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Fanny Mendelssohns unerhörtes Gespür für Musik

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
250 Seiten
Deutsch
Insel Verlag GmbHerschienen am18.04.2021Deutsche Erstausgabe
Die Geschwister Fanny und Felix Mendelssohn wachsen im Preußen des neunzehnten Jahrhunderts in einer jüdischen Familie auf. Sie sind musikalische Wunderkinder und einander tief verbunden.
Doch als Fanny vierzehn Jahre alt wird, muss sie den für sie vorbestimmten Weg einschlagen: Sie soll sich auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter vorbereiten, während ihr Bruder weiter Musik machen darf.
Er wird zum berühmtesten Komponisten Europas, Fanny spielt nur noch im Privaten. Felix bleibt ihr stärkster Verbündeter, und so komponiert Fanny über 500 Musikstücke - und kämpft für die Anerkennung als gleichwertige Musikerin.

Fanny Mendelssohns unerhörtes Gespür für Musik ist die faszinierende Geschichte einer Frau, die für ihre Leidenschaft kämpft und versucht, die Grenzen, in denen sie als Frau und Jüdin lebt, zu überwinden.



Ellinor Skagegård, geboren 1984 in Uppsala, ist eine schwedische Kulturjournalistin und schreibt unter anderem für Svenska Dagbladet. Sie ist Musikerin und Songwriterin der Folk-Band Dragon Dolls. Fanny Mendelssohns unerhörtes Gespür für Musik ist ihr erstes Buch.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextDie Geschwister Fanny und Felix Mendelssohn wachsen im Preußen des neunzehnten Jahrhunderts in einer jüdischen Familie auf. Sie sind musikalische Wunderkinder und einander tief verbunden.
Doch als Fanny vierzehn Jahre alt wird, muss sie den für sie vorbestimmten Weg einschlagen: Sie soll sich auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter vorbereiten, während ihr Bruder weiter Musik machen darf.
Er wird zum berühmtesten Komponisten Europas, Fanny spielt nur noch im Privaten. Felix bleibt ihr stärkster Verbündeter, und so komponiert Fanny über 500 Musikstücke - und kämpft für die Anerkennung als gleichwertige Musikerin.

Fanny Mendelssohns unerhörtes Gespür für Musik ist die faszinierende Geschichte einer Frau, die für ihre Leidenschaft kämpft und versucht, die Grenzen, in denen sie als Frau und Jüdin lebt, zu überwinden.



Ellinor Skagegård, geboren 1984 in Uppsala, ist eine schwedische Kulturjournalistin und schreibt unter anderem für Svenska Dagbladet. Sie ist Musikerin und Songwriterin der Folk-Band Dragon Dolls. Fanny Mendelssohns unerhörtes Gespür für Musik ist ihr erstes Buch.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783458768975
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum18.04.2021
AuflageDeutsche Erstausgabe
Reihen-Nr.4843
Seiten250 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5407251
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



I. Finger, die Bach-Fugen spielen



»Seit meinem vierten Jahr begann die Musik die erste meiner jugendlichen Beschäftigungen zu werden. So frühe mit der holden Muse bekannt, die meine Seele zu reinen Harmonien stimmte, gewann ich sie, und wie mir es wohl deuchte, sie mich wieder lieb.«

Ludwig van Beethoven


Fanny weiß, dass er in der Tür steht und sie durch halb geschlossene Augen betrachtet. Die braunen Locken tanzen um sein Gesicht. Ungeduldig tritt er von einem Fuß auf den anderen, wartet, bis sie endlich aufhört zu üben.

Aber noch ist es nicht so weit. Zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Nachmittag spielt sie das erste Präludium aus Johann Sebastian Bachs Das Wohltemperierte Klavier. Weiche Arpeggios über einen C-Dur-Akkord. Technisch ist es ein leichtes Stück, aber umso schwieriger, das richtige Gefühl zu erzeugen, und Mittel- und Ringfinger machen nicht ganz, was sie will.

Ihr Vater hat Geburtstag, und sie will ihn am Abend überraschen und alle vierundzwanzig Stücke auswendig spielen. Sie hat Monate geübt. Abraham ist kein Mann des überschwänglichen Lobs, aber wenn sich der barsche Mund zu einem kleinen stolzen Lächeln verzieht, ist das aller Mühen wert.

