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Trollingertod

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
240 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am23.07.2020
Frech, ironisch, spannend: der etwas andere Blick auf die Schwabenmetropole Eigentlich sollte die Verkostung auf dem beliebten Weindorf der entspannte Abschluss von Bea Pelzers Führung durch die Stuttgarter Steillagen sein - doch dann kommt einer der Teilnehmer ums Leben. Kommissar Gabriel nimmt die Ermittlungen auf und hat bald eine Hauptverdächtige: Stadtführerin Bea. Auf der Suche nach dem wahren Täter gerät Bea in einen Teufelskreis aus Intrigen, in dem eine zerstrittene Winzerfamilie, ein Weinberg in Panoramalage und ihr arroganter Agenturchef die Hauptrollen spielen.

Die geborene Badenerin Martina Fiess genießt seit über 20 Jahren das herzliche 'schwäbische Exil' in Stuttgart - und machte die Landeshauptstadt als Dank zu ihrem bevorzugten Tatort. Als Journalistin stöberte sie Leichen im Keller anderer Leute auf, trennte als Sachbuchlektorin Fiktion von Fakten und manipulierte als Werbetexterin den schönen Schein. Als sie diese drei Talente bündelte, fand sie ihren neuen Traumberuf: Krimiautorin.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextFrech, ironisch, spannend: der etwas andere Blick auf die Schwabenmetropole Eigentlich sollte die Verkostung auf dem beliebten Weindorf der entspannte Abschluss von Bea Pelzers Führung durch die Stuttgarter Steillagen sein - doch dann kommt einer der Teilnehmer ums Leben. Kommissar Gabriel nimmt die Ermittlungen auf und hat bald eine Hauptverdächtige: Stadtführerin Bea. Auf der Suche nach dem wahren Täter gerät Bea in einen Teufelskreis aus Intrigen, in dem eine zerstrittene Winzerfamilie, ein Weinberg in Panoramalage und ihr arroganter Agenturchef die Hauptrollen spielen.

Die geborene Badenerin Martina Fiess genießt seit über 20 Jahren das herzliche 'schwäbische Exil' in Stuttgart - und machte die Landeshauptstadt als Dank zu ihrem bevorzugten Tatort. Als Journalistin stöberte sie Leichen im Keller anderer Leute auf, trennte als Sachbuchlektorin Fiktion von Fakten und manipulierte als Werbetexterin den schönen Schein. Als sie diese drei Talente bündelte, fand sie ihren neuen Traumberuf: Krimiautorin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960416807
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum23.07.2020
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3945 Kbytes
Artikel-Nr.5266199
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Dienstag

Eine schwüle Hitze hing über der Landeshauptstadt. Obwohl die meisten Stuttgarter entweder im Urlaub oder im Feierabendmodus waren, dröhnten die Straßenverteilungskämpfe der Autofahrer auf der Reinsburgstraße und vor dem Schwabtunnel bis zum dritten Stock hinauf und fluteten durch die gekippten Fenster in unsere Wohnung. Empörtes Hupen, Gasgeben und Reifenquietschen wechselten sich ab, zwischendurch brüllte jemand schwäbische Schimpfwörter über die Straße.

Frisch geduscht und in eine Vanilleduftwolke gehüllt, trat ich aus dem Bad und lief über den Flur unserer Wohngemeinschaft zur Küche, wo meine Freundin und Mitbewohnerin Jeannette auf mich wartete. Glücklicherweise lag die Wohnküche auf der Hofseite zur Karlshöhe hin und war so etwas wie eine Oase im Großstadtlärm. Nach den stressigen und gefühlt meist ziemlich sinnlosen Arbeitstagen in der Werbeagentur »Hohlbergs Reich« war sie unser bevorzugter Treffpunkt.

In der Küche empfing mich würziger Käseduft aus dem Backofen und der beerige Geruch von Rotwein. Auf dem zerkratzten Kiefernholztisch reihten sich drei Flaschen, die Jeannette und ich an diesem Abend verkosten wollten. Sie waren bereits geöffnet, damit der Wein atmen konnte. Heute widmeten wir uns einer relativ jungen Rebsorte namens Acolon. Unsere Branche erfand ständig neue Wörter und Markennamen, dennoch gehörte das Wort Acolon bisher nicht zu unserem Wortschatz. Das hatte weniger mit der Qualität dieser Rebsorte zu tun als mit unserer Ignoranz gegenüber edlen Tropfen aus den zentrumsnahen Weinbergen, die zu Stuttgarts Stadtbild gehörten wie der Stern auf dem Bahnhofsturm.

