stolzierte aufrecht auf den Hinterbeinen wie eine dressierte Ziege, genauso wie er es im Leben getan hatte, ganz korrekt, und war weiter außerhalb des Bannkreises von Ideologie, Nationalität, Mühsal und Inspiration, als er es jemals im Leben gewesen war. Ein paar dicke Schmeißfliegen waren bei ihm geblieben, obwohl er schon weit vom Festland entfernt war und über den ruhig wogenden Südatlantik dahinwanderte. Ab und zu wurde die quastenverzierte Borte seiner weißen Seidenhose vom Gischt der Wellen übersprüht.

Er kam von Afrika her und bewegte sich stetig auf mich zu.

Zu den Toten habe ich ein gutes Verhältnis. Weil es unter der Erde keinen Platz mehr für sie gibt, wie es früher der Brauch gewesen war, bewahre ich einige in meinem Gedächtnis auf. Da sind Mercator und der alte Thunderpeck und Jess, der außerhalb meines Schädels als tapfere Legende weiterlebt, und dann natürlich mein lieber March Jordill. In diesem Buch werde ich sie noch einmal begraben.

An dem Tag, als dieser neue Tote kam, ging es mir gar nicht gut. Mein Schiff, die Trieste Star, näherte sich ihrem Ziel an der afrikanischen Skelettküste, aber wie es sooft in den letzten Tagen jener langen Reise geschah, fühlten sich die wenigen menschlichen Mitglieder der Schiffsbesatzung wie in einem zähen Sumpf eingeschlossen, und wir waren ganz damit beschäftigt, uns gegenseitig förmlich zu ersticken - durch Freundschaft und Launen, Krankheit und zu enge Vertrautheit. Oh, es ist schon so lange her, und mir kommt es vor, als ob ich in einem dunklen Keller herumtaste, wenn ich die Erinnerungen zu greifen suche.

In meinen Augen hämmerte es schmerzhaft, mein Blick war verschwommen, der Mund trocken, die Zunge pelzig. Ich verspürte keinerlei Mitgefühl, als der Arzt mir sagte, dass Alan Bator wieder mit seiner Allergie in der Koje läge.

»Ich hab' die Allergie von dem so satt, Doktor«, sagte ich, während ich meinen Kopf auf die Hände stützte. »Warum stopfen Sie ihn nicht einfach mit einem Antihistamin voll und schicken ihn wieder an die Arbeit?«

»Ich habe ihm eine reichliche Dosis gegeben, aber ohne Erfolg. Schauen Sie ihn sich selbst an. Er kann sich nicht mehr auf den Beinen halten.«

»Warum müssen solche Krüppel überhaupt zur See fahren? Sie sagten einmal, dass er vielleicht gegen den Salzgehalt der Luft allergisch sei?«

Dr. Thunderpeck breitete die Hände aus. »Das war meine alte Theorie, aber jetzt denke ich an etwas anderes. Ich habe den ernsthaften Verdacht, dass er vielleicht gegen Antihistamine allergisch ist.«

Langsam und schwerfällig stand ich auf. Ich wollte nichts mehr hören. Der Doktor ist eine seltsame und faszinierende Erscheinung; klein, untersetzt und vierschrötig. Obwohl sein Gesicht sehr großflächig ist, scheint darin kein Platz für die einzelnen Teile zu sein; Augenbrauen, Ohrmuscheln, die Augen mit den schweren Tränensäcken, der Mund, die Nase - insbesondere die riesige Knubbelnase - sind übergroß geraten. Und über die wenigen freien Flächen zieht sich eine chronische Akne, die wie der verwitterte Rest eines Wandreliefs an einer alten Tempelmauer wirkt. Jedenfalls hatte ich im Moment genug von ihm, und zwar für den Rest der Reise. Ich nickte ihm kurz zu und ging nach unten.

Da es sowieso Zeit für die Morgeninspektion war und Thunderpeck sich nie beleidigt fühlte, kam er mir schwerfällig nach.

Seine Schritte waren wie das Echo der meinen, während ich das Fallreep zu den Laderäumen im untersten Deck hinunterstieg. Auf jedem Deck blinkten die Kontrolllampen der Überwachungsanlage, und bevor ich weiterging, fragte ich jedes Mal den Robotaufseher ab. Der alte Thunderpeck folgte mir nach wie ein Hund.

»Eigentlich könnten diese Schiffe völlig geräuschlos arbeiten«, sagte er in einem geistesabwesenden Ton, der vermuten ließ, dass er keine Antwort erwartete. »Aber die Konstrukteure dachten, dass sich eine absolute Lautlosigkeit ungünstig auf die Mannschaft auswirken könnte.«

Er bekam keine Antwort.

Wir gingen an den Laderäumen vorbei. Das Klarsignal von Laderaum Nr. 3 war verzögert, was ich mir zur näheren Untersuchung notierte, dann warf ich einen Blick hinein, um mich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war.

Laderaum Nr. 3 war leer. Für mich war ein leerer Laderaum immer etwas Angenehmes. Es tat mir wohl, den großen freien Raum zu sehen, aber auf Thunderpeck hatte es eine völlig andere Wirkung. Er fühlte sich überaus unbehaglich. Ich war von früher her an weite, freie Flächen und Räume gewöhnt. Der Doktor hatte jedoch nur das Leben in der Stadt gekannt, bevor er die einfache Arbeit auf der Trieste Star übernahm, weil er für das hektische Treiben der Stadt zu alt geworden war. Während der langen Zeit, die ich als Zwangsarbeiter auf dem Land verbringen musste, war mir der Begriff des von Menschenhand geschaffenen freien Raums vertraut geworden. Nicht dass ich mich nach jenen vergifteten Feldern zurückgesehnt hätte - nein, so ein Laderaum war es, der mir gefiel, eine Fläche, die leicht zu übersehen, zu beherrschen und ziemlich sauber war, und über die ich Verfügungsgewalt hatte.

