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Samtschwarz

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
272 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am12.03.2020
Ein packender Kriminalroman im romantischen Heidelberg - klug, charmant und erfrischend anders. Gleich bei der ersten Begegnung in ihrer Heidelberger Pension fühlt sich Mila Böckle zu dem attraktiven Fremden hingezogen - wenig später verschwindet er unter mysteriösen Umständen. Mila bittet Hauptkommissarin Maria Mooser um Hilfe. Die Suche führt das ungleiche Duo nach Handschuhsheim, einst Zentrum der europäischen Füllerproduktion, wo ein kostbarer Füller aufgetaucht sein soll. Über Feder und Tinte geraten Mila und Maria in den Kampf einer radikalisierten Gruppe, aus dem es nur eine Chance gibt, lebend herauszukommen: gemeinsam.

Marlene Bach wurde 1961 in Rheydt geboren und wuchs nahe der holländischen Grenze auf. 1997 zog die promovierte Psychologin nach Heidelberg, wo sie seit 2006 als Schriftstellerin tätig ist. Neben Kriminalromanen schreibt sie Kurzgeschichten, mit denen sie unter anderem den Walter-Kempowski-Literaturpreis (2011) gewann. www.marlene-bach.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,49

Produkt

KlappentextEin packender Kriminalroman im romantischen Heidelberg - klug, charmant und erfrischend anders. Gleich bei der ersten Begegnung in ihrer Heidelberger Pension fühlt sich Mila Böckle zu dem attraktiven Fremden hingezogen - wenig später verschwindet er unter mysteriösen Umständen. Mila bittet Hauptkommissarin Maria Mooser um Hilfe. Die Suche führt das ungleiche Duo nach Handschuhsheim, einst Zentrum der europäischen Füllerproduktion, wo ein kostbarer Füller aufgetaucht sein soll. Über Feder und Tinte geraten Mila und Maria in den Kampf einer radikalisierten Gruppe, aus dem es nur eine Chance gibt, lebend herauszukommen: gemeinsam.

Marlene Bach wurde 1961 in Rheydt geboren und wuchs nahe der holländischen Grenze auf. 1997 zog die promovierte Psychologin nach Heidelberg, wo sie seit 2006 als Schriftstellerin tätig ist. Neben Kriminalromanen schreibt sie Kurzgeschichten, mit denen sie unter anderem den Walter-Kempowski-Literaturpreis (2011) gewann. www.marlene-bach.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960416166
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum12.03.2020
Reihen-Nr.7
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3533 Kbytes
Artikel-Nr.5319674
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

Heidelberg, Altstadt

Am Himmel war keine einzige Wolke zu sehen. Dafür schwebte ein großer schwarzer Vogel über mich hinweg. Flo hätte gesagt, dass es ein böses Omen ist. Als ihre Zwillingsschwester Alma starb, hatten die Krähen den ganzen Tag im Baum vor dem Haus gesessen. Flo hasste Krähen. Mir waren sie egal, erst recht an einem so schönen Tag, an dem der Himmel blau war, wie er nur blau sein konnte.

Ich hatte den Liegestuhl auf die Dachterrasse geschafft, ihn mit einigen Mühen aufgeklappt und mich häuslich eingerichtet: Eine Karaffe mit Wasser, ein paar Kekse, ein Glas und die Flasche mit der verheißungsvoll grünlich schimmernden Flüssigkeit standen auf der umgekippten Holzkiste, die mir als Tisch diente. Margeriten und Geranien reihten sich längs der Brüstung auf dem Boden, sehr zur Freude einer dicken Hummel, die über den Blüten torkelte, als wäre sie gerade erst aus dem Winterschlaf erwacht. Hugo hatte ganze Arbeit geleistet und unsere Dachterrasse in eine Art botanischen Garten verwandelt.

Ich nahm die Gießkanne und gab den Blumen einen Schluck Wasser, dann ließ ich mich im Liegestuhl nieder. Jetzt musste ich nur noch den Arm ausstrecken, um mich an meiner kleinen Bar zu bedienen. Mata Hari und ich, wir würden uns einen schönen Nachmittag machen.

Das Gemurmel der Stadt drang herauf, leise, wie Musik im Hintergrund. Ich wusste genau, was da unten los war. Auf dem Marktplatz schlenderten die Menschen mit suchendem Blick umher, weil sie hofften, einen freien Platz in einem der Cafés zu ergattern. Reisegruppen folgten in die Höhe gereckten Regenschirmen, um die Heiliggeistkirche zu fluten, und vor den Eisdielen in der Fußgängerzone wartete man in langen Schlangen auf Joghurt-Kirsch und Malaga. Es war Frühling in Heidelberg, und durch die Altstadt schwappten Wogen von Touristen und sonnenhungrigen Einheimischen. Gab es da einen besseren Platz, um die wärmenden Sonnenstrahlen zu genießen, als eine Dachterrasse ganz für mich allein? Vierzehn Tage Urlaub. Vierzehn Tage ohne Gäste, die mehr Kaffee wollten, denen die Butter zu hart oder die Matratze zu weich war. So lange ließen wir die Pension geschlossen. Ein letztes Atemholen vor den Pfingstferien und der nächsten Welle von Urlaubern, die dann über uns hereinbrechen würde.

Hugo war vom Einkaufen zurück und kletterte aus der Luke, die Tageszeitung und einige Illustrierte in der Hand. Natürlich hatte er sofort die Absinthflasche entdeckt.

»Du weißt ja, dass sie eine Nackttänzerin war und als Spionin verurteilt wurde? Man hat sie hingerichtet und ihren Kopf im Pariser Anatomiemuseum ausgestellt. Ich wäre vorsichtig mit dem Zeug.«

Mata Hari war in der Tat ein vielversprechender Name für einen Absinth. Ein Gläschen zu viel und man tanzte sich nur mit einem Feigenblatt bekleidet ins Unglück?

»Danke.« Ich nahm ihm die Zeitungen ab. »Den habe ich von einem Gast geschenkt bekommen. Es wäre unhöflich, ihn nicht zu probieren.«

Hugo schob die runde Brille ein wenig hoch und blinzelte in die Sonne. Seine Haut war so blass und durchscheinend, dass ein Grottenolm dagegen wahrscheinlich frisch und rosig aussah.

»Ich muss dann bald los«, sagte er.

»Hast du gehört, dass ein Schwarm von über hundert Haien Teneriffa umkreist? Gestern haben sie einer Touristin einen Zeh abgebissen. Kam eben im Radio.«

Hugo schien das wenig zu beeindrucken. »Gib s auf, Mila. Ich werde nur zwei Wochen auf Teneriffa bleiben, keine zwei Jahre. Das schaffst du schon.«

»Wahrscheinlich werden schreckliche Dinge passieren, wenn du nicht da bist.« Ich schüttete mir etwas Mata Hari ins Glas und füllte es mit Wasser auf. »Vielleicht verkaufe ich auch alle Möbel und setze mich mit dem Erlös nach Neuseeland ab.«

Auswandern nach Neuseeland, das war ein alter Traum von mir. Doch meine Tante Flo hatte es geschafft, mich von meiner norddeutschen Heimat Ülske in die Pension ihrer Freundin Rosel nach Heidelberg zu lotsen, damit ich dort aushalf. Inzwischen lebte Rosel auf Teneriffa, hatte ihre Pension kurzerhand ihrem Neffen Hugo überschrieben, und Hugo und ich kümmerten uns um die Gäste. Mein Neuseelandtraum war in weite Ferne gerückt. Aber mit Anfang dreißig konnte man sich da noch ein bisschen Zeit lassen.

»Ich habe Perkeo wieder aufgehängt«, sagte Hugo. »Damit du dich nicht so allein fühlst.«

»Danke, Schätzchen, wirklich sehr rücksichtsvoll.«

Das Bild von Perkeo, dem Heidelberger Hofnarren, war ein Überbleibsel aus Rosels Zeit, die die Pension mit Bildern von Heidelberger Berühmtheiten ausgestattet hatte. Vor einer Weile hatten wir einige der Zimmer gestrichen und dabei gleich die teils streng dreinblickenden Herrschaften wie den Kurfürsten Karl Theodor und Liselotte von der Pfalz gegen blaue Pferde und schwebende Liebespaare von Chagall ausgetauscht. Nur auf Perkeo hatte Hugo nicht verzichten wollen. Aber mit einem zweidimensionalen Hofnarren konnte man leider nicht reden, und er würde mir morgens keinen Kaffee kochen. Ich war nicht gern allein, und auch nach über einem halben Jahr in Heidelberg kannte ich hier bislang kaum jemanden. Manchmal vermisste ich meine alte Heimat Ülske, meine Freunde, die Weite einer Landschaft und krumme Weidenbäume an Bachläufen.

»Flo hat noch angerufen«, sagte ich. »Du sollst Rosel schöne Grüße von ihr bestellen.«

»Danke, mache ich. War George Clooney wieder zum Essen da?«

»Nein, heute nicht, aber angeblich hat Audrey Hepburn ihr die Haare gemacht. Ich nehme an, das war Julia vom Friseurladen, die sich was dazuverdient.«

»Meinst du nicht, deine Tante bräuchte doch professionelle Hilfe? Vielleicht gibt es Medikamente für so etwas.«

»Warum denn? Wenn der alte Reschke vorbeikommt und vorher Gülle gefahren hat, würdest du dir auch wünschen, Clooney säße am Tisch. Der riecht bestimmt nur nach Rasierwasser und Espresso.«

Flo hatte nach dem Tod ihrer Zwillingsschwester Alma die Realität etwas aus den Augen verloren. Aber ich fand, mit über siebzig durfte man ein bisschen seltsam werden, wenn das Leben dadurch leichter wurde, und schließlich schadete sie niemandem.