Ausgelaugt von einem langen Tag voller Kommunikations-GAUs und Streitereien zwischen feinnervigen Kreativen und geldaffinen Kaufleuten, sank ich auf meinen Stuhl. Herzhaft gähnend wickelte ich den Bademantel um meine nackten Beine und streckte sie unter dem Tisch aus. Jeannette saß auf der Eckbank, die langen braunen Haare zu einem losen Zopf geflochten. In einer seltsamen Mischung aus konzentriert und abwesend schaute sie vor sich ins Leere und blies abwechselnd die Wangen auf. Noch vor ein paar Wochen hätte ich das für eine Grimasse gehalten. Inzwischen wusste ich, dass es sich bei diesem unästhetischen Backenausbeulen um eine wichtige Technik professioneller Weinverkostung handelte, die dazu diente, den gesamten Mundraum zu benetzen.

Jeannette schluckte hörbar. »Na endlich, Bea. Hab schon befürchtet, du wärst durch den Abfluss gerutscht. Ich war am Verdursten und hab ohne dich angefangen.« Sie ließ den dunklen Rotwein in ihrem Glas kreisen und hielt ihn vor die Flamme der Stumpenkerze in der Tischmitte, um die Farbe zu begutachten. »Weil wir unseren hart verdienten Feierabend mal wieder der beruflichen Fortbildung opfern«, fuhr sie mit einem Hauch von Märtyrertum in der Stimme fort, »habe ich mit der teuersten Flasche begonnen. Barriqueausbau und mehrfach prämiert. Soll nach Brombeere schmecken, Vanille und nach dezenten Holz- und Röstaromen.« Ihrem ratlosen Gesichtsausdruck nach zu schließen, war sie diesen Geschmacksnoten noch nicht auf die Spur gekommen. Wenig verwunderlich, schließlich war sie genau wie ich eine blutige Anfängerin in Sachen Wein.

Ich schob das leere Glas an meinem Platz über den Tisch. Jeannette schenkte mir eine großzügige Portion aus der linken Flasche ein, die sich optisch von den beiden anderen unterschied. Statt des handelsüblichen Etiketts zog sich der Name Acolon in goldfarbener schwungvoller Schreibschrift fast über die gesamte Höhe der Flasche.

»Das Design wirkt hochwertig. Bin gespannt, ob der Wein auch so schmeckt.«

Gewissenhaft befolgte ich die drei wichtigsten Schritte beim Verkosten. Zunächst begutachtete ich die Farbe des Acolons. Eindeutig Rot, das war klar. Ein dunkles Rot. Sogar ziemlich dunkles Rot, stellte ich fest. Fast wie Rote Bete oder überreife Sauerkirschen. Als ich am Glas schnupperte, roch ich â¦ Rotwein. Meine Geruchssensorik steckte noch in den Kinderschuhen.

Ich nahm einen Schluck und rollte den Wein über die Zunge hin und her, wie ich es im Video eines Weinexperten auf YouTube gesehen hatte. Auch nach dem zweiten Schluck schmeckte ich weder Brombeere noch Holz. Stattdessen nahm ich etwas Weiches, Aromatisches wahr, das mich an Nachtisch erinnerte. Und zwar an den klumpigen gestürzten Pudding, den meine Mutter nach dem sonntäglichen Familienessen mit Vorliebe aufgetischt hatte. Diese Erinnerung war unangenehm, aber sie half mir bei der Identifizierung der Geschmacksnuancen. Endlich ein Erfolgserlebnis auf dem noch langen Weg zur Weinkennerin.

»Ich schmecke tatsächlich Vanille heraus. Du auch?«

»Vanille?« Jeannette ließ die Nasenflügel über dem Weinglas flattern und schnupperte. »Nö. Wenn du mich fragst, stammt das Vanillearoma von meinem Duschgel, an dem du dich bedient hast. Was ich herausschmecke, ist rote Grütze. Damit liege ich richtig. Laut Weinführer zeichnet sich dieser Acolon durch sein Beerenaroma aus.« Ihr Zeigefinger tippte auf einen der Weinratgeber, die sich auf dem Küchentisch stapelten, seit unser eigenwilliger Agenturchef seine Leidenschaft für Wein entdeckt hatte.

Jeannette und ich verdienten unsere Mohnbrötchen in der Werbeagentur Hohlbergs Reich in der Neuen Weinsteige. Unser Chef hieß André Hohlberg. Sein Name sagte viel über seine Führungsqualitäten aus. Diese zwischenmenschlichen Defizite glich er mit unternehmerischer Hyperaktivität aus. Alle paar Monate trieb er eine neue Sau durchs Dorf. War es kürzlich eine agentureigene Trachtenkollektion für den Cannstatter Wasen gewesen, hatte er sich nun auf Wein kapriziert. Genauer gesagt seit seinem Urlaub auf einem Weingut in Südfrankreich, bei dem ihn der Besitzer in die Geheimnisse großer Gewächse eingeweiht hatte.