Wohlmeinende Verwandte sind der Ansicht, das Vorhaben sei eine zu große Herausforderung für ein so junges Mädchen. Aber Fanny ist nicht wie andere Dreizehnjährige. Wenn ihre gleichaltrigen Freundinnen von Kleidern und Jungen plappern, fühlt sie sich ausgeschlossen. Abgesehen von der Gesellschaft ihrer Geschwister, fühlt sie sich am wohlsten, wenn sie mit Erwachsenen zusammen ist, wo ihre Ernsthaftigkeit und ihre etwas barsche Art akzeptiert werden. Trotz ihrer großen, seelenvollen Augen, die viele Betrachter faszinieren, ist sie die am wenigsten anziehende der vier Geschwister. Aber, gesteht ihr eine ihrer Cousinen diplomatisch zu, sie wird sich schon noch entwickeln und mit der Zeit attraktiv werden, denn sie ist sehr intelligent.

Im Zimmer nebenan sitzt Lea und liest. Fanny weiß, die Mutter schaut ins aufgeschlagene Buch auf dem Schoß, ihre Konzentration ist jedoch mindestens zur Hälfte auf das Klavierspiel von jenseits der Wand gerichtet. Ist es zu lange still, kommt bald ein strenges: »Fanny, was machst du?« Lea selbst hat Bachs Präludien unendlich oft gespielt und kennt jeden Ton. Aber bald ist der lange Arbeitstag vorbei und Fanny darf eine Weile mit Felix zusammen sein, bevor es Zeit für den großen Auftritt ist. Sie weiß, er wartet ungeduldig darauf, dass sie sich umdreht und ihm all ihre Aufmerksamkeit widmet. Er ist es gewohnt, sie von ihr und von allen anderen zu bekommen.

Ihr kleines Lamm, ihr Hamlet.

Am Abend zuvor haben sie sich mit einem neuen Spiel vergnügt. Sie hat den ersten Teil eines Klavierstücks komponiert, ihn dann Felix gegeben, der hat weitergeschrieben und ihr zurückgegeben, und immer so weiter. Daraus wurde eine Montage, in der jedes Teil neu und einzigartig ist und doch in das große Muster passt. Felix' Strophen sind melodiös und leicht, Fannys etwas freier und leidenschaftlicher. Aber es gibt Gemeinsamkeiten, als würden sie zwar die gleiche Sprache sprechen, jedoch mit unterschiedlichen Wörtern und Betonungen.

Später werden sie dieses Musikspiel zu einem ganz neuen musikalischen Stil entwickeln, den Liedern ohne Worte, einer Serie von kurzen, lyrischen Klavierstücken, eng verwandt mit Schumanns Noveletten. Diese Lieder ohne Worte werden Felix Mendelssohn sehr berühmt machen, er wird zu einem der einflussreichsten Komponisten in Europa.

Aber all das liegt noch in einer fernen Zukunft. Fanny bewegt die Finger mit einem kurzen Ritardando über den abschließenden Triller. Sie entspannt die Schultern und atmet aus, ihre Wangen sind rosig nach der Anstrengung. Noch bevor sie sich umdrehen kann, kommt Felix und setzt sich neben sie ans Klavier. Schwester und Bruder spielen zusammen.

*

An dem Tag, als Fanny Mendelssohn geboren wird, am 14. November 1805, erreichen die französischen Truppen Wien. Der Friede von Amiens, der das Ende der langen Revolutionskriege besiegeln sollte, war nicht mehr als eine Atempause. Napoleon hatte sich zum Kaiser von Frankreich ausgerufen und kontrolliert nun die Niederlande, die Schweiz und Teile von Italien. Bald wird er sich auch den deutschen Fürstentümern zuwenden.

Abraham Mendelssohn hatte schon einige Jahre zuvor gespürt, wie die Stimmung in Berlin härter wurde. Er verlässt das in seinen Augen staubige und unterdrückte Provinzkaff und begibt sich geradewegs in das Maul des Feindes - in das offene und liberale Paris. Er schwört, nie wieder nach Hause zurückzukehren, und nimmt eine Arbeit als Assistent bei der Foulds Bank in der Rue Bergère an.

