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Unter Wasser Nacht

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Hanser Berlinerschienen am15.02.20211. Auflage
Wie lebt man weiter nach einem großen, unerklärlichen Verlust? Mit psychologischem Gespür erzählt Kristina Hauff eine Geschichte voller Hoffnung und Trauer und vom Wert der Freundschaft
In den idyllischen Elbauen im Wendland teilen zwei Paare Hof, Scheune und Kräutergarten - doch ihre einst enge Freundschaft ist zerbrochen. Thies und Sophie trauern um ihren Sohn Aaron, der unter ungeklärten Umständen ertrank. Allein mit ihren Schuldgefühlen müssen sie Tag für Tag Ingas und Bodos scheinbar perfektes Familienglück mit ansehen. Bis ein Jahr nach Aarons Tod eine Fremde in den Ort kommt und ans Licht bringt, was die vier Freunde lieber verschwiegen hätten.
Atmosphärisch und feinfühlig schreibt Kristina Hauff von tiefer Verbundenheit, von schamvollen Geheimnissen und von Schmerz, aus dem neue Hoffnung wächst.

Kristina Hauff wurde am Niederrhein geboren. Sie arbeitete als Pressereferentin für Fernsehserien von ARD und ZDF und am Theater. Unter ihrem echten Namen Susanne Kliem schreibt sie erfolgreiche Kriminalromane. Für 'Unter Wasser Nacht' verbrachte sie längere Zeit im Wendland und recherchierte in Archiven. Kristina Hauff lebt mit ihrer Familie in Berlin.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR20,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextWie lebt man weiter nach einem großen, unerklärlichen Verlust? Mit psychologischem Gespür erzählt Kristina Hauff eine Geschichte voller Hoffnung und Trauer und vom Wert der Freundschaft
In den idyllischen Elbauen im Wendland teilen zwei Paare Hof, Scheune und Kräutergarten - doch ihre einst enge Freundschaft ist zerbrochen. Thies und Sophie trauern um ihren Sohn Aaron, der unter ungeklärten Umständen ertrank. Allein mit ihren Schuldgefühlen müssen sie Tag für Tag Ingas und Bodos scheinbar perfektes Familienglück mit ansehen. Bis ein Jahr nach Aarons Tod eine Fremde in den Ort kommt und ans Licht bringt, was die vier Freunde lieber verschwiegen hätten.
Atmosphärisch und feinfühlig schreibt Kristina Hauff von tiefer Verbundenheit, von schamvollen Geheimnissen und von Schmerz, aus dem neue Hoffnung wächst.

Kristina Hauff wurde am Niederrhein geboren. Sie arbeitete als Pressereferentin für Fernsehserien von ARD und ZDF und am Theater. Unter ihrem echten Namen Susanne Kliem schreibt sie erfolgreiche Kriminalromane. Für 'Unter Wasser Nacht' verbrachte sie längere Zeit im Wendland und recherchierte in Archiven. Kristina Hauff lebt mit ihrer Familie in Berlin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783446270213
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum15.02.2021
Auflage1. Auflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5422787
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Zwei Tage später
Thies


Der Aufsitzrasenmäher sprang sofort an. Thies steuerte ihn auf die Wiese hinter dem Gemüsegarten. Das uralte Gerät hatte dem Bauern gehört, der den Hof früher bewirtschaftet hatte. Es wurde vor allem von Bodo liebevoll gepflegt und tat seinen Dienst zuverlässig. Es gab viele Dinge, die sich die Familien seit Langem teilten: die Scheune aus Fachwerk und roten Steinen mit zwei einander zugewandten Pferdeköpfen als Giebelschmuck, in der sie Fahrräder, Gartenmöbel und Gerätschaften unterstellten. Die Wäschespinne, die Schubkarren und Leitern. Bodo und er hackten ihr Kaminholz auf demselben Block, Sophie und Inga ernteten Rosmarin, Salbei und Thymian von denselben Kräuterbüschen. Sie besaßen ein gemeinsames Gemüsebeet, auf dem Kartoffeln, Zucchini und Salat gewachsen waren. Im letzten Jahr hatte Inga sich noch halbherzig darum gekümmert, doch in diesem Frühjahr hatte niemand mehr etwas gepflanzt.

