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Graubart

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.07.2020
Viele Wissenschaftler hatten eindringlich davor gewarnt, doch die Militärs glaubten, nicht auf sie verzichten zu können, also wurden Atombombentests im Orbit, außerhalb der Atmosphäre, durchgeführt. Zunächst schienen die Befürchtungen grundlos gewesen zu sein. Doch dann stellte sich heraus, dass keine Kinder mehr geboren wurden. Die Menschheit hatte es fertiggebracht, sich selbst zu sterilisieren. Die Menschen wurden immer älter, die sozialen Strukturen wandelten sich den Erfordernissen entsprechend, die Zivilisation begann zu erlöschen. Nur eines blieb: Das zählebige Gerücht, es würden dann und wann doch noch Kinder geboren. Nur blieben sie unsichtbar ...

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.
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Produkt

KlappentextViele Wissenschaftler hatten eindringlich davor gewarnt, doch die Militärs glaubten, nicht auf sie verzichten zu können, also wurden Atombombentests im Orbit, außerhalb der Atmosphäre, durchgeführt. Zunächst schienen die Befürchtungen grundlos gewesen zu sein. Doch dann stellte sich heraus, dass keine Kinder mehr geboren wurden. Die Menschheit hatte es fertiggebracht, sich selbst zu sterilisieren. Die Menschen wurden immer älter, die sozialen Strukturen wandelten sich den Erfordernissen entsprechend, die Zivilisation begann zu erlöschen. Nur eines blieb: Das zählebige Gerücht, es würden dann und wann doch noch Kinder geboren. Nur blieben sie unsichtbar ...

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641256562
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum13.07.2020
SpracheDeutsch
Dateigrösse965 Kbytes
Artikel-Nr.5229014
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. Kapitel

Der Fluss: Sparcot

 

Ein Gewehr hing an einem Lederband über seine linke Schulter. Schweigend bewegte er sich zwischen Bergahornbäumen hindurch, die so groß waren wie er selbst. Auf dem Weg vor ihm sonnte sich eine Schlange. Der Tag war warm für diese Jahreszeit. Er sah an der Musterung, dass es sich um eine harmlose Grasschlange handelte. Sie verschwand bei seiner Annäherung im Gebüsch. Er hatte sie dort schon einmal gesehen.

Als er zum Fischteich kam, sprang eine Wasserratte mit leisem Platschen ins Wasser. Das geschah jedes Mal.

Graubart arbeitete sich zwischen den Ästen, die über dem Wasser hingen, um das Ufer des Teiches herum vor. Er zertrat Zweige und roch wieder den muffig-süßen Duft ihres Marks, einen Duft, den er seit seiner Kindheit kannte. Er sah in den Teich hinunter. Es gab so reichlich Fische wie immer.

Alles war wie zuvor. Die Jahre liefen durch ihre Zyklen, aber nichts änderte sich.
Er konnte in die Untiefen sehen, wo ein Döbel unter dem Ufer zwischen Unkraut wartete. Oder er konnte die Wasseroberfläche beobachten. Es gab einen reflektierten blauen Himmel, der mit Wolken übersät war. Er stand eine Weile da, wo er war, bevor er sich erinnerte. Dann konnte er sich nicht erinnern, was seine Gedanken gewesen waren.

Nun, murmelte er halb laut, alles wäre unerträglich, wenn sie nicht wäre ... Martha ... und dieser Gedanke war nicht neu.

Er wandte sich ab, wo eine bröckelnde Mauer stand, überwuchert mit Farn. Einst hatte die Mauer die Grenze eines privaten Anwesens markiert. Jetzt gab es keine privaten Grundstücke mehr, die Mauer zeigte die Grenzen des Dorfes Sparcot und die Grenzen von Graubart Patrouille an.
Er schob das Gewehr von seiner Schulter und sah über die Wand. Sein Gefühl der Gefahr wurde durch Wiederholung getrübt. Seit vielen Jahren zweimal in der Woche, bei Regen oder Sonnenschein, hatte er diese bescheidene Grenze patrouilliert, Schneeglöckchen unter dem Schutz der Mauer entdeckt, die Hecken voller glänzender Brombeeren gesehen, die ganze Szene hell und unfruchtbar unter Schnee gefunden ... Irgendwo in der Richtung, in die er spähte, lag Grafton Lock, regiert von der wilden Gipsy Joan; aber ihr Stamm war wenig bedrohlich. Männer des Dorfes sagten von Joan, dass sie keine Unterwäsche trug. Er lächelte bei dem Gedanken vor sich hin. Auch für eine alternde Bevölkerung blieb Sex von beständigem Interesse.