Der junge Jude mit den lockigen Haaren, einem entschlossenen Zug um den Mund und einem auffordernden Blick hinter den runden Brillengläsern musste, als sein Vater Moses Mendelssohn starb, mit zehn Jahren von der Schule abgehen. Aber als Sohn eines der größten Philosophen der Aufklärung, bekannt als »der deutsche Sokrates«, stand er auf einem festen Grund. Sein Vater hatte ihn ein neugieriges Interesse für seine Umwelt gelehrt.

»Je préfererais manger du pain sec à Paris!«, ich bevorzuge trocken Brot in Paris, sagt Abraham selbstsicher, als seine Schwester Henriette sich Sorgen um seine Zukunft macht. Sie fürchtet, er könnte in Paris, weit weg von Familie und Kontakten, nur für andere arbeiten müssen und nie etwas eigenes aufbauen. »Du pain sec ist freilich nicht zu verachten [...]aber es könnte auf die Länge [...] du pain amer - bitteres Brot werden«, antwortet sie dem kleinen Bruder.

Juden war es lange Zeit verboten, sich in Berlin niederzulassen. Aber als der österreichische Kaiser Leopold I. um 1670 alle Juden aus Wien und dem südlichen Österreich auswies, wandten sich viele an den preußischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg und baten um Gnade. Dieser akzeptierte - nicht aus Wohlwollen, sondern aus ökonomischen Gründen - die fünfzig reichsten Juden aus Wien. Für 2000 Taler pro Kopf, eine Summe, die heute 80ââ000 Euro entspricht, wurden sie zu sogenannten »Schutzjuden«.

Sie mussten bestimmte Industrien verwalten und sich einer ganzen Reihe von Restriktionen unterwerfen. Außerdem mussten sie hohe Gebühren bei Lebensereignissen wie Heirat oder Geburt zahlen. Der Hof war in vielerlei Hinsicht von der ökonomischen Unterstützung durch die Schutzjuden abhängig, die reichsten Juden standen ihrem Fürsten oft sehr nahe.

Unter der Regierungszeit von Friedrich dem Großen, 1740 bis 1786, bekamen einige sehr reiche Juden zusätzliche Privilegien und fast die gleichen Rechte wie andere Deutsche. Für die Mehrheit der Juden jedoch verschärften sich die Restriktionen und das Leben verschlechterte sich, mit dem Ergebnis, dass die Kluft innerhalb der jüdischen Gruppen größer wurde. Trotz des harten Lebens wuchs die jüdische Bevölkerung, nicht zuletzt aufgrund der Eroberungen des Königs. Zehntausende Juden kamen allein durch die drei sogenannten schlesischen Kriege (1740 bis 1763) unter preußische Herrschaft.

Die Überredungsversuche der Schwester konnten Abraham also nicht nach Berlin locken. Aber während eines kurzen Besuchs in seiner Heimatstadt verliebt er sich in Daniel Itzigs Enkelin, Lea Salomon. Daniel Itzig war 1761 einer der wenigen Juden in Berlin, die »generelle Privilegien« zugesprochen bekamen, also die gleichen Rechte wie andere Bürger besaß. Etwas später wurde er sogar Staatsbürger, der Grund war natürlich, dass er einer der reichsten Männer Preußens war. Als Abraham Lea kennenlernt, verkörpert die Familie Itzig weit mehr als ökonomisches Kapital. Man legt großen Wert auf Kultur und Bildung, und das galt nicht nur für die Männer, sondern auch für die Frauen.

Schon früh nimmt Leas Mutter Bella Klavierstunden bei dem Bach-Schüler Johann Philipp Kirnberger. Einige ihrer Schwestern führen gut besuchte intellektuelle Salons, ein aus Paris übernommenes Phänomen, das in Berlin gegen Ende des 18. Jahrhunderts aufkam, Gastgeberinnen waren meist gebildete Jüdinnen.

Auch Lea hat eine gründliche Ausbildung genossen. Sie spricht und schreibt französisch, englisch und italienisch und kann Homer im...

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Autor

Ellinor Skagegård, geboren 1984 in Uppsala, ist eine schwedische Kulturjournalistin und schreibt unter anderem für Svenska Dagbladet. Sie ist Musikerin und Songwriterin der Folk-Band Dragon Dolls. Fanny Mendelssohns unerhörtes Gespür für Musik ist ihr erstes Buch.