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Der silberne Elefant

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Eisele eBookserschienen am15.03.2021Auflage
Drei Frauen, drei Schicksale, und nur ein Leben, damit umzugehen. Ein bewegender Roman über die Versöhnung mit der eigenen Geschichte. Nominiert für den WOMEN'S PRIZE FOR FICTION Nominiert für den GUARDIAN'S NOT THE BOOKER PRIZE »EINE LIEBESERKLÄRUNG AN WEIBLICHEN ZUSAMMENHALT.« DONNA Die junge Emilienne hat in London ein neues Leben begonnen. Die schrecklichen Erinnerungen an ihre Heimat Ruanda versucht sie zu verdra?ngen.  Vera hat in jungen Jahren einen Fehltritt begangen und mo?chte ein guter und moralischer Mensch sein - wenn nur ihre qua?lenden Schuldgefu?hle nicht wa?ren und die Unmo?glichkeit, ihrem Verlobten davon zu erza?hlen.  Und die 56-ja?hrige Lynn ist schwer erkrankt und rechnet schonungslos mit den verpassten Chancen ihres Lebens ab.  Alle drei Frauen werden von dunklen Geheimnissen und seelischen Verletzungen geplagt, doch auf sich allein gestellt, gelingt es ihnen nicht, die Da?monen ihrer Vergangenheit zu verscheuchen. Erst als sich ihre Wege eines kalten Winters kreuzen, bewegt sich etwas in ihnen - und langsam, ganz langsam, beginnen sie, einander zu stu?tzen und fu?r die Zukunft zu sta?rken. »EIN WUNDERBARER ROMAN!« NDR KULTUR

JEMMA WAYNE wuchs in der Nähe von London auf und studierte in Cambridge Sozial- und Politikwissenschaften sowie Journalismus an der University of Westminster. Zunächst für The Jewish Chronicle tätig, arbeitet sie heute als freie Journalistin, Theater- und Romanautorin. Ihr Debütroman Der silberne Elefant war auf der Shortlist für den Waverton Good Read Award und auf der Longlist für den Bailey's Women's Prize for Fiction sowie den Guardian's Not the Booker Prize. Die Idee zum Roman kam Jemma Wayne bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung für Überlebende des Völkermords in Ruanda, bei der sie zum ersten Mal mit Zeitzeugen über die verheerenden Gewalttaten des Krieges sprach. Jemma Wayne lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern im Norden Londons.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextDrei Frauen, drei Schicksale, und nur ein Leben, damit umzugehen. Ein bewegender Roman über die Versöhnung mit der eigenen Geschichte. Nominiert für den WOMEN'S PRIZE FOR FICTION Nominiert für den GUARDIAN'S NOT THE BOOKER PRIZE »EINE LIEBESERKLÄRUNG AN WEIBLICHEN ZUSAMMENHALT.« DONNA Die junge Emilienne hat in London ein neues Leben begonnen. Die schrecklichen Erinnerungen an ihre Heimat Ruanda versucht sie zu verdra?ngen.  Vera hat in jungen Jahren einen Fehltritt begangen und mo?chte ein guter und moralischer Mensch sein - wenn nur ihre qua?lenden Schuldgefu?hle nicht wa?ren und die Unmo?glichkeit, ihrem Verlobten davon zu erza?hlen.  Und die 56-ja?hrige Lynn ist schwer erkrankt und rechnet schonungslos mit den verpassten Chancen ihres Lebens ab.  Alle drei Frauen werden von dunklen Geheimnissen und seelischen Verletzungen geplagt, doch auf sich allein gestellt, gelingt es ihnen nicht, die Da?monen ihrer Vergangenheit zu verscheuchen. Erst als sich ihre Wege eines kalten Winters kreuzen, bewegt sich etwas in ihnen - und langsam, ganz langsam, beginnen sie, einander zu stu?tzen und fu?r die Zukunft zu sta?rken. »EIN WUNDERBARER ROMAN!« NDR KULTUR

JEMMA WAYNE wuchs in der Nähe von London auf und studierte in Cambridge Sozial- und Politikwissenschaften sowie Journalismus an der University of Westminster. Zunächst für The Jewish Chronicle tätig, arbeitet sie heute als freie Journalistin, Theater- und Romanautorin. Ihr Debütroman Der silberne Elefant war auf der Shortlist für den Waverton Good Read Award und auf der Longlist für den Bailey's Women's Prize for Fiction sowie den Guardian's Not the Booker Prize. Die Idee zum Roman kam Jemma Wayne bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung für Überlebende des Völkermords in Ruanda, bei der sie zum ersten Mal mit Zeitzeugen über die verheerenden Gewalttaten des Krieges sprach. Jemma Wayne lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern im Norden Londons.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783961611119
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum15.03.2021
AuflageAuflage
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3832 Kbytes
Artikel-Nr.5452335
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Kapitel
zwei

Manchmal starrt sie sich minutenlang im Spiegel an. Zumindest nimmt sie an, dass Minuten verstreichen. Vielleicht auch Sekunden. Oder Stunden. Manchmal schneidet sie Grimassen, verzieht ihr Gesicht zu abstoßenden Fratzen, zu einer hässlichen Version ihrer selbst. Aus Schönheit wird Biest. Sie hört oft, dass sie schön ist. Luke sagt es ihr andauernd. Er bringt ihre Frisur in Ordnung, indem er ihr eine blonde Haarsträhne hinters Ohr streicht, und dann legt er ihr den Daumen auf die Lippen, um sie sanft zu schließen, und flüstert es ihr zu. Auch Charlie hat es ihr gesagt, hat es ihr ins Ohr gekeucht, während er sie von hinten nahm. Er hat sich anders ausgedrückt - schön gehörte nicht zu seinem aktiven Wortschatz, dennoch hatte es den Anschein, als sei es ehrlich gemeint, und es hat sie heiß gemacht. Manchmal rümpft sie die Nase, schielt, stülpt die Lippen nach außen, um zu testen, ob sie ihre Schönheit trotzdem noch sehen kann - die, die angeblich von innen kommt. Sie sieht nichts dergleichen. Sie murmelt ihren Namen, wie um sie auf diese Weise heraufzubeschwören. Vera, Vera, Vera. Sie kann nicht antworten. Noch einmal: Vera.

»Vera?«

Vera blinzelt. Sie fragt sich, wie lang sie wohl schon nach oben starrt auf den glänzenden Stoff des Heißluftballons. Sie schweben über einem Acker in Hertfordshire, nur ein paar Kilometer von dem Haus entfernt, in dem sie aufgewachsen ist. Luke kniet vor ihr, einen Ring in der Hand. »Ja«, sagt sie.

Dreihundertfünfundsechzig Tage sind vergangen seit ihrer ersten Begegnung auf einer Benefizveranstaltung, auf der sie als PR-Beraterin zu tun hatte und er im Auftrag des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten und Commonwealth-Fragen eine Rede hielt. »PR-Leute sind schlimmer als Paparazzi«, scherzte er damals, »die sind noch nicht einmal auf der Jagd nach der Wahrheit, sondern produzieren bloß einseitige Propaganda.« Worauf sie konterte: »Wer für die Politik zu feige ist, wird Beamter, da hat er Macht, aber keine Verantwortung.«; »Vor Gott, dem Herrn müssen wir früher oder später alle Rechenschaft ablegen«, erwiderte er, und dank der Mischung aus Verschmitztheit und Ernst, mit der er sie dabei ansah, war sie binnen Sekunden verrückt nach ihm. Ihre neueste Droge. Innerhalb eines Jahres hat er alle anderen ersetzt.

Es ist sechshundertzwei Tage her, seit Vera das letzte Mal gekokst hat, und vierhundertdreiunddreißig Tage, seit sie etwas anderes als Camel Light geraucht hat - wobei Luke glaubt, dass sie auch die nicht mehr anrührt -, und genau dreihundertsechsundsechzig Tage, seit sie zuletzt Sex hatte. Charlie findet ihre wundersame Wandlung höchst amüsant und ist überzeugt, dass sie nicht von Dauer sein wird. Sie telefoniert noch gelegentlich mit ihm, was Luke nicht weiß. Er hat sie schon früh gebeten, Charlie nicht mehr zu kontaktieren. Sie hat damals eingewilligt, ohne darüber nachzudenken, aber es ist eine der wenigen Angewohnheiten, die sie nicht ablegen kann. Eine Art Selbstgeißelung.