Dann bestand die Möglichkeit einer weiteren Invasion von Wieseln, die das Flussufer heimsuchten, wie es in den letzten Jahren dreimal geschehen war. Aber an diesem friedlichen Tag bewegte sich nichts. Vom Tierleben sah er nur eine wilde Katze, regungslos auf einem toten Baumstumpf.

Er wartete darauf, dass die Katze herabsprang, aber sie bewegte sich nicht. Endlich drehte er sich um. Ein leichter Dunst lag über Sparcot und seinem Weideland. In seine Nasenlöcher stieg der stechende Steinzeitgeruch von Holzrauch. Alles war, wie es immer war. Und wie es immer sein würde.

Er wusste nicht, wie der Wochentag genannt wurde. Eines war jedoch sicher: In zwei Tagen würde er wieder auf Patrouille sein, dieselben Wege beschreiten und dieselben Ausblicke beobachten. Und warten.

Die Tage näherten sich der Zeit, welche die Leute immer noch Weihnachten nannten.

Vier kleine Wiesel schwammen durch den Bach. Sie kletterten aus dem kühlen Wasser und tapsten durch totes Schilf das Ufer hinauf. Ihre Körper waren tief am Boden, ihre Hälse ausgestreckt, die Jungen ahmten ihre Mutter nach. Sie hielten sich in Deckung und schauten hungrig auf Kaninchen, die nur wenige Meter vor ihrer Nase nach Nahrung suchten.

Wo die Kaninchen knabberten, war einst Weizenland gewesen. Die Jahre der Vernachlässigung nutzend, war Unkraut aufgekommen, hatte die Oberhand gewonnen und das Getreide erstickt. Später hatte sich ein Feuer übers Land gewälzt und die Disteln und riesigen Gräser niedergebrannt. Kaninchen, die niedrige Flora bevorzugen, hatten sich eingenistet und die frischen grünen Triebe, die durch die Asche sprossen, benagt. Die Triebe, die das Jäten überlebten, hatten reichlich Platz zum Wachsen vorgefunden und waren inzwischen zu stattlichen Schösslingen gediehen. Infolgedessen hatte sich die Zahl der Kaninchen verringert, da Kaninchen offenes Gelände mögen; folglich hatte das Gras wieder die Möglichkeit, sich auszubreiten. Nun wurde es seinerseits dünn gehalten unter den ständig schwellenden Birken. Die wenigen Kaninchen, die hier herumhoppelten, hatten schmächtige Flanken.

Und sie waren wachsam. Eins von ihnen sah die runden, glänzenden Augen, die aus den Binsen lugten. Es hüpfte in Deckung, und die anderen taten es ihm gleich. Sofort preschten die erwachsenen Wiesel los und huschten als braune Streifen über die offene Stelle. Die Kaninchen flitzten in ihre Baue. Ohne innezuhalten, folgten die Wiesel hinterher. Sie kamen überallhin. Die Welt - dieser winzige Flecken Erde - gehörte ihnen. In kürzester Zeit waren ihre Schnauzen blutig und sie schlemmten.

Nicht viele Meilen davon entfernt war unter demselben flockigen Winterhimmel und an den Ufern desselben Flusses die Wildnis eingedämmt. Im dichten Grün war nach wie vor ein Muster zu erkennen; es war ein überholtes Muster, sodass es Jahr für Jahr mehr verblasste. Große Bäume, an denen hie und da noch ein rot gefärbtes Blatt hing, markierten die Position alter Hecken. Sie umschlossen wuchernde Vegetation, die einstigen Äcker. Brombeeren sprossen, die sich wie rostiger Stacheldraht einen Weg zur Mitte der Felder bahnten, Holunder und dornige Heckenrosen sowie stämmige Baumschösslinge. Entlang des Rands der Lichtung dienten diese widerspenstigen Hecken als Bollwerk gegen weiteres Wachstum, das sich in einem weiten, krummen Bogen dahinzog und somit ein Gebiet von einigen Hundert Morgen abschirmte, dessen längere Seite sich an den Fluss lehnte.

Dieses plumpe Bollwerk wurde patrouilliert von einem alten Mann in einem derben Hemd mit orangefarbenen, grünen, roten und gelben Streifen. Das Hemd war so ziemlich der einzige bunte Tupfer in der völlig öden Landschaft; es war aus dem Segeltuch eines Liegestuhls gemacht.

In Abständen wurde der lebendige Zaun von Trampelpfaden ins Unterholz durchbrochen. Die Pfade waren kurz und endeten an primitiven Aborten, Löchern im Boden, die mit Planen oder Brettern abgedeckt waren. Das waren die Sanitäranlagen des Dorfes Sparcot.