In der aktuell flauen Wirtschaftslage wurde es zunehmend schwieriger für eine Werbeagentur, lukrative Kunden mit entsprechenden Etats an Land zu ziehen. Um den Umsatz zu sichern, hatte sich André neben den klassischen Geschäftsfeldern einer Werbeagentur ein zweites Standbein im boomenden Eventbereich aufgebaut. Für zahlungskräftige Kunden bot er exklusive Erlebnisführungen zu den architektonischen und kulturellen Highlights der Landeshauptstadt und ihres Speckgürtels an. Diese Führungen waren sehr erfolgreich, was auch an den Verkostungen lag, die ihren krönenden Abschluss bildeten.

Natürlich führte André die Teilnehmer nicht selbst durch die Landschaft, es sei denn, ein Marketingchef oder ein Geschäftsführer war dabei, dem er seine Agentur als neuen Werbepartner aufschwätzen konnte. Davon abgesehen waren diese Führungen mein Job. Um die Teilnehmer angemessen zu bespaßen, musste ich mich mit historischen Kostümen aus dem Fundus der Staatsoper als weibliche VIP unseres Landes verkleiden. Wie Königin Katharina von Württemberg oder Franziska von Hohenheim. Bei den Führungen sonderte ich Unterhaltsames und eher wenig Tiefsinniges über die Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke ab.

Seit Andrés bewusstseinserweiterndem Aufenthalt auf dem französischen Weingut hatte er ein neues Steckenpferd: Genussführungen durch bekannte Weinlagen in und um Stuttgart, zu weintouristischen Sehenswürdigkeiten wie alten Keltern oder Weinmuseen und zu ausgesuchten Weingütern, bei denen allgemeines Backenaufblasen angesagt war.

Deshalb verbrachten Jeannette und ich unsere Feierabende mit Alkohol. Wir tranken uns durch die Württemberger Rebsorten und polierten unser Wissen über Wein auf. Genau genommen handelte es sich also um Arbeitszeit, wenn auch unbezahlte.

Meine Führung morgen würde in den berühmten und zigmillionenfach fotografierten Weinbergen auf den Hängen im Norden über dem Hauptbahnhof beginnen. Diese Weinberge hatten es als Bestandteil von Stuttgarts früherem Slogan »Großstadt zwischen Wald und Reben« zu einiger Berühmtheit gebracht. Wahrscheinlich auch deshalb, weil die ironische Slogan-Variante »Großstadt zwischen Hängen und Würgen« mindestens genauso bekannt war und bis heute das Stuttgart-Bild bei manchen Zeitgenossen aus anderen Regionen Deutschlands bestimmte.

Nach einer kleinen Runde über den Schillerplatz würde ich die Gruppe auf das malerische Weindorf in die Laube unseres neuesten Agenturkunden führen, des Weinguts Kepler. Umrahmt von reichlich weinseligem Design, gab es dort hauseigene Weine zu verkosten, darunter Trollinger und Acolon. Dazu bekamen die Teilnehmer Käsegebäck und eine Kostprobe Weingelee serviert. Dieses Gelee gehörte zu einer Reihe von Produkten, die André gemeinsam mit dem Weingut entwickelt hatte und im laubeneigenen Shop verkaufte. Schließlich sollte sich der Abend finanziell auch für das Weingut lohnen. Win-win-Situation nannte sich das im Werbersprech. Was so viel bedeutete wie: Die Kasse sollte bei allen ordentlich klingeln.

Jeannette leerte ihr Glas, ohne weiter auf die sensorischen Feinheiten des teuren Acolons zu achten. »Hast du die Anekdoten und Weisheiten für deine Führung fertig?« Sie goss sich reichlich nach.

»Die habe ich für die Nachtschicht eingeplant. Sofern ich noch einigermaßen klar in der Birne bin.«

Jeannette zog die Mundwinkel hoch und prostete mir beschwingt zu. »Du, Bea, das ist kein Problem«, beruhigte sie mich, begleitet vom disharmonischen Klang unserer billigen Kelche aus einem schwedischen Möbelhaus. »Als selbstlose Freundin opfere ich mich gern. Mit dem Rest der drei Flaschen werde ich allein fertig.«

Vor lauter geistigem Dauerlauf in der Agentur hatte ich tagsüber nur eine Packung Nüsse geknabbert. Bereits nach dem ersten Glas stieg mir der gehaltvolle Rotwein zu Kopf. »Der haut ordentlich rein«, stellte ich in wenig weinkennerischem Straßenslang fest und deutete auf die halb...
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Die geborene Badenerin Martina Fiess genießt seit über 20 Jahren das herzliche "schwäbische Exil" in Stuttgart - und machte die Landeshauptstadt als Dank zu ihrem bevorzugten Tatort. Als Journalistin stöberte sie Leichen im Keller anderer Leute auf, trennte als Sachbuchlektorin Fiktion von Fakten und manipulierte als Werbetexterin den schönen Schein. Als sie diese drei Talente bündelte, fand sie ihren neuen Traumberuf: Krimiautorin.