Zögerlich blieb Hugo vor dem Liegestuhl stehen.

»Mila, ich muss mit dir noch über etwas reden.«

Seit Tagen schlich Hugo um mich herum, fuhr sich nervös durch die Haare, um dann wieder wortlos zu verschwinden. Als wäre er ein Huhn, das ein Ei legen wollte und nicht konnte. Mir war klar, dass Hugo nach einer Gelegenheit suchte, mir etwas mitzuteilen. Ich befürchtete, es ging darum, dass Hugo mich mochte. Ein bisschen zu sehr mochte. Oder zumindest auf andere Weise als ich ihn. Besser, das Ei wurde gar nicht gelegt. Das gab nur Komplikationen. Wir waren ein gutes Team, und so sollte es bleiben.

Er sah von oben auf mich herab, mit einem Blick, wie die Madonna auf das Kind, liebevoll, gütig - und mir irgendwie unangenehm.

»Mila«, begann Hugo, »ich â¦ ich habe dir etwas verschwiegen.«

»Den Absinth solltest du unbedingt probieren.« So schnell war ich noch nie aus diesem Liegestuhl gekommen. »Ich gehe dir ein Glas holen.«

Aber es nutzte nichts.

»Mila, bitte! Bleib hier und hör mir zu!«

Ich lehnte mich an die Brüstung, dort, wo die Gießkanne stand.

»Mila, ich â¦«, begann er, »â¦ also, ich wollte dir schon lange etwas sagen. Ich â¦«

Hatte ich es doch geahnt. Wenn das mal keine Liebeserklärung wurde. Was dann kam, war sozusagen Notwehr. Mein eigenwilliger Ellbogen stieß gegen das grüne Plastik. Die Gießkanne ließ sich nicht lange bitten und kippte von der Mauer.

»Oh, mein Gott!« Scheinbar entsetzt schaute ich der Kanne hinterher. Zum Glück ging unten niemand entlang. »So etwas Dummes!«

Hugo stürzte an die Mauer. Man konnte bis hier oben hören, wie die Gießkanne unten in der Gasse aufschlug und über das Kopfsteinpflaster polterte. Zwischen Hugos Brauen war eine tiefe Furche aufgetaucht.

»Verdammt, Mila! Ich habe dir schon tausendmal gesagt, du sollst nichts auf die Brüstung stellen!« Hugos Stimme war laut geworden. Jetzt bekam er auch endlich eine etwas frischere Farbe. »Das gibt noch einmal ein Unglück! Willst du da unten jemanden erschlagen? Wenn hier irgendetwas passiert und die Polizei kommt ins Haus, können wir gleich dichtmachen!«

Da war es wieder, das übliche Thema, Hugos größte Angst: Die Polizei könnte uns den Garaus machen. In der Tat hätte sie in der Pension einiges zu bemängeln. Aber die Kanne war so gut wie leer gewesen. Das hätte eine Beule gegeben, aber keinen Toten. Wer würde da schon die Polizei rufen.

»Tut mir leid«, murmelte ich. »Ich gehe runter und hole sie.«

»Nein, lass nur.« Hugo stützte die Hände auf die schmalen Hüften. »Ich muss sowieso jetzt los.« In seiner Stimme schwang Enttäuschung. Ich wusste es und er auch: Der richtige Moment für Geständnisse war verflogen. »Was ich dir sagen wollte, kann warten, bis ich wieder von Teneriffa zurück bin. Mach s gut. Ich melde mich.«

Das war alles. Keine Umarmung, nichts. Mit finsterem Gesicht kletterte Hugo durch die Luke zurück ins Haus.

»Es tut mir leid!«, rief ich ihm hinterher. »Grüß Rosel von mir. Und pass auf deine Zehen auf, wenn du schwimmen gehst! Und komm gesund zurück!«

Ich ließ mich wieder in dem klapprigen Holzgestell nieder. Ich hätte Hugo einen schöneren Start in seinen Urlaub gewünscht. Irgendwann würden wir um dieses Gespräch nicht mehr herumkommen. Aber dieser Tag war zu schön, um Hugo das Herz zu brechen. Vielleicht sollte ich ihn nicht so oft Schätzchen nennen. Meine Tante nannte mich Schätzchen, da war eigentlich nichts dabei, aber für Hugo war es möglicherweise doch die falsche...
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Autor

Marlene Bach wurde 1961 in Rheydt geboren und wuchs nahe der holländischen Grenze auf. 1997 zog die promovierte Psychologin nach Heidelberg, wo sie seit 2006 als Schriftstellerin tätig ist. Neben Kriminalromanen schreibt sie Kurzgeschichten, mit denen sie unter anderem den Walter-Kempowski-Literaturpreis (2011) gewann.

marlene-bach.de