Das eigentliche Dorf lag am Fluss in der Mitte der Lichtung. Es war in H-Form gebaut, beziehungsweise es hatte diese Form im Laufe der Jahrhunderte angenommen, wobei der Querbalken zu einer steinernen Brücke führte, die sich über den Fluss spannte. Die Brücke spannte sich nach wie vor über den Fluss, hin zu einer ruinösen Straße, die immer noch als Oxford Road oder Oxfroad bekannt ist, und zu einem Dickicht, in dem die Dorfbewohner Brennholz sammelten oder sich in der Gymnastik der antiken Leidenschaft versuchten.

Von den beiden längeren Straßen war die dem Fluss am nächsten gelegene nur für die Bedürfnisse innerorts bestimmt gewesen. Das war nach wie vor der Fall; ein Ende davon führte zu einer alten Wassermühle, wo Big Jim Mole, der Boss von Sparcot, lebte. Die andere Straße war früher eine Landstraße gewesen. Wo die Häuser endeten, führte sie schließlich beidseitig in die eingepfählte Pflanzenwildnis; dort wurde sie wie eine Schlange im Krokodilschlund niedergerungen und von der Last des Unterholzes verschlungen.

Alle Häuser von Sparcot zeigten Spuren des Verfalls. Manche waren zerstört, andere unbewohnte Ruinen. Hundertzwölf Seelen lebten hier. Davon war niemand in Sparcot geboren.

An einer Straßengabelung stand ein Steinhaus, das einst als Postamt gedient hatte. Die oberen Fenster gewährten sowohl Blick auf die Brücke in der einen als auch Blick auf den bestellten Boden, hinter dem sich die Wildnis anschloss, in der anderen Richtung. Jetzt diente es als Wachstube des Dorfes, und da Jim Mole auf ständiger Wache bestand, war es nun besetzt.

Drei Personen hielten sich in dem alten, kahlen Zimmer auf. Eine Greisin, weit über achtzig, saß an einem Holzherd und summte mit dem Kopf nickend vor sich hin. Die Hände hielt sie zum Herd, auf dem sie in einem Blechtiegel Eintopf aufwärmte. Wie die anderen war sie dick eingehüllt gegen die winterliche Kälte, gegen die der Ofen nicht viel auszurichten vermochte.

Von den beiden anwesenden Männern sah der eine steinalt aus, obwohl seine Augen strahlten. Er lag auf einer Strohmatratze am Boden, blickte rastlos um sich und starrte zur Decke, als wollte er die Risse dort enträtseln, oder stierte auf die Wände, als wollte er das Muster der Stockflecken dort deuten. Sein Gesicht, durch die Bartstoppeln spitz wie ein Wieselgesicht, wirkte gereizt, weil das Gesumme der alten Frau ihm auf die Nerven ging.

Nur der dritte Anwesende in der Wachstube war richtig aufmerksam. Er war ein stattlicher Mann, Mitte fünfzig und ohne Wanst, dennoch nicht so spindeldürr wie seine Gefährten. Er saß auf einem knarrenden Stuhl beim Fenster mit einem Gewehr neben sich. Obwohl er ein Buch las, sah er häufig auf und richtete den Blick zum Fenster. Dabei sah er den patrouillierenden Mann in dem bunten Hemd, der sich über die Wiesen näherte.

»Sam kommt«, sagte er.

Damit legte er das Buch weg. Sein Name war Algy Timberlane. Er hatte einen dichten Krausbart, der ihm bis zum Nabel reichte, wo er glatt abgeschnitten war. Wegen seines Bartes hieß er Graubart, obwohl er in einer Welt von Graubärten lebte. Aber sein hoher, fast kahler Schädel brachte den Bart zur Geltung, der allemal durch sein Streifenmuster schwarzer Zotten, die dicht am Kinn sprossen und sich weiter unten verloren, besonders auffiel in einer...
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Autor

Brian Wilson Aldiss, OBE, wurde am 18. August 1925 in East Dereham, England, geboren. Nach seiner Ausbildung leistete er ab 1943 seinen Wehrdienst in Indien und Burma, und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb er bis 1947 auf Sumatra, ehe er nach England zurückkehrte, wo er zunächst als Buchhändler arbeitete. Dort begann er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten, anfangs noch unter Pseudonym. Seinen Durchbruch hatte er mit »Fahrt ohne Ende«, einem Roman über ein Generationenraumschiff. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Der lange Nachmittag der Erde«, für das er 1962 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, und die »Helliconia«-Saga, mit der er den BSFA, den John W. Campbell Memorial Award und den Kurd Laßwitz Preis gewann. Brian Aldiss starb am 19. August 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford.