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Mordsand

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
428 Seiten
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am26.02.20211. Aufl. 2021
Am Strand der Elbinsel Bargsand entdecken Spaziergänger ein Skelett, das Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn von der Kriminalpolizei Itzehoe Rätsel aufgibt. Wer war dieser Mann, der dort vor dreißig Jahren mit gefesselten Händen im Schlick vergraben wurde? Wenig später wird auf einer Nachbarinsel ein Hamburger Bauunternehmer tot aufgefunden - ebenso gefesselt wie das Opfer von Bargsand. Die Spur führt in die damalige DDR - zu vier Jungen und einem Pakt, der Jahre später einen grausamen Plan reifen lässt ...





Romy Fölck wurde 1974 in Meißen geboren. Sie studierte Jura, ging in die Wirtschaft und arbeitete zehn Jahre für ein großes Unternehmen in Leipzig. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin in der Elbmarsch bei Hamburg. Die ersten drei Bände ihrer Krimiserie um das ungleiche Ermittlerduo Paulsen und Haverkoren schafften es allesamt auf die SPIEGEL-Bestsellerliste und wurden von Rezensenten und Lesern vielfach begeistert besprochen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAm Strand der Elbinsel Bargsand entdecken Spaziergänger ein Skelett, das Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn von der Kriminalpolizei Itzehoe Rätsel aufgibt. Wer war dieser Mann, der dort vor dreißig Jahren mit gefesselten Händen im Schlick vergraben wurde? Wenig später wird auf einer Nachbarinsel ein Hamburger Bauunternehmer tot aufgefunden - ebenso gefesselt wie das Opfer von Bargsand. Die Spur führt in die damalige DDR - zu vier Jungen und einem Pakt, der Jahre später einen grausamen Plan reifen lässt ...





Romy Fölck wurde 1974 in Meißen geboren. Sie studierte Jura, ging in die Wirtschaft und arbeitete zehn Jahre für ein großes Unternehmen in Leipzig. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin in der Elbmarsch bei Hamburg. Die ersten drei Bände ihrer Krimiserie um das ungleiche Ermittlerduo Paulsen und Haverkoren schafften es allesamt auf die SPIEGEL-Bestsellerliste und wurden von Rezensenten und Lesern vielfach begeistert besprochen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751703468
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum26.02.2021
Auflage1. Aufl. 2021
Reihen-Nr.4
Seiten428 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5420641
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel 1

Ein Graureiher saß am Ufer, stocksteif und mit eingezogenem Hals wie ein wackeliger Greis. Gandalf der Graue, dachte Frida. Sie blieb stehen, um ihn zu betrachten. Die typisch weiße Stirn mit den schwarzen Augenstreifen und den drei Schopffedern, die einen Federbusch bildeten. Der grauweiße Hals ging in ein aschgraues Gefieder mit weißen Bändern über. Sie mochte die Graureiher. Jeden Tag hockten sie in ihrer Altmännerhaltung hier am Ufer und lauerten auf Beute. In ihrer Kindheit hatte sie die Vögel oft mit ihrem Vater beobachtet. Er hatte ihr erzählt, dass der Reiher in China als Glückstier galt, als Symbol für den richtigen Weg. Und dass er in der Antike die Ägypter und Griechen mythologisch inspiriert hatte, sodass sie Geschichten von einem majestätischen Vogel erfanden, der sich selbst verbrannte, um nach dem Tod aus der eigenen Asche aufzuerstehen.

Phönix, der Wiedergeborene.

Langsam ging Frida weiter, um den Grauen nicht zu vertreiben. Aber der Setter rannte bellend ans Ufer und scheuchte im Schilf ein paar Wildgänse auf, die an der Elbe überwinterten. Der Reiher verharrte noch einen Moment, unbeweglich und prüfend, bevor er ein paar Sprünge machte und sich mit weiten Schwingen in die kalte Oktoberluft erhob.

Frida pfiff, und der Hund gehorchte sofort. Er kam zu ihr gelaufen und wartete auf ein neues Kommando. Sein braunes Fell war nass und verdreckt.

»Fein, Bruno!«, lobte sie ihn. »Na los, lauf!« Der Hund stob davon.

Oben auf dem Deichkamm stand ein Mann im Morgendunst und schien sie schon eine Weile zu beobachten. Als sie ihn erkannte und winkte, setzte er sich in Bewegung. Frida hatte Torben nicht geweckt, weil er am Wochenende gern ausschlief, sie jedoch die frühen Stunden mochte, wenn kaum ein Mensch unterwegs war und der Nebel im Schilf und über dem Deich schwebte. Wenn sie allein sein und ihren Gedanken nachhängen konnte. Beinahe jeden Sonntagmorgen, an dem sie freihatte, machte sie mit dem Setter einen langen Spaziergang zur Elbe. Arthur, der alte Hofhund, blieb dann zu Hause. Er war nicht mehr gut zu Fuß, trottete nur noch von einer Ecke des Reetdachhauses zur anderen. Meistens schlief er unter dem Küchentisch und erwachte erst zur nächsten Mahlzeit. Es war gut, dass mit dem jungen Hund neues Leben ins Haus gekommen war.