Während Thies über die unebene Wiese rumpelte und sich der Behälter hinter ihm mit Gras, den gelben Köpfchen vom Löwenzahn und den lila Blüten der Brennnesseln füllte, nahm er im Augenwinkel eine Bewegung wahr. Es war Bodo. Der lief zielstrebig auf die Windanlage zu und kletterte an ihrem Gerüst hoch. Der Bauer hatte sie damals abreißen wollen, doch Thies hatte der zehn Meter hohe Mast mit dem Kreis aus hölzernen Flügeln gefallen, der aussah wie ein Requisit aus einem amerikanischen Western. Außerdem war die Anlage nützlich. Eine Kolbenpumpe, die von dem Rotor mechanisch angetrieben wurde, förderte Wasser aus einem unterirdischen Brunnen. Sie bewässerten damit das Grundstück. Leider fehlten seit einem Sturm ein paar Flügel, und die Windfahne war ziemlich verbogen. Das war zu einer Zeit passiert, als er und Bodo die gemeinsamen Projekte bereits aufgegeben hatten. Und so war die Anlage nicht mehr repariert worden.

Bodo war eindeutig der begabtere Handwerker und Tüftler von ihnen. Wollte er es nun allein versuchen?

Thies erreichte die Eiche am Ende der Wiese. An den mächtigen Stamm gelehnt, stand die Holzbank, auf der sie abends oft ein Bier getrunken hatten, Bodo und er. Sophie und Inga kochten zu der Zeit noch zusammen, Ingas berühmte Cannelloni aus dem Backofen, alles, was die Kinder gern aßen. Leben in Bullerbü, witzelten die Freunde, die aus Hamburg zu Besuch kamen, ein bisschen schwang Neid dabei mit. Denn sie hatten wirklich in einer Idylle gelebt. So lange, bis Aaron laufen konnte.

Die Hälfte der Wiese war gemäht. Thies würgte den Motor ab, stieg vom Sitz und streckte sich. Er wollte nicht an Aaron denken. Oder um Vergangenes kreisen, das nicht mehr zurückzuholen war.

Bodo klammerte sich zehn Meter über ihm an den Mast der Windanlage und schraubte an etwas herum, vermutlich an der Rotorachse. Jetzt sah er zu Thies herüber. Thies zögerte. Er konnte hingehen, seine Hilfe anbieten, wie früher. Er wandte sich ab.

Bodo war ein enger Freund gewesen. Sie hatten in einer WG zusammengelebt, gemeinsam Bahnschienen blockiert, bei jedem Castor-Transport, der anrollte. Sie saßen in Gorleben auf der Straße, auf der Zufahrt zum Verladekran. X-tausendmal quer hieß das Motto. Sich von der Polizei wegtragen lassen, um direkt wieder aufzumarschieren, tagelang ging das Spiel, der Nervenkrieg, durchnässt von den Wasserwerfern, erstarrt von der Winterkälte. Bis an die Grenze der physischen Kräfte, ihrer eigenen, aber auch jener der Einsatzkräfte. Damals hatte Thies gedacht, dass nichts seine und Bodos Freundschaft zerstören könnte. Er hatte sich getäuscht.

Aus dem Augenwinkel sah er, dass Bodo herabkletterte, seine Hände an einem Lappen abwischte. Und auf ihn zukam. Thies öffnete den Deckel des Grasbehälters, der erst halbvoll war. Bodo sollte sehen, dass er beschäftigt war und nicht auf ihn wartete.

»Hey.«

»Na?« Thies richtete sich auf.

Bodo zeigte auf die Wiese. »Deine gute Tat heute?«

Thies zwang sich zu einem Lächeln. »War höchste Zeit. In ein paar Tagen wäre das Gras so lang gewesen, dass unser Schätzchen hier versagt hätte.« Er klopfte mit den Fingerkuppen auf den Mäher.

Bodo nickte. »Dieses Jahr wuchert alles wie wahnsinnig.«

Thies nickte ebenfalls. »Bei dem Regen kein Wunder.«

Sie vermieden direkten Blickkontakt. Nicken musste reichen. Thies betrachtete die Büsche und Hecken, die auf die Schere warteten.

»Es ist jetzt so weit«, sagte Bodo.

Thies wusste sofort, dass er nicht mehr von den Pflanzen sprach.

Bodo massierte mit zwei Fingern seine Nasenwurzel. »Die Kollegen haben mich gebeten, euch zu informieren. Einfach, weil ich vor Ort bin. Es kommt aber auch noch schriftlich.«

Thies nahm die betont neutrale Formulierung zur Kenntnis. Weil ich vor Ort bin. Nicht etwa: Weil wir befreundet sind.

»Ich verstehe es nicht«, brachte er heraus.