Vera beugt sich nach vorn und küsst Luke zärtlich auf den Mund. Er riecht nach Kaffeebohnen. Nach denen von Abel und Cole, die er von Hand mahlt, mit seiner Kaffeemühle.

Er riecht nach Kaffeebohnen.

Wäre Veras Leben ein Film, dann einer mit zahlreichen Voiceover-Kommentaren. Er riecht nach Kaffeebohnen. Sie fragt sich manchmal, ob sie Dinge bemerkt, die andere Menschen nicht bemerken. Sie registriert alles, was ihr durch den Kopf geht. Sie glaubt, dass sie alles registriert. Findet das Gehirn aller Menschen die Zeit, jeden Satz fünf Mal umzustellen? Als hätte jemand auf die Pausetaste gedrückt. Stillstand. Pause und Schnellvorlauf zugleich. Sie sieht sich selbst von außen. Ihre Gedanken rasen. Verstreichen Minuten? Hat sie wieder die Nase gerümpft? Manchmal hat sie das Gefühl, noch immer high zu sein. Luke, der vor ihr kniet, betrachtet sie, als wäre sie ein glitzerndes Schmuckstück. Als wäre sie brandneu. Natürlich heirate ich dich.

»Natürlich heirate ich dich«, flüstert sie und fügt dann hinzu: »Aber bist du auch ganz sicher? Wenn das Ding hier nämlich erst einmal an meinem Finger steckt, gibt es kein Zurück mehr!«

»Nun steck ihn schon an, du Scherzkeks.« Luke steht lachend auf und schiebt ihr den Ring an jenen Finger, an den sie aus purem Aberglauben noch nie etwas gesteckt hat, noch nicht einmal einen dieser Hula-Hoop-Knabberzeug-Ringe. Luke hat einen Ring aus Roségold gewählt, mit einem funkelnden Diamanten, der das Licht der untergehenden Sonne einfängt und dessen strahlende Schönheit Vera regelrecht blendet. Sie bewundert das kostspielige Kleinod mit leicht zusammengekniffenen Augen. Der Ring ist zu groß; sie wird ihn enger machen lassen müssen. Im Augenblick begnügt sie sich damit, die Faust zu ballen, um ihn nicht zu verlieren, wobei sie die leichte Reibung der Kante auf ihrer Haut registriert. Sie befinden sich nun im Sinkflug. Unter ihnen erstreckt sich eine sumpfige Wiese.

»Ich habe etwas für dich«, verkündet Luke, sobald sie auf der Rückbank der riesigen weißen Limousine, die er für den Rückweg nach London gebucht hat, Platz genommen und sich etwas aufgewärmt haben.

»Na, ein Glück. Ehrlich gesagt fand ich den Diamantring ein bisschen dürftig.«

Luke lacht. »Du bist so witzig.« Vera liebt es, dass er jeden ihrer Scherze kommentiert, als wäre auf seine körperliche Reaktion allein kein Verlass. Alles an ihm ist eindeutig, unmissverständlich. Sie fühlt sich so sicher und geborgen angesichts dieser Gewissheit, dieser Klarheit. Vera kann nicht mehr beurteilen, ob sie witzig ist. Früher hat sie oft gehört, sie sei witzig. Sie hat sich auch immer sehr ins Zeug gelegt und darauf geachtet, beim Witzereißen alles richtig zu machen. Sie wollte diese Kunstform ebenso meisterhaft beherrschen wie ihr Vater. Inzwischen tut sie das nur noch für Luke und verlässt sich auf sein Urteil.

Luke sitzt sehr aufrecht da. Er wirkt fehl am Platz in dieser Limousine mit ihren Ledersitzen. Obwohl er sich etwas Besseres leisten könnte, fährt er einen Toyota Prius aus zweiter Hand, weil das Ressourcen schont; er verwendet eine Aktentasche mit den Initialen seines Vaters und einem Riss an der Vorderseite, und er trägt Hemden, die uralt sind oder die seine Mutter ihm gekauft hat. Das besondere Programm des heutigen Tages zeugt von seinen besonderen Gefühlen für Vera. Sie lächelt und will seine Hand nehmen, doch Luke angelt stattdessen etwas vom Beifahrersitz der Limousine - einen kleinen, schweren Gegenstand, den er ihr nervös überreicht. »Ich dachte ... Also, ich hoffe, du freust dich darüber«, sagt er. »Über eine eigene ... Eine neue, meine ich. Na ja, lies erst die Karte.«

Wäre sie allein, würde sie sich wie ein kleines Kind sofort auf das Geschenk stürzen und ungeduldig das Papier aufreißen. Lukes Blick ruht auf ihr, während sie bedächtig die Karte aus dem roten Umschlag zieht und den Kunstdruck - ein Ölgemälde, das einen Heißluftballon zeigt - betrachtet.