Torben schloss zu ihr auf. »Traumhaft, hier draußen«, sagte er und blickte zum Ufer, wo der Reiher gesessen hatte. »Ich weiß, warum du hier nicht wegwillst.«

Frida hakte sich bei ihm ein. Seit dem Sommer waren sie ein Paar. Sie hatte den Rechtsmediziner Dr. Torben Kielmann im Rahmen einer Mordermittlung auf dem Hof ihrer Eltern kennengelernt. Es hatte Monate gedauert, bis sie sich danach wiedergesehen hatten und gemeinsam in einem Hotelzimmer in Dänemark gelandet waren, und noch ein paar Monate mehr, bis ihnen klar geworden war, dass sie Gefühle füreinander hatten.

Vor einigen Tagen hatte Torben sie gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, zu ihm nach Hamburg zu ziehen. Bis heute war sie ihm eine Antwort schuldig geblieben. Frida liebte das Leben in der Marsch. Erst vor einem Jahr war sie aus Hamburg in ihr Heimatdorf zurückgekehrt und auf dem Obsthof ihrer Eltern in ihr ehemaliges Kinderzimmer gezogen, das sie neu eingerichtet hatte. Sie genoss die Zeit hier draußen auf dem Land. Und die Zeit mit ihrer Familie.

Torben lief neben ihr und hielt ihr Schweigen aus. Er hatte ein gutes Gespür für ihre Gefühlslage. »Schau da! Gänse!«, sagte er plötzlich. »Müssten die nicht längst im Süden sein?«

Frida hielt eine Hand über die Augen, weil sich die Sonne in der Elbe spiegelte. »Das sind Nonnengänse oder auch Weißwangengänse. Wenn der Winter mild ist, überwintern ein paar Tausend hier in der Marsch.« Die Gänse ließen ihr kehliges Schnattern hören und flogen über den Deich auf die Äcker, wo vielleicht noch etwas zu holen war. »In den Sommermonaten können sie eine richtige Plage werden. Die Bauern schimpfen, dass die Gänse ihr Grünfutter und den Getreideaufwuchs fressen.«

Torben beobachtete die V-Formation, bis der Schwarm in der Ferne verschwunden und dessen Rufe verklungen waren.

Bruno kam mit nassem Fell angeflitzt und wartete auf eine Reaktion von Frida. Sie zog einen durchgekauten Tennisball aus der Tasche und warf ihn in weitem Bogen auf den Weg. Der Setter schnellte los.

»Ich bin heute Abend in Hamburg bei Freunden zum Essen eingeladen.«

Torben sah sie fragend an.

»Du übrigens auch. Er arbeitet bei der Wasserschutzpolizei, sie ist Psychologin.«

Torben beobachtete den Hund, der den Ball geschnappt hatte und ihn apportierte. »Ist das das Paar, das im August an der Ostsee geheiratet hat? Wohin du allein gefahren bist?« Er warf ihr einen Blick von der Seite zu.

Frida sah an seinem Gesicht, dass es keine Kritik war. Sie wusste selbst, dass sie übervorsichtig war, was ihre Gefühle anging. Und dass sie damals noch nicht sicher gewesen war, wohin das mit ihnen führte. Vor Torben hatte es in ihrem Leben nur One-Night-Stands und Affären gegeben. »Sie würden dich gern kennenlernen. Kommst du mit?«

Torben nahm den Tennisball, den Bruno vor ihnen abgelegt hatte, und warf ihn wieder auf den Weg. »Klar, gern! Zwei Polizisten, eine Psychologin und ein Rechtsmediziner. Wird bestimmt lustig!«

Frida fiel in sein Lachen ein und zog ihn weiter.

Es war ihr erster freier Sonntag seit Wochen. Die Leiche eines erschlagenen alten Mannes in einer Gartenlaube in Elmshorn hatte die Mordkommission zwei Monate in Atem gehalten. Endlich war der Enkel des Opfers verhaftet worden, weil er sich in seinen Aussagen widersprochen hatte. Gestern hatte er ein umfassendes Geständnis abgelegt. Der Fall war aufgeklärt, und die Ermittlungsakte ging an die Staatsanwaltschaft, die nun die Anklage vorbereiten musste. Ein ruhiges Wochenende wartete auf sie. Nick Wahler, ihr Chef, hatte allen den Sonntag und Montag freigegeben. Nur eine Notbesetzung war im Büro geblieben. Wahler wollte die freien Tage für den Umzug seiner Familie nutzen, die während der ersten Monate, in denen er in Itzehoe die Leitung der Mordkommission übernommen hatte, in Lübeck geblieben war.