Sorgfältig sah ich mich um; einmal hatte ich hier unten die Gestalt getroffen, und beim Gedanken daran schlägt mein Herz immer noch schneller; welches Vergnügen bereitet es doch, das Hämmern des eigenen Herzschlags einfach zu ignorieren, besonders an solchen Tagen, an denen man sich nicht allzu krank fühlt.

»Kommen Sie raus, wenn Sie fertig sind«, sagte Thunderpeck vom Laufsteg her. Er litt unter Platzangst; das ist eine der vielen Krankheiten, die man in den entsetzlich überfüllten Städten bekommen kann. Über Thunderpeck lief das Gerücht um - ich habe seinen Wahrheitsgehalt nie nachgeprüft, weil mir die Geschichte soviel Spaß machte -, dass er einmal, als ihm plötzlich bewusst wurde, dass er mitten in einem leeren Laderaum stand, ohnmächtig umgefallen sei.

Als wir später auf dem Laufsteg weitergingen, sagte ich: »Es ist wirklich eine Schande, Doc, dass all diese Laderäume leer sind und das ganze Schiff veraltet ist.« Das war mein üblicher Kommentar, und er gab seine Standardantwort.

»Nun, das bringt eben der Fortschritt mit sich, Knowle.«

Aber ich schweife ab. Fangen wir noch einmal von vorn an. Welch ein Gefängnis können Worte doch sein! Sie füllen das Innere ganz aus, man lebt in ihnen und außerhalb von ihnen, und sie ziehen sich wie Fesselringe rund um das Universum. Wahrscheinlich wurde die Sprache erfunden, dass sie uns eine Hilfe sei. Ich persönlich kann nur sagen, dass ich mich als Gefangener auf dem Land freier fühle. Die schneidende Kälte des Winters. Das Gewicht des Bettzeugs in jenen dunklen Nächten, wenn man alles, was man besaß, am Körper trug oder über und um sich schichtete. Der Gestank der im fahlblauen Morgengrauen kaum sichtbaren Auspuffgase der Traktoren. Es liegt nicht daran, dass die Worte nicht auf all diese Dinge passen, sondern daran, dass sie eine andere, eigene Wirklichkeit ausdrücken, wenn man sie hinschreibt. Aber wer bin ich schon, dass ich das sagen darf?

Das eine will ich doch sagen: In diesem großartigen und schrecklichen Jahr bin ich in diesem Teil der Welt sicherlich der einzige Mensch, der den Versuch macht, irgendeinen Bericht über irgendetwas zu schreiben.

Jetzt begreife ich, weshalb man Dinge wie zum Beispiel das Schreiben und die Zivilisation - damit meine ich die Kultur und die Grenzen, die sie auferlegt - aufgegeben hat: Sie waren zu schwierig.

Ich heiße Knowle Noland; in jener Zeit, an die ich mich zu erinnern und über die ich zu berichten versuche, war ich jung, ohne Frau, krank und Kapitän, wie man es nannte, des 80 000-Tonnen-Frachters Trieste Star, des schönsten Schiffes der Star-Linie. Und heute - mein jetziges Ich, obwohl ich nicht wissen kann, von wem, wo und wann jemals dieser Bericht gelesen wird - bin ich immer noch Noland, hager und mit alterssteifen Gelenken, aber mit ziemlich klarem Verstand, einer liebevollen Frau an meiner Seite, ohne Nachkommen, stolz und voller Misstrauen - letzteres war ich schon auf der Trieste Star. Aber jetzt gibt es dafür gute Gründe, und ich kenne diese Gründe. Ich habe viel erlebt; mögen mir meine Erfahrungen helfen, diese Geschichte zu berichten.

Also, an dem Tag, an dem der Tote kam, gingen Thunderpeck und ich wie üblich durch das Schiff, und vielleicht sollte ich mir gar nicht die Mühe machen, mich genau an das zu erinnern, was wir sprachen. Unsere Unterhaltungen verliefen immer in denselben Bahnen.

»Das bringt eben der Fortschritt mit sich, Knowle«, sagte er. Er sagte das oft, denn er hasste den Fortschritt, und alles, was er sonst noch verabscheute, schrieb er gleichfalls dem Fortschritt zu. Bevor ich erkannt hatte, wie tief verwurzelt diese seine Abneigung war, hatte ich seine Einstellung für sehr vernünftig gehalten; aber jetzt bin ich so weit, dass ich ihn für einen Narren halte. Ich meine, wenn man den Begriff des Fortschritts analysiert, dann ist er doch nur eigentlich das, was Generationen von Menschen sukzessive getan haben und tun; und wie kann man die Schuld für das, was Menschen tun, auf den Fortschritt abwälzen oder auf die Menschheit, wenn man selbst dazu gehört? Damit will ich aber nicht sagen, dass ich die Gesellschaft des Arztes nicht schätzte.

»Das bringt eben der Fortschritt mit sich, Knowle«, sagte er.

Man muss irgendetwas reden, irgendeine Anstrengung machen, um menschlich zu erscheinen, wenn man sich durch die endlosen Gänge eines riesigen, vollautomatisierten Schiffes durcharbeitet, das zwei Jahre lang ohne Aufladen der...
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Autor

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.