»Hm, ein Ballon? Wie kommst du denn darauf?« Sie grinst, doch jetzt ist nicht die Zeit für Scherze. Luke schweigt, während sie liest, was er hineingeschrieben hat. Es ist nur ein Satz: Eine dreifache Schnur reißt nicht so schnell.

Das ist garantiert ein Bibelzitat, denkt Vera. Seit sie Luke kennt, geht sie regelmäßig zur Kirche. Weil das sein Ding ist, und weil es ihr von Anfang an eingeleuchtet hat. Nun besucht sie jede Woche die Heilige Messe. Mit ihm, in seiner Kirche. Sie hat sogar ein Gebet, das sie sich jeden Tag viele Male vorsagt wie ein Mantra: Herr, hilf mir, mich zu bessern, mach mich würdig, mach mich rein. Herr, hilf mir, mich zu bessern, mach mich würdig, mach mich rein.

Vera sieht zu Luke hoch, ehe sie vorsichtig das Geschenk auspackt. Mach mich würdig ... Es ist ein Buch. Eine Bibel mit goldenen Schnittkanten. Auf dem geschmeidigen schwarzen Ledereinband prangen erhabene goldene Buchstaben.

»Für unseren gemeinsamen Neubeginn«, sagt Luke. »Ich weiß ja, wie sehr du ... Ich meine, ich war sehr beeindruckt, dass du ... Na, jedenfalls dachte ich, das könnte genau das Richtige für dich sein.« Er mustert sie gespannt. In seinem Blick liegen Ernst, Eifer, Hoffnung - all die Eigenschaften, zu denen sie sich von Anfang an hingezogen fühlte. Und sein Geschenk verrät ihr, was sie ihn nicht zu fragen gewagt hat: Er verzeiht ihr, er vertraut ihr, er glaubt an sie, ihrer Vergangenheit zum Trotz. Ihrer Vergangenheit zum Trotz.

Der Vergangenheit, von der er weiß ...

Er wartet ab, und Vera blickt in seine strahlenden Augen und nickt, ganz langsam, mit einer Aufrichtigkeit, die Charlie völlig fremd wäre. »Es ist perfekt, Luke, genau wie du. Ich liebe dich.«

Draußen driften von Nebelschleiern bedeckte Wiesen vorüber. Auf der Straße herrscht allmählich wieder etwas mehr Verkehr. Sie überholen einen Kleinbus mit einer Horde Kinder, die versuchen, durch die beschlagenen Scheiben einen Blick auf die Leute in der imposanten weißen Limousine zu erhaschen. Luke ergreift ihre Hand und verschränkt die Finger mit den ihren. Den freien Arm hat er Vera um die Schultern gelegt. Sie atmet seinen Geruch ein, den Kopf an seine Schulter gelehnt. Sicherheit. Gewissheit. Bestätigung. Sie prägt sich den Moment ein, blendet ihre schlammig-feuchten Schuhe ebenso aus wie den dezenten Kuhdung-Geruch, der irgendwie einen Weg in den Wagen gefunden hat. Die Kamera in ihrem Kopf schwenkt in die Ferne. Es...

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Autor

JEMMA WAYNE arbeitet als freie Journalistin, Theater- und Romanautorin. Ihr Debüt Der silberne Elefant schaffte es auf die Shortlist des Waverton Good Read Awards und auf die Longlist des Bailey's Women's Prize for Fiction sowie den Guardian's Not the Booker Prize. Die Idee zum Roman kam Jemma Wayne bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung für Überlebende des Völkermords in Ruanda, bei der sie zum ersten Mal mit Zeitzeugen über die verheerenden Gewalttaten des Krieges sprach. Jemma Wayne lebt mit ihrer Familie im Norden Londons.