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Mohnblumentod

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am14.06.2021
Ein leerer Kinderwagen. Ein Wettlauf gegen die Zeit. Jede Spur eine Sackgasse.
In Karlstad wird ein neun Monate altes Baby entführt. Das reiche Elternpaar steht unter Schock, die Medien berichten sensationsheischend über die vergebliche Suche. Eine Lösegeldforderung bleibt aus, vielversprechende Spuren verlaufen im Sand - doch dann erhält die brillante Stockholmer Kommissarin Charlie Lager einen Hinweis, der alles verändert: Der Fall scheint mit ihrer eigenen Familie und ihrer Vergangenheit verknüpft, die sie für immer begraben wollte. Mit jeder Stunde, die verstreicht, werden die Chancen geringer, das junge Leben zu retten. Charlie ist gezwungen, sich nicht nur um Beatrice' willen bis an ihre Grenzen zu treiben - sondern auch aus Angst um sich selbst.
Mit ihrer Reihe um die Stockholmer Kommissarin Charlie Lager hat sich Lina Bengtsdotter ganz nach oben in die Riege der skandinavischen Krimiautor*innen geschrieben. Ihren dritten Fall gibt es jetzt endlich im Taschenbuch.

Lina Bengtsdotter wuchs in der schwedischen Kleinstadt Gullspång auf, die sie zum Setting ihrer beliebten Thriller-Serie um die Ermittlerin Charlie Lager machte, mit der sie auch in Deutschland die Bestsellerliste stürmte. Lina Bengtsdotter lebt in Stockholm.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEin leerer Kinderwagen. Ein Wettlauf gegen die Zeit. Jede Spur eine Sackgasse.
In Karlstad wird ein neun Monate altes Baby entführt. Das reiche Elternpaar steht unter Schock, die Medien berichten sensationsheischend über die vergebliche Suche. Eine Lösegeldforderung bleibt aus, vielversprechende Spuren verlaufen im Sand - doch dann erhält die brillante Stockholmer Kommissarin Charlie Lager einen Hinweis, der alles verändert: Der Fall scheint mit ihrer eigenen Familie und ihrer Vergangenheit verknüpft, die sie für immer begraben wollte. Mit jeder Stunde, die verstreicht, werden die Chancen geringer, das junge Leben zu retten. Charlie ist gezwungen, sich nicht nur um Beatrice' willen bis an ihre Grenzen zu treiben - sondern auch aus Angst um sich selbst.
Mit ihrer Reihe um die Stockholmer Kommissarin Charlie Lager hat sich Lina Bengtsdotter ganz nach oben in die Riege der skandinavischen Krimiautor*innen geschrieben. Ihren dritten Fall gibt es jetzt endlich im Taschenbuch.

Lina Bengtsdotter wuchs in der schwedischen Kleinstadt Gullspång auf, die sie zum Setting ihrer beliebten Thriller-Serie um die Ermittlerin Charlie Lager machte, mit der sie auch in Deutschland die Bestsellerliste stürmte. Lina Bengtsdotter lebt in Stockholm.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641235383
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum14.06.2021
Reihen-Nr.3
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3475 Kbytes
Artikel-Nr.5425214
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Kapitel eins

Es war laut geworden in der Bar, und Charlie dröhnte der Kopf. Sie hätte schon längst nach Hause gehen sollen, doch dann hatte sie Gesellschaft bekommen. Ein Mann in Anzug und ohne Ehering hatte sich neben sie gesetzt und in ihr die Hoffnung geweckt, dass der Abend doch noch wie erhofft enden würde.

Nachdem sie sich eine Weile unterhalten hatten, fragte Jack, woher sie kam.

»Stockholm«, antwortete Charlie.

»Ich meine, ursprünglich. Sprichst du nicht ein wenig Dialekt?«

»Es ist lange her, dass jemand etwas zu meinem Dialekt gesagt hat«, erwiderte Charlie. »Ich dachte, der hätte sich mittlerweile abgeschliffen.«

»Nein, hat er nicht. Lass mich raten - du bist aus Östergötland?«

»Nein, ich bin genau an der Grenze zwischen Västergötland und Värmland aufgewachsen.«

»In welcher Stadt?«

»Ein ganz kleiner Ort. Den wirst du nicht kennen.«

»Doch, bestimmt.«

»Gullspång.«

Jack runzelte die Stirn. »Du hast recht. Den kenne ich tatsächlich nicht. Entschuldige.«

»Du musst dich nicht entschuldigen.«

»Dann erzähl mir von Gullspång.«

Charlie wollte schon sagen, dass es da nichts zu erzählen gab, doch die vier Bier hatten ihre Zunge gelockert.