»Na ja â¦« Bodo stützte sich mit einer Hand auf dem Mäher ab. »Sie haben, ehrlich gesagt, schon eine wahnsinnig lange Zeit ermittelt für die wenigen Ansätze, die sie hatten. Und es bedeutet ja nichts Endgültiges. Wenn sich neue Aspekte ergeben sollten â¦«

»Warum geht ein Elfjähriger mit T-Shirt, Hose und Schuhen in die Elbe?«, unterbrach Thies ihn. »Wer hat ihn im Gesicht verletzt? Es gibt keine Antworten auf diese Fragen. Wie kann man da aufhören, zu ermitteln?«

Bodo schob die Hände in die Taschen seiner Jeans. »Du kennst meine Meinung zu den Kratzern. Aaron ist oft ausgerastet, selbst ältere Kinder hatten Angst vor ihm.« Er holte Luft. »Es ist gut möglich, dass sich mal jemand gewehrt hat, in der Schule, auf dem Nachhauseweg â¦«

»Es gab keine Hinweise darauf. Niemand hat etwas in dieser Richtung beobachtet, geschweige denn ausgesagt.«

Thies ahnte, was Bodo jetzt dachte. Vielleicht haben die Kinder sich zusammengetan. Und sich gefreut, dass sie ihrem Peiniger auch einmal wehtun konnten.

»Die Kollegen machen es sich ein bisschen zu leicht, meinst du nicht?«, setzte Thies nach.

Bodo verlagerte sein Gewicht aufs andere Bein. »Er war zwei Tage und Nächte in der Elbe. Du weißt, es können Treibverletzungen sein.«

»Das haben sie bei der Obduktion nicht so gesehen.«

»Sie haben es nicht ausgeschlossen.«

»Und das Armband? Woher hatte er das?« Thies lachte auf. »Klar, es war gestohlen! Was anderes käme bei Aaron ja nicht infrage. Aber wo? Von wem?« Er schüttelte den Kopf. »Sie haben nichts. Sie wissen nichts.«

Ihre Blicke trafen sich. Und er wusste abermals, was Bodo gerade dachte. Nicht mal, wo du an dem Abend warst, Thies.

Thies wollte die Unterhaltung jetzt abbrechen. Sie drehten sich im Kreis, wie jedes Mal. Was an dem Tag geschehen war, an dem Aaron verschwand, hatten sie so oft durchgekaut, dass nur ein fader, grauer Erinnerungsbrei übrig geblieben war.

Einer der ersten warmen Abende. Der Tisch auf der Terrasse war lieblos gedeckt gewesen. Brot, Butter, Wurst, Käse, in der Plastikverpackung hingeworfen. Niemand hatte Lust gehabt, etwas zu kochen. Thies und Sophie am Ende ihrer Kräfte. Vorwürfe, Schuldzuweisungen, Streit. Und dann war Thies aufgestanden, gegangen, ziellos herumgelaufen. Am Fluss entlang? Oder durch die Auen, den Wald? Er wusste es nicht. Wie lange war er unterwegs gewesen? Er hatte keine Erinnerung. Laut Sophie mindestens zwei Stunden. Zwei Stunden mit einer Endlosschleife verzweifelter Fragen in seinem Kopf. Zwei Stunden, in denen Aaron vielleicht gestorben war.

Thies zuckte zusammen, als Bodo ihm die Hand auf die Schulter legte.

»Du hast recht. Sie wissen nicht viel. Außer, wie schwer das für euch sein muss. Es tut allen wahnsinnig leid.«

Das klang versöhnlich. Aber entsprach es Bodos wahren Gefühlen? Warum schaffte es Bodo nicht, ihm ins Gesicht zu sehen? Er hatte niemals angesprochen, dass Thies zum Kreis der Verdächtigen gehörte. Genau wie Sophie verdächtig war. Hatte sie wirklich den ganzen Abend auf der Terrasse gesessen, wie sie es ausgesagt hatte? Sie war allein gewesen, so wie er.

Thies hätte bei der ersten Aussage bereits lügen, den Ermittlern irgendeinen konkreten Weg beschreiben können, den er gelaufen war. Wer hätte seine Worte bezweifeln sollen? Zeugen gab es nicht, niemand hatte ihn gesehen. Das Wendland war eine der am spärlichsten besiedelten Gegenden Deutschlands. Abends um neun niemandem zu begegnen, war kein Kunststück. Doch Thies entschied sich für die Wahrheit: Er hatte keine Ahnung, wo er gewesen war. Mit dem Ergebnis, dass sein bester Freund ihn seitdem verdächtigte.

»Entschuldige. Ich mach mal voran«, sagte er und stieg...
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Kristina Hauff wurde am Niederrhein geboren. Sie arbeitete als Pressereferentin für Fernsehserien von ARD und ZDF und am Theater. Unter ihrem echten Namen Susanne Kliem schreibt sie erfolgreiche Kriminalromane. Für "Unter Wasser Nacht" verbrachte sie längere Zeit im Wendland und recherchierte in Archiven. Kristina Hauff lebt mit ihrer Familie in Berlin.