Auch Torben hatte sich die zwei Tage an der Uniklinik freigenommen, um sie mit Frida auf dem Hof in der Marsch zu verbringen. Am Abend wollte er für die Familie kochen. Er machte ein großes Geheimnis um das Essen, sagte nur, dass es sich um ein altes Familienrezept der Kielmanns handele. Frida hoffte, dass es ihrem Vater zusagte, der direkt und offen kritisierte, wenn es ihm nicht schmeckte. »Wat de Buer nich kennt, dat frett he nich«, zitierte er seine Vorfahren. Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht. Einer seiner Lieblingssprüche, wenn seine Frau in der Vergangenheit neue Rezepte ausprobiert hatte. Irgendwann hatte Marta sich ergeben und nur noch auf den Tisch gebracht, was ihrem Mann mundete. Ein kleines, aber feines Repertoire an Speisen, die schon die letzte Generation von Paulsens gekannt hatte. Lediglich Birnen, Bohnen und Speck ließ sie aus. Dieses typisch norddeutsche Gericht konnte Fridtjof Paulsen nicht ausstehen.

»Wollen wir zurück?«, fragte Torben nach einigen Minuten, die sie still nebeneinanderher gegangen waren. »Deine Mutter war schon in der Küche, als ich los bin. Ich will keinesfalls ihr Zwiebelomelette verpassen!«

»Sag ihr das bloß nicht, sonst will sie, dass du ihr Schwiegersohn wirst.« Frida mochte sein Lausbubenlachen. Sie pfiff nach dem English Setter, der sie überholte und zurück zum Deich raste. Ein paar Schafe stoben blökend auseinander. Über ihnen tauchte ein Graureiher auf und flog mit ruhigen Flügelschlägen in Richtung Nordsee. Welch einen herrlichen Ausblick musste er über die Binnenelbe und die Marsch haben. Manchmal wünschte Frida sich Flügel.

Der Setter war längst zu Hause, als sie mit Torben durch die Toreinfahrt lief. Die neu eingedeckten Stellen des Reetdaches glänzten golden in der Herbstsonne. Die Winterstürme, die dem Haus jahrelang zugesetzt hatten, würden dem Dach nichts mehr anhaben können.

Frida genoss den Anblick. Ein Teil des Hofes war im Sommer neu gepflastert worden. Die verrosteten Gerätschaften, die Jahre in den Ecken überdauert hatten, waren verschwunden. Ihre Mutter hatte große Einmachtöpfe aus Keramik, in denen sie früher Gurken eingelegt hatte, mit Heidekraut bepflanzt und vor die Haustür gestellt. Neben einer Holzbank standen Milchkannen ihrer Großmutter aus Emaille, die ihr Vater vom Boden geholt und schon auf den Müll geworfen hatte. Marta hatte sie gerettet. Nun blühten gelbe Winterastern darin.

Die Haustür hatte einen neuen Anstrich bekommen. Neben dem Dach waren im Sommer auch alle Fenster aufgearbeitet worden. Das historische Bauernhaus sah aus wie ein in die Jahre gekommener Kavalier, dem man einen neuen Anzug verpasst hatte. Immer noch krumm und schief, aber geschniegelt und herausgeputzt. Kein Vergleich mehr zu dem baufälligen Haus, das hier bis letzten Sommer den mitleidigen Blick der Nachbarn auf sich gezogen hatte.

Frida zahlte den Kredit ab, den sie für die Bauarbeiten aufgenommen hatte. Wenn sie wieder zu Geld gekommen war, würde sie auch ins Innere des Hauses investieren. Küche und Stube konnten einen neuen Anstrich vertragen. Die abgenutzten Dielen- und Fliesenböden im Haus mussten erneuert werden. Das Treppengeländer wackelte, die Stufen waren ausgetreten. Elektrizität und Wasser standen auf ihrer Prioritätenliste ganz oben. Bei Gewitter fiel schon mal der Strom aus, Kerzen lagen in jeder Zimmernische parat. Und wenn die alte Gastherme zu rumpeln begann, kam nur kaltes Wasser aus dem Hahn, und die Zimmer kühlten schneller aus, als sie den...

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Romy Fölck wurde 1974 in Meißen geboren. Sie studierte Jura, ging in die Wirtschaft und arbeitete zehn Jahre für ein großes Unternehmen in Leipzig. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin in der Elbmarsch bei Hamburg. Die ersten drei Bände ihrer Krimiserie um das ungleiche Ermittlerduo Paulsen und Haverkoren schafften es allesamt auf die SPIEGEL-Bestsellerliste und wurden von Rezensenten und Lesern vielfach begeistert besprochen.
Mordsand

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