»Ich bin auf einem kleinen Hof auf dem Land aufgewachsen, ein gutes Stück außerhalb des Ortes.« Sie trank einen Schluck aus ihrem Glas. »Wir hatten einen Kirschbaumhain und einen Bastelschuppen und einen glitzernden See.«

Jack lächelte und sagte, das klänge wie aus einem Buch von Astrid Lindgren.

»Lyckebo«, fügte Charlie hinzu.

»Wie bitte?«

»So hieß das Haus. Lyckebo.«

»Und warst du dort glücklich?«

»Ja«, antwortete Charlie. »Das war ich wirklich.«

Irgendwo hatte sie gelesen, dass es nie zu spät für eine glückliche Kindheit war. Vielleicht musste man es genau so machen. Die schönen Seiten übermäßig betonen und die schlechten ignorieren, lügen und alles schönreden, bis man es selbst glaubte.

Jack fragte, ob sie Geschwister hatte, und Charlie dachte an das Kinderzimmer, das nie fertig geworden war, an die Autos, die Betty an die Wände gemalt hatte, das Bett, das eingebaut werden sollte.

»Ja«, sagte sie, »einen Bruder. Wir stehen uns sehr nahe.«

Standen, dachte sie. Jetzt sind wir nichts mehr. Sie sah Johans Gesicht vor sich, seine Unruhe, solange sie im Unklaren über ihre mögliche Blutsverwandtschaft waren.

Johan. In der ersten Zeit nach seinem Tod hatte sie ihn ständig vor sich gesehen. Sein Blick, als sie nackt aus dem See gekommen war, das Bett im Motel, der Kirschwein in Lyckebo. Und dann: alles, was jetzt nicht mehr möglich war.

»Ich habe eine Schwester«, erzählte Jack, »aber wir haben wenig Kontakt. Als Kinder haben wir nicht einmal zusammen gespielt, obwohl wir nur zwei Jahre auseinander sind. Vielleicht, weil wir immer unterschiedliche Sachen machen wollten.«

»Bei mir und meinem Bruder war es umgekehrt. Wir haben viel zusammen unternommen. Wir haben uns Höhlen im Wald hinter unserem Haus gebaut und unten am See gespielt.«

»Ihr hattet ein Seegrundstück?«

Charlie nickte. So konnte man es auch ausdrücken.

»Wir hatten ein kleines Ruderboot, mit dem sind wir immer aufs Wasser hinausgefahren«, fuhr sie fort. »Und wir hatten einen Fuchs, der war so zahm wie ein Hund.«

»Geht das?«, fragte Jack. »Einen Fuchs zähmen?«

Charlie dachte an das Blutbad im Hühnerstall, an Bettys Worte, dass man einem solchen Tier das Wilde letztendlich nie austreiben konnte, auch wenn sie noch so zahm wirken. Früher oder später siegten die tierischen Instinkte. Und als die Katastrophe dann eingetreten war: Was habe ich gesagt? Habe ich nicht gesagt, dass alles zum Teufel gehen würde? Jetzt siehst du ja, was passiert ist.

»Ja«, antwortete Charlie. »Unser Fuchs war lammfromm.«

Jack beugte sich näher zu ihr. »Das klingt richtig idyllisch.«

»War es auch. Traumhaft schön. Willst du noch eins?« Sie nickte in Richtung seines leeren Bierglases.

»Ich kümmere mich darum.« Er stand auf und drängte sich an die Bar.

Charlie sah ihm nach. Er war groß und gut gebaut, aber nicht das weckte ihr Interesse, sondern seine selbstsichere Art, sich zu bewegen, die Neugier, mit der er sie ansah, das Gleichgewicht zwischen Möglichkeit und Verzicht.

»Erzähl mal von dir«, sagte sie, als er mit den Bieren zurückkam. »Was genau machst du in deiner Arbeit?« Sie hatte seinen Beruf bereits wieder vergessen.

»So viel gibt es da nicht zu erzählen«, antwortete Jack. »Wirtschaft ist nicht besonders spannend. Eigentlich wollte ich Schauspieler werden, aber meine Eltern meinten, dass das kein richtiger Beruf sei. Wahrscheinlich hätte ich mich auch nicht durchsetzen können, aber ...«

»Aber was?«

»Manchmal wünsche ich mir, ich hätte es wenigstens versucht. Was wäre schon dabei gewesen? Jetzt werde ich nie erfahren, ob es vielleicht etwas für mich gewesen wäre.«

»Aber für so etwas ist es doch nie zu spät?«

Charlie wusste allerdings nur zu gut, dass das nur eine dumme Floskel und es sehr wohl zu spät war.

»Prost.« Jack hob sein Glas. »Stoßen wir darauf an, dass es nie zu spät ist.«

»Trotzdem schade«, sagte Charlie, »wenn die eigenen Eltern ihre Kinder einschränken.«

»Waren deine auch so?«

»Nein, ganz bestimmt nicht. Meine Mutter hat immer gesagt, ich könne alles werden, was ich wolle, nur nicht Tänzerin.«

»Und was bist du geworden?«

»Tänzerin. Ich bin Tänzerin geworden.«

Es war Viertel vor eins, die Bar würde gleich schließen.

»Was machen wir jetzt?«, fragte Charlie.

»Ich bin ... verheiratet. Tut mir leid, wenn ich ...«

»Kein Problem.«

Charlie versuchte, ihre Enttäuschung zu verbergen. Sie fühlte sich betrogen. Warum trug er keinen Ring? Wenn man nicht von Frauen aufgerissen werden wollte, neben die man sich freiwillig gesetzt hatte, sollte man dringend einen Ehering tragen.

»Warte«, sagte Jack, als sie aufstand. »Ich meine, wir können ja ...«

»Nein«, erwiderte Charlie. »Ich muss morgen arbeiten.«

»Tanzen?«

»Was?«

»Musst du morgen tanzen?«

»Ja.«

»Darf ich dich noch ein Stück begleiten?«

»Ich komme schon klar.«

»Ich gehe gern noch ein Stück mit, wenn es dir recht ist.«

Sie zuckte mit den Schultern. Es waren höchstens fünfhundert Meter bis zu ihrer Wohnung, die konnte er sie gern begleiten, wenn ihm das so wichtig war.

Es war Mitte April, und als sie den Geruch von Schotter und trockenem Asphalt einatmete, fühlte Charlie sich frei und glücklich, gleichzeitig aber auch traurig. Ihretwegen dürfte der Frühling ewig dauern, damit sie den detaillierten Urlaubsplänen der Kollegen und dem Gefühl der Leere entgehen konnte, das sie immer überfiel, wenn sie freihatte.

»Hier ist es«, sagte sie, als sie vor ihrer Haustür angekommen waren. »Hier wohne ich. Danke für den angenehmen Abend.«

»Ich danke. Es war interessant, sich mit dir zu unterhalten. Du bist ... anders.«

Du hoffentlich nicht, dachte Charlie, als sie bemerkte, wie er mit sich rang.

»Ich komme gerne noch einen Moment mit hoch ...«, fuhr er fort. »Eigentlich mache ich so etwas nicht, aber ...«

Ich weiß, dachte Charlie, als sie die Treppen hinaufgingen. Es gibt verdammt viele von euch, die so etwas eigentlich nicht machen.

Sie rutschte mit dem Schlüssel vom Schloss ab und hinterließ einen kleinen Kratzer in der Tür. Bald würde sie wie ihre alte Wohnungstür aussehen, wie nach einem Einbruchsversuch.

»Sehr schön«, sagte Jack, als sie in die Diele traten. Er blickte an die Decke, als wolle er die Höhe schätzen.

Charlie hatte die Wohnung auf Östermalm mit einem Teil des Geldes bezahlt, das sie von ihrem Vater geerbt hatte. Zuerst hatte sie nichts von Rikard Mild annehmen wollen, doch ein beharrlicher Anwalt hatte ihr geraten, ihren Stolz hinunterzuschlucken, da das Erbe sonst an seine anderen Kinder und seine Witwe gehen würde. Charlie hatte an das riesige Haus ihrer Halbschwester auf Djursholm gedacht und beschlossen, den ihr zustehenden Teil anzunehmen.

Anders hatte sie überredet, in eine neue Wohnung zu investieren. Zuerst hatte sie sich mit dem Argument geweigert, ihre alte Wohnung sei doch völlig in Ordnung. Anders hatte ihr nicht widersprochen, doch sie solle ein wenig in die Zukunft denken - wenn schon nicht für sich, dann vielleicht im Hinblick auf eine mögliche Fami­liengründung.

Das habe ich nicht vor, hatte Charlie geantwortet.

Dann war sie trotzdem mit Anders zu Besichtigungen gegangen, als er nach seiner Scheidung nach einer neuen Bleibe gesucht hatte. Irgendetwas an dieser Dachwohnung hatte sie angesprochen. Vielleicht die offene Küche und die Deckenbalken, oder der große Balkon, auf dem ihr Magen kribbelte, wenn sie nach unten blickte. Dort draußen hatte sie gehört, wie einer der anderen Interessenten zu seiner Begleitung sagte, dass sich der vorherige Besitzer in der Wohnung erhängt habe. Anders war überzeugt, dass das nur ein Trick war, um die anderen Interessenten abzuschrecken. Die Leute ließen sich die verrücktesten Sachen einfallen, um den Preis zu drücken.

Auf Charlie hatte es die entgegengesetzte Wirkung gehabt. Sie glaubte nicht an Zeichen, doch das Gerücht, ­jemand habe